Roman über tatsächlich existierende Person

  • Ich möchte einen Roman schreiben über eine Frau, die wirklich gelebt hat. Ist ja nichts Neues, siehe Kehlmann. Ich werde mich an die biografischen Fakten halten und ansonsten wild herumspinnen. Hat jemand von euch einen Tipp, was ich beachten sollte? Gibt es Fallstricke?


    Hat jemand sowas schon mal gemacht?


    Habibi


    Ach ja, natürlich werde ich alle Namen ändern. D.h. kein Name, der darin vorkommt, ist mit dem wirklichen Namen identisch. (Im Vorwort oder so möchte ich dann allerdings doch, wenn es möglich ist, auf den tatsächlichen Bezug verweisen. Geht das?)

  • Zitat

    Original von habibi
    Ich dachte, das geht nicht?


    Habibi


    Wenn die Person verstorben ist und die direkten Angehörigen ebenfalls nicht mehr leben sowie auch alle sonst im Buch vorkommenden Personen nicht mehr unter den Lebenden weilen sollte das keine Probleme geben.


    Also beispielsweise ist Kleopatra unproblematisch :D

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Soweit ich weiß, lebt noch eine Tochter und da würde ich auch ein evtl. Problem sehen, die Prot ist erst 1990 verstorben. Ich meine, sie kommt gut in dem Roman weg, es ist so etwas wie eine Verteidigung oder Rehabilitierung, aber es gibt eine Gegenspielerin, die nicht so gut wegkommt und von der könnten auch noch Nachkommen da sein...(bin erst am Anfang meiner Recherche..)


    Habibi

  • Tja, mein 2. Roman ist biografischer Natur (70%) der Rest aus dramatischen Gründen frei erfunden.
    Ich habe alle Namen und das Aussehen der entsprechenden Personen geändert, weil es bei den Personen den einen oder anderen geben würde, dem es nicht gefällt, was ich über ihn/sie so schreibe.


    Für dich als Tipp: Ich würde die Personen ändern, jedoch im Vorwort oder sogar als Untertitel erwähnen, dass die Geschichte einen wahren Hintergrund hat.


    Das hat bei Requiem auch geklappt.


    Viel Erfolg bei der weiteren Recherche und schönen Gruß!
    zorrita

  • Zitat

    Original von zorrita


    Das hat bei Requiem auch geklappt.


    Was meinst du damit?


    Tja, einige meiner Romane sind auch - teilweise zu 90% - autobiografisch geprägt und natürlich habe ich die Namen alle geändert, aber wenn die betreffenden Personen das lesen würden, würden sie doch wissen, dass es sich um sie handelt. Hätte also bei mir wenig Sinn.


    Ich hatte sogar vor, im Vorwort explizit zu sagen, um wen es geht und zu schreiben, dass die Fakten bzgl. der Biografie stimmen und nur das drumherum erfunden ist.


    Habibi

  • Schau mal hier


    http://www.requiem-der-film.de


    Da findest du den Filminhalt und die Hintergründe zur wahren Geschichte.


    Vielleicht klärt das manche Frage. Ob sich die Personen selbst darin erkennen (Handlungsweise und Geschichte) spielt nicht die große Rolle, es darf nur nicht alle Welt gleich wissen, um wen es sich handelt, außer, es ist eine Persönlichkeit, die in der Öffentlichkeit steht.


    Ansonsten kann es immer schnell zur Verletzung von Persönlichkeitsrechten kommen. Sowas sollte man doch abklären, um später (bei einem Megabestseller :D) keinen Ärger zu bekommen.


    Grüße
    zorrita

  • Zitat

    Original von zorrita


    Ansonsten kann es immer schnell zur Verletzung von Persönlichkeitsrechten kommen.


    Genau darum geht es mir ja. Ob ich das generell überhaupt darf. Über eine Person schreiben, die doch einen gewissen Bekanntheitsgrad hat.


    Den Film "Requiem" habe ich zwar nicht gesehen, aber ich weiß darüber bescheid, er wurde quasi vor meiner Haustür gedreht. Wusste nur nicht, dass du den meinst...


    Habibi

  • Zitat

    Original von habibi


    Genau darum geht es mir ja. Ob ich das generell überhaupt darf. Über eine Person schreiben, die doch einen gewissen Bekanntheitsgrad hat.

    Habibi


    Interessantes Studienobjekt dazu ist der Roman »Mephisto« von Klaus Mann. Der wurde verboten, oder zumindest wurde das immer so gesagt, wobei das juristisch ja nicht ganz korrekt ist. Mehr dazu erfährst du hier (etwas nach unten scrollen)

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    Emanuel von Bodmann


  • Meiner Kenntnis nach ist ein "gewisser Bekanntheitsgrad" nicht unbedingt ausreichend, solange diese Person nicht im öffentlichen Leben steht. Doch verbindlich sagen kann das vermutlich nur ein Anwalt.


    Wenn du eine genaue Aussage hast, würde mich das auch sehr interessieren.


    Lieben Gruß
    zorrita

  • Personen des öffentlichen Lebens verzichten auf einen Teil ihrer Persönlichkeitsrechte. Romane, die die Biografien solcher Personen - auch leicht verfälscht - integrieren, sind bis zu einer gewissen Grenze zulässig. Nachweisliche Falschbehauptungen können aber zu schmerzhaften Prozessen führen. Wenn die Personen verstorben sind und keine Erben mehr existieren, geht das vergleichsweise problemlos. T. C. Boyle hat mehrere Romane geschrieben, die biografisch-verfläschend waren, darunter "Wassermusik", "Willkommen in Wellville", "Riven Rock" und jüngst "Die Frauen" über den Architekten Frank Lloyd Wright. Seine Protagonisten sind aber längst verstaubt.


    Wenn man Personen zum Personal macht, die nicht im Licht der Öffentlichkeit stehen, wird es schwierig. Sobald solche Leute erkennbar werden (auch nach einer Namensänderung noch), sind deren Persönlichkeitsrechte berührt. Was als Enthüllung vor allem negativer Aspekte verstanden werden kann, kann von diesen Leuten als Klagegrund benutzt werden. Maxim Biller hat das mit seinem Roman "Esra" eindrucksvoll demonstriert. Es genügt nicht, diese Leute einfach umzubenennen. Wenn für die Öffentlichkeit (die auch sehr klein sein kann) erkennbar wird, wer gemeint ist, und ehrabschneidende Inhalte oder private Informationen Bestandteil der Geschichte sind, besteht die Gefahr, dass Gerichte Meinungsfreiheit und künstlerische Freiheit zuungunsten der Persönlichkeitsrechte außer Kraft setzen.


    http://de.wikipedia.org/wiki/Esra_%28Roman%29


    http://de.wikipedia.org/wiki/B…Pers%C3%B6nlichkeitsrecht

  • So wie Tom schreibt, hatte ich das auch verinnerlicht. Allerdings wären dann - sind wir doch mal ehrlich - ein Großteil aller Romane mit autobiografischem Hintergrund nicht möglich gewesen. Sind aber doch alle erschienen und niemand (außer bei Biller z.B.) hat aufbegehrt.


    Deshalb halte ich mich bis auf weiteres bei dieser Art Romanen (und dazu zählt mein neues Vorhaben, wegen dem ich den Thread aufgemacht habe, nicht) an die Maxime: wo kein Kläger, da kein Richter.


    In der letzten Konsequenz würde das nämlich heißen: kein Autor darf jemand aus seinem Bekanntenkreis in seinen Romanen - wie verfremdet auch immer - "verwursten". Und das wäre ja total traurig. Denn: warum soll man sich Personen "ausdenken", wenn es so viele tatsächlich existierende interessante Persönlichkeiten gibt? Auch der Autor ist ja nur ein Mensch und als solcher (trifft zumindest auf mich zu) bequem. :D


    Habibi

  • Es muss "öffentliches Interesse" bestehen. Und natürlich müssen die Personen auch das Bedürfnis verspüren, gegen diese mögliche Verwurstung vorzugehen. Je nach Bekanntheit des Autors kann das einen redlich negativen Effekt erzeugen. Und es muss natürlich tatsächlich nachgewiesen werden, dass man erkennbar ist. Ein einfaches "Mein Kumpel hat gesagt, das bist doch Du!" genügt nicht. Es muss für die Öffentlichkeit nachvollziehbar sein. Das war in Billers Roman der Fall. Und, vor allem: Auf ehrabschneidende Weise. Lebenspartner von bekannten Persönlichkeiten müssen damit rechnen, Bestandteil biografischer Literatur zu werden. Wenn man so etwas schreibt, sollte man sich dennoch rückversichern.


    Mein Personal speist sich - vor allem im Bereich der Nebenfiguren - aus der Realität, und vermutlich bin ich nicht der einzige, der so arbeitet. Das ist natürlich auch absolut zulässig. Häufig fließen verschiedene Realpersonen mit Teileigenschaften in eine Romanfigur ein. Es geschieht aber meistens auf eine Weise, die es sehr unwahrscheinlich werden lässt, dass jemand eine Verbindung herstellt. Nur in "Idiotentest" sind einige Realpersonen ganz schön nahe an der Romanfigur. Aber auch hier ist das meistens für die Öffentlichkeit kaum nachvollziehbar - oder die betroffene Person ist verstorben, wie mein ehemals bester Freund, der für "Harry", den Kneipenbetreiber, Pate stand.


    Schwierig wird das also, wenn man wirklich in die Privatsphäre einer Person eintaucht und sie ans Licht der Öffentlichkeit zerrt, ohne ihr Einverständnis zu haben. Wenn eine ganze Ortschaft fröhlich lachend mit dem neuen Roman von Herbert Huber durch die Gegend rennt, weil seine ortsbekannte Ex darin als männermordender, versoffener Vamp dargestellt wird, nur leicht verbrämt und mit anderem Namen, kann Herbert Huber schon mal die Brust fürs offene Messer freimachen. Fragt sich auch, warum man derlei tun sollte. Die Unterstellung von Rachegedanken liegt da nicht sehr fern. Und das sehen die Gerichte auch so.

  • Also, wenn ich mal zusammenfassen darf:


    Ein no go bzw. kritisch ist:


    - wenn der Autor bzw. die von ihm im Roman behandelten Figuren auf ein öffentliches Interesse stoßen UND negativ dargestellt sind (Was wäre aber z.B. - wie in meinem Fall - wenn man sich hart an die historischen Fakten hält, also nur das schreibt, was sowieso alle wissen?)


    - wenn im Roman Personen so (ebenfalls negativ) geschildert werden, dass sie von Bekannten erkannt werden


    - wenn ohne Genehmigung aus der Privatsphäre von Personen Dinge veröffentlicht werden (egal ob positiv, negativ oder wertfrei)


    Was hieße das aber jetzt für mein Vorhaben, eine (verstorbene) Person des öffentlichen Interesses eng an die historischen Fakten in einem Roman zu schildern (positiv)


    Eine verwirrte :(


    Habibi

  • Hallo, Habibi.


    Zitat

    Was hieße das aber jetzt für mein Vorhaben, eine (verstorbene) Person des öffentlichen Interesses eng an die historischen Fakten in einem Roman zu schildern (positiv)


    Biografien - selbst nicht-autorisierte - haben es da leichter als Romane. Biografieren darf man jeden, der im Rampenlicht steht. Die Wikipedia-Artikel sind nichts Anderes.


    Eine Romanhandlung um eine historische Figur herum ist einfacher, um so länger ihr Tod zurückliegt. Sollte es noch Interessengemeinschaften geben, müsste man mit denen mindestens korrespondieren. Ansonsten sind Erklärungen im Roman selbst - etwa im Rahmen eines Vor- oder Nachworts - hilfreich. Wenn man also klarstellt, was Fakt und was erfunden ist. Dann sollte auch das problemlos sein.

  • Zitat

    Original von Tom
    Ansonsten sind Erklärungen im Roman selbst - etwa im Rahmen eines Vor- oder Nachworts - hilfreich. Wenn man also klarstellt, was Fakt und was erfunden ist. Dann sollte auch das problemlos sein.


    Danke für die klaren Worte. Das hatte ich vor und hoffe, dass es dann auch problemlos sein wird.


    Habibi