Ich bin ein alter Fan von William Gibson. Sein "Opus Magnum" - Neuromancer - hat mich verhältnismäßig spät erst erwischt, so Ende der 90er. Ich hatte viel über die drei Bücher gehört, viele Illustrationen gesehen und war dementsprechend skeptisch, ob der Text den hohen Erwartungen gerecht werden würde. Darum bin ich mit einem gewissen respektvollen Abstand um die Lektüre herumgeschlichen, bis mir ein Freund irgendwann den Sammelband geschenkt hat mit den Worten: "Du willst William Gibson lesen? Dann lies jetzt William Gibson." Und von da an war ich verkauft.
Das liegt zum großen Teil an seinen stilistischen Eigenheiten. Gibson schreibt irgendwie modisch und cool. Es gibt diese Sachen noch gar nicht, aber er beschreibt trotzdem die Details und die Fehler und die Alltäglichkeiten, so als wäre das selbstverständlich. Der coole Typ erzählt was und du stehst da und magst nich zugeben, dass dir die Begriffe gar nichts sagen. Und dann liest du weiter.
Ich habe dann alle weiteren Bücher ziemlich schnell gelesen, auch diese Sachen, die in der Gegenwart spielen und sich komischerweise immer noch wie SF anfühlen.
Ich bin dann auch irgendwann einigermaßen erwachsen geworden und Gibson war nicht mehr ganz so wichtig. Bis ich in 2016 in einem sehr großen Kaufhaus in einer großen deutschen Stadt nichts zu tun hatte und Zeit totschlagen musste. Da bin ich - natürlich - in die Bücherabteilung, sowas ging vor 6 Jahren noch ganz problemlos, und habe entdeckt, dass es was neues von Gibson gibt. Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, dass er mit jetzt ja immerhin Ende 60 noch sowas jugendlich cooles schreiben kann wie früher, aber der Klappentext klang danach. Zeitreise. Hmmm.
Kurz gesagt - ich fand es großartig. Gibsons Take on Zeitreisegeschichte und zwar nicht in flauschig fantasymäßig, sondern so knackig und crisp, wie das früher war. Vielleicht interessiert den ein oder anderen der erste Satz, weil der erste Satz von Neuromancer zu einer Ikone geworden ist. Also. Der erste Satz von "The Peripheral":
"Sie glaubten, dass Flynnes Bruder keine posttraumatische Störung hatte, sondern, dass ihn die Haptics manchmals glitchten."
Das muss man doch zugeben. Das macht echt Spaß. Für mich war das ein Gibson wie früher, ich fand es echt gut.
Und jetzt das. An einem müden Samstag abend zappe ich auf amazon-prime herum und sehe, dass es eine Serie gibt, die verdammt so aussieht und auch noch so heißt. Und tatsächlich. "Peripherie" ist eine Verfilmung des Romans von Gibson. Ich habe mir gestern die ersten zwei Folgen angetan. Mehr gibt es noch nicht, sonst hätte ich wohl weitergesuchtet. Und das mir.
Außerdem sehe ich auf Wikipedia soeben, dass Gibson in 2020 eine Fortsetzung geschrieben hat - "Agency".
Hätte mir das nich mal jemand sagen können?