Herangehensweisen/Bewältigungsstrategien „Zeitliche Ordnung“

  • Hallo, Cordula.


    Zitat

    Ich trau mich immer nicht, gleich beim zweiten Satz ins Präteritum zu wechseln. Ich mache es immer nach zwei bis drei Sätzen, je nachdem wie lange diese sind. Bei Wechsel nach nur einem Satz befürchte ich immer, dass der Leser einen Zeitenfehler vermutet, bevor er dann inhaltlich erkennen kann, dass er nun in der Vorvergangenheit ist.Wechselst Du auch zurück mit nur einem Satz?


    Unterschiedlich. An einer Stelle leite ich die Rückblende mit den Worten "Irgendwo über den Pyrenäen hatte es einen Zwischenfall gegeben" ein und erzähle gleich danach im Präteritum von diesem Zwischenfall. An einer anderen Stelle mache ich das anders. Hängt von der Einleitung und vom Bezug zur Situation ab, die der Rückblende vorangeht. Ich weiß aber noch nicht, ob das so durchs Lektorat gehen wird. ;)

  • Zitat

    Original von Tom
    Hallo, Cordula.



    Unterschiedlich. An einer Stelle leite ich die Rückblende mit den Worten "Irgendwo über den Pyrenäen hatte es einen Zwischenfall gegeben" ein und erzähle gleich danach im Präteritum von diesem Zwischenfall. An einer anderen Stelle mache ich das anders. Hängt von der Einleitung und vom Bezug zur Situation ab, die der Rückblende vorangeht. Ich weiß aber noch nicht, ob das so durchs Lektorat gehen wird. ;)


    Ich mag das seitenlange Herumwühlen in der Vorvergangenheit nicht, vor allem wegen der damit verbundenen Wortwiederholungen.Ich versuche immer so schnell wie möglich aus dem Plusquamperfekt zu fliehen. Meist schon im zweiten Satz. Wobei ich es aber davon abhängig mache, wie klar der Zeitsprung für den Leser erkennbar wird. Manchmal ist es durchaus nötig, noch ein zwei Sätze länger in dieser Zeiform zu verweilen.
    Der Ausstieg aus dem Rückblick erfolgt dann mit dem Schlusssatz, wieder im Plusquamferfekt.
    Grammatikalisch ist das nicht korrekt, keine Frage, aber es trägt zur besseren, flüssigeren Lesbarkeit bei, mMn.


    Manuela :)

  • Zitat

    Original von Petra
    [quote]Original von Tom
    Das aber sind dann natürlich keine Rückblenden, sondern es ist insgesamt der (m.E. gescheiterte) Versuch, das Buch interessant(er) zu gestalten - die zeitliche Abfolge wird hier zum Dekorationselement, zu einem Bestandteil der Erzählung, der davon ablenken soll, dass die eigentliche Geschichte sooo interessant dann doch wieder nicht ist.


    Ich überlege grade, ob das in „Riven Rock“ tatsächlich auch der Fall sein könnte ...


    Ich würde vielleicht nicht so weit gehen zu sagen, dass es sich bei der Wahl, die Geschichte in verschiedenen Zeitebenen zu erzählen, um ein Dekorationsobjekt handelt, aber augenfällig ist schon:


    Was die Romanfigur Stanley McCormick (die – weitgehend – auf einem realen Menschen basiert) ausmacht, ist, dass man ihn halt in sein privates, ursprünglich extra für seine (auch „verrückte“) Schwester erbautes Irrenhaus sperrt und, dass seine Frau, der man jahrelang den Zugang zu ihm verweigert, trotzdem in großer Zuneigung an ihrem Mann und dieser Ehe festhält.
    Würde man diese Geschichte linear erzählen, angefangen bei Kindheitserlebnissen McCormicks, über prägende Erlebnisse im frühen Erwachsenenalter, Kennenlernen, Brautwerbung ... bis hin zum fatalen Ereignis, das Ärzte und Familie ihn fortan wegsperren lässt, ohne jeglichen Kontakt zu Frauen – ich würde behaupten, der Roman hätte längst nicht diese Wirkung. Am Anfang steht eine Schilderung, die einen auf die Figuren neugierig macht. Hätte der Autor diese Figuren erst langwierig eingeführt: Für mich zumindest hätte das nicht funktioniert.

  • Zitat

    Original von Charly
    Ich kann doch diese Zeitabschnitte durchnummerieren, Kapitel daraus machen und munter in der Gegenwart agieren.


    Hallo Charly,


    ich habe nicht ganz verstanden, wie du das meinst? Was war deine Frage?


    Gruß,
    Petra


  • Hallo!


    Wenn ich eine Geschichte chronologisch korrekt erzählen will, im Präsens, aus der personalen Erzählperspektive - müssen die Zeitsprünge von Kapitel zu Kapitel begründet oder erklärt oder erwähnt werden?


    Ich meine, kann ich den Prota im 11. Kapitel im Bett mit seiner Freundin zurücklassen und im 12. Kapitel, zwei Wochen später, wieder in die Geschichte einsteigen und ihn mit einer Schaffnerin flirten lassen? Ohne zu erwähnen was zwischendurch passiert ist?

  • Zitat

    Original von Charly
    Wenn ich eine Geschichte chronologisch korrekt erzählen will, im Präsens, aus der personalen Erzählperspektive - müssen die Zeitsprünge von Kapitel zu Kapitel begründet oder erklärt oder erwähnt werden?


    Ich meine, kann ich den Prota im 11. Kapitel im Bett mit seiner Freundin zurücklassen und im 12. Kapitel, zwei Wochen später, wieder in die Geschichte einsteigen und ihn mit einer Schaffnerin flirten lassen? Ohne zu erwähnen was zwischendurch passiert ist?


    Hallo Charly,


    aber klar. Es wäre ohnehin tödlich für eine Geschichte, sie mit allen Einzelheiten zu erzählen. Also rafft man, erzählt das ausführlich, was ausführlich zu erzählen lohnt bzw. welche Informationen man an den Leser bringen will oder muss, und überspringt ansonsten. In dem von dir gen. Beispiel würde ich sagen, der Leser bekommt die Information, dass dein Protagonist trotz fester Bindung der sonstigen Weiblichkeit nicht unbedingt abgetan ist :D


    ... Ooooder: Wenn er die Freundin in der Zwischenzeit evtl. umgebracht haben mag, kann man das natürlich auch weglassen, obwohl es von einiger Wichtigkeit für die Handlung bzw. Erzählung sein sollte. In dem Fall böte es sich dann aber z. B. an, es im Nachhinein zu erzählen.


    Gruß,
    Petra

  • Zitat

    Es wäre ohnehin tödlich für eine Geschichte, sie mit allen Einzelheiten zu erzählen.


    Viele Autoren neigen gerade bei chronologischen Erzählungen zu einer übertriebenen Vollständigkeit, weil sie meinen, das würde die Authentizität erhöhen. Das Gegenteil ist meistens der Fall - die Geschichten werden zudem langweilig. Niemand muss wissen, dass Horst zwei Wochen lang so gut wie nichts getan hat, während er auf das nächste Date mit Lisa gewartet hat. Man sollte das erzählen, was für die Geschichte wichtig ist, und alles andere weglassen - oder bestenfalls andeuten (z.B. in einem Dialog, wenn Horst endlich Lisa trifft: "Was hast du während der letzten zwei Wochen gemacht?", fragte sie. "Och, nichts", antwortete Horst und dachte an die vielen Videofilme, die er sich angeschaut hatte.) Wenn man zeitlich springt und das in Kapitel aufteilt, gibt es meistens auch keine Tempus-Probleme. Sogar, wenn man Jahre über- oder zurückspringt - so lange klar wird, wann das jeweilige Kapitel spielt. Das hat aber alles mit dem Erzählrhythmus und dem Klang einer Erzählung zu tun, also auch mit Gefühl - dem, das jeder Autor für seine eigenen Geschichten empfinden sollte.

  • Zitat

    Original von Tom
    … Niemand muss wissen, dass Horst zwei Wochen lang so gut wie nichts getan hat, …


    Das ist tatsächlich nicht wissenswert für jedermann. 8-)

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    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • eine interessante »ältere« Meinung zur Ausgangsfrage:



    Mit Fabel ist übrigens nicht die spezielle literarische Kurzform gemeint, sondern die Handlung, Struktur, die einem epischen oder dramatischen Werk zugrunde liegt und in dem die wichtigsten Motive enthalten sind.

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