Wenn ein Gemüt nicht weiß, ob es schockiert oder empört sein soll ...

  • Zitat

    Original von Anja
    ...
    Ein einziges Mal bekommt man Aufmerksamkeit. Ich meine manchmal, es wäre schlauer, wenn sich die Medien eine Art Selbstzensur auferlegen würden und das alles nicht immer wieder derartig breit ausbreiten würden.


    Es würde mich sehr wundern, wenn die Amokläufer von der Aufmerksamkeit noch etwas mitbekommen hätten ...


    Auch die Medien machen keine Amokläufer. Das ist wieder die Politiker-Sichtweise. Nicht ausbreiten, nicht berichten - ich kann es nicht mehr hören. Wir schweigen die Probleme tot, dann gibt es sie nicht mehr, unglaublich. Ist das nur naiv?


    Kopfschüttelnd
    RaSt


  • Das ist mal wieder typisch am Problem vorbeidiskutiert. Das der Amokläufer von der Aufmerksamkeit jetzt nichts mehr mitbekommt spielt für seine Motivation vorher keine Rolle.


    Und was die Medien daraus machen ist ja jetzt gerade gut zu sehen. Da wird gleich ein Fake aufgelegt und ungeprüft von den Medien verbreitet. Politiker wettern und wollen die "Schuldigen" ermitteln und bestrafen. Diejenigen, die diesem Fake aber Bedeutung beigemessen haben und zu einer unendlichen Vervielfältigung geholfen haben, die stehen außerhalb jeder Kritik.


    Und was ist mit den Journalisten, die sich schnell vor dem Haus der Eltern des Täters postiert haben, denjenigen, die schnell vor der Schule heulende Teenies gefilmt und interviewt haben?


    Das ist natürlich nur ein Aspekt und erklärt längst nicht umfassend, warum in Einzelfällen jemand ausrastet. Aber es zeigt deutlich, wie undifferenziert mit der Tat nachher umgegangen wird.


    Es hat nichts mit Totschweigen zu tun, die Art und Weise des Umgangs der Medien mit solchen (und ähnlichen Problemen) zur kritisieren.


    Horst-Dieter (der hofft, das RaST der Kopf vor lauter Schüttelei nicht abgefallen ist)

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • @Rast


    Zitat

    Es würde mich sehr wundern, wenn die Amokläufer von der Aufmerksamkeit noch etwas mitbekommen hätten ...


    Die toten Attentäter nicht mehr. Aber ihre Nachfolger. ;)


    @Horst Dieter


    Zitat

    Und was die Medien daraus machen ist ja jetzt gerade gut zu sehen. Da wird gleich ein Fake aufgelegt und ungeprüft von den Medien verbreitet. Politiker wettern und wollen die "Schuldigen" ermitteln und bestrafen. Diejenigen, die diesem Fake aber Bedeutung beigemessen haben und zu einer unendlichen Vervielfältigung geholfen haben, die stehen außerhalb jeder Kritik.


    Und was ist mit den Journalisten, die sich schnell vor dem Haus der Eltern des Täters postiert haben, denjenigen, die schnell vor der Schule heulende Teenies gefilmt und interviewt haben?


    Was wieder den uralten Leitsatz der Zeitungsverlage bestätigt;


    "Only bad news are good news."


    Die enormen Auflagenzahlen beweisen, dass dieser Leitsatz nicht nur für die Journalisten gilt. Gewissen und moralischer Anstand sind in Gesellschaften wie der unseren leider keine Kategorien. Und daran wird sich mMn auch nichts ändern. Nicht in 1000 Jahren.
    Ihr meint, es gibt auch ein paar Gerechte? Bestimmt! Aber sie gehen im Ganzen auf, wie eine Prise Salz im süßen Brei.
    Ich habe jede Hoffnung auf Besserung fahren lassen.


    Manuela :)

    4 Mal editiert, zuletzt von Manuela K. ()

  • Zitat

    Original von Manuela K.

    Ich habe jede Hoffnung auf Besserung fahren lassen.


    Manuela :)


    Liebe Manuela,


    ich stelle einmal die These auf, dass jeder der wegfährt, irgendwann zum Ausgangspunkt zurückkehrt. So gesehen besteht also Hoffnung für deine Hoffnung :)


    Horst-Dieter

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    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    wie eine Prise Salz im süßen Brei. Ich habe jede Hoffnung auf Besserung fahren lassen.

    schreibst Du Manuela.


    Dazu empfehle ich die Lektüre der Brüder Grimm: Prinzessin Mäusehaut.


    Wie wichtig und notwendig eine Prise Salz sein kann, ist dort erzählt. So ist das wohl auch mit Hoffnung.


  • Mein Kopf sitzt fester denn je auf dem Rumpf, danke der nachfragenden Feststellung :)


    Ich denke, die zu erwartende Aufmerksamkeit als Grund für einen Amoklauf anzusehen, ist am Thema vorbei. Denn wie viel Aufmerksamkeit bekommt so ein Täter aktiv mit? Bei der Planung wäre Aufmerksamkeit kontraproduktiv.
    In den Sekunden, wo er schießt, ja. Zumindest von den Opfern. Doch da dürfte Aufmerksamkeit für den Täter eher eine untergeordnete Rolle spielen. Ich bin kein Psychofritze, aber meiner Meinung nach sind Rache, Revanche etc. eher Motive und Motivation für einen Amokläufer. Wer Aufmerksamkeit will, stellt sich auf ein Dach und droht, herunterzuspringen. Wer sich umbringen will, der springt einfach.


    Am Thema vorbei empfinde ich die (ablenkende) Mediendebatte: Sicher habt ihr Recht, die Reporter verhalten sich unwürdig. Die Medien schlachten die Opfer gnadenlos aus. Diese Formulierung ist zwar drastisch, aber meiner Meinung nach berechtigt. Doch deshalb läuft doch keiner Amok! Wenn der produzierte Scheiß des Boulevards nicht gekauft würde, regelte DAS der Markt von selbst.


    Nach dem Motto zu handeln: Lasset alle Hoffnung fahren, ist ebenso verwerflich wie die Verharmlosung bzw. Relativierung mit den tollen Jungs die Schach spielen (war Achim, glaube ich) statt Amok zu laufen. Nur weil Ad hoc keine Lösung parat steht bedeutet das noch nicht, dass es keine gibt.


    Es ist ein Gesellschaftsproblem, auch wenn es nur einen winzigen Teil der Gesellschaft betrifft. Aber, es könnte eben jeden treffen.


    Ohne Kopfschütteln grüßt der
    RaSt

  • Zitat

    Original von RaSt


    Ich denke, die zu erwartende Aufmerksamkeit als Grund für einen Amoklauf anzusehen, ist am Thema vorbei. …
    RaSt


    So isoliert gesehen - ja. Aber darum allein geht es ja nicht. Es ist ja noch von niemanden dieser einzige Faktor ausgemacht worden, der zum Amoklauf motiviert. Das wäre ja auch eine feine Sache, denn dann könnte man viel besser vorbeugend eingreifen.


    Aber als Baustein, sicher auch nicht für jeden Fall zutreffend, ist das ein nicht unwesentlicher Aspekt, dem mit Logik allein (Täter hat keine Wahrnehmung mehr davon etc.) auch nicht beizukommen ist.


    Horst-Dieter

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    Emanuel von Bodmann


  • Hallo RaSt,


    ich denke keineswegs, dass jemand zum Amokläufer wird, weil er sich dadurch der Aufmerksamkeit der Medien gewiss ist. Ich denke aber, dass unterschwellig dieses "dann werdet Ihr alle sehen ..." durchaus eine Rolle spielt. Würde man (nur als Hypothese, denn ich gebe Manueala Recht, dass die Medien auf effektheischerische Berichterstattung nie verzichten werden) Menschen, die so etwas tun, keine nachträgliche Öffentlichkeit geben, wäre zumindest dieser Aspekt für keinen Nachfolgetäter mehr interessant: Es spricht nämlich einfach niemand davon, er bleibt so unbeachtet wie immer.


    Das ist nur ein Aspekt unter vielen, das ist mir schon klar. Aber mit Totschweigen hat es am wenigsten zu tun, sondern eher mit der durchdachten Herangehensweise, solchen Geschehnissen nicht auch noch zu Popularität verhelfen, indem man den Tätern nachträglich eine Öffentlichkeit gibt.
    Ich bin auch keine Psychologin, aber ich denke, man muss von einer Sogwirkung für Folgetäter ausgehen.


    Ich habe durchaus geschrieben, dass das Problem diskutiert werden muss, aber es muss nicht in der Öffentlichkeit breitgewalzt werden.
    Außerdem ich würde behaupten, die Mehrheit der Berichterstattung zielt auf Sensationen.


    Liebe Grüße
    Anja