Indirekte Rede

  • hallo zusammen,


    ich bin etwas verwirrt bezüglich der indirekten rede und muss zur sicherheit mal ganz blöd fragen.


    betrachten wir folgendes beispiel:


    Hans: "Mir ist schlecht. Ich muss kotzen."


    1. Grammatikalisch korrekt wäre doch Konjunktiv I für die indirekte Rede, also:
    Hans sagt ihm sei schlecht. Er müsse kotzen.


    2. Man liest aber auch oft:
    Hans sagt ihm ist schlecht. Er muss kotzen.
    durch "Hans sagt" ist bereits klar, dass es indirekte Rede ist?


    3. Oder:
    Hans sagt ihm sei schlecht. Er muss kotzen.
    einmal konjunktiv I genügt, um indirekte Rede zu kennzeichnen?


    4. Oder gar:
    Hans sagt ihm wäre schlecht. Er müsse kotzen.
    Konjunktiv II ist wohl umgangssprache.


    vielen dank,
    michael

  • Grüsse Michael,


    die Frage mischt zwar eine stilistische und eine grammatische Frage, aber ich hoffe, dir helfen zu können. Blöd ist sie nciht, da sie ein Dauerthema ist. 8o


    Konjuktiv 1 wird mit dem Wortstamm des Präsens gebildet


    Beispiele mit Aktiv und Passiv
    Präsens: er suche /werde gesucht
    Präteritum: er habe gesucht /sei gesucht worden
    Perfekt: er werde suchen/werde gesucht werden
    Futur 1: er werde suchen/werde gesucht werden
    Futur 2:er werde gesucht haben/werde gesucht worden sein

    Konjunktiv 2 wird mit dem Wortstamm des Präteritum gebildet
    Beispiele mit Aktiv und Passiv
    Prät: er suchte/würde gesucht (schwaches Verb)
    Prät: er trüge/würde getragen (starkes Verb)
    Plsuquamperfekt: er hätte gesucht/wäre gesucht worden


    Anmerkung: statt Konjunktiv 2 wird heute oft "würde" plus Indikativ verwendet, nicht zu verwechseln mit dem hochsprachlichen Konjunktiv von "werden"


    Soviel zur gramatischen Bildung
    Literatur dazu:
    Sommerfeldt, K.-E. (Hrsg): Grammatik der deutschen Gegenwartssprache


    Auf keinen Fall würde ich die Formen mischen, da in deinem Fall 3 die zweite Aussage von der Logik her unklar wird dadurch. Nr 4 ist eine Stilvermengung, auf die ich selbst sehr allergisch reagiere.


    Meine Versionen wären:
    Er sagt, ihm ist schlecht und er muss kotzen. (Wieso eigentlich immer solche widerlichen Wörter? Übergeben tuts doch auch, oder?)
    Hans stellt fest, dass ihm schlecht ist und er sich gleich übergeben muss.
    Hans sagt, ihm sei schlecht und er müsse sich übergeben.


    Zusatz:
    Noch netter wird die Sache, wenn Hans in der indirekten Rede die Möglichkeit einräumt, dass er sich gleich entledigen müsse.
    Hans meint, ihm sei schlecht und es wäre möglich, dass er sich gleich übergeben werde.


    solong Stanislav, der sich freute, wenn eine syntaktische Debatte zustande käme.


    Edit: Beispiele in "" gesetzt, damit sie zu erkennen sind im Fließtext.

    Einmal editiert, zuletzt von Matthias ()

  • Grüsse Michael,



    ich hoffe einmal ganz stark, dass dein letzter Kommentar eigentlich ein Konjunktiv sein sollte.


    solong ein grinsender Stanislav


  • Hallo zusammen,


    Variante 1 gefällt mir überhaupt nicht. Klingt nach oberlehrerhaftem Amtsdeutsch. Auch wenn es korrekt scheint, ist kein Leben in diesem Satz. Er sollte also - m.M. nach - in einem literarischen Text nur dann eingesetzt werden, wenn diese Art des "Denkens und Sprechens" dargestellt werden soll - oder meinetwegen auch als Satire. Das muss dann aber erkennbar sein. Sonst ist das umgangssprachliche "kotzen" besser.


    Umgangssprachlich wird auch oft "brechen" gesagt, was falsch ist. "erbrechen" wäre dazu die korrekte Version. Passt aber hier beides nicht.


    Mann, ist mir schlecht! :uebel :kotz1


    Variante 2 gefällt mir besser. So passt auch das übergeben in einem literarischen Text.


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Original von Stanislav
    ich hoffe einmal ganz stark, dass dein letzter Kommentar eigentlich ein Konjunktiv sein sollte.


    1. es täte einem vogel manchmal ganz gut, in ein ornithologie-buch zu schauen?
    2. es würde einem vogel manchmal ganz gut tun, in ein ornithologie-buch zu schauen?
    3. es würde einem vogel manchmal ganz gut tun, wenn er in ein ornithologie-buch schaute?


    1. und 2. geht je nachdem, ob indirekte rede oder möglichkeit (irrealis) gemeint ist.


    3. liest man auch, ist aber nicht korrekt, oder? es vermeidet nur das doppelte "würde" in einem satz.


    viele grüße,
    michael

  • Zitat

    Original von Stanislav
    Meine Versionen wären:
    Er sagt, ihm ist schlecht und er muss kotzen. (...)
    Hans stellt fest, dass ihm schlecht ist und er sich gleich übergeben muss.
    Hans sagt, ihm sei schlecht und er müsse sich übergeben.


    Variante 1 ist streng genommen nicht korrekt, sondern umgangssprachlich.
    Variante 2 ist ein wenig gemogelt ( ;) ), aber das auch nicht präzise. Hieraus geht nicht hervor, dass es sich um indirekte Rede handelt. Tatsächlich muss Hans hier gar nicht sprechen. (Okay, ist klugscheißerisch, aber hier geht es ja um Sprache, gell? :) )
    Variante 3 ist korrekt.



    Zitat

    Original von Michael Höfler
    3. Oder:
    Hans sagt ihm sei schlecht. Er muss kotzen.
    einmal konjunktiv I genügt, um indirekte Rede zu kennzeichnen?


    Nein, leider nicht. Stanislav hat das Problem ausgeblendet, indem er einfach ein "und" dazwischengeschoben und beide Sätze miteinander verbunden hat. Wie du es hier geschrieben hast, gehört der zweite Satz nicht mehr zur indirekten Rede, sondern beschreibt eine Handlung oder ist eine Feststellung des auktorialen Erzählers.

  • (Wieso eigentlich immer solche widerlichen Wörter? Übergeben tuts doch auch, oder?)


    Über dieses Thema hat sich letztens ein Kollege während seines eigenen Vortrags über Chemotherapie auch mokiert. In der Szene spricht man ja immer keusch von "Übelkeit und Erbrechen". Er meinte hingegen, nur das Wort kotzen werde den tatsächlichen Vorgängen während der Therapie wirklich gerecht.



    Habe ich das jetzt richtig gemacht?

  • Zitat

    Original von katzano


    Variante 1 ist streng genommen nicht korrekt, sondern umgangssprachlich.
    Variante 2 ist ein wenig gemogelt ( ;) ), aber das auch nicht präzise. Hieraus geht nicht hervor, dass es sich um indirekte Rede handelt. Tatsächlich muss Hans hier gar nicht sprechen. (Okay, ist klugscheißerisch, aber hier geht es ja um Sprache, gell? :) )
    Variante 3 ist korrekt.


    Danke, dem kann ich mich nur anschließen. Und die mir zur Verfügung stehenden Grammatiken bestätigen das.


    Ich kannte mal einen Linguistik-Prof, der zu sagen pflegte, die Deutschen seien zu doof für ihre wunderbare Sprache. =)

  • Zitat

    Original von Graham
    Über dieses Thema hat sich letztens ein Kollege während seines eigenen Vortrags über Chemotherapie auch mokiert. In der Szene spricht man ja immer keusch von "Übelkeit und Erbrechen". Er meinte hingegen, nur das Wort kotzen werde den tatsächlichen Vorgängen während der Therapie wirklich gerecht.


    Habe ich das jetzt richtig gemacht?


    auf jeden fall, würde ich sagen bzw. sage ich. denn die antwort auf die frage nach "sich übergeben" oder "kotzen" ist kontextabhängig. "sich übergeben" klingt sehr gewählt und hat fünf silben (bremst also), "kotzen" dagegen klingt wie es sich anfühlt und hat nur deren zwei. "sich übergeben" kann aber eine interessante ironische note geben, wenn's gewollt ist. speiende bierdimpfel mit hochsprache zu beschreiben (von eckhardt henscheid in seiner "trilogie des laufenden schwachsinns" gemacht) finde ich sehr witzig.


    Zitat

    Original von Graham
    Ich kannte mal einen Linguistik-Prof, der zu sagen pflegte, die Deutschen seien zu doof für ihre wunderbare Sprache.


    und es gibt bayern, die sagen: "kost du koa deitsch?"


    ciao,
    michael

  • Zitat

    Original von Michael Höfler


    und es gibt bayern, die sagen: "kost du koa deitsch?"


    Ich dachte, "deutsch" sei für einen Bayern ein beleidigendes Epitheton, gleich nach "prußisch" und "fränggisch". :P

  • michael erwiderte an iris, dass der bayer, wenn ihm das nur in den kram passe, durchaus über eine ausreichende flexibilität verfüge, um sich mit dem deutschen gleichzusetzen.


    graham entgegnete er, dass "piefkinesisch" ausschließlich die bezeichnung des deuschen außerhalb deutschlands sei. und dann frug er sich, welche, ihrer ansicht nach falschen worte, er ihr wohl in den mund gelegt haben möge.

  • Graham sah ein, dass Michael mit der Spezifizierung des piefkinesischen Vektors recht hatte. Sie fügte noch hinzu, die zuvor erwähnten Worte seien heute abend um 19:23 mitteleuropäischer Zeit irrtümlicherweise in ihrem Mund zu liegen gekommen. Sie kenne nämlich gar keinen Linguistikprofessor, weder platonisch noch biblisch.

    Einmal editiert, zuletzt von Graham ()

  • Horst-Dieter äußerte sich sehr verwundert darüber, was Graham sich so alles in den Mund legen lasse. Selbst sein Hund würde erst schnuppern, bevor er etwas mit dem Maul aufnehme. Sonst wäre ja die Gefahr sehr groß, dass man öfters das machen müsse, was man hier nicht so gerne lese.


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • "Hans sagt, ihm sei schlecht und er müsse sich übergeben." ist nach meinem Verständnis die einzig korrekte Variante. Wenn das zu gestelzt klingt, sollte es vielleicht doch besser in direkte Rede umgesetzt werden:


    "Wie hieß doch gleich der Boss von McDonalds in Istambul? Ismir Übel!", stöhnte Hans mit einem gequälten Lächeln. "Ich glaube, ich muß mir gleich das letzte Essen noch mal durch den Kopf gehen lassen."


    Why-Not

  • Zitat

    Original von Horst Dieter
    bevor er etwas mit dem Maul aufnehme.


    Muß das nicht heißen "bevor er etwas mit dem Maul aufnähme"?

  • Zitat

    Original von Why-Not


    Muß das nicht heißen "bevor er etwas mit dem Maul aufnähme"?


    Horst-Dieter äußerte beiläufig, dass er es nicht gut aufnähme, wenn man ihm ständig seine vermeintlichen Fehler vorhalten würde. :D;)


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Es fiel Why-Not sichtlich schwer in Aussicht zu stellen, fürderhin auf das korrigieren Horst-Dieters Lapsi verzichten zu wollen, falls solche denn zukünftig aufträten.