Lästige Füllwörter

  • Hallo lyrx,
    nee, das ist eben nicht das Problem. Wie ich meine Person unsicher kriege, das geht schon. Die Frage ist, wie viele "eigentlich, irgendwie, eher schon" ich in der BESCHREIBUNG der Person verwenden darf, ohne, dass es unangenehm wird (es ist KEIN Ich-Erzähler. )
    Also: "Thomas war die Situation eher unangenehm, er war sich nicht ganz sicher, ob er wirklich verstand, was der Satz bedeuten sollte." (kein Originalzitat, nur ein plakatives Beispiel)
    Da kann man die Wörter "eher, ganz, wirklich" ohne Probleme rausnehmen, bzw. gleich den Satz weniger verschachtelt machen, indem man "verstand nicht" schreibt, statt des "war sich nicht wirklich sicher, ob er verstand".


    Nur, dass sich Thomas eben irgendwie wirklich nicht sicher ist (.. .;-) ...), so als Person, und dass darf man schon auch in seiner Beschreibung spüren, finde ich. Vor allem, weil ich in meinem momentanen Projekt mehrere personale Erzählhaltungen abwechselnd benutze und gerne erreichen würde, dass die sich auch in der Sprache unterscheiden.


    Aber wenn ich dafür meine Lieblings-Füllwörter verwende, weiß ich nicht, ob ich wirklich "Thomas" Charakter treffe, oder einfach faul bin beim Beschreiben.
    Dafür fehlt mir der Abstand zum Text.


    Na ja, das isses wohl. Abstand gewinnen.
    Gruß, Sabine

  • Hallo Sabine, 8)
    nur gerade soviel, dass es beim Lesen nicht stört!!! :rolleyes


    Ich weiß, dass war jetzt wieder ein blöder Spruch.


    Gruß Stefan

  • Wie wäre es damit:


    Eine unangenehme Stimmung machte sich breit und Thomas rätselte um die wahre Bedeutung des soeben gehörten Satzes.


    oder:


    Es entstand eine unangenehme Situation und Thomas blieb die Bedeutung des Satzes weiterhin verborgen.


    Oder so ähnlich, um bei deinem Beispiel zu bleiben. Ich bin sicher da finden unsere Experten hier noch bessere Beispiele ... :brille


  • Hallo, Stefx2


    Sorry, aber diese beiden Versuche, die würde ich ganz hurtiglichst und mit großer Anmut in die Tonne kloppen.


    Auf den ersten Blick mögen sie ja einigermaßen taugen, um das Problem, den Konflikt oder Wasauchimmer zu umschreiben. Aber sobald ich da etwas genaueres wissen will, wird es mehr als eng.


    Was genau wäre denn eine unangenehme Situation, in eben der Situation für eben jenen Thomas? Das kriege ich ja mit beiden Versionen nicht geliefert. Und damit sind beide Formulierungent für mich klassische Worthülsen: So irgendwie weiß ich ja schon, was gemeint sein könnte (oder wenigstens stelle ich mir irgendetwas vor, das ich selbst für unangenehm halte und fertig lustig).


    Aber ich sehe die Situation nicht, ich bekomme sie weder gezeigt noch wenigstens erzählt. Mein Kopfkino stellt den Saal, den Projektor, die Leinwand, das Publikum und meinethalben auch noch das Popcorn. Soll ich mir jetzt auch noch das Drehbuch für den Film denken? Das ist meiner Meinung nach zuviel verlangt.


    Und um mal mitten in der Metapher den Fluss zu wechseln: Wenn ich nicht zeigen kann, was da los ist, dann habe ich mein schreiberisches Pulver entweder bereits verschossen oder nass werden lassen. Da nützen die Hülsen gar nichts: Wer nicht schießen kann, braucht auch keine Munition.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

  • "Präzision" ist ein Füllwort. 8)


    Wer sich erzählerische Präzision und höchstmögliche Verdichtung als hehre Maxime auf die eigenen Fahnen gepinselt hat, läuft m.E. Gefahr, auf Atmosphäre zu verzichten. Auf jenen Graubereich, der für Interpretation und Lesegefühl gedacht ist. Asketisches Schreiben kann auch zur Leserernüchterung führen.


    Es kommt auf das Wie an, nicht so sehr auf das Was, und das Wie ist bestimmt von Sprachmelodie und -gefühl des Autors. "Hans wußte irgendwie nicht weiter" ist etwas anderes als "Hans wußte nicht weiter". Es wirkt zwar auf den ersten Blick inhaltsarm, dieses "Irgendwie", aber dieser Satz steht ja auch nicht für sich alleine. Hans ist als Figur entwickelt, präsentiert, mit einem Duktus versehen. Hans mag irgendwie sein. Irgendwie gibt es immer irgendwas nicht Greifbares, das aber trotzdem zu verstehen ist, für den Leser. Ohne daß dem Kopfkinodrehbuch bis ins Detail mitgegeben ist, wie jedes entstehende Bild exakt auszusehen hat.

  • Ja, Tom, da stimme ich Dir zu: "Hans wusste irgendwie nicht weiter", das ist eine Formulierung, in der ein Gutteil Atmosphäre mitschwingt. Diese Hilflosigkeit des "irgendwie" liegt – zumindest für mich – eben nicht dem Schreibtalent auf, sondern ist "bei Hans". Ich sehe nicht auf die Tastatur, sondern denke mich in Hans hinein.


    Anders empfinde ich das bei dem Satz: "Es entstand eine unangenehme Situation …"
    Hier wirkt das einleitende Es wie eine Versachlichung, Achtung, Metaebene, dingdong und dergleichen. Mit anderen Worten: Hier schaue ich auf die Tastatur. Und schon bin ich aus der Geschichte raus. Macht ja nix, wenn es sich lohnt. Aber "irgendwie" lohnt sich selten. Zumindest auf der Metaebene.


    Finde ich. Irgendwie.


    Grüssli von blaustrumpf

  • Huhu, Strümpfli.


    "Es entstand eine unangenehme Situation" enthält auf den ersten Blick (und auch auf den zweiten) kein Füllwort; das Problem bei dieser Formulierung besteht darin, daß sie auktorial ist und außerhalb der Figuren wertet, zwar nicht völlig diffus, aber doch schon sehr in diese Richtung gehend. Der Autor versucht hier, sich zu ersparen, zu erklären, worin das Unangenehme der Situation besteht, welche Figur das wie und warum empfindet, und hofft darauf, der Leser hätte irgendeine (:-)) unangenehme Situation parat, erinnerungsmäßig, mit der ein Vergleich jetzt halbwegs zulässig wäre. Was nicht heißt, daß diese Formulierung, dieses Mittel generell zu verteufeln wäre; jede Regel, jedes Gebot hat seine Ausnahme, und manchmal besteht erzählerische Brillanz darin, sie/es im richtigen Moment zu brechen.

  • :chapeau


    (edit ON) ät Tom


    und natürlich enthält die von mir so verhauene Formulierung keine Füllwörter.
    Sie ist selbst ein Füllsel. Sozusagen ein Lieu-tenant, einer, der die Stellung hält, bis richtige Offiziere kommen (oder sich in Deckung gebracht haben). (edit OFF)

    Einmal editiert, zuletzt von blaustrumpf ()

  • Hallo blaustrumpf, 8)


    Sorry, ja ... aber wie soll ich denn die Situation anders beschreiben, wenn ich nicht weiß wie die Situation denn eigentlich ist???? ?(


    Es gab als Beispiel nur diesen einen Satz ... !!! Oder hast du etwa mehr von der unangenhemen Situation?????


    Verworrene Grüße
    Stefan :anbet

  • Hallo, Stefx.


    "Bernd ist aber auch ein Arschloch", sagte Julia. Sie hatte nicht bemerkt, daß Bernd inzwischen den Raum betreten hatte. Thomas grinste, Julia errötete, die anderen sahen zu Boden.


    Es ist nicht erforderlich, hier noch zu erklären, daß eine "unangenehme Situation" entstand. Tatsächlich würde man den Leser für dumm verkaufen. Versuch doch mal bitte, ein Beispiel zu geben, in dem dieser Zusatz tatsächlich noch Sinn macht.

  • :anbet Sorry sorry sorry .... ich werde es nie wieder machen!!! :anbet


    Demnächst werde ich am besten zu einem Satz gleich eine ganze Geschichte abliefern! :baby

  • Würde mir nie einfallen!!


    Ich arbeite im Moment ein Expose zu dem Satz aus, werde die Story dann als BT bringen!!! :evil

  • Hallo, Anja.


    Zitat

    Da werden die Leser mit derartigen Zusätzen ununterbrochen für blöd verkauft


    Ein Problem der zu erreichenden Gesamtwörterzahl. Da sich in solchen Romanen ständig Uschis und Rolfs verliebt anschauen, muß man das möglichst wortreich permutieren.

  • Hallo Tom,


    Bist Du sicher, dass es an der Gesamtwortzahl liegt? Das wäre eine Erklärung. Ich hatte es immer auf (mir völlig unbegreifliche) Leservorlieben gehalten.


    In meinem aktuellen Exemplar wissen Uschi und Rolf noch nicht, dass sie sich lieben, sie sind noch ganz eklig zueinander. ABER ICH WEIß ES SCHON :albern.


    Anja

  • Zitat

    Original von Anja
    In meinem aktuellen Exemplar wissen Uschi und Rolf noch nicht, dass sie sich lieben, sie sind noch ganz eklig zueinander. ABER ICH WEIß ES SCHON :albern.


    Anja


    Elementar, mein lieber Watson!


    Bitte, das gehört zu den unumstößlichen Prinzipien des Genres: Wenn zwei Personen verschiedenen Geschlechts so richtig eklig zueinander sind, landen sie mindestens eng umschlungen im Bett. Oder im Moos. Oder im Segelboot. Oder in der Berghütte. Wurscht wo. Aber an diesem Prinzip zu rütteln, das erschütterte die Grundfesten nicht nur des Genres.


    Sachichgezzma.


    Grüssli von blaustrumpf

  • Hallo Inge Blaustrumpf


    Vor allem, wenn sie nach jedem Ekligsein in ihr Zimmer gehen und ganz verstört sind, weil sie jetzt wieder so eklig waren. Sie verstehen das beide gar nicht.


    Ich finde es klasse, wenn man beim Lesen immer schon einen Schritt voraus ist. Das gibt einem das Gefühl, verstanden zu haben, was die Autorin (sind ja dem Pseudonym nach nur Frauen) sagen möchte :D.


    Anja