Hintergrund, Umfeld, Recherche ... das alte Thema! ;o)

  • Kirsten brachte mich drauf: Ich habe das Bestreben, über die Hintergründe und die Umgebung in die meine Geschichten eingebettet sind, mehr zu wissen, als ich unbedingt vermitteln muß. D.h. ich recherchiere nicht "nach Bedarf", sondern versuche mir ein möglichst vollständiges Bild der Welt zu verschaffen, in der sich die Geschichte abspielt. Erst dann werden die Dinge für mich lebendig und die Figuren Personen.


    Dabei kann ich mich durchaus in Detailfragen "verlieren". Der Vorteil ist, daß ich für dramaturgische Konflikte dem Umfeld weitgehend angepaßte Lösungen entwickeln kann. Manchmal fallen sie mir sogar regelrecht in den Schoß ... :o


    Wie ist das bei euch?

  • Zitat

    Original von Iris
    Ich habe das Bestreben, über die Hintergründe und die Umgebung in die meine Geschichten eingebettet sind, mehr zu wissen, als ich unbedingt vermitteln muß. D.h. ich recherchiere nicht "nach Bedarf", sondern versuche mir ein möglichst vollständiges Bild der Welt zu verschaffen, in der sich die Geschichte abspielt. Erst dann werden die Dinge für mich lebendig und die Figuren Personen.


    Für mich ist das unbedingt notwendig. "Nach Bedarf" kommt bei Zeitdruck, ansonsten liebe ich es zu recherchieren. Ich habe da Ideen, zu denen ich schon etliche Ordner (im Computer) angelegt habe Alltag, religiöser Hintergrund, Literatur, Kunst ... Dazu kommen dann noch die Details, die ich mir selbst zum Hintergrund meiner Personen ausdenke. Da hilft es natürlich, wenn man etwas über die Zeit weiß, in der sie leben.


    Zitat

    Dabei kann ich mich durchaus in Detailfragen "verlieren".


    Ach? ;)


    Zitat

    Manchmal fallen sie mir sogar regelrecht in den Schoß ... :o


    Ganz abgesehen von den vielen anderen interessanten Anregungen ...



    Liebe Grüße
    Kirsten :)

  • Tja Iris,


    Zitat

    Original von Iris
    Ich habe das Bestreben, über die Hintergründe und die Umgebung in die meine Geschichten eingebettet sind, mehr zu wissen, als ich unbedingt vermitteln muß. D.h. ich recherchiere nicht "nach Bedarf", sondern versuche mir ein möglichst vollständiges Bild der Welt zu verschaffen, in der sich die Geschichte abspielt. Erst dann werden die Dinge für mich lebendig und die Figuren Personen.


    Von mir wirst du diesbezüglich nichts neues erfahren, denn ich gehe sehr ähnlich vor. Es gibt natürlich Details, ich schon gezielt und genau recherchiere (Wie lange war eine Postkutsche von Wien nach Berlin unterwegs? Wie lange brauchte ein Brief, also ein einzelner Reiter? Wie oft wurden für eine solche Strecke die Pferde bei Thurn und Taxis gewechselt? Welche Zahlungsmittel wurde wo benutzt? Siezen oder Ihrzen?).
    Andererseits nutze ich jede mir nur bietende Gelegenheit, mich mit dem Zeitraum des Werkes insgesamt vertraut zu machen.


    Besonders schön war die Recherche zum Kunstfurzen. Nicht die Internet-Recherche, sondern die direkte bei Bibliotheken. :rofl


    Herzlichst


    Wolf P.

  • Zitat

    Original von Wolf P
    Besonders schön war die Recherche zum Kunstfurzen. Nicht die Internet-Recherche, sondern die direkte bei Bibliotheken. :rofl


    Wie? Hast du wenige Stunden vor einem Bibliotheksbesuch einen herzhaften Bohneneintopf verputzt, so daß die Kunst darin bestand, die unvermeidlichen Gase möglichst unbemerkt zwischen den Regalen abzusetzen? =)

  • Genauso, Iris. Ich muss aber dann auch den Punkt zum Abschalten finden. Außerdem bin ich so verrückt, dass ich immer Original-Ambiente schnuppern muss und nicht über die Karibik schreiben mag, wenn ich selbst nie in der Karibik war. Das macht mir zunehmend Sorgen, weil ich vor lauter Schreiben nicht mehr viel herumkomme...
    Ich hab den Nachteil, Journalistenblut in den Adern zu haben - wenn ich mal anfange, will ich ALLES wissen. Ich lecke da Blut.
    Hinterher frage ich mich ab und zu schon, warum ich so wahnsinnig bin, abends alleine Russenmafia-Milieu zu schnuppern, und das für einen Frauenroman! Gefahrenzulage gibt's ja auch nicht.
    Es ist verdammt spannend, so zu schreiben. :colts


    Schöne Grüße,
    Petra

  • Zitat

    Original von viola
    Außerdem bin ich so verrückt, dass ich immer Original-Ambiente schnuppern muss und nicht über die Karibik schreiben mag, wenn ich selbst nie in der Karibik war.


    Das geht ja bei mir nicht, weil es (zum Glück!) keine Zeitmaschine gibt. :achsel
    So weit treibe ich es dann doch nicht mit dem Authentizitätsprinzip.


    Andererseits ... jetzt geht die Hermeneutikerin wieder mit mir durch ... wir sehen ohnehin alles nur durch die unendlich vielen Brillen unserer (nicht nur) sozialen und kulturellen Prägung. Wenn ich in die Karibik reisen würde, sähe ich etwas anderes als du. :zwinker


    Das Schwierigste an der Recherche ist m.A.n. dieses Dickicht von Vorurteilen und falschen Vorstellungen zu durchdringen, das den Blick trübt ...

  • Nee, Iris,


    ich sprach von Recherche, nicht von Selbstversuchen. ;)


    Aber die Blicke von BibliothekarInnen sind schon zum :colts, wenn du sie um Hilfe bei der Recherche bittest.
    "Entschuldigen Sie, ich suche Informationen zum Thema Kunstfurzen."
    Ich glaube, wenn ich fünfundzwanzig Jahre jünger gewesen wäre, hätten sie mich rausgeschmissen. =)


    BTW: Auch schön ist es, nach Büchern von William Kotzwinkle zu fragen. Den sprechen spitzfingrige Buchhändlerinnen gern "Kosewinkel". =)


    Herzlichst


    Wolf P.

  • Zitat

    Original von Wolf P
    ich sprach von Recherche, nicht von Selbstversuchen. ;)


    Und ich dachte an einen Selbstversuch zu Recherchezwecken! =)


    Aber ganz im Ernst: Was in Namen ist "Kunstfurzen"?


    Obwohl ... ich kann mir gut vorstellen, daß man an Luthers Tafel damit Eindruck schinden konnte. =)

  • Zitat

    Original von Iris


    Das geht ja bei mir nicht, weil es (zum Glück!) keine Zeitmaschine gibt. :achsel
    So weit treibe ich es dann doch nicht mit dem Authentizitätsprinzip.


    In meinem Fall hat das dazu geführt, dass ich jetzt mittelalterlichen Schwerkampf mit dem Anderthalbhänder trainiere ;)


    Mittelaltermärkte sind auch eine nette Möglichkeit, sich ein bisschen inspirieren zu lassen, obwohl das historisch natürlich alles ziemlich hanebüchen ist. Relativ in der Nähe von Marburg findet im Frühsommer immer das große Mittelalterevent von Freienfels statt ;)


    Liebe Grüße
    Christian

  • Zitat

    Original von christianf
    In meinem Fall hat das dazu geführt, dass ich jetzt mittelalterlichen Schwerkampf mit dem Anderthalbhänder trainiere ;)


    Das ist allerdings sehr spätes Mittelalter -- zu spät für mich. =)


    Zitat

    Mittelaltermärkte sind auch eine nette Möglichkeit, sich ein bisschen inspirieren zu lassen, obwohl das historisch natürlich alles ziemlich hanebüchen ist.


    Die "Römer" und "Germanen" sind meist etwas pingeliger, was ausrüstung etc. angeht. Im MA-Reenactment schwirren zuviele Rollenspieler und Fantasyleute herum. :zwinker


    Zitat

    Relativ in der Nähe von Marburg findet im Frühsommer immer das große Mittelalterevent von Freienfels statt ;)


    Ich weiß, aber Herzberg ist schöner. ;)

  • Zitat

    Original von Iris
    Ich weiß, aber Herzberg ist schöner. ;)


    So ein Unsinn :P Es gibt nichts schöners als den knietiefen Schlamm von Freienfels =) Dagegen sind Herzberger Sommersonnentage nichts :sonne :kalt


    Viele Grüße
    Heike :evil

  • Zitat

    Original von Heike
    So ein Unsinn Es gibt nichts schöners als den knietiefen Schlamm von Freienfels Dagegen sind Herzberger Sommersonnentage nichts


    War in der Tat ein wenig feucht dieses Jahr.:aetsch


    Aber die Damen, die ihre langen Kleider durch den Schlamm zogen, mit Schmutzrändern bis zu den Knien, das fand ich absolut echt MA :rofl

  • Hmpff. Ich sage nur: Kaltenberger Ritterturnier. Mittelalter, oder dass was wir meinen. So oder ähnlich oder doch ganz anders. Aber bevor hier ein neuer Reisetourismus ausbricht: die Landsberger Hochzeit ist auch nicht schlecht. Nur mal so aus dem Bayernland gesprochen....


    Außerdem gewinnen die " events" allein schon dadurch an Bedeutung, dass sie nicht jedes Jahr stattfinden. Wer also wagt es da noch, seine Abweseneheit zu begründen?

  • Hi Iris,


    das Kunstfurzen war im 19. Jahrhundert ein sehr beliebtes Jahrmarktvergnügen.
    Da gab es regelrecht Stars, die nicht nur kleine Melodien - die Gassenhauer der Zeit - flatulent produzierten, sie ahmten gern auch andere Geräusche nach. Sehr beliebt war das "Schwiegermutterlachen".
    Aber wenn man seine Romanhandlung - wenigstens in Teilen - im Jahrmarktmilieu um 1840 spielen lässt, kommt man um diese Darbietungsform nicht herum, genausowenig wie um erste Karussells und Bänkelsänger. Da gibt es aber mehr Material zu finden.


    Herzlichst


    Wolf P.

  • Zitat

    Original von Wolf P
    das Kunstfurzen war im 19. Jahrhundert ein sehr beliebtes Jahrmarktvergnügen.


    Kann ich mir nach deiner Beschreibung blühend vorstellen. Gestunken hat es in dieser hygienefreien Epoche ohnehin. :rofl
    Das "Kunstrülpsen" wird an Schulen noch heute praktiziert! =)

  • Zitat

    Original von Wolf P
    Aber die Blicke von BibliothekarInnen sind schon zum :colts, wenn du sie um Hilfe bei der Recherche bittest.
    "Entschuldigen Sie, ich suche Informationen zum Thema Kunstfurzen."
    Ich glaube, wenn ich fünfundzwanzig Jahre jünger gewesen wäre, hätten sie mich rausgeschmissen. =)


    Also, nicht alle Bibliothekarinnen sind so! :colts


    Liebe Grüße
    Kirsten
    (Bibliothekarin)