Sol Steins Schreiblehrbuch

  • Zitat

    Original von hpr


    Ich geb zu, ich bin voreingenommen. Aber all diesen gleichlautenden Schund, der sehr gekonnt nichts erzählt, mit manierierten Figuren, flach wie Scheckkarten, der im Moment Mode ist, kann ich wirklcih nichts abgewinnen. Da wäre James Frey schon ein Fortschritt.


    Hans Peter


    Zum Beispiel?


    Ich würde mir gern einmal etwas von diesen «Machwerken» ansehen, um mir ebenfalls ein Bild machen zu können :brille


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • [quote]Einspruch, Euer Ehren: Frey z.B. taugt grad mal fürs Seichte, und solche Kost ist m.A.n. nicht "leserfreundlich", sondern trivial.


    Hallo Iris,
    nun, so ein großer Unterschied ist zwischen "leserfreundlich" und "trivial" auch nicht. Die Texte von Brigitte Kronauer möchte ich nun auch nicht gerade "leserfreundlich" bezeichnen. Das ist nach meinem Dafürhalten überwiegend schon höhere Literatur, die den Leser fordert - also nicht immer leicht zu lesen ist. Aber im Grundsatz sind wir uns ja ohnehin einig, was die Bewertung von "Literatur-Kochbüchern" à la "Sol Stein" betrifft.


    Ich bin der Meinung, dass jeder selbst seinen persönlichen Weg finden muss. Was für Thomas Mann bezüglich seiner Charakteren galt, das galt auch für manchen Lyriker, der sich "seine Welt, sein Verständnis über die Welt" erschaffen hat (Symbolik, immer wiederkehrende Schlüsselworte in Gedichten, usw.).


    Ich denke z.B. an die Arbeitsweise von Celan. Der schrieb auf einen Bogen oder mehre Bögen Papier seine Gedanken auf, so wie sie ihm in den Sinn kamen. Daraus erarbeitete er dann seine Gedichte.


    Liebe Grüße
    Tasso

  • Zitat

    Original von Tasso9x
    nun, so ein großer Unterschied ist zwischen "leserfreundlich" und "trivial" auch nicht. Die Texte von Brigitte Kronauer möchte ich nun auch nicht gerade "leserfreundlich" bezeichnen.


    Ich verstehe unter "leserfreundlich" nicht, daß man mir als Leser durch Trivialität die gesamte Denkarbeit abnimmt. Solche Bücher langweilen, ja nerven mich und schaffen es sogar in die Blaue Tonne, da die lohnenswerten eh schon dreispurig stehen. :zwinker


    Und wer in der Literatur nur das "Allgemeinverständliche", "Alltagstaugliche" respektiert und "Tiefe" nicht anders erkennen kann als in Konflikten, die er aus seinem eigenen Weltbild heraus nachvollziehen kann, geriert sich nicht anders als ein Eiferer, der die Naturwissenschaften vom schulischen Lehrplan fegen will, weil er sie mit seinem puritanischen Dogmatismus nicht in Einklang bringen kann.

  • Hallo Peter (nicht Iris - sorry)


    ich kann soweit deinen Ausführungen nur zustimmen. Im Grunde meinen wir ja das selbe. Was Celan praktiziert hat, bezeichne ich als Assoziationsketten. "Celan-Methode" finde ich auch gut!!! Natürlich sind mir auch die modernen Methoden und Begriffe geläufig, Wie das Clustering. Mit letzterem komme ich aber auch nicht so recht weiter. Ich habe auch schon mit dem Programm von Sol Stein "WritePro FictionMaster" gearbeitet.


    Natürlich gibt es auch gute Hinweise, z.B. die Charakteren bestimmten Situationen aussetzen, so nach dem Motto: "Was tut die Charaktere wenn", oder die Charakteren schreibens sich zu bestimmten Situationen Briefe, usw..


    Da ich nurmehr Lyrik schreibe, (mein Fachbuch nimmt mir jegliche Zeit) treten diese "Schreib-Hilfen" (ich meine jetzt den Sol Stein und Co) für mich in den Hintergrund. Ich selbst bediene mich in der Lyrik ebenfalls gerne den Assoziationsketten. - Und übrigens: um eine gründliche Recherche kommt man nicht drum herum - auch bei Gedichten.


    Liebe Grüße
    Tasso

  • Ich muss sagen, dass "Über das Schreiben" sehr helfen kann, wenn man ein zugängliches Buch schreiben möchte, also für den Leser. Experimentiert man aber lieber, möchte eigentlich mehr für sich schreiben als für ein Publikum, dann braucht man solche Literatur nicht. Und so wie es Leser gibt, die sich gerne auf Experimente einlassen, soll es auch Autoren geben, die aus solchen Büchern lernen. Abgesehen davon glaube ich das, was Dorothea Brandes schrieb in ihrem Klassiker aus den 30er Jahren, nämlich, dass jeder Geschichtenschreiben LERNEN kann. Übung, Übung und Übung...


    Grüße, Christian.

  • Schreibratgeber sind mit einem Problem behaftet, das generell für alle Arten von Ratgebern gilt, ob es nun um Diät, Kindererziehung oder Lebensplanung geht: Es wird versucht, eine Aufgabe, mit der sich jeder einzelne konkret konfrontiert sieht, zu abstrahieren. Auf diese Art entstehen Regelwerke und Vorschlagssysteme, die auf einem kleinsten gemeinsamen Nenner basieren und keineswegs auf alle Einzelfälle adaptierbar sind. Manchmal gilt sogar das Gegenteil. Folgen Sie Ihrem gesunden Menschenverstand, aber um Himmels Willen niemals einem Ratgeber! hat mal jemand gesagt, aber ich weiß leider nicht mehr wer. Jedenfalls. Wenn man einen Ratgeber als den Versuch interpretiert, aus einer ganz persönlichen Sicht zu abstrahieren, dann wird es möglich sein, daraus einen gewissen Nutzen zu ziehen. Wenn man derlei aber als Anleitung nutzt, wird man scheitern. So, wie viele junge Eltern scheitern, die all ihr Erziehungswissen aus Büchern beziehen, oder Jungunternehmer, die versuchen, ihre Firma so zu leiten, wie der (inzwischen wegen Untreue inhaftierte) Diplom-Kaufmann XY das in seinem Buch empfiehlt.
    Es gibt keine Regeln dafür, wie man ein ("verdammt") gutes Buch schreibt. Man kann an einem konkreten Manuskript festmachen, warum es funktioniert oder nicht, aber es gibt keinen Prosa-Parser, der aus einem schlechten ein gutes Buch macht.


    Auch das, was gemeinhin als "Basics" oder "Handwerk" bezeichnet wird, ist nur zu einem gewissen Anteil aus Ratgebern erlernbar. Besseres Material sind hier gute Romane, die erfolgreiche Autoren verfaßt haben.

  • Zitat

    Original von Tom
    Schreibratgeber sind mit einem Problem behaftet, das generell für alle Arten von Ratgebern gilt, ob es nun um Diät, Kindererziehung oder Lebensplanung geht: Es wird versucht, eine Aufgabe, mit der sich jeder einzelne konkret konfrontiert sieht, zu abstrahieren. Auf diese Art entstehen Regelwerke und Vorschlagssysteme, die auf einem kleinsten gemeinsamen Nenner basieren und keineswegs auf alle Einzelfälle adaptierbar sind. …


    Paul Heyse, erster deutscher Nobelpreisträger für Literatur (1910) und letzter großer Dichter des 19. Jahrhunderts hatte eine Novellentheorie entwickelt (die so genannte Falkentheorie), in der er das Wesen der Novelle zu analysieren und zu beschreiben versuchte. Interessant ist, dass er sich selbst nie an diese Theorie gehalten hat.


    Eine Aufgabe, ein Thema oder ein Problem dadurch zu erfassen, dass man es abstrahiert und in einem Regelwerk beschreibt, ist immer hilfreich für den, der's tut - und dann für die Anderen, wenn die sich nicht an dieses Regelwerk gebunden fühlen.


    Horst-Dieter

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    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Auch das, was gemeinhin als "Basics" oder "Handwerk" bezeichnet wird, ist nur zu einem gewissen Anteil aus Ratgebern erlernbar. Besseres Material sind hier gute Romane, die erfolgreiche Autoren verfaßt haben.


    Ich finde, dass es weit mehr ist als ein gewisser Anteil. Denn viele Dinge des Handwerks erkennt man an einem Roman überhaupt nicht, gerade, wenn er gut ist. Um die Basics bei anderen Autoren zu erkennen und vor allen Dingen auch von ihnen zu lernen, muss man sie zunächst einmal dem Grunde nach gelernt haben.


    Wenn man z.B. die diversen Bücher aus dem Autorenhaus Verlag liest, wird es keinem Autoren schaden sie zu lesen. Im schlimmsten Fall bringt es einem persönlich nicht viel, im Regelfall freut man sich, wenn man intuitiv (oder aufgrund Erfahrung) bestimmte Dinge "richtig gemacht" hat und im besten Fall lernt man das eine oder andere. Und damit erfüllen sie schon einen guten Teil ihrer Aufgaben.


    Ich persönlich fand's jedenfalls zum Beispiel sehr spannend, als ich irgendwann (allerdings im Filmbereich) von der 1/4, 2/4, 1/4 Aufteilung in der Dramaturgie erfuhr. Es fasziniert mich, dass man bei einem guten Film wirklich die Uhr auf die Minute danach stellen kann. Wer kommt aber auf die Idee, einen Roman danach nach Seitenzahlen zu untersuchen? Man tut's nicht, weils funktioniert. Und man merkt es nur, wenn es bei den eigenen Texten nicht funktioniert.


    Autoren, die Ratgeber in der Art lesen: Man nehme dieses Wort und jenen Satz, drücke auf diesen Knopf, schreibe diesen Brief ... und schon ist man Schriftsteller. Sorry, aber diese Leute werden niemals Schriftsteller. Also ist's egal, wenn sie die Ratgeber falsch nutzen, oder?


    In diesem Sinne herzliche Grüße
    Cordula

  • Zitat

    Original von Cordula

    Ich finde, dass es weit mehr ist als ein gewisser Anteil. Denn viele Dinge des Handwerks erkennt man an einem Roman überhaupt nicht, gerade, wenn er gut ist.

    Cordula


    Zumindest nicht, wenn man einfach nur liest. Wenn man Lernen will, muss man analysierend lesen, d.h. zumindest nachher überlegen, wie hat der Autor das gemacht?


    Horst-Dieter

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  • Zitat

    Original von Cordula
    Grüße Dich Horst Dieter,


    Du sagst es! Analysierend lesen. Das meinte ich, dass man hierfür die Basics kennen sollte. Es ist jedenfalls sehr viel spannender, wenn man selbst das Handwerk einigermaßen kennt, zu untersuchen, wie gute Autoren damit zaubern, spielen, balancieren .....


    :) Cordula


    Hallo Cordula,


    und genau das meine ich nicht. Wenn du analysierst mit vorgegebenen Rastern (jenen Basics) dann ist das nur halbsoeffektiv, als wenn du das selbst alles herausfindest.


    Aber ich will da nicht zu dogmatisch sein. Die Wege, die jemand gehen muss, um irgendetwas zu erreichen, können gar nicht alle gleich sein.


    Horst-Dieter

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    Emanuel von Bodmann


  • Hallo Horst Dieter,
    ich finde Deine Ansicht nicht dogmatisch. Bleibe aber bei meiner Meinung (vielleicht liegen wir ja gar nicht so weit auseinander sondern reden nur aneinander vorbei?), dass auch für Schriftsteller gilt, was für nahezu alle Berufe/Berufungen/Tätigkeiten gilt: Man sollte es erst einmal beherrschen, bevor man dann experimentiert und seine eigenen (z.T. verborgenen) Resourcen kennenlernt.


    Ich selbst bin ja z.B. nicht "von der Schreibe" gekommen, sondern quasi Quereinsteigerin, habe bis zum heutigen Tage niemals eine Schreibschule oder ähnliches besucht, und habe die frühen Jahre nur intuitiv geschrieben, habe meine Texte danach beurteilt, wie sie mir als Leserin gefallen würden. Ich fand es persönlich sehr befriedigend mit der Zeit dann aber durch Wissen und Lernen meine eigenen Möglichkeiten zu erweitern und auch stärker sensibilisiert zu werden für die Texte anderer. Für dieses Lernen gibt es halt viele Quellen. Sicher auch die von Tom vorgeschlagene oder wie Du sagst, es selbst herauszu finden. Die einzigen Quellen sind es sicher nicht.


    Entschuldige (vorsorglich :)), ich hoffe, ich habe Deine Geduld nicht überstrapaziert. Das Thema (und meine Meinung dazu) ist ja nicht gerade extrem wichtig ;)
    Cordula