Beiträge von Marvin

    Selbst wenn man mich zu diesen "Spielverderbern" zählen sollte, ich komm nun mal aus der journalistischen Ecke, und in meinem Job gehörten Recherchen dazu.

    Es liegt mir fern, dich als "Spielverderber" bezeichnen zu wollen. Ich bin ja so froh über diese Diskussion hier ")"

    Ich halte Eifer bei der Recherche für eine Tugend, falls das noch nicht deutlich geworden sein sollte. Nur nicht für Selbstzweck.

    weiß nicht, ob das als Recherchefehler zu kategorisieren wäre, oder als Überdehnung der Realität, aber ich hab's eben einfach nicht gekauft. :achsel

    Das ist wohl auch sehr subjektiv. Meistens stören mich solche Sachen kaum, auch wenn ich es aus irgendwelchen Gründen besser weiß. Wenn es nur der Geschichte dient, oder die Bilder stimmig sind. Mich stören vielmehr die ganzen Spielverderber, die immer alles "total unlogisch" finden.


    Aber Achtlosigkeit stört mich. Klischees stören mich, die jemand produziert, der es nicht besser weiß und sich auch nicht die Mühe gemacht hat, es besser zu erfinden.

    Mit der Frage nach der Bedeutung von Recherche habe ich mich auch lange herumgeplagt. Recherche ist unzweifelhaft wichtig, ich ärgere mich auch über römische Tomaten oder mittelalterliche Kartoffeln oder über Tasten von Saxophonen oder Sekten mit Kapuzenmänteln. Vor allem über Kapuzenmäntel.

    Gleichzeitig ist Recherche aber auch mühsam und langweilig, ich mag nicht Termine mit Historikern machen, nur weil da in der Geschichte jemand ein altes Manuskript in der Hand hält. Außerdem kenne ich keine Historiker.

    Und dann gibt es da außerdem diese ganzen offensichtlichen Falschdarstellungen, die jeder bemerkt und die doch keinen stören, einfach, weil es für den Verlauf der Geschichte nun einmal notwendig ist, dass da alle den gleichen Traum haben und sich in diesem Traum unterhalten können. Das ist quatsch und total unlogisch, aber leider für den Plot von Inception unerlässlich. Also wird es akzeptiert.


    Meine Ansicht ist die - Details sind wichtig. In den Details bemerkt man die Mühe und die Aufmerksamkeit, die ein Schreiberling seiner Geschichte gewidmet hat. Und das gilt nebenbei genauso für SciFi oder Fantasy. Es ist eben doch wichtig, ob das Einhorn ein schwarzes oder ein weißes Horn hat. Man kann nicht alle diese Details bei jeder Gelegenheit ausrollen, aber es muss zumindest so aussehen, als könne man das jederzeit.

    Und wenn man sich in einem Thema besonders gut auskennt, dann zeigt sich ganz von selbst. Nicht nur dass du weißt, dass das Ding "Pressluftflasche" heißt, du weißt auch, wie schwer es ist und wie es sich anfühlt mit so einem Teil ins Wasser zu fallen und wie es gefärbt ist und transportiert wird und welches Geräusch es macht, wenn man mit dem Finger draufklopft usw. Das verhilft auch gleich zu ganz anderen Geschichten.

    Ich habe in meinem Buch ein ziemlich kurzen Prolog. Es beschreibt etwas, dass meiner Protagonistin vor 2 Jahren passiert ist. Nun, so bei Kapitell 5 überlege ich plötzlich, ob ich am Ende des aktuellen Prologs noch einen Art Perspektivenwechsel einfüge um etwas von einer Nebenrolle zu schreiben, die erst sehr spät in dem Buch und auch nur kurz auftauchen wird.

    Hallo Fran,

    die Frage steht jetzt schon eine ganze Weile hier offen. Auch wenn ich es für eine gute Idee halte, den Text, um den es geht, einmal konkret zu besprechen, würde ich einfach einmal aufgrund des Zitates oben etwas dazu sagen wollen.


    Nicht machen.


    Ich muss das Zitat bereits mehrfach lesen, um zu verstehen, was gemeint ist. Ich glaube, dass es Sinn macht, Texte so verständlich wie möglich zu halten. Und das heißt erst einmal - keine Prologe, keine Perspektivwechsel, keine Rückblenden, keine verrückten Vergleiche und so weiter.

    Natürlich ist das Quatsch, quasi jedes Buch, was mir gefällt, hat solche Sachen. Aber das sind Kunstgriffe und Verzierungen, die schnell eitel und aufgesetzt wirken. Also - ohne irgendetwas zu kennen und im Zweifel - nicht machen.

    Ich habe den Content-Produzenten von Netflix-Serien lange widerstanden. Ich habe mich geärgert, dass man offenbar versucht, mich auszurechnen. Das ging so weit, dass ich Serien in meine Wunschliste gesetzt habe, die ich mir niemals anschauen würde, nur um den Algorithmus zu ärgern.


    Jetzt haben sie mich doch gekriegt.


    „The Eddy“ dreht sich um einen Jazz-Club in Paris – geht noch mehr Klischee? Und trotzdem. Paris bedeutet in dieser Serie Peripherique und Banlieues statt Eiffelturm, Handkamera. Dazu ein ständiger Wechsel zwischen Französisch, Englisch, Arabisch und ein bisschen Polnisch. Sich das Ganze mit Synchronisation anzuschauen, nutzt also sowieso nicht. Wer nicht zufällig alle diese Sprachen spricht, kommt um Untertitel nicht herum. Das alles mit viel Musik, die ganz wirklich live gespielt wird, man fragt sich, wo diese Multitalente alle herkommen, denn auch schauspielerisch ist das toll, wirkt oft improvisiert und authentisch, wenn es nicht oft so tolle, treffsichere Punchlines gäbe, die keinem Menschen im echten Leben spontan einfallen können.


    Die Musik ist Jazz. Ok, ein bisschen „Boppy-Poppy“ (wie es eine der Personen im Film ausdrückt) ist es schon. Es gibt eine klare Betonung auf dem Gesang und den Lyrics, orientiert sich an einer klassischen Besetzung und Solos sind selten.


    Genauso ist die Geschichte. „Boppy-Poppy“. Die Jazz Klischees sind alle da – dunkle Kellerclubs, Drogen, Armut gepaart mit Genialität. Und doch wird mit eben diesen Versatzstücken so schön und stellenweise anrührend gespielt, vielleicht so wie ein Coltrane-Solo über Blues Changes. Alles ist irgendwie luftig und lose und frei. In jeder Folge gibt es eine andere Figur, die den thematischen Schwerpunkt bildet, an den Rändern der Geschichte tun sich immer neue menschliche Abgründe auf und dazwischen wir immer wieder Musik gemacht.


    Großartig. Ich kann nicht genug davon bekommen. Netflix für Leute, die gerne so Sachen sagen wie „Diskurs“ oder „Narrativ“. Bitte guckt euch das an, damit die Nutzerzahlen in die Höhe schnellen und es noch mehr Staffeln gibt

    ... tatsächlich hab ich glaub noch zu viel Angst, dass mir Profis sagen, "was ein Mist" :irre

    Diese Angst ist sehr berechtigt. Die Kritik in der Runde ist nicht immer begründet aber meistens ehrlich. ;)

    Allerdings kriegt jeder sein Fett weg, auch die Profis und die Leute, die schon Bücher bei Publikumsverlagen untergekriegt haben. Und darum tut es auch nur halb so weh.


    Die direkte Textarbeit ist in meinen Augen mit großem Abstand das Beste an diesem Forum, funktioniert aber nur, wenn genügend Leute regelmäßig kommentieren und ab und zu jemand Texte einstellt.

    während sich der Text klammheimlich wie von selbst zu den Akten im Giftschrank legt

    Ich lese mich immer mal wieder durch meinen "Giftschrank". Manchmal entdecke ich dabei dann halbfertige Texte von vor ein paar Jahren, die mir mit etwas Abstand sogar ganz gut vorkommen. Und manchmal mache ich die dann fertig.

    So, das ist jetzt also meine recht verwirrende Vorstellung.

    Hallo Silke,

    schön, dass du da bist! Ich finde die Vorstellung auch überhaupt gar nicht verwirrend, eher gradlinig und straight. Und ich meine das als Kompliment und mit etwas Neid.

    Ach Thomas. Wahrscheinlich sollte ich auf die Stichelei gar nicht eingehen. Wenn man sich ein bisschen für Jazz interessiert, dann kennt man die Namen doch alle. Ich meine - du kennst sogar die Brille von Lee Konitz!

    Die hier genannten waren in gesegnetem Alter. Das stimmt allerdings. Und das, obwohl sie nicht gerade Selbstoptimierer waren, wie du richtigerweise anmerkst.

    Was danach geschieht, entzieht sich überwiegend (> 85%) meiner bewussten Kontrolle.

    Ich habe den Beitrag vor allem wegen dieses Zitates geliked. Das ist doch eigentlich eine unerhörte Sache! Und das stimmt auch irgendwie. Es ist jetzt nicht so, dass da Sätze ganz von selbst auf dem Papier erscheinen, oder dass man da gar nicht mehr nachdenken müsste. So Sachen wie "automatic writing" halte ich für eine ganz gute Kreativitätstechnik, aber so entstehen auch bei mir keine brauchbaren Kurzgeschichten.


    Trotzdem läuft das meiste ohne direkte vernunftgeleitete Planung. Bei mir ist es eher so, dass ich viele Optionen im Kopf durchspiele und immer schaue, welche davon richtig erscheint. Aber was das jetzt heißt - richtig - das ist Gefühlssache. Was auch bedeutet, dass ich mich nachher manchmal den eigenen Geschichten nähern kann wie einer fremden Story und mich nach dem tieferen Sinn fragen. Fast so etwas wie "Was wollte ich damit eigentlich ausdrücken?". Das macht oft besonders Spaß. Manchmal ist mir das dann aber im Nachhinein auch peinlich, wenn der "tiefere Sinn" ein ganzes Stück offensichtlicher ist, als ich eigentlich gedacht hatte.

    Hallo Isabel,

    das ist spannend. Ich glaube auch, dass das mit Romanen und Kurzgeschichten grundlegend anders läuft.

    Bei Kurzgeschichten reicht mir häufig eine Idee, eine Person, eine Szene, vielleicht eine komische Verknüpfung oder sowas. Und genau wie du es beschrieben hast - ich setze mich hin und schreibe was und dann entsteht die Geschichte fast wie von selbst. Meistens hängt dann nach ein paar Tagen ein Projekt halbfertig in der Luft und ich muss ein bisschen puzzeln, um das eine schlüssige Ende zu finden, das da irgendwo verborgen liegt, und dann mache ich es fertig. Meistens jedenfalls. Ich habe auch noch eine Menge halbfertiger Projekte in der Schublade.


    Romane sind anders. Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass Romane etwas für Menschen sind, die auch aus eigenem Antrieb ihre Steuererklärung rechtzeitig fertig machen. Ich bin nicht so.

    BT wird noch Thema für mich werden, aber erst, wenn ich mich in meinem Schreibstil wohlfühle.

    Man kann ja auch erst einmal über die Texte andere Leute sprechen.

    Aber tatsächlich muss man sich erst beim Admin freischalten lassen. Das hat nichts mit Bewerben zu tun, man muss da keine Textproben abgeben. Allerdings muss man einmal (nur gegenüber dem Admin) seine Identität bestätigen, damit da niemand anonym Ideen klaut oder politische Propaganda betreibt. (Hust) Es besteht keine Verpflichtung, seine Texte da hochzuladen. Es besteht sowieso fast überhaupt keine Verpflichtung zu irgendwas.


    Aber ich finde es jetzt schon gut, wenn hier noch einmal über das Schreiben fiktionaler Texte geredet wird. Auch im öffentlichen Teil des Forums.

    Ich finde es außergewöhnlich begrüßenswert, wenn sich hier jemand anmeldet, der ganz offensichtlich plant, tatsächlich konstruktiv mitzuarbeiten. Und wenn du jetzt noch Texte in das BT-Forum stellst und auch noch dabei bleibst, wenn jemand "Das ist völlig unlesbar und für die Tonne" dazu sagt, dann könnte es sein, dass du dieser Veranstaltung einen entscheidenden Impuls gibst.;)

    Ok. Die Welle ist durch. Das scheint mir für deutsche Nachwuchsautoren hinzukommen.


    Ich reagiere auch nur deswegen überrascht, weil ich gerade entdeckt habe, dass Philip Pullman soeben die "His Dark Materials" Trilogie um weitere drei Bände erweitert (der Mann ist inzwischen über 70). Und BBC hat die ersten drei in Serienform verfilmt. Jugendliche Heldin rettet die Welt. Und ich habe es aufrichtig geliebt.

    Fantasy ist ... schwierig.

    Ja gut. Aber alles ist doch irgendwie "schwierig", oder nicht? Außer vielleicht Regionalkrimis. Oder ist der Zug auch schon abgefahren?

    Und Fantasy ist ein weites Feld. Ich kann mich erinnern, dass Fantasy eine ganze Zeit ein ziemliches Nischengenre für nerdige Fans von Rollenspielen war. Und dann kam Harry Potter.


    Ist es nicht einfach auch ziemlich deutsch, immer Sorge zu haben, dass das alles nicht ernsthaft genug ist? Ich liebe so Leute wie Matt Ruff oder Neil Gaiman, aber tatsächlich kann ich mir kaum vorstellen, dass das in Deutschland vernünftig funktionieren würde.