Über die Transformation von Erfahrungen in Literatur

  • Ich denke, egal was oder worüber man schreibt, es steckt immer ein Teil von einem selbst darin. Dem entkommt man als Autor kaum, sofern man das überhaupt will.

    Das habe ich mit der Özdogan-Geschichte weiter oben zu sagen versucht.

  • Jürgen, ich bin beinahe ein bisschen neidisch auf die Art, wie Du Romane liest. So ergeht es mir tatsächlich weder mit den einen noch den anderen Romanen (wenn das denn überhaupt immer auseinanderzuhalten ist).


    In einer alten Folge von „Das literarische Quartetts“ behauptete der Schauspieler/Autor Christian Berkel („Der Apfelbaum“) einmal, alles außer Genre sei autobiografisch - Thea Dorn hat dem dann entschieden widersprochen.

    Nun kommt Edgar Selge und legt einen autobiografischen Roman vor („Hast du uns endlich gefunden“).

    Die beiden sind nicht die ersten und nicht die letzten Schauspieler, die die eigene (Familien-) Geschichte in einen Roman gepackt haben. Während das andere abschreckt, wäre der autobiografische Bezug für mich tatsächlich der einzige Grund, die Romane zu lesen. Und dabei könnte ich nicht mal hersagen, wo diese Schauspieler überhaupt mitgespielt haben :achsel

  • Nachdem ich nun hier und in einem weitere Posting über die Gefahren eines Sachbuches gelesen habe, kommt mir das Gefühl auf, dass ich vielleicht meine Jugend besser als einen Roman weitergeben sollte, ohne zu behaupten das dies alles so geschehen ist, und dass alles Fiktion sei.


    Vor allem was Straftaten anbelangt, hätte ich Sorge, dass man mir daraus einen Strick drehen könnte, wenn ich im Prinzip der Polizei eine lange Liste an Geständnissen, in der Form eines Sachbuches, zuspielen würde.


    Auch was meine Bipolare Halbschwester anbelangt, würde ich mir Sorgen machen, dass sie auf die Barrikaden gehen würde, wenn ihr Verhalten irgendwie an die Öffentlichkeit geraten würde.


    Ich sehe meine Schwester allerdings als ein Opfer unserer Eltern an, und so schlimm ihre Taten auch waren, im Prinzip sind mein Stiefvater und meine Mutter genauso Verantwortlich dafür.


    Aber ich weiß halt, wie sie immer versucht, all den Ekel den sie verursacht hat zu verdrengen, als ob dies nie passiert sei, und selbst wenn ich versucht hatte, in direkten Gesprächen, mit ihr gemeinsam unsere Vergangenheit aufzuarbeiten, war ihre Antwort immer, dass sie die Sachen so sehen will, wie sie es sieht, und dass darüber nicht mehr gesprochen werden sollte.


    Wir haben seid zwei Jahren allerdings überhaupt keinen Kontakt mehr, als ich mich ihr verweigert hatte meine Mutter zu beeinflussen, die Polizeiliche Aussage zurückzuziehen, als das Jugendamt ihren Sohn weggenommen hatte.


    Der Kleine lebt seitdem in einem Kinderheim, und selbst meine Mutter hat man das Besuchsrecht entzogen, was auch einen guten Grund hat.


    Bei meiner Mutter habe ich auch echt Probleme, wenn ich daran denke, unsere Vergangenheit aufzurollen. Meine Mutter ist so eppicht auf ihr Ansehen, und was andere Menschen über sie denken, und die Vergangenheit läßt oft kein wirklich gutes Licht auf sie herrunter strahlen, ich habe echt keine Ahnung wie sie darauf reagieren würde. Zweimal hat meine Mutter schon versucht sich ihr Leben zu nehmen.


    Was meinen Stiefvater anbelangt, würde ich mich eigendlich freuen, wenn er irgendwie versuchen würde rechtliche Schritte einzugehen, im Prinzip ist dieser Mann der Grund alles Übels, auch wenn ich mitlerweile gestehen muß, dass ich dadurch zu dem Menschen wurde der ich heute bin.


    Ich hege absolut keinen Greuel mehr, habe verziehen, und bin dankbar für das Leben, welches mir gegeben wurde.

    Mein Buch ist mit Sicherheit keine Vendetta.


    Vielleicht wäre es aber trotzdem Ratsam, wenn ich alles als Fiktion erkläre, und mein Buch als besser als Roman angehen sollte, um größere Dramen zu vermeiden.