VG Wort und VG Bild fordern Gelder von Verlagen zurück …

  • Finden die Verlage nicht so toll

    Da sagst du was, Ulli. Gestern bei der Weihnachtsfeier von Grafit hat Ulrike Rodi mal ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert, was die finanziellen Folgen dieser Geschichte betrifft. Kleineren Verlagen könnte das durchaus den Garaus machen - nicht wenigen sogar. Aber es scheinen sich Lösungen abzuzeichnen.

  • Diese ganze Geschichte ist eine typische Vogel-Strauß-Geschichte. Es ist schon lange bekannt, dass die rechtlichen Grundlagen dafür fehlen, dass Verlage etwas bekommen dürfen. Die Verwertungsgesellschaften haben darauf beharrt, dass ihr Verteilungskonzept aus den 1950er Jahren gilt und Bestand hat und jede Kritik entweder vom Tisch gefegt oder ignoriert. Dann klagt ein Autor und bekommt Recht. Man geht in die Berufung und will sich durchbeißen, was, wie die Geschichte zeigt, nicht geht. Auch die Verlage kennen die Situation schon seit langem und hätten, wie die Verwertungsgesellschaften, Rücklagen bilden können - oder nein: bilden müssen. Das haben einige, aber nicht alle getan. Und nun beginnt das Heulen und Zähneknirschen.


    Ich finde es im Prinzip richtig, dass auch Verlage aus den Einnahmen der Verwertungsgesellschaften etwas abbekommen. Schließlich haben wir Autoren Ihnen die Verwertung unserer (Mach)Werke erlaubt. Es wird auch einiges von den Verlagen dafür getan, dass eine Verbreitung stattfindet und Einnahmen bei den Verwertungsgesellschaften entstehen. Warum sie also nicht beteiligen? Ich finde, es sollte aber auf Basis des geltenden Rechts passieren und dort ist nachzubessern, nicht in den Verträgen der Autoren.

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    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • @ HD: Zumindest hat das Auf-die-lange-Bank-Schieben ja die Gelder bis 2012 gesichert - insofern eine ziemlich schäbige wie durchsichtige Strategie (wie immer, wenn es ums große Geld geht). Ich pflichte Dir mit Deiner Argumentation bei. Dieweil ich als derzeitiger Nicht-Autor ja mit DEM SYSTEM lange nichts zu tun hatte, verwundert es mich allerdings, dass die Verlage sich mit nur 50 % der Einnahmen zufrieden gaben und nicht gleich 90 oder wie mittlerweile üblich 94 der Einnahmen für sich requirirt hatten. Die wären dann auch bis 2012 sicher gewesen. Nobody is perfect!


    In dem Link fand ich folgende Binsenweisheit: "Der EuGH hat entschieden, dass die Regelung im belgischen Gesetz, wonach
    die Erlöse aus der Privatkopievergütung hälftig zwischen Verlagen und
    Autoren geteilt werden, gegen die Richtlinie zum Urheberrecht in der
    Informationsgesellschaft verstößt."


    Das hatte ich gleich gewusst. Aber das muß eben erst ein EuGH bestätigen, damit es auch so gehandhabt wird! Insofern gebe ich hierzu gar keine Prognose ab - der Einzelne ist doch da ohnehin nur eine kleine Schachfigur und gerade noch zum Bauernopfer gut genug.


    MfG Walter Hilton

  • @ HD: Ich ging vom Anteil des Autors vom Endpreis des Verlagsproduktes aus (heute ja oft kein Buch im klassischen Sinne mehr). Einst bekam der Autor so um die zehn Prozent, heute sollen es oft nur noch sechs oder acht sein. Und 100% abzüglich der 6, 8 oder 10 % sind bei mir dann 90 - 94 %, die nicht beim Autor landen.


    Mich wundert das tatsächlich, daß die Verlage ihre üblichen überzogenen Forderungen nicht auch bei den VGs durchgezogen haben. Aber offenbar sind bei den Summen, die zur Debatte stehen, auch die zweifelhaften 50% schon ein großer Coup.


    MfG Walter Hilton

  • @ HD: Ich ging vom Anteil des Autors vom Endpreis des Verlagsproduktes aus (heute ja oft kein Buch im klassischen Sinne mehr). Einst bekam der Autor so um die zehn Prozent, heute sollen es oft nur noch sechs oder acht sein. Und 100% abzüglich der 6, 8 oder 10 % sind bei mir dann 90 - 94 %, die nicht beim Autor landen.



    Dir ist aber schon klar, dass die 90 % oder mehr nicht nur beim Verlag landen, oder?

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  • @ HD: Klar ist mir das als u. a. gelernter (Verlags)Buchhändler schon - da ich allerdings noch keinen eigenen Verlag hatte, gehe ich da jetzt erst einmal von der Sicht des "kleinen" Autors aus. Und für den sind doch selbst 50 % von den VGs noch riesig (jedenfalls aus der Sicht der Verlage bestimmt...).


    MfG Walter Hilton



    P.S. Kürzlich erhielt ich mal wieder eine Anfrage, ob ich nicht für eine bestimmte Zielgruppe und eine bestimmte Öffentlichkeit einen Verlag gründen würde. Schaun mer ma - langsam werden die Jahre ja weniger...

  • @ HD: Klar ist mir das als u. a. gelernter (Verlags)Buchhändler schon - da ich allerdings noch keinen eigenen Verlag hatte, gehe ich da jetzt erst einmal von der Sicht des "kleinen" Autors aus. Und für den sind doch selbst 50 % von den VGs noch riesig (jedenfalls aus der Sicht der Verlage bestimmt...).



    Du vergleichst Äpfel mit Birnen. Und solch undifferenzierte Aussagen - 90 % oder mehr bleiben bei den Verlagen - helfen nicht, Sachverhalte objektiv zu beurteilen. Da kommt man zum Beispiel zu dem Schluss, dass die 30 - 50 % die E-Bookplatformen wie Amazon & Co behalten, sehr wenig sind. Tatsächlich ist das aber erheblich mehr, als bei den Verlagen hängen bleibt.


    Wer immer nur beurteilt, was im eigenen Fressnapf liegt, kann auch nicht darüber hinaus schauen. Klar, wenn es zu wenig ist, schmerzt das schon. Wichtig wäre es aber zu erkennen, warum da zu wenig drin liegt und an welcher Stelle man ansetzen muss, um das künftig zu ändern.

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  • @ HD: Ich beurteile nicht danach, was "im eigenen Freßnapf" liegt, denn ich bin derzeit nicht als Autor aktiv und habe es unter diesen Umständen nicht wirklich vor (vielleicht werde ich noch einmal Verleger und Autor/Übersetzer dann im eigenen Verlag). Also kann mich da nichts schmerzen - und ich sorge auch weiterhin dafür, dass sich nicht andere von meiner Leistung ein schönes Leben machen.


    Mir ist auch klar, daß es erhebliche Unterschiede zwischen den Bereichen Gedrucktes und Digitales gibt. Aber da ist derzeit noch viel im Fluß - mal sehen, wohin das fließt.


    Was ich aber nun für den Tod nicht ausstehen kann ist der Fakt, dass die Monopolisierung in der Verlagsbranche erstens sehr viele renommirte wie auch bewährte Verlage mit klarem Profil wegrationalisiert hat - und dass zweitens der Autor gegenüber dieser Monopolisierung immer ohnmächtiger gemacht wird.


    Wir hatten hier in Dresden vor ein paar Woche die (erste) Sächsische Bücherschau:


    http://www.saechsische-buecherschau.de/


    Ich hatte interessante Gespräche, u.a. mit Dr. Ralf C. Müller vom Eudora-Verlag Leipzig (Haus des Buches - wohl das halbe HdB war hier in Dresden)


    http://www.eudora-verlag.de/


    Er war der Meinung der Entwicklung des Verlagssystems hin in Richtung von nur noch Giganten, neben denen dann einige Mini-Enthusiasten-Verlage verbleiben. Der "Mittelstand" würde aufgerieben. Er persönlich, der sein Studium als Straßenbahnfahrer finanzierte, fährt auch als Doktor (der Geschichtswissenschaft) weiter Straßenbahn und baut seit gut zehn Jahren seinen Verlag auf - weil es ihm nicht gefiel, dass andere mit seiner Dissertation


    "FRANKEN IM OSTEN.
    Art, Umfang, Struktur und Dynamik der Migration aus dem
    lateinischen Westen in das Osmanische Reich des 15./16. Jahrhunderts auf
    der Grundlage von Reiseberichten."
    http://www.eudora-verlag.de/franken_einzeln.html


    Kasse machen und ihn auch als Urheber dabei noch so richtig zur Ader lassen wollten. Und das bei einer Qualität seiner Arbeit, welche durch den Förderpreis der Südosteuropa-Gesellschaft anerkannt wurde! Mittlerweile verlegt er auch die Arbeiten von Fachkollegen und kann über seinen Verlag selbst seine sonst als zu umfangreich gescholtene


    "Prosopographie der Reisenden und Migranten ins Osmanische Reich (1396–1611)" (in zehn Bänden)
    http://www.eudora-verlag.de/prosopographie_einzeln.html


    herausgeben.
    Ich finde den Ansatz richtig, sich auch im Wissenschaftsbetrieb von den Monopolisten dort freizumachen. Aber der Fall Eudora-Verlag zeigt doch eher eine Krankheit des monopolisierten Verlagsgewerbes als eine Therapie an. Solche marginalen Ansätze können hier keine Lösung bringen.
    Ich habe da auch keine, und ich brauche da im Grunde genommen auch keine mehr, weil ich ausgesorgt habe und zu 100% nicht von dieser immer beschisseneren Branche (ganz gut) lebe - in meinem "Freßnapf" liegt nicht ein Cent aus der Verlagsbranche. Ob ich mich mal entscheiden werde, hier womöglich Geld einzusetzen (mit dem Risiko, es zu verbrennen), um noch einmal bestimmte (auch) verlegerische Erfahrung zu sammeln, ist noch nicht entschieden - ich warte da mal noch ein paar Jahre ab und beobachte den Laden weiter.


    MfG Walter Hilton

  • Lieber Walter,


    mag ja sein, dass es nicht um Deinen Fressnapf geht. Deine Argumentation klingt aber genau so. Undifferenziert eben. Das mit Eudora hättest besser unabhängig davon erzählt.


    Horst-Dieter

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