Luke Rinehart - The dice man

  • Der Ich-Erzähler, der so heißt wie Autor Luke Rhinehart, ist Anfang 30 und Psychiater. Er hat es beruflich zu Anerkennung und vielen Fachveröffentlichungen gebracht, zudem eine hübsche Frau und zwei süße Kinder. Dennoch langweilt Luke sein Dasein. Er ist der Psychoanalyse, die alles erkläre, genauso überdrüssig wie dem Zen-Buddhismus, der einen gleichgültig mache. Er fühlt sich getrieben von seinem Ego, dass ihn immer nur in eine Richtung treibt. Aus einer Laune heraus kommt ihm die Idee zwischen mehreren Handlungsoptionen zu würfeln, um seinem Stromliniendasein zu entkommen. Der Würfel gibt ihm vor, seine Nachbarin spätabends aufzusuchen und massiv zum Sex zu drängen (er schreibt durchgängig "rape", obwohl die Nachbarin nicht ganz uneinverstanden ist). Beim Würfeln stellt er zwei Regeln auf: 1. Wähle nur Optionen, die zu tun du dir vorstellen könntest und 2. Wenn der Würfel gefallen ist, musst du tun, was er sagt.


    Was in der Folge eher langsam und wie ein Spiel beginnt, wird bald immer ernster: Luke überredet seine Patienten zu einem skurillen Sex-Experiment mit Nutten und Homosexuellen. Er entwickelt eine Würfel-Therapie und -Theorie, die die Patienten von ihren inneren Schranken befreien soll. Die Patienten lernen zwischen mehrere Persönlichkeiten zu wechseln, was sich von der Schizophrenie dadurch unterscheide, dass man dies bei der Dice-Therapie willentlich und zwischen wohlüberlegten Alternativen tue. Luke gibt seine eigene Persönlichkeit auf, wird zum "Dice Man" und fährt Privatleben wie seine Karriere konsequent gegen die Wand.


    "The dice man" ist ebenso pointiert wie abwechslungsreich, frech und klug geschrieben. Autor Rhinehart schreibt meist narrativ aus "I"-Sicht, aber im Laufe der Eskalierung des Dice-Man-Projekts wechselt er manchmal in die neutrale Sicht oder die Perspektive seiner Psychiater-Kollegen. Der Roman ist eine bitterböse Abrechnung mit der Psychoanalyse und ein tiefgründiges Buch, das so einige verblüffende Wahrheiten enthält. Ein wirklich spektakuläres Werk, das allerdings nicht unbedingt 600 Seiten lang sein müsste.