Günter Grass war bei der Waffen SS?

  • Zitat

    Original von GTaag


    ich bin einigermaßen schockiert. Es gibt Dinge, die sind so etwas von eigenartig. Da kommt mir nicht mal Ironie in den Sinn, in der Art, alte Leute und ihr Erinnerungsvermögen. Bei Grass ist das etwas sehr anderes. Denn wohl kaum wird er diese Mitgliedschaft jemals vergessen haben. Was die SS war wird man wohl selbst mit bescheidem Halbwissen einordnen können.


    Uve



    Lieber Uve,


    ...man irrt sich und das ist menschlich - ich war etwas länger Sympathisant von Slobodan Milosevic, dann musste von ihm ins Exil flüchten und bin mit meinen drei Kinder noch ausgebürgert, sollte ich deswegen von euch verurteilt werden...
    wenn ich so was irgendwo anders gelesen hätte, hätte ich dafür noch Verständnis, aber hier in einem literarischen Forum..?


    LG
    @miro

  • Hallo, Miro.


    Ich habe nicht behauptet, sehend zu sein, ich sage lediglich meine Meinung, soweit ich das für öffentlich vertretbar halte.


    Ich habe generell Schwierigkeiten mit Künstlern jeglicher Art, die ihren Erfolg im Job dazu nutzen, Botschaften zu transportieren. Nicht ich bin es, der die Verbindung zwischen Werk und Person herstellt, sondern der Künstler. Deshalb halte ich es für gestattet, die (berechtigte) Kritik an der Person auf das Werk zu übertragen, beides also als Einheit zu betrachten. Das tue ich normalerweise nicht; meistens ist mir völlig egal, was Autoren so treiben, deren Bücher ich gerne lese.

  • Zitat

    Original von Tom
    Hallo, Miro.


    Ich habe nicht behauptet, sehend zu sein, ich sage lediglich meine Meinung, soweit ich das für öffentlich vertretbar halte.


    Ich habe generell Schwierigkeiten mit Künstlern jeglicher Art, die ihren Erfolg im Job dazu nutzen, Botschaften zu transportieren. Nicht ich bin es, der die Verbindung zwischen Werk und Person herstellt, sondern der Künstler. Deshalb halte ich es für gestattet, die (berechtigte) Kritik an der Person auf das Werk zu übertragen, beides also als Einheit zu betrachten. Das tue ich normalerweise nicht; meistens ist mir völlig egal, was Autoren so treiben, deren Bücher ich gerne lese.



    Lieber Tom,


    Günther Grass-Einsatz sehe ich als typisch künstlerische Naivität...das Abwarten und dann Preisgeben, meistens endet in lähmender Verbitterung.
    Schuld liegt nicht allein an Grass, sondern auch an den äußeren Umständen, an den geschichtlichen Augenblick, auf den er traf.


    (die den sensiblen einzelnen fast unausweichlich in seine persönliche Ecke der Paranoia treibt – wer Interesse hat kann sich durch
    die Entnazifierungsdokumente durchblättern oder sich mit der revisionistischen Geschichte auseinandersetzen).


    Schicksal und Schuld von Grass stehen in der Abhängigkeit von seiner Zeit. Grass-Schuld konnten wir früher entdecken, wenn wir „visionär“ wären,
    man kann sie jetzt in seinen Werken finden (erst nach seinem Schuldbekenntnis). Wenn wir sie hier kurz skizzieren, wird deutlich, dass das,
    was ihn in den Krieg zog, anfänglich recht unscheinbar und harmlose Denkfehler und Denkmeidungen waren, denen wir auch in unseren Tagen
    noch auf Schritt und Tritt begegnen.
    (Ich mache solche Fehler immer noch, wobei ich vorsichtig bin...)
    Die Überlegung bietet sich hier an, ob bei dem Aufbruch zu etwas Neuem der Augenblick der Wahrheit nicht eher in den Anfängen zu suchen wäre,
    wo das Wollen noch unverfälscht besteht, als in den späteren (heutigen) Deformationen.


    Grass selber vermutet, dass in den Menschheitskulturen das Moment der Wahrheit irgendwie nicht verloren geht - selbstverständlich, vorausgesetzt,
    dass das Wesen der Irrtums erkannt und behoben werden kann..( was er ohne Zweifel noch früher in seinem Werk „Blechtrommel“ getan..)


    ...heutige Kritik ist nur Kampf/Neid/Positionierung der Autoritäten – so sind die Künstler (Egoisten/Individualisten/machtgreifend...mögen große Bühnen,
    viel Licht und noch mehr Publikum) - SO BIN ICH EBEN...


    mit freundlichen Grüßen
    @miro

  • Hallo, Miro.


    Das Phänomen "Schuld" betrachte ich in diesem Zusammenhang überhaupt nicht. "Schuld" ist ein Wort dafür, etwas (bewußt) verursacht zu haben, und insofern häufig wertfrei. "Ich war schuld daran, daß Horst Rita kennenlernte" kann in einem positiven wie negativen Kontext stehen.


    Grass hat, angefangen in der "Gruppe 47" und später (und nicht nur dort) als SPD-Mitglied, häufig ungefragt, mahnend Stellung bezogen. Er tat dies, weil man (auf) ihn hörte, er hat seine Stellung als Autor mit Reputation genutzt. An dieser Stelle hat er sein Werk mit der Person untrennbar vermischt. Der Kontext war seine eigene Vita, und die hat er gefälscht, durch Auslassung. Inwieweit das seine Äußerungen relativiert, muß jeder selbst entscheiden - meinen Standpunkt habe ich weiter oben erläutert. Ich verstehe, wenn man das anders sehen will.


    Ich habe keine Ahnung, wie ich mich im Dritten Reich verhalten hätte. Mir schaudert bei dem Gedankenspiel. Ob alle "Schuld" auf sich geladen haben, nur die Veranlasser oder alle bis zu einer bestimmten Schicht der Struktur, diese Frage kann und will ich nicht beantworten. Aber es geht nicht um Schuld in Bezug auf die Nazizeit. Es geht um eine Kunstfigur Günter Grass, die das Geschehen seit Gründung der Republik nicht gerade wenig beeinflußt hat, und diese Kunstfigur erweist sich nunmehr als Hallzuination, jedenfalls teilweise.

  • bei Grass ist es öffentlich...


    ein Phänomen: in den letzten Jahren stellten Forscher fest, die sich mit der Vergangenheit der Menschen im dritten Reich, mit psychischen und physischen Krankheiten nun alter Menschen, dass es einen möglichen Zusammenhang zwischen diesen und irgendwelchen Dingen, die noch als Schuld auf der Seele lasten, beschäftigten.


    Einige begannen, selbst in hohem Alter, noch Analysen...


    Andere begannen, überhaupt über ihre Erlebnisse zu reden. Vieles hat mit Schuld zu tun, aber noch viel mehr mit Scham... über sich selbst, über Dinge, die man tat...


    Interessant noch ein Phänomen... Harald Welzer von der Uni Witten/Herdecke beschrieb es...: selbst wenn Großeltern noch in Versatzstücken über sich und ihre Erlebnisse im dritten Reich sprachen, die dritte Generation deutete die Erzählungen derart um, dass sie darüber sprachen, wie ihre Großeltern im Widerstand waren...


    Das erstaunliche: es ist nachzulesen: alle Generationen saßen gemeinsam am Tisch, es wurde Protokoll über diese Gespräche geführt und es kam zu diesen Umdeutungen - keiner widersprach.


    Und jetzt spricht eben Grass... (und verkauft sein Buch damit ausgezeichnet...)


    Jaellekatz


    edit: Wer einen Fehler findet, darf ihn behalten

  • Zitat

    Original von Tom



    Es geht um eine Kunstfigur Günter Grass, die das Geschehen seit Gründung der Republik nicht gerade wenig beeinflußt hat, und diese Kunstfigur erweist sich nunmehr als Hallzuination, jedenfalls teilweise.



    Lieber Tom,
    ich glaube dich versanden zu haben – nun so ist es eben, die Massen wollten jemanden haben an den sie glauben schenken und da kam seine Stunde, er nutzte sie... einmal drin schwer raus...ICH HASSE MASSE!


    die Geschichte ist voll von Beispielen... in Wirbel der Massenbewegung desorientieren sich viele, insbesondere anerkennungssuchende...als Beispiel könnte ich dir noch Peter Handke nennen, provokativ von Anfang an – um Aufmerksamkeit in Medien und bei der Massen zu erwecken, treibt er diese Spielchen weiter / er ist gezwungen weiter zu machen, sonst verschwindet er von der Szene(kokettierte mit Milosevic, reiste nach Balkan, diskutierte...)


    ..so bannen sie sich Weg in die Literaturgeschichte...


    Ich verteidige ihn nicht, habe aber auch kein Grund ihn zu verteufeln...sein Werk ist ein Kulturgut...


    und wenn du glaubst stillschweigend und moralisch mit deinen Romanen nur, etwas zu erreichen, etwas mehr als in Familienkreis gelesen zu sein, bist du gezwungen etwas zu unternehmen (schreien / trinken / Orgien / beschimpfen...) nur mit Werken schaffen (aber nicht selbst, den Erfolg erleben) tote Künstler...


    Verhältnis zwischen Literatur und Moral gleicht dem von Politik und Moral... Literatur und Hurerei - das passt zusammen...wer mehr bezahlt kriegt auch mehr...die Zeit der Kunstmäzenen, die unsere Träume finanzieren ist längst vorbei...


    freundliche Grüße
    @miro

  • Ich finde die Diskussion hier relativ interessant, weil sie vielleicht exemplarisch ist für den momentanten Stand der "Vergangenheitsbewältigung" in Deutschland:


    Scheinbar sind wir an einem Punkt angekommen, wo klar wird, dass man mit Urteilen und Verurteilen alleine nicht weiterkommt.


    Die letzten Schuldigen sind ohnehin schon so alt, dass es ihnen inzwischen fast schon egal ist, wenn noch was bekannt wird über sie, sie haben ohnehin nur noch ein paar Jahre vor sich, maximal ..


    Und die meisten sind ohnehin schon tot, und leider auch ihre Jäger ... Simon Wiesenthal fällt mir da ein, er ist 96 Jahre alt geworden ...


    Also wird klar: Bald wird keiner mehr da sein aus dieser Zeit, über den man sich empören kann. Und wie wird man dann die Vergangenheit bewältigen? ---------- Na, man wird lernen müssen, damit zu leben, dass man auf einem Leichenberg steht, immer noch, und dass niemand mehr da ist, dem man direkt die Schuld daran geben kann. Und dann fasst man sich am Besten an die eigene Nase, ob man jetzt Lyrx heisst, Tom oder sonstwie ....

  • Zitat

    Original von lyrx


    Ich finde die Diskussion hier relativ interessant, weil sie vielleicht exemplarisch ist für den momentanten Stand der "Vergangenheitsbewältigung" in Deutschland:



    Hallo lyrx,



    ...kann man überhaupt die Vergangenheit überwältigen..?


    wie es aussieht...wir sind nicht in dem Stande sie „zu verdauen“, objektiv zu analysieren und sachlich in die Geschichtsbücher für die Nachkömmlinge zu bewahren...


    wir lassen uns von der „Subjektivität“ für die Nase ziehen, neigen zu bagatellisieren und die Schuld den Anderen schieben


    die Geschichte ist ein meistens „frisiertes“ Fach, mit ihrer Friseur beschäftigten sich alle, durchsetzen konnten sich aber nur Gewinner (wie es gewonnen wurde, auf welche Art und Weise spielte nie eine Rolle.)


    Sie ist so oft frisiert, dass sie schon längst ohne Haare geblieben und um nicht so hässlich und kahlköpfig zu laufen, wurde ihr die Perücke aufgesetzt – nur tragisch-lächerlich dabei ist es, sie zu erkennen ist „Kunst für sich“, immer wieder wird ihre Perücke gewechselt...


    Also, die Geschichte leidet unter Schönheitskur, an ihr wahres Gesicht erinnert sich Keiner mehr - sie wurde vergessen / ist verloren gegangen


    ...und was bedeutet die Vergangenheitsbewältigung..?
    Wie sollten wir sie definieren?


    Wenn wir uns mit dem Verb < bewältigen > auseinandersetzen, werden wir nicht schlauer...oder doch (Wurzel liegt in der < Gewalt > also Befugnis, das Recht und Macht über jemanden zu bestimmen – früher (veraltet) verwendete man gewältigen bzw. mittelhochdeutsch geweltigen ) – die Bewältigung / das Bewältigen konnte man wörtlich als mit der Gewalt mit etwas Schwierigen fertig werden (etwas mit der Gewalt meistern) verstehen...


    Wie wir ersehen können, ohne Gewalt geht es nicht, nirgends Rede über den Verstand / die Vernunft – Klugheit – Gescheitheit / das Sinn...ein verzauberter/verhexter Teufelskreis...


    Mit freundlichen Grüßen
    @miro

  • [quote]Original von Murphy
    Hallo,


    Dass er geschwiegen hat, um abzuwarten bis mögliche Zeitzeugen gestorben sind, ist übelste Unterstellung - wie kommst Du zu dieser Behauptung, Jutta?


    Hallo Murphy,


    Dein Urteil übler oder gar übelster Unterstellung hinsichtlich der von mir aufgeworfenen Frage weise ich dann doch weit von mir. Als jemand, die Günter Grass nicht nur als bedeutenden Literaten respektiert, sondern auch immer als moralische Instanz akzeptiert hat, schmerzt mich sein jahrelanges Schweigen besonders. Und ich frage mich daher pausenlos, wie es zu erklären ist. Blanke Dummheit dürfte doch wohl ausscheiden, odrrr?


    Jutta

    Einmal editiert, zuletzt von Jutta Mülich ()

  • @ alle:


    Ganz sicher war es ein Fehler von Günter Grass, über die Mitgliedschaft in der Waffen SS nicht schon viel früher berichtet zu haben – spätestens dann, als er durch sein literarisches Werk mehr und mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit trat. Andererseits – und ich wiederhole hier das, was schon einige andere erwähnt haben – war er Ende des Krieges 17 Jahre alt. Ich war auch mal 17. Damals war ich mir sicher, ich mache alles richtig und gut und bin schon ungeheuer selbständig und erwachsen. Wenn man mich heute, mit 54, fragt, wann ich wirklich erwachsen war, dann würde ich rückblickend sagen, so etwa mit 27, 28 Jahren. Was nicht heißt, dass ich danach nichts mehr hätte lernen müssen. Ich kann gern näher erläutern, woran ich das festmache, aber ich denke, zumindest die älteren unter euch verstehen, was ich damit ausdrücken will.


    Ich kann, will und werde die Verbrechen der Nazis nicht herunterspielen. Andererseits waren die Menschen damals, die Generation unserer Väter und Mütter, moralisch mit Sicherheit nicht schlechter als wir heute und keinesfalls in der Mehrheit Verbrecher, auch nicht die, die Mitglied in der NSDAP oder Hitlerjugend waren. Und wenn ich in meiner Kindheit und Jugend nicht in den Strudel von Neonazis geraten bin, dann ist das nicht zuletzt meiner Erziehung, meiner religiösen Bindung und dem vollständig anderen Umfeld zu verdanken, und sicher nicht in erster Linie mein Verdienst.


    Es wäre zu prüfen, ob es „nur“ um die Zugehörigkeit zur SS geht, oder ob Grass konkret an verübten Verbrechen beteiligt war. Was heute, nach über 60 Jahren, freilich nicht einfach sein dürfte. Unter den bisher bekannten Umständen sehe ich seine Hauptverfehlung in seinem langjährigen Schweigen. Was die Aberkennung des Nobelpreises, der Ehrenbürgerschaft von Danzig und sonstiger Ehrungen betrifft sehe ich es so ähnlich, wie einer der Stadträte von Danzig es – sinngemäß - ausdrückte: Eine solche Entscheidung müsse gründlich überdacht sein, und koste daher Zeit. Und die werde man sich nehmen.


    Liebe Grüße von armin

    2 Mal editiert, zuletzt von armin ()

  • Hallo, Armin.


    Viele Dinge, die ich mit 17 getan habe, würde ich heute nicht mehr tun. Ich war damals, zum Beispiel, Mitglied in einer Partei, die ich heute nicht einmal mehr wählen würde (tatsächlich würde ich mich allerdings immer noch nicht als "erwachsen" bezeichnen, und ich hoffe, diesen Zustand auch nie zu erreichen). Aber es geht nicht um Jugendsünden. Sondern darum, sie verschwiegen zu haben.

  • Nun, zum Thema Grass und Waffen SS ist ja schon so einiges gesagt worden, und ich habe es auch sehr Interessiert mitverfolgt, Zeitungen wie hier im Forum. Ich sage gleich zu Anfang das ich ein sehr großer Liebhaber von Grass bin, seine Romane sind einzigartig.
    Aus welchen Gründen auch immer Grass diese Tastache verschwiegen hat, werden wir wohl nicht erfahren, kann uns auch egal sein. Jeder hat so seine Geheimnisse (ich denke da zum Beispiel an Politiker die dieses Land führen oder geführt haben im Zusammenhang mit der Stasi usw. das ist den meisten mehr oder weniger egal!).
    Erstaunlich ist eigentlich, dass er überhaupt noch etwas gesagt hat, und es nicht ganz in seinem Keller vergraben hat! 8o Wer jetzt gleich mit dem Hammer auf Grass loßgeht sollte zuerst vor seiner eigenen Tür kehren. Und ich bitte eins zu überdenken:
    Wir wissen was die SS für Verbrechen verübt hat, doch zu jener Zeit in der Grass angeblich dabei war, hat das die Öffentlichkeit nicht gewusst, vernebelt von Hitlers Propaganda Maschine. Im nachhinein kann ich immer alles Ablehnen, doch zu der Zeit, in diesem Deutschland war es mit Sicherheit nicht einfach, den richtigen Weg zu finden. Und so wie die Öffentlichkeit mit diesem Thema umgeht, kann ich Grass langes Schweigen zum Teil auch verstehen.
    Ich will da jetzt nichts rechtfertigen oder schön reden, bloß nicht! Das ist zumindest meine Meinung. :sofa1

  • Ich habe grade die Diskussion gelesen (entgegen meinen Plänen wurde mein Urlaub wegen Erweiterung eines Projektes gestrichen und ich muss viel arbeiten... lässt sich als Freischaffender kaum vermeiden sowas).


    Einige Dinge gibt es die ich aber gerne Loswerden würde zu dem Thema.
    Vorweg, um auch meine Meinung sortieren zu können. Ich gehöre zu der Generation deren Eltern erst nach dem Krieg geboren wurden.


    Die Zeit der Schuld und der Scham des deutschen Volkes (ich rede nicht von noch lebenden Einzelpersonen) hätte schon längere Zeit ein Ende haben müssen.
    Jemand beklagte sich hier über die vielen Deutschlandflaggen im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft. Bezeichnete die Leute als gierig endlich mal wieder eine Flagge schwenken zu dürfen. Was ist falsch daran? Es handelt sich dabei um eine friedliche Form des Nationalstolzes (ich bin kein Fußballfan und würde mir das ganze eher in anderen Bereichen Wünschen). Ich finde, dass das vorgaukeln einer falschen Scham über das Dritte Reich durch Personen, die niemal betroffen und involviert waren keine geringeres Vergehen ist als Günther Grass Schweigen.
    Ich fühle mich in keiner Form schuldig, wie auch? Ich schäme mich nicht für das was passiert ist. Und das nicht, weil ich mich vom Deutsch sein distanzieren würde sondern weil das ein anderes Deutschland gewesen ist (eben auch durch die schlimme Erfahrung des Dritten Reiches). Es wäre falsch zu behaupten, ich könne nicht auch aus dieser Zeit eine gewisse Lehre ziehen, und daher ist es auch wichtig das ganze zu Thematisieren.. aber nicht in den Formen und Auswüchsen, die die Thematik immer noch hervorbringt.


    Immer noch sind mit der Thematik viele Ängste verbunden und auch mir wurden in 13 Jahren Schule immer wieder versucht diese Ängste zu vermitteln... es wird quasi verlang, dass man sich als deutscher schamvoll nach vorne neigt wenn jemand über die Greueltaten im dritten Reich berichtet. Ich weigere mich das zu tun (und wer meint, ich würde mich weigern, weil ich diese Taten weniger grausam empfinde der täuscht!).


    Um gleich irgendwelchen Vorurteilen entgegenzugehen: Ich bin Politisch links orientiert und trotzdem halte ich in der heutigen Zeit einen gesunden Nationalstolz, grade in Kulturellen bereichen, für weder falsch noch gefährlich.

    Einmal editiert, zuletzt von Lars Maria Maly ()

  • :D Hallo Lars,
    da kann ich dir nur zustimmen, endlich jemand der es auf den Punkt bringt!!!! Danke :)

  • Ich kann Tom gut verstehen. Ich würde nicht soweit gehen wollen Grass zu verachten. Verachtung hebe ich mir für Folterer auf. Aber ein besonderes Geschmäckle hat sein Verhalten schon.


    Jahrelang spielt er sich mit groß zur Schau gestellter Selbstgerechtigkeit zum Gewissen der Nation auf, redet dabei oft einen politischen Blödsinn daher, dass sich mir die Nackenhaare sträuben. Er verurteilt, na was wohl, das vernunftresistente Amerika und das verlogene Nachkriegsdeutschland mit seinen verkommenen Nachkriegspolitikern. Immer schön in seinem schwarz-weiss Denken. Wobei er sicher auf der Seite des Guten wähnt. Klar, die Teilung Deutschlands war die gerechte Strafe für die Entgleisungen der Nazizeit und sollte besser für alle Zeiten fest geschrieben werden. Bestraft gehören Sie! Diese Irrgläubigen.


    Mich setzt der Mann ins Erstaunen. Er kapiert nicht einmal, dass er nichts, als seine eigenen Krankheiten und Fehler über andere Leute ausgeschüttet hat. Hauptsache er hatte den Zeigefinger draußen. Vermutlich sitzt er nun Daheim, nuckelt an einer Pfeife rum, sinniert über die Sozialproblematik Indiens in den Zeiten der Globalisierung und fragt sich bei der Entrüstung seiner Landsleute, was ihn selber anbetrifft allen Ernstes: Ja, was ist denn schon dabei? Ja, was wohl?


    Ich weiß, ich weiß er hat wundervolle Bücher geschrieben. Er hat auch keine Kugel verschossen. Es waren nur zwei Monate in der Kaserne. Aber das Geschmäckle, die Lüge bleibt.



    Andreas

  • Danke, Andreas. :anbet


    Mich befremdet ein bißchen, daß in dieser Diskussion plötzlich die langsam auch etwas angestaubte Forderung nach "gesundem Nationalstolz" auftaucht. Mir ist schon klar, daß damit nicht "Nationalismus light" gefordert wird, sondern eine (für mich allerdings nicht nachvollziehbare) Form von Selbstbewußtsein als Deutschmensch, aber einerseits wirkt das in Zusammenhang mit der Thematik etwas ... pietätlos, und andererseits habe ich mich schon zeitlebens gefragt, was "gesund" daran sein soll, sich quasi mit den Leistungen anderer zu schmücken, also auf etwas stolz zu sein, dem man nur völlig zufällig und weitgehend ohne eigenes Dazutun angehört. Aber das hat mit der GraSS-Sache wenig zu tun.

  • Zum "gesunden Nationalstolz": Ich sehe hier in der Nachbarschaft immer noch Deutschlandfahnen wehen. Dazu hab ich gehört, was Fahnen sind, beim Scheibenwischer. Da wurde jemand zitiert der sagte: Fahnen sind sichtbar gemachter Wind. Geil.


    Aber ich hab auch eine gehabt, also meist zwei (höhö), für den Autokorso zur WM.


    Sorry, etwas OT ... hüstel ...


    Gruß ...


    Jo

    Einmal editiert, zuletzt von Joachim Off ()

  • Mhh.. mit Nationalstolz verbinde ich persönlich nicht das *sich schmücken mit fremden Federn*
    Auch wenn die Gedankenkette sehr abstrakt und abwegig erscheinen mag:
    Ich bin als individum teil des deutschen Volkes, wir leben in einer Demokratie... wenn Deutschland bsp. einen Nobelpreisträger hervorbringt, so ist das unter anderem auch dem Bildungsystem zu verdanken über das ich als kleines Zahnrad (zugegeben sehhhhhhhhr kleines Zahnrad) mitbestimmt habe. Das ganze würde allerdings ziemlich schnell noch weiter vom Thema wegführen.

  • Tut es, aber wir haben ja mods, die den thread trennen können - mann, ist das bequem ;)


    Ich verspreche mir von dem, wie man will, anderen Umgang mit Deutschland und den Fahnen und der Hymne und so, dass sich die Nazi-Altkader nicht mehr ganz so unwidersprochen mit Deutschland verwechseln können.


    (In Anlehnung an Thomas Mann: "Die Nazis haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln.")


    Aber es mag eine fromme Hoffnung sein, wir Schwaben sind ja sehr fromm ...


    Gruß ...


    Jo


    P.S.: Ich sende eine Entschuldigung an die Moderation :down