Wie schreibt ihr eure Texte?

  • Hallo Schreiberlinge,
    wie schreibt ihr eure Texte, mit Word, mit Open Office?


    Mich würde mal interessieren, was ihr über meine Lösung denkt. Sie ist wohl ziemlich abgefahren,
    weil ich ja Softwareentwickler bin. Ich hab sie SAMPLER getauft, das steht für


    S axon
    A spell
    M ake
    P erl
    L atex
    E macs
    R cs



    Es geht folgendermaßen (und mich würde interessieren, ob ihr glaubt, dass so ein Ansatz auch
    für andere interessant sein könnte):


    Die Texte werden mit einem reinem Texteditor (z.B. Emacs) geschrieben. Dadurch enthalten
    sie nur Buchstaben (und ein paar wenige Strukturierungshilfen). Weil die Datei reiner Text
    ist, kann man sie ganz einfach unter Versionskontrolle stellen (RCS). Versionskontrolle
    bedeutet, dass man verschiedene Versionen eines Textes zwischenspeichern kann, automatisch
    vergleichen, zurücksetzen, sichern u.s.w.


    Wenn mein Text fertig ist, dann führe ich ein Perl-Script aus. (Perl
    ist eine mächtige Programmiersprache, eine sogenannte
    Scriptsprache). Es entsteht eine sogenannte XML-Datei. (Das ist so was ähnliches
    wie HTML, nur einfacher). Die XML-Datei enthält dann den Text sowie
    dessen logische Struktur, d.h. z.B. Kapiteleinteilungen/Überschriften,
    Absätze, aber keinerlei Informationen über das Layout.



    Im letzten Arbeitsschritt passiert eine Transformation
    (Saxon). Dadurch entstehen drei verschiedene Ausgabeformate:


    1. Normseiten in RTF-Format, die mit Word oder anderen Textverarbeitungsprogrammen
    gelesen werden können.
    2. HTML-Seiten (Internet)
    3. LateX, welches dann zu einer PDF-Datei weiterverarbeitet werden
    kann. (für den Acrobat Reader)



    Ich kann also aus einer reinen Textdatei drei ganz verschiedene
    Ausgabeformate erzeugen.


    Ausserdem setze ich noch das Programm aspell zur automatischen
    Überprüfung der Rechtschreibung ein. Und das Programm Make verknüpfte die
    verschiedenen Arbeitsschritte miteinander.

  • Hallo Lyrx,


    das hört sich toll an. Ich bin aber mal gespannt, wieviel aus der schreibenden Zunft dir da folgen können.


    Die Vorteile liegen auf der Hand: reiner Text, keine Ablenkung durch nebensächliche Formatierungen, keine zu frühe Bindung an Formate, echte Versionskontrolle, End-Ausgabe in unterschiedliche, aber benötigte Formate.


    Der wesentliche Nachteil ist aber ebenso offensichtlich: Vom Anwender werden detaillierte Kenntnisse in verschiedenen Techniken erwartet.


    Hinzu kommen dann die Gewohnheiten: Erworbene (scheinbare) Fähigkeiten im Umgang mit der liebgewonnen (oder gehaßten) Textverarbeitung, Angst vor dem Neuen, Furcht vor der Kommandozeile etc.


    Trotzdem, ich fände es klasse, wenn du deine Methode näher beschreibst (inkl. Perl-Script, Programmbedienungsbeschreibungen etc.) und hier oder anderer, erreichbarer Stelle veröffentlichst.


    Anerkennende Grüße


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann



  • Ja, Du hast natürlich den wunden Punkt getroffen. Die Sache ist ziemlich komplex, und ich muss zugeben, dass ich selbst einige Jahre gebraucht habe, bis ich das Verfahren endlich so weit hatte, dass es tatsächlich einsetzbar war. Zwischenzeitlich hab ich sogar versucht, sowas wie eine eigene Textverarbeitung zu schreiben, das war aber natürlich aussichtslos, ein Akt der Hybris.


    Wahrscheinlich braucht man noch so etwas wie eine "Anwenderschicht" über dem Ganzen, die alles einfach bedienbar macht. Das ist aber auch nicht ganz einfach, und ich hab da momentan noch keine gute Lösung.


    Was ich aber mal machen könnte, wäre ein ganz kleines Perl-Script anzuhängen, und einen Dummy-Text, dann würde man immerhin mal sehen, wie aus reinem Text eine XML-Datei entsteht.


    Um daraus dann eine Normseite für Word zu erzeugen, braucht man ein sogenanntes "Stylesheet", das ist im einfachsten Fall auch nur eine Datei von ein paar Bildschirmseiten.


    Für Hacker ist das Ganze ein großes Vergnügen. Und es wird nur unentgeltliche Software eingesetzt, funktioniert unter Linux genau so wie unter Windows.


    Und wenn man weiß, wie es geht, erhält man mit LateX einen professionellen Ausdruck, als mit Word.

  • Zitat

    Original von lyrx


    Wahrscheinlich braucht man noch so etwas wie eine "Anwenderschicht" über dem Ganzen, die alles einfach bedienbar macht. Das ist aber auch nicht ganz einfach, und ich hab da momentan noch keine gute Lösung.


    Das sollte mit Python oder Tcl/Tk einfacher sein, als mit Perl

    Zitat


    Was ich aber mal machen könnte, wäre ein ganz kleines Perl-Script anzuhängen, und einen Dummy-Text, dann würde man immerhin mal sehen, wie aus reinem Text eine XML-Datei entsteht.


    Mach mal! Es wird zwar nicht die Masse, aber doch so einige in diesem Forum interessieren.


    Zitat


    Für Hacker ist das Ganze ein großes Vergnügen. Und es wird nur unentgeltliche Software eingesetzt, funktioniert unter Linux genau so wie unter Windows.


    Nach deiner Beschreibung auch unter Mac OS X, zumindest würde ich das gleich mal ausprobieren. :D


    Zitat

    Und wenn man weiß, wie es geht, erhält man mit LateX einen professionellen Ausdruck, als mit Word.


    Ich habe schon manche verzweifelte Gesichter gesehen von Leuten, die Word-Anwendern Latex schmackhaft machen wollten. Und dann darfst du auch nicht vergessen, dass für den professionellen Ausdruck eigentlich die Verlage zuständig sind.


    Freundliche Grüße


    Horst-Dieter

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    Emanuel von Bodmann


  • Wow, ich hab zwar selbst mal in der Programmierung gearbeitet und pusele zum Hausgebrauch mit Skriptsprachen herum, aber dermaßen diffizile Projekte liegen schon lange hinter mir ...
    Hut ab!


    Mich persönlich interessiert allerdings die technische Seite der Texterfassung nicht. Ich könnte ebensogut mit einem simplen Editor arbeiten, Fabrikat ist mir völlig egal. Wichtig ist, daß hinten Standarddateien herauskommen.


    Den Sinn der totalen Kontrolle über dieTexterfassung habe ich nicht verstanden. Offen gestanden verstehe ich mich als Schriftstellerin und nicht als Technikerin in digitaler Texterstellung. Mir ist der Inhalt des Textes wichtig -- womit ich den erreiche (mündlich, Bleistift, alphasmart, PC + Officeprogramm etc.) ist mir ziemlich egal. Ich mache es so, wie es jeweils für mich zweckmäßig ist.


    Sicherlich gibt es Autoren, für die diese technischen Finessen eine Stütze bei der Arbeit sind -- ich brauche sie schlicht und einfach nicht, mich würden sie vom Wesentlichen ablenken, vom Inhalt des Textes, dem was ich transportieren will.

  • Zitat

    Original von Horst Dieter
    Mach mal! Es wird zwar nicht die Masse, aber doch so einige in diesem Forum interessieren.


    Jetzt hast Du mich am Wickel! Ich muss meine "schmutzigen" Scripten soweit vereinfachen, dass sie als funktionierendes Lehrbeispiel hergezeigt werden können. Werde das dann mal mit der Erzeugung von Normseiten (30 Zeilen a 60 Anschläge)
    im RTF-Format versuchen.


    Zitat

    Original von Horst Dieter
    Ich habe schon manche verzweifelte Gesichter gesehen von Leuten, die Word-Anwendern Latex schmackhaft machen wollten. Und dann darfst du auch nicht vergessen, dass für den professionellen Ausdruck eigentlich die Verlage zuständig sind.


    Meine Devise: PDF (über LateX) für Freunde und Bekannte, RTF für die Normseiten und den Verlag!
    Im übrigen: Wenn man wie ich immer dasselbe LateX Stylesheet verwendet, dann hat man mit LateX NICHTS, aber auch gar nichts mehr zu tun. Man setzt einfach das Stylesheet ein.

  • Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass so ein Script wirklich Typografisch befriedigende Lösungen erzeugt (vielleicht bin ich da aber auch einfach altmodisch).
    Ich schreibe meine Texte in Open Office, allerdings nur, um da immer ein wenig den Überblick über die Länge/Anschläge/Wortzahl zu behalten und eine automatische Rechtschreibprüfung zu haben... Danach wird der Text als TXT Datei ohne jede formatierung abgespreichert und in In-Design importiert wo ich eine Formatvorlage für Manuskripte erstellt habe. Ca. 1800 Anschläge in der Schrift Sabon Next (Die Wohl modernste und hübscheste Garamondvariante die es gibt und außerdem eine der besten Leseschriften überhaupt).
    Dort nehme ich dann die Formatierung vor. Also in erster Linie Kapitelüberschriften und das Erstellen von Absätzen. Da das Programm extra genau dafür gedacht ist bekommt man keine schwierigkeiten (wei beizeituen unter word). Schusterjungen und Hurenkinder, deren Handhabung in Word und Open office eine Katastrophe sind (weil immer die Automatische Formatierung dazwischenfunkt etc.) sind mit InDesign z.B. kein Problem...
    Außerdem hat man automatische Ligaturen etc. *schwärm*...
    Heraus kommt eben ein Manuskript das auf der einen Seite streng nach Vorschrift erstellt wurde und keine unnötigen Spielereien aufweißt die von irgendetwas im Text ablenken können... und trotzdem so gestalltet, das das ganze Ästhetisch ist... ich lieeeebe InDesign :)

  • Zitat

    Original von Lars Maria Maly
    Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass so ein Script wirklich Typografisch befriedigende Lösungen erzeugt (vielleicht bin ich da aber auch einfach altmodisch).


    Das Script wohl weniger, aber LaTeX ganz bestimmt :)


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


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    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Das Script wohl weniger, aber LaTeX ganz bestimmt :)


    Horst-Dieter


    Naja.. vielmehr wohl derjenige der es bedient^^ Ich kenne Latex nixht gut genug mir ein Urteil zu bilden, werde aber auch bei meinem heißgeliebten InDesign bleiben :)

  • Zitat

    Original von Iris Kammerer
    Mich persönlich interessiert allerdings die technische Seite der Texterfassung nicht.


    Völlig legitime Einstellung!!!!

    Zitat

    Original von Iris Kammerer
    Den Sinn der totalen Kontrolle über dieTexterfassung habe ich nicht verstanden. Offen gestanden verstehe ich mich als Schriftstellerin und nicht als Technikerin in digitaler Texterstellung.


    Für mich ist es wie die sinnliche Freude des Malers am Umgang mit seinem Pinsel (seinem Werkzeug) ...


    So, und jetzt die versprochene Anleitung!


    Die geilste Art, die ich kenne, aus einer reinen Textdatei Normseiten zu erstellen:


    (Ich konnte leider nur Dateien mit der Endung txt hochladen. Deshalb muss man text-perl.txt nach text.pl umbenennen, und text-rtf.txt nach
    text-rtf.xsl)


    Die Datei word.txt enthält eine Dummytext. Den verwandelt man
    in XML über das Kommando


    perl text.pl word.txt > word.xml


    Dann muss man daraus noch eine RTF-Datei erzeugen. Hierzu braucht
    man einen sogenannten XSLT-Prozessor. (Kostenlos über Internet erhältlich. Nehmen wir SAXON, das ist eine Java-Anwendung, also braucht man auch Java. Und dann legt man los und gibt ein:


    java -jar saxon8.jar -o word.rtf word.xml text-rtf.xsl


    Leute, ich erkläre das hiermit zum Wettbewerb! Wenn einer von
    euch das hinkriegt, und die erzeugte RTF-Datei postet, dann schreibe ich eine Ode persönlich an ihn, inklusive Widmung!


    (P.S: Ich geb aber natürlich jedem Tipps und Hilfestellung. Der Wettbewerb soll nicht darin bestehen, es alleine zu versuchen!)


  • Allein die letzte Zeile wird die meisten "aufjauchzen" lassen vor Freude :D


    Aber besten Dank, dass du dir diese Mühe gemacht hast. Ich bin sicher, es gibt ein verlorenes Häufchen, das damit etwas herumprobieren wird.


    Grüße aus dem Taubertal


    Horst-Dieter Radke

    BLOG: Welt der Fabeln


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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Original von Andromeda
    Ich habs :clown (mit ein wenig Hilfe)


    Congratulations Andromeda! You are the winner!
    Die Ode kann ich nicht sofort liefern, weil ich diese Woche Hotline
    habe. Aber so wie ich mich kenne, werde ich es nicht vergessen.


    Gruss,
    Lyrx

  • Zitat

    Original von lyrx


    Leute, ich erkläre das hiermit zum Wettbewerb! Wenn einer von
    euch das hinkriegt, und die erzeugte RTF-Datei postet, dann schreibe ich eine Ode persönlich an ihn, inklusive Widmung!


    Andromeda, eine richtige Ode ist es nicht, eher ein kleines Gedichtchen,
    aber immerhin speziell für diesen Thread und speziell für Dich als Gewinnerin angefertigt:


    An's Dromedar
    -------------------


    Dem Dromedar, da droben da
    Am Dünenkamm
    Dem sag ich's ja:


    Du, Dromedar, sei stets gewahr,
    So lang du lebst: Die Wüste fließt,
    Das Meer aus Sand
    Bleibt niemals gleich!
    Heut ist verstreut,
    Was gestern war!


    Dir, Dromedar, sei immerdar,
    Der Wind bewusst, der ewig bläßt,
    Und Täler gräbt und Stein zermalt.
    Auch über die Oase da,
    Stürmt's hinweg!


    Ja, Dromedar, es ist schon wahr:
    Nur Himmel bleibt, die Erde geht!
    Drum schau mal hoch, dann siehst du ja:
    Andromeda!

  • =) Das ist ja klasse! Dankeschön! Das Gedicht gefällt mir :) Ich werde es gut aufbewahren. Ist schließlich da erste Gedicht, dass jemand für mich gedichtet hat, soweit ich mich erinnern kann... :D