Das hätte ein wirklich gutes Buch werden können, die Ingredienzien für einen Wirtschaftskrimi mit realem Hintergrund sind alle vorhanden:
- das größte deutsche Industrieunternehmen, das seit 20 Jahren eine Katastrophe nach der anderen produziert;
- kein Mensch will den SMART
- noch viel weniger Käufer woll(t)en den Maybach
- die Beteiligung an Mitsubishi war eine Katastrophe
- die Übernahme von Chrysler kostete Geld und Energie
- das Flagschiff Mercedes hat seit Jahren Qualitätsprobleme
- und die Aktie ist seit 10 Jahren hauptsächlich am Fallen.
All das, die unheilvolle Verzahnung mit der Deutschen Bank und schließlich ein unfähiger Vorstandsvorsitzender hätten die Bühne für ein Wirtschaftsbuch der Sonderklasse abgeben können. Es ist leider keines geworden.
Was herauskam ist eine polemische Abrechnung zwischen dem Autor (Vorsitzender der kritischen Aktionäre von DC und Schrempp-Biograph), die persönlich-beleidigende Züge trägt.
Grässlin benennt die Problme richtig, aber er analysiert zu wenig. Ermüdend und repetitiv bleibt er an der Oberfläche stehen. Alle Probleme, ob klein oder groß, sind ein Disaster. Im Gesamtbild unbedeutende Einzelereignisse wie die Geschichte des Spediteurs Schweinle, der durch DC angeblich um Firma und Vermögen kam, werden zu Riesengeschichten aufgeblasen.
Aber wenn der Autor einmal wirklich analysieren sollte, dann tut er es nicht.
Beim Maybach vermisst man eine saubere Break-even-Analyse und einen Vergleich mit den Konkurrenten.
Beim SMART wäre zu analysieren gewesen, wo die Probleme dennn nun wirklich lagen - bei der Zielgruppe? Beim Design? Beim Image? Warum blieb der SMART trotz eines gigantischen Marketingaufwands ein Ladenhüter, während BMW mit dem Produzieren des Mini kaum nachkommt? Beide Autos sind unpraktisch, unwirtschaftlich und überteuert - also warum haben die Bayern den Schwaben die Nase voraus?
Nicht alles an diesem Buch ist schlecht. Grässlins Kritik an der Umweltpolitik des Konzerns liest sich bedrückend. DC kämpft seit Jahrzehnten in mächtigen Verbänden gegen Rußfilter und Motoren, die weniger Benzin verbrauchen. Die Versuche, durch Lobbying und Klagen Umweltverordnungen weltweit zu verhindern, gehen regelmäßig schief. Wenn die Verordnungen dann trotzdem kommen, hat DC meist nicht die entsprechende Technik anzubieten - siehe Rußfilter.
Und während Toyota mit dem Hybrid-Antrieb des Prius von Rekord zu Rekord eilt und weltweit Preise einheimst, steht DC auf diesem Gebiet mit leeren Händen dar.
Stil und Gestaltung des Buches sind nicht viel besser als sein Inhalt. Grässlin schreibt einen hektischen Stil, der polemisch am Inhalt klebt und dem Leser nie ein souveränes Urteil gestattet. Der SMART heißt ständig Bonsai-Benz, der Maybach Bonzen-Benz. Wer das zehn Mal gelesen hat, findet das weniger komisch als der Autor. Dass Grässling mit der Zeitenfolge auf Kriegsfuß steht ("Schweinle behauptete, ihm seien wiederholt Deals angeboten worden, die er nicht annahm" S. 165) und auch sonst kein elegantes Deutsch schreibt, rundet das Gesamtbild nur ab.
Mir fehlt schließlich der Vergleich mit anderen Industrieunternehmen. Grässlin hätte Jürgen Schrempp mit Jack Welch vergleichen und Mercedes in der Gegenüberstellung mit Toyota und BMW zeigen sollen. Das wäre wirklich intreressant gewesen!
ASIN/ISBN: 3426272679 |