Marianne Gruber: Ins Schloss

  • Der Landvermesser K. wacht auf und er findet sich in einer im offensichtlich fremden Welt wieder. Was das Buch so faszinierend und damit empfehlenswert macht, ist die fiktive Beschreibung dieses Menschen (dem Landvermesser K.) und seiner Situation, der sich sozusagen als Strandläufer zwischen zwei Welten bewegt, für den vor seinem Erwachen weder Zeit noch Raum existiert hat, dem jegliche Erinnerung fehlt. Doch indem er sich erinnern will, driftet er in die eine der Welten, mit dem Dorf und dem Schloss mit seinen geheimnisvollen Bewohnern, ab. Namen, und das Benennen spielen eine wichtige Rolle. Denn das Benennen der Wirklichkeit erzeugt für den Landvermesser K. ihre Mittelbarkeit, verhilft aus seiner Sicht der Wirklichkeit zur Realität. Doch die Wirklichkeit wird letztendlich nicht erzeugt, da alle Namen nicht aufgedeckt werden. Was schlussendlich bleibt, ist ein Schwebezustand zwischen zwei Welten.

  • Zitat

    Original von Tasso9x
    Der Landvermesser K. wacht auf und er findet sich in einer im offensichtlich fremden Welt wieder. Was das Buch so faszinierend und damit empfehlenswert macht, ist die fiktive Beschreibung dieses Menschen (dem Landvermesser K.) und seiner Situation, der sich sozusagen als Strandläufer zwischen zwei Welten bewegt, für den vor seinem Erwachen weder Zeit noch Raum existiert hat, dem jegliche Erinnerung fehlt. Doch indem er sich erinnern will, driftet er in die eine der Welten, mit dem Dorf und dem Schloss mit seinen geheimnisvollen Bewohnern, ab. Namen, und das Benennen spielen eine wichtige Rolle. Denn das Benennen der Wirklichkeit erzeugt für den Landvermesser K. ihre Mittelbarkeit, verhilft aus seiner Sicht der Wirklichkeit zur Realität. Doch die Wirklichkeit wird letztendlich nicht erzeugt, da alle Namen nicht aufgedeckt werden. Was schlussendlich bleibt, ist ein Schwebezustand zwischen zwei Welten.


    Tasso, bitte sei' mir nicht böse, aber wenn ich nur Deine Rezension gelesen hätte, dann hätte ich nicht gewußt, dass Marianne Gruber offenbar Das Schloss von Kafka weiter geschrieben hat.


    Als ich Deine Rezension zuerst las, ohne auf den Amazon-Link zu gehen, da dachte ich mir: Da schau' her, da plagiiert eine ja eine ganz frech den Kafka. Erst dann wurde mir klar, dass Frau Gruber Kafkas Roman weiterschreiben will oder wollte.


    Fertig schreiben kann man m.M.n. Kafka überhaupt nicht, da es ja gerade gewollt ist, dass der Landvermesser eben nicht in das Schloss kommt. Das ist ja einer der zentralen Topoi bei Kafka überhaupt, siehe die kurze Erzählung Vor dem Gesetz.


    Jo mei', was soll ich sagen? Wenn einer gar nix einfällt, dann hängt sie sich halt an einen Weltliteraten hinten dran.


    Da fällt mir gerade ein, dass Felix Krull von Thomas Mann ja auch nicht fertiggeschrieben ist. Ob de Frau Gruawa da ned aa no wos dazuaschreibm kunnt'? :blume I' moan, genial wia se is', de Gruawarin.

  • Lieber Thom,


    das ist die Rezi, so wie sie bei Amazon steht, und da geht's aus dem Kontext hervor, weil u.a. auch die Beschreibung von Amazon da steht. Natürlich ist mir aufgefallen, dass im Forum ein Hinweis auf Kaffka fehlt. Ich konnte mich leider auf Grund der feiertäglichen Stimmung nur nicht dazu aufraffen, hierzu eine Ergänzung zu machen. Aber du hast es ja selber rausbekommen. Dass die Meinungen auseinander gehen, ob man das Buch von Kaffka weiterschreiben bzw. umschreiben darf oder nicht, das kann man auch bei Amazon nachlesen, das tut aber der Qualität des Buches von Marianne Gruber keinen Abbruch.


    Übrigens ist die Marianne Gruber auch nicht irgendeine Autorin, immerhin ist sie die Präsidentin der österreichen Gesellschaft für Literatur.


    LG
    Tasso

    2 Mal editiert, zuletzt von Tasso9x ()

  • Lieber Tasso,


    hast ja Recht! Ich hab's auch gar nicht gelesen. Da fällt mir ein:


    Liabe Frau Gruawarin,
    wo führt' denn dees no hin?
    De steckt beim Kafka hint'n drin,
    ja hot denn dees an Sinn?
    Auf da andan Seit'n,
    is de Oide hoit net g'scheit,
    denn sie is ja grod a Weiwaleut'.
    Aus Eestreich no dazua,
    ja pfiat de scheene Frau,
    i siag' de in da Fruah.


    Auf die Melodie zu singen: "Es gibt nur a Loisachtal".

    Fare thee well! Thomas W. Jefferson
    I am mad, bad and dangerous.

  • Hallo Thom,


    ich finde den Text köstlich! Und du hast die richtige Wahl getroffen, zumal die Loisachtaler ja keine Bayern sind. Man hört's auch an dem etwas schwäbisch-allemannischen Dialekt. Werdenfels wurde 1803 dem Herzogtum Bayern im Zuge der Säkularisation zugeschlagen. Früher gehörte Werdenfels zum Bistum Freising, das, wie du vielleicht weist, früher bis nach Brixen und Meran hinunterreichte.


    Übrigens ist mir eingefallen, dass die Behandlung eines bereits verarbeiteten literarischen Stoffes garnicht so ungewöhnlich ist. Ich erinnere an den Bibel-Stoff "Moses und der Auszug der Israeliten aus Ägpypten", der von Thomas Mann nochmals aufgegriffen wurde. Ähnlich verhält es sich mit Schillers Tod, den ebenfalls Thomas Mann verarbeitet hat.


    Beste Grüße
    Tasso

    Einmal editiert, zuletzt von Tasso9x ()

  • Zitat

    Original von Tasso9x
    Hallo Thom,


    zumal die Loisachtaler ja keine Bayern sind. Man hört's auch an dem etwas schwäbisch-allemannischen Dialekt. Werdenfels wurde 1803 dem Herzogtum Bayern im Zuge der Säkularisation zugeschlagen. Früher gehörte Werdenfels zum Bistum Freising, das, wie du vielleicht weist, früher bis nach Brixen und Meran hinunterreichte.
    Beste Grüße
    Tasso


    Hallo Tasso,


    Ich wußte nicht, dass die Loisachtaler keine Bayern sind. Ich mußte halt an das Lied denken, das ich recht gerne singe. Auch das König-Ludwig-Lied ("auf den Bergen wohnt die Freiheit, auf den Bergen ist es schön") singe ich recht gerne.

    Fare thee well! Thomas W. Jefferson
    I am mad, bad and dangerous.

  • Lieber Thomas,


    auch mein Geschichtsverhältnis zu König Ludwig II ist gespalten. Um von den Preußen Geld in seine Privatschatulle zu bekommen, der König war ja wegen seiner Bauwut immer knapp bei Kasse, hat er den symbolischen Kniefall vor dem Preußenkönig gemacht und ihm die deutsche Kaiserkrone angeboten. (Reichsgründung 1871 im Spiegelsaal von Versailles) König Ludwig II hat also für Geld das unabhängige Bayern verraten. Nebenbei: die Wittelsbacher haben noch bis vor einigen Jahren die Schulden ihres Ludwigs an die Banken zurückzahlen müssen. - Die Schlösser König Ludwigs entsprachen nicht dem damaligen Baustil bzw. der aktuellen Architektur; die Barockzeit war längst vorbei. Aus architektonischer Sicht handelt es sich bei den Ludwig-Schlössern um reine "Kitschbauten bzw. Theaterkulissen".


    Soviel zum "Bayern-König".
    LG
    Tasso J.M.

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