Das ist nicht meine ganze Geschichte
Ich habe das Buch zum ersten Mal 1994 mit Anfang 20 gelesen und fand es damals ziemlicht toll. Nun ist es mir wieder in die Finger gefallen. Am Anfang hatte ich nun Schwierigkeiten mit der Stakkatosprache der ersten Erzählung "Geschenkt" (Ingeborg Bachmann-Preis 1992), die damals ziemlich in Mode war. Nach einigen Seiten hat das ganze für mich aber wieder funktioniert: Die Ich-Erzählerin, eine Frau Anfang dreißig, telefoniert mit ihrem Vater. Zunächst erzählt sie, was sie im Laufe der Jahre mit dem Geld angefangen hat, das ihr der Vater seit der Pubertät immer zum Geburtstag geschenkt hatte. Der Vater entpuppt sich dann immer mehr als vojeuristischer Lustgreis und schließlich erzählt sie ihm von einem Schäferstündchen mit einem Callboy. In den folgenden Kurzgeschichten und Erzählungen snd die Sätze etwas länger.
Die Erzählweise ist dabei stets seltsam distanziert und kühl, was aber genau auch die Faszination dieser Geschichten ausmacht. Die Erzählungen sind frech und erotisch, vielleicht eine Spur zu konstruiert und kühl. Alissa Walser gibt keine Antworten, was in der modernen Welt jedoch seine Berechtigung hat. Ich habe eine ziemliche Abneigung gegen Hanna Schygulla, die als Schauspielerin ähnlich unbeteiligt an ihren Rollen wirkt. Aber geschrieben gefällt mir das Konzept. Eine Antwort auf die Frage, warum das so ist, fehlt mir gleichwohl.