Buchreport 06/2005: "Abgeschrieben, abgestürzt und öffentlich demontiert"

  • Öffentlich einsehbarer Artikel in Buchreport über gemachte Erfolgsbücher in den USA:


    Abgeschrieben, abgestürzt und öffentlich demontiert
    is Ende April war für Kaavya Viswanathan die weite Welt noch in Ordnung. Dann wurden in den USA erste Plagiatsvorwürfe gegen ihren Debütroman laut. Inzwischen ist eine Debatte über Etikettenschwindel in ihren Büchern entbrannt.


    Reißt das also auch in der Literatur ein: "Dienstleister" pfriemeln Erfolgskonzepte zusammen, Medienkonzerne räumen ab, Leser und Autoren werden über den Tisch gezogen. :kotz1


    Klar, das Leben ist kein Ponyhof, aber gerade weil es wichtig ist, daß Autoren für ihre Leistung angemessen bezahlt werden, gehört den Gangster hinter den Kulissen eigentlich das Handwerk gelegt ... :(

  • Hi Iris,


    ich bin blutiger Laie und weit davon entfernt ansatzweise Ahnung von den Usancen im Buchgewerbe zu haben - aber was ist so schlimm daran, wenn Verlage "Erfolgskonzepte" zusammenfriemeln - und Autoren "gemacht" werden? Es ist doch wie in der Musik: die einen hören Euro-Dance-Charts-Bohlen-Produktion und viele andere hören nach wie vor was anderes.


    Und der Vorwurf an die Autorin, sie habe Strecken ihres Buches kopiert - ist doch entweder wahr oder falsch - und wenn er wahr ist, hat sie es doch "verdient", das sie "demontiert" wird. :achsel


    Viele Grüße,


    Sven

  • Zitat

    Original von Iris Kammerer
    ... Leser und Autoren werden über den Tisch gezogen.


    ...aber gerade weil es wichtig ist, daß Autoren für ihre Leistung angemessen bezahlt werden, gehört den Gangster hinter den Kulissen eigentlich das Handwerk gelegt ...


    Hallo Iris,


    Deine oben zitierten Kommentare verstehe ich im Zusammenhang mit dem geposteten Link nicht ganz. In dem Artikel wird doch beschrieben, dass in den beiden genannten Fällen die Autoren selbst diejenigen sind, denen das Handwerk gelegt gehört, da sie ja anscheinend nachweislich falsche Angaben gemacht und im Fall der 19jährigen sogar tatsächlich einfach abgeschrieben haben.


    Gruss,


    Bernd

    "Der erfolgreiche Abschluss infamer Aktionen steigert Ihren Bekanntheitsgrad, was für Ihren Feldzug zur absoluten Weltherrschaft unglaublich wichtig ist." (aus dem Benutzerhandbuch des PC-Spiels Evil Genius)

  • Zitat

    Original von Sven
    - aber was ist so schlimm daran, wenn Verlage "Erfolgskonzepte" zusammenfriemeln - und Autoren "gemacht" werden? Es ist doch wie in der Musik: die einen hören Euro-Dance-Charts-Bohlen-Produktion und viele andere hören nach wie vor was anderes.


    Ich schrieb, daß es "einreißt" -- grundsätzlich sind solche Konzepte im Mainstream-Massenmarkt notwendig, weil dieses Leserinteresse am besten reißbretttechnisch bedient wird.
    Wogegen an und für sich auch nix zu sagen ist. Hat ja seine Berechtigung, weil es gekauft wird.


    Angesichts solcher Meldungen stellen sich mir zumindest allerdings ein paar Fragen: Wer beherrscht den "Markt"? Mit welchen Methoden? Ist es eigentlich noch ein "freier" Markt?


    Wenn du den Marktanteil der Massenmarkt-Produktionen mit dem Rest vergleichst, kann in den Bereichen Musik, Film, Medien tatsächlich nur noch von "Resten" gesprochen werden. Die sogenannte Vielfalt existiert nur in vollmundigen Argumentationen -- in der Realität führt die Durchsetzung des globalen Finanzkapitalismus zu Monokulturen mit kümmerlichen Randbiotopen.


    Wenn dir Mainstream schon reicht, dann müssen dich die Fragen auch nicht interessieren. Dann muß du nur zusehen, daß du einen Dieter Bohlen findest, der dich zum Star macht, bis er den nächsten findet.


    Dann geht es aber auch nur um Moneten und um absolut nichts anderes.


    Was z.B. der Buchpreisbindung den Garaus machen würde, aber daran wird ja ohnehin schon fleißig gearbeitet.

  • Zitat

    Original von Bernd
    Deine oben zitierten Kommentare verstehe ich im Zusammenhang mit dem geposteten Link nicht ganz. In dem Artikel wird doch beschrieben, dass in den beiden genannten Fällen die Autoren selbst diejenigen sind, denen das Handwerk gelegt gehört, da sie ja anscheinend nachweislich falsche Angaben gemacht und im Fall der 19jährigen sogar tatsächlich einfach abgeschrieben haben.


    Die Frage, die sich mir stellt, ist die, inwieweit "Literaturdienstleister" <hüstel> wie Alloy Entertainment und 17th Street sich durch die Aufforderung zum Schwindel und zum Plagiat mitschuldig machen, indem sie schlicht und einfach den entsprechenden Druck auf die Autoren ausübten.
    Das spricht keineswegs die Autoren von der Tat frei; diese hätten schließlich Nein sagen können -- und wären dann eben unbekannt geblieben. :achsel Allerdings ist es m.A.n. naiv, den ethischen und inkriminierenden Vorwurf auf die Autoren zu beschränken. :zwinker

  • Was mir immer wieder ein ungutes Gefühl gibt ist, dass sich die Leser - die Massen (?) - mit solch designter Kost zufrieden geben. Es muss ja wohl ein Bedürfnis da sein, so etwas haben zu wollen, sonst würde so etwas nicht funktionieren.


    Die meist unterschlagene Seite ist der Schaden, der dadurch entsteht. Solch horrende Vorschüsse, wie in dem Artikel erwähnt, müssen erst einmal erwirtschaft werden. Das funktioniert nur, wenn man alle Marketing-Instrumente darauf ausrichtet und das bedeutet in der Regel, dass alles wegrasiert wird, was nicht direkt damit zu tun hat. Das geht nicht nur so in den USA, sondern auch bei uns.


    Und es ist auch keine neue Geschichte. Seit Bücher gedruckt werden, wird immer auch ein Massenmarkt bedient und zwar mit der ganzen Palette: Räuberpistolen, Liebesgeschichten, Pornografie und Enthüllungen.


    Ich erlaube mir, darauf aufmerksam zu machen, dass ein deutscher Literat des frühen 19 Jahrhunderts dadurch bekannt wurde, dass er frech unter dem Namen eines populären Mainstream-Autoren sein erstes Buch veröffentlichte und den Presserummel, der dadurch entstand, dass der Mainstream-Autor sich bitter beklagte über das Buch, das da fälschlicherweise unter seinem Namen erschien, nutzte, um damit die dann unter seinem eigenen Namen erschienene Werke, bekannt zu machen. Und das wurde er auch, obwohl er nicht lange lebte. Seine Popularität war so groß, das später ein Schloss aus einem seiner Romane nachgebaut wurde.


    Preisrätsel: Wer als erster die Namen des Plagiators und des Mainstream-Autoren hier nennt, gewinnt eine Fußreise nach Lauda (kann sofort angetreten werden, für Übernachtung und Verpflegung muss selbst aufgekommen werden).


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann