Liebe Freunde,
sehr ruhig ist es wieder geworden in diesem Forum, und kuschelig. Ich mag das. Ich meine: die Welt ist hart genug, das Leben sowieso.
Die Hamas will Israel vernichten, der Iran gleich die ganze Welt, Ossiglatzen und natürlich auch Osssis ohne Glatzen wollen allen ohne Arierausweis den Schädel einschlagen, Ossimütter vergraben Kinder dutzendweise in Blumenkästen, der CIA-Präsident ist zurückgetreten, Olli Kahn nicht mehr Nationaltorwart - also es ist schon schlimm.
Da sehnt man sich so richtig nach kostenloser Hartz-IV-Unterstützung, schönem Wetter und einem ruhigen Forum. Von den letzten großen Philosophen dieses Forums hört man kaum noch was - der urkomische brasilianische Kneipenwirt, der zur Morgenstunde sinnlose Fragen zum Sinn des Lebens stellte, die welke Elke, die nie was zu erzählen hatte, es aber trotzdem erzählte, und natürlich die ganzen Katzenliebhaber, deren müdes Geschnurre keinen arthritischen Hund hinter dem Nachtspeicherofen hervorholt - sie alle sind verstummt.
Auch ich wünsche mir nichts mehr als ein kuscheliges Forum, weshalb ich wieder einmal einen kleinen Kuschelbeitrag hier präsentieren möchte.
Ich denke, ihr kennt all die bedeutendste deutsche Tageszeitung: die Passauer Neue Presse. Leider liegt diese nur in selektierten Bahnhofsbuchhaldlungen aus, darum wißt ihr vielleicht nicht, dass natürlich in der PNP der wichigste Artikel zu einem spektakulären Verbrechen stand, das am 1. Mai 2006 in Traunreut, also in Oberbayern, begangen wurde.
Hier kommen die besten Stücke aus den Artikel in der PNP:
ZitatAlles anzeigenDie Polizei hat das Rätsel um den im so genannten Frühlinger Hölzl bei Traunreut (Lkr. Traunstein) gefundenen Toten gelöst. Es war kein Mord, sondern eine Leichenschändung von unglaublich brutaler Art: Eine Gruppe von zehn Jugendlichen hatte in dem Waldstück die Walpurgisnacht gefeiert und dabei die Leiche eines Selbstmörders entdeckt. Als sie zu fortgeschrittener Stunde erheblich alkoholisiert waren, zerrten sie den Toten aus dem Dickicht, banden ihn an einen Baum und schlugen mit einer Eisenstange und anderen Gegenständen auf den Leichnam ein.
Der aus Bautzen stammende Joachim Sch. (49), ein Elektriker, der seit einigen Jahren in Traunreut lebte, galt als gescheiterte Existenz, war arbeitslos und hatte erhebliche Alkoholprobleme. Am 12. Februar fasste er wohl den Entschluss, dem Leben, das er selbst als nicht mehr lebenswert erachtete, ein Ende zu setzen. Er schrieb mehrere Abschiedsbriefe, ließ einen davon in seiner Wohnung in der Ortsmitte von Traunreut und ging dann wohl zu Fuß zu dem Waldstück neben der Schrebergartensiedlung. Dort wollte er in Ruhe sterben. Joachim Sch. leerte eine Flasche Wodka und legte sich in ein Dickicht. Irgendwann in den folgenden Stunden des eisigen Februartages dürfte der Mann erfroren sein. Weil es in den folgenden Wochen große Mengen Neuschnee gab, verschwand die Leiche des Mannes für lange Zeit unter einer dicken Schneedecke.
Am vergangenen Sonntag wollte es der Zufall, dass sich eine Gruppe von zehn Jugendlichengenau in dem Waldstück, in dem die Leiche von Joachim Sch. seit fast drei Monaten unentdeckt lag, zu einer Walpurgisnachtfeier traf. Obwohl die Schüler und Auszubildenden erst zwischen 13 und 17 Jahre alt waren, floss dabei der Alkohol reichlich. Und es war wieder ein Zufall, dass ein 15-Jähriger beim Austreten die Leiche im Gebüsch fand.
Mit den Worten, „Wollt ihr mal eine Leiche sehen“, meldete sich der Bursche in der Gruppe zurück und wurde dafür erst „Spinner“ und „Angeber“ genannt. Dann packte einige wohl doch die Neugier, sie ließen sich den grausigen Fund zeigen. Irgendwann, als der Alkohol bei den Jugendlichen schon seine Wirkung gezeigt hatte, kam einer aus der Gruppe auf die Idee, den Toten mit dem Handy zu fotografieren. Sie zogen die Leiche aus dem Dickicht etwa 20 Meter auf eine Lichtung und banden sie dort mit im Wald gefundenen Schnüren an einen Baum. Das lieferte den Jugendlichen offenbar nur für kurze Zeit den richtigen „Kick“, denn plötzlich begann einer aus der Gruppe mit einer ebenfalls im Wald gefundenen Eisenstange auf den Toten einzuschlagen. Mindestens drei weitere Burschen versuchten sich danach ebenfalls als Leichenschänder, während die anderen nach Angaben der Polizei mit ihren Foto-Handys das grausige Geschehen dokumentierten.
Von ihrem Fund und ihrem Tun erzählten die Jugendlichen zunächst niemandem. Erst am Tag danach prahlten sie vor Freunden mit ihrer Entdeckung. Schließlich führten sie eine 15-Jährige an den Tatort, um ihr die Leiche zu zeigen. Die Jugendliche behielt ihre grausigen Beobachtungen für sich, bis sie am nächsten Tag in der Zeitung las, dass die Polizei den Toten gefunden hatte und einen Mörder sucht. „Das wollte sie nicht mittragen“, sagte gestern der Traunsteiner Polizeisprecher Fritz Braun gegenüber der Passauer Neuen Presse, „sie hat deshalb die Sache einer Person ihres Vertrauens erzählt und die wiederum hat sich sofort an uns gewandt.“
Und nun sagt selbst: ist das nicht reiner Stoff für eine Geschichte? Ist das nicht bestes Rohmaterial, um daraus eine Short Story zun machen, die alles hat: eine Handlung, Enigma und Mysterien, soziale Probleme, bayerisches Flair, einen armen, selbstverständlich geharzten Ossi, der am Westen verzweifeln mußte, und schließlich Jugendliche, Azubis versteht sich, schon Alkoholiker, bißchen gelangweilt, bißchen nekrophil, ohne die vielbeschworenen Werte, kein Christentum, keine Erziehung, einfach gar nichts. Und diese Perlen der deutschen Jugend, Menschen wie du und ich, finden im Wald eine gut erhaltene Leiche, der Winter war ja lang und kalt, und spalten ihr mit Eisenrohen den Schädel.
Und warum? Nun, es war ja Walpurgisnacht, eines der großen deutschen Feste, das von Jugendlichen mit weihevollem Ernst begangen wird - besonders in Traunreut. Und während es früher so war, dass die Intellektuellen im Volk der Dichter und Denker den Ton angeben, so sind es nun die Prolls, die die geistige Linie vorgeben. Während früher die Walpurgisnacht mit Goethe in Verbindung gebracht wurde, so wird sie heute von neoheidnischen Trotteln strenger Observanz pseudoreligiös gefeiert.
Bayern und Deutschland wie es leibt und lebt. So ist der bayerische Azubi wirklich. Das ist besser als Jennerwein und Räuber Kneissel, das ist - die ganz normale deutsche Wirklichkeit. Und genau deshalb ist sie literatürwürdig. Ich kann die Gechichte schon richtig sehen in einer Anthologie mit dem Titel: Bayern, wie es nicht jeder kennt.
Die Wirklichkeit hat die schalen Satiren von Polt und Biermösl Blosn längst überholt.