Alex Capus: Reisen im Licht der Sterne

  • Zu den frühen Leseerlebnissen, die nachhaltig einen positiven Eindruck auf mich gemacht haben, gehört neben Mark Twains «Tom Sawyer» auch «Die Schatzinsel» von Robert Louis Stevenson. Ich habe wohl auch andere Piratenbücher gelesen damals - kann mich aber kaum an eines noch erinnern. Später habe ich es wieder vorgeholt und meinen Kindern vorgelesen und dabei gemerkt, dass die Faszination an der Geschichte nicht verloren gegangen ist.
    Und nun kommt jemand daher - auch noch ein Schweizer - und behauptet, die Schatzinsel hätte es wirklich gegeben und Stevenson hätte sie selbst gefunden. Grund genug, das Buch, das derart spektakulär beworben wird, nicht mal eines Blickes zu würdigen. Von derart sensationslüsterner Spekulationsliteratur habe ich schon immer Abstand gehalten. Nachdem aber ein Bekannter die Bemerkung mache, dass das Buch nicht der Werbung entspräche und lesenswert sei, habe ich mich herabgelassen, es in der Buchhandlung einmal in die Hand zu nehmen.
    Das war ein Fehler!
    Schon der Untertitel söhnte mich ein wenig mit dem Buch aus: «Eine Vermutung». Gut! Also keine Behauptung. Da konnte ich auch schon mal ins Inhaltsverzeichnis schauen und das Buch etwas anlesen. Was soll ich noch viel sagen - schon war es gekauft und nicht lange danach durchgelesen.
    Der Autor führt seine Geschichte damit ein, dass er Stevenson und seine Frau Fanny auf Samoa ankommen lässt. Wer ein wenig von dem Autoren der Schatzinsel weiß, dem ist bekannt, dass die Reise in die Südsee seine letzte war. Samoa sollte auch nur eine kurze Station vor der eigentlichen Rückreise nach Europa sein. Aber warum blieb Stevenson? Warum kaufte er sich ein Haus, blieb und holte sogar noch seine Mutter aus Schottland dorthin?
    Geschickt unterbricht Alex Capus hier die Handlung und führt die Geschichte von «Fanny und Louis» vor, zeigt dabei die eine und andere Schnittstelle zur Schatzinsel, die später noch bedeutsam wird. Im vierten Kapitel kommt dann die Insel «Cocos Island» ins Spiel, die vor Nicaragua im Pazifischen Ozean liegt und von Schatzsuchern in über 100 Jahren kreuz und quer umgegraben wurde in der Hoffnung, den gestohlenen Inkaschatz zu finden, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus Lima gestohlen wurde.
    Im fünften Kapitel erzählt Capus, wie Robert Stevenson seine «Schatzinsel» schrieb. Spannend für alle, die selbst schreiben. Der Bruch in der Geschichte, die Stelle, an der Stevenson mit dem Roman nicht weiterkam und damit das Phänomen, das viele andere Schriftsteller auch bewegt(e), wird sehr deutlich herausgearbeitet. Und deutlich wird auch: was Stevenson schrieb, war reine Phantasie. «Diese» Schatzinsel konnte er nicht gefunden haben.
    Im weiteren Verlauf des Buches wird dann aufgedeckt, dass es auch nicht um den Romanschatz, sondern um den schon erwähnten «Inka-Schatz» ging, der aber eben nicht vor Nicaragua lag, sondern ...
    Was soll ich hier die ganze Geschichte noch einmal erzählen. Es gibt ja das Buch des Schweizer Schriftstellers Alex Capus, der das schon hervorragend gemacht hat. Man weiß am Ende, das es eine reine Vermutung ist - wie auf dem Buchumschlag aufgedruckt. Aber man möchte glauben, dass sie stimmt. Ganz wie die Geschichte von Robert Louis Stevenson.
    Und ganz neben: die Geschichte vom «Flaschenteufel» spielt ebenfalls - wenn auch eine nebensächliche - Rolle in dem Buch.

    ASIN/ISBN: 3813502511

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    ASIN/ISBN: 3831335559


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    Emanuel von Bodmann