Liebe 42er,
meiner Ansicht nach ist political Correctness nicht gleich political Correctness.
Auf der einen Seite gibt es da lächerliche Überspitzungen, wie Gerald und Mulle sie ansprechen. "Politisch korrekte" Sprache macht Ausdrücke auch oft sperriger, was ja in einem Autorenforum von Interesse sein sollte.
Andererseits - vor mir sitzt ein "Eskimo". Ich weiß, dass diese Bezeichnung ihn beleidigen würde. Nenne ich ihn dann trotzdem so? Also, da ist mir dann doch "Inuit" lieber.
Sperriger wird die Sprache ja schon, wenn man nicht mehr "Liebe Bürger" sagt, sondern "LIebe Bürgerinnen und Bürger". Ist das bereits ein Zeichen von lächerlicher political Correctness? Dazu würde mich vor Allem eine Stellungnahme der Damen hier interessieren. (Dass natürliches und grammatikalisches Geschlecht nicht identisch sind, ist mir übrigens bekannt.)
Zurück zu Mark Twain und "Huck Finn": Die gesetzliche Diskriminierung von Schwarzen und anderen Minderheiten ist in den USA noch nicht SO lange her. Mein Vater sah zu seiner Marinezeit während Kennedys Präsidenschaft noch getrennte Strände für Schwarze und Weiße an der Ostküste. Die Diskriminierung ist in den USA bis heute ein verdammt emotionales Thema.
Bevor ich das Nächste schreibe, zitiere ich Wolf Biermann: "Man kann alles vergleichen, was nicht identisch ist. Man kann also auch Äpfel mit Birnen vergleichen." Ich möchte jetzt also nichts gleichsetzen. Das Wort "Nigger" kann in den Staaten eine ähnliche emotionale Wirkung entfalten wie in Deutschland "Judensau".
Ja, ich weiß, dass der Vergleich hinkt, aber stellen wir uns einmal vor, es gäbe da einen (älteren) deutschen Roman, in dem ein kleiner Junge mit einem erwachsenen Mann auf der Flucht ist und ständig das Wort "Drecksjude" gebraucht. Wie wäre wohl heute die Resonanz?
In meiner ersten Antwort schrieb ich nur, dass ich die Streichung von "NIgger" nicht so schlicht und einfach kommentieren möchte wie Kristov, nämlich mit: "Die Dummheit stirbt zuletzt." Wenn ein amerikanischer (ich nehme an: Literatur-)Professor den "Huck Finn" neu editiert, dann gehe ich davon aus, dass er sich dabei Gedanken gemacht hat. Tom möge ihn als Volldeppen bezeichnen, ohne ihn zu kennen. Mir geht das zu schnell.
Zensur hin oder her - wenn es darum geht, ob ein kontroverses Werk wie "Huck Finn" entweder teilweise ignoriert wird, oder ob man einen Begriff darin umformuliert und damit vielleicht eine breitere Diskussion ermöglicht, dann finde ich das Streichen von "Nigger" zumindest nicht abwegig.
Herzliche Grüße,
Hugo