Diese Satire über mein früheres Kleinstadtleben hänge ich mal an.
Wer ist hier gut? Wer böse? Schufte sind sie beide, trotzdem gibt es eine Protagonisten und einen Antagonisten, und obwohl die Grenzen nicht so scharf gezogen sind, gehört die Sympathie des Lesers (hoffentlich) dem Kater.
Ein Leben für die Katz
Romano Zigaretto, der schwarze
Boss der Stienfurter Gangster, stapfte über den Marktplatz. Die ersten Löcher
im Graubasalt schaffte er schadlos, doch im Angesicht seines Feindes
strauchelte er und fiel in ein schwarzes Loch. „Verfluchte Katz!“
Blut floss! Ausgerechnet sein
Standknie, die Stütze seiner Schießkunst. Der rote einäugige Kater der Witwe
Pückeldreck grinste und zeigte ihm den Stinkeschwanz.
„Für mich bist du Luft, Fatzke!“
drohte Romano und feuerte gegen den Kater. „Wenn du triffst, hast du Luftlöcher
geschossen“, spottete Fatzke zurück.
Hab ich erwähnt, dass
Nacht war? Schwarze Nacht. Kein Mond, kein Stern. Gleichgültig, ob Tag oder
Nacht, Stienefurt war menschenleer. Die Stienefurter hatten zu viel Respekt vor
Romano, aber vor allem hatten sie Furcht vor Fatzke, dem Feind, der sie seit
Jahren verhöhnte. Die Stienefurter zählten auf Romano und seine Gang, die
Fatzke daran hindern würde, die Macht zu ergreifen. Ihr Wahlspruch war: besser schwarz
leben als rot sterben.
Lang schon hatte man die
sternenlose Nacht herbeigesehnt, in der die Entscheidung fallen würde. Hinter
jeder Gardine spinzte versteckt ein Stienefurter oder eine Stienefurterin mit
lüsternem Blick auf den Marktplatz. Romanos Gang lauerte im Hinterhalt. Fatzke
besaß keine Gang, er hatte die rote Zora - alias die Witwe Pückeldreck – in der
Hinterhand. Sie waren zu zweit.
Fatzke schaute zur Seite,
leckte sein Rückenfell und fuhr mit der Pfote über das fehlende Auge. Seine
Ruhe brachte das Fass zum Überlaufen. Mit dem Schrei „Pack dich, Canaille!“
stürzte Romano sich auf ihn. Kein Mensch erwischt einen Kater mit einem Schrei,
schon gar keinen roten, und Romanos Versuch nahm mit einem weiteren Loch im Knie
ein schmähliches Ende. Romanos Gang ertrug die Schande nicht, verweigerte ihm
den Gehorsam und zog sich in den Vorgarten des Bürgermeisters zurück. Fatzkes
Genossin, die rothaarige Witwe, trat gelassen aus der Haustür, zündete sich an
ihren Feuerhaaren eine Zigarette an und blies sieben Ringe über den Marktplatz,
mit denen sie gelangweilt zuerst Romano, dann alle seine Männer aus dem
Hinterhalt einfing und einwickelte.
Da staunten die Stienefurter.
Eine Frau, ein Kater und eine Prise blauer Dunst reichten aus, um Romano, den
Helden, als einen Nichtsnutz zu entlarven. Sie jagten ihn aus dem Dorf und
dienten fortan dem Kater.