Beiträge von Jürgen

    Wenn Melville seinem Mobydick ein erläuterndes langes Vorwort über Walfang vorangestellt hätte, wäre das Buch vermutlich nicht von so vielen Leuten gelesen worden.

    Melvilles "erläuterndes Vorwort" besteht recht besehen aus 16 Seiten Zitaten aus Wörterbüchern, Forschungsliteratur, Romanen, Goethes Gesprächen mit Eckermann etc., dann folgen 132 enzyklopädieartige Kapitel über die Sozialgeschichte des Walfangs. Erst auf den letzten nicht mal 30 Seiten (von insgesamt 913 ) geht es richtig mit der Jagd auf den weißen Wal los. Mit anderen Worten: Selbst Romane, die fast nur aus Einleitung bestehen, werden - aus welchen Gründen auch immer - "von so vielen Leuten" gelesen. :)

    Zu Allergie:

    Im Sprachbrockhaus von 1949 fehlt A., ab 1951 ist sie als "Überempfindlichkeit gegen bestimmte Stoffe" notiert. In dem Großen Wörterbuch von Duden (1976) steht unter anderem, dass dieses Wort schon 1906 geprägt worden sei und auch im übertragenen Sinne gebraucht wird: Allergisch "gegenüber abgerundeten Bildecken", aber auch: "meine Haut ist a. gegen das Waschmittel". "Nahrungsmittelunverträglichkeit" finde ich allerdings erst in meiner 25. Auflage des Rechtschreibduden (2011).

    Hier kann man aus erster Hand erfahren, was den "Zauber", "Glanz" und "Duft" der Zwanziger Jahre ausgemacht hat: das Erlebnis der politischen und erotischen Freiheit. Und wie der Haifischsong aus der Dreigroschenoper entstanden ist. Ein Podcast aus dem Jahr 1960. Viel Spaß!

    Bei mir gibt es ein wiederholbares Verfahren. Ich brauche immer eine Heraus- oder Aufforderung von außen, so ist auch die Teddy-Liebesgeschichte entstanden, die heute im Blog erschienen ist. Ingrid, unsere damalige Blogcheffin, hat vorgeschlagen, passend zur Jahrszeit eine Reihe mit Liebesgeschichten zu veröffentlichen, Höchstumfang: drei Seiten. Zuerst denke ich noch, nee, Liebesgeschichte? interessiert mich nicht. Doch dann fühle ich mich am Ehrgeiz gepackt und lege los. Zuerst suche ich ein Sujet, das darf gern etwas schräg sein. Neue Personen muss ich mir nicht ausdenken, ich fahre gern das bewährte Personal aus anderen Geschichten auf. Dann geht die Suche nach dem ersten Satz los, den ich meistens beim improvisierenden Schreiben am Laptop finde oder besser umgekehrt: er findet mich, er trifft mich blitzartig, dann weiß ich sofort: das isser. Wenn sich keiner meldet, mache ich meine Schreibbude dicht und mähe den Rasen. Von diesem ersten Satz aus ent-wickle ich die Geschichte, das Schreiben ist dann so ein Schweben zwischen geplanter Story und Improvisation. Wenn ich Glück habe, entsteht ein regelrechter Flow und die Muse flüstert mir Satz um Satz ins Ohr, so dass ich nur noch schnell genug mitkommen muss. Die Geschichte endet, wenn sie den letzten Satz erreicht, der in einer gewissen Korrespondenz zum ersten Satz steht, keine Ahnung. Mein Tagespensum drucke ich am Abend aus, denn ich kann sie am besten in vergegenständlichter und verselbstständigter Papierform überarbeiten. Am nächsten Tag pflegt ich die Änderungen ein, Ausdruck, Korrektur und so weiter. Das geht so lange, bis ich das sichere Gefühl habe, sie lässt sich nicht weiter bearbeiten, sie hat ihre (vorerst) endgültige Form erreicht. Wenn ich dann Pech habe, hat die Geschichte das Blogquorum von drei Seiten überschritten, wie bei meiner Liebesgeschichte mit Werwölfen geschehen, Arschkarte, nun muss sie selbst zusehen, wo sie unterkommen kann.:)

    goethische Natur, Schillerscher Idealismus, elisabethanisches Theater.

    Bei der Suche bin ich auf ein schönes Zitat gestoßen:

    Zitat

    Eine von der sittlichen abweichende Schwingungsweise des Gemüts würde das Ergebnis sein, wenn wir die Gesinnungsstoffe etwa in H. Heinische Frivolität und Cynismus aufgelöst den Kindern böten.


    In: Jahrbuch des Vereins für wissenschaftliche Pädagogik, 1906, Bd. 38. Diese Adjektivierung scheint aber sehr ungewöhlich zu sein.

    Zu den zweiten Internationalen Jules-Verne-Lesetagen vom 7.-9. Februar 2020 lädt die spanische Jules-Verne-Gesellschaft ein, die dieses Event letztes Jahr ins Leben gerufen hat. Die Idee: Rund um den 8. Februar, also dem Geburtstag von Jules Vernes, sollen weltweit Aktionen stattfinden, die mit dem Autor zu tun haben. Das wäre doch eine gute Gelegenheit, auf den Speicher (ich meine natürlich den Dachboden) zu klettern, die Romane In achtzig Tagen um die Welt, Die Reise zum Mittelpunkt der Erde oder Der Kurier des Zaren vorzunehmen, Frau, Kinder und Enkel zu schnappen und ihnen daraus vorzulesen. Oder in gemütlicher Popcornrunde die alten Filme auf VHS-Video-Format reinzuziehen. Und mal wieder so richtig in die alten Zeiten der Jugendschwänke abzutauchen. Wow! Was ist verglichen mit der Geheimnisvollen Insel, Zwanzigtausend Meilen unter den Meeren und Von der Erde zum Mond schon das Dubliner Saufgelage eines Bloomsday? Na also!


    Moin, Thomas, vielen Dank für die guten Wünsche. Die können Feliks und ich gut gebrauchen. "Kurz vorab" und "Über die Kurzgeschichte" SIND unsere ersten beiden Kurzgeschichten. Scherz. Dies sind Warnhinweise, die Leser*innen, die eventuell eine erbauliche und geschmackvolle Lektüre erwarten, auf unsere Kurzgeschichte vorbereiten sollen. Singular: Für diesen Schnäppchenpreis gibt es von uns leider nur eine erbauliche und geschmackvolle Kurzgeschichte. Statt Inhaltsverzeichnis gibt's aber das 1 A bajuwarische Cover.

    Hi, alle zusammen, jetzt muss ich die Sache in die eigenen Hände nehmen. Seit Juli ist dieses wunderbare Buch raus über mein schönes Moldova. Aber kein Schwein weiß was, Scheiße ist das. Also, alle mal herhören, er ist raus, der Snack für Quickie und zwischendurch über den einzigen und only Feliks. Witz. Aber wahr: kostet nur Eins Neunundvierzig. Davon krieg ich zehn Prazent. Ich weiß, das ist wie Russenmafia, aber wenn Millionen kaufen, dann bin ich Millionär. Die Chance habe ich und brauche keinen killen. So was gibt es nur in Germania. Also Leute: Kauft kauft kauft. Ganz einfach, nur klicken und schon seid ihr drin, in meinem schönen Moldova.

    Sagt Euer Feliks

    ASIN/ISBN: B07TLWWCJQ

    Mal abgesehen davon, dass "intellektuelle Biografie" kein Fehler, sondern das Beispiel für eine seit der Antike bekannte rhetorische Figur, genannt Hypallage, ist, die wir durchaus bewahren und pflegen sollten, stellt sich für mich bei diesem fabulösen Buch die Frage, ob der Autor auch etwas zur Einführung der Marktwirtschaft in den osteuropäischen Ländern 1991ff gesagt hat, der ja offensichtlich die marktradikalen Ideen eines von Hayeks zugrunde lagen (vgl. Eric Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme, 1995, S. 609), die aber alles andere als eine "offene Gesellschaft" hervorgebracht haben.

    Ich finde Toms Meinungsbeitrag geistreich und elegant geschrieben. Die Gedanken werden in gespitzten und vielleicht auch überspitzten Formulierungen dargebracht, die den Leser zur Gegenrede einladen. Stichwort: Polemik. Das bereitet dem Leser keine Schwierigkeiten, der mit unserer Kultur vertraut ist. Jüngere Beispiele: G.E. Lessings "Anti-Goeze", Goethe und Schillers "Xenien", Heinrich Heines Beiträge in der Augsburger Allgemeinen Zeitung und fast alles von Karl Kraus und Kurt Tucholsky.

    Es geht einzig um die Frage (und das hat Iris Radisch mit dem - zugegeben unglücklichen - Begriff "Inhaltismus" gemeint), ob in der Literaturkritik der Wiedergabe des Inhalts eines rezensierten Buches so breiter Raum zugestanden werden sollte, wie dies nach ihrer Ansicht immer stärker der Fall ist. Sie beklagt, dass dies zu Lasten der eigentlichen Rezensionsarbeit gehe.

    Ich finde den Begriff "Inhaltismus" sehr treffend, da er natürlich u.a. eine Anspielung auf den Formalismus-Begriff ist, siehe den Formalismusstreit, bzw. auch früher schon die Expressionismusdebatte.