ZitatOriginal von Horst Dieter
Judith
Ich auch, aber manchmal ist es auch nicht schlecht, so einen Faden zu haben, um die eigene Orientierung daran zu prüfen. Iris Liste ist nicht schlecht, hat aber auch für mich Lücken bzw. Einträge, die mir nicht so zusagen. Allerdings können wesentlich längere Listen auch erschlagen. Deshalb ist es sicher interessanter, neben einer derart "kurzgefassten" Liste mit bekannten Namen und bedeutenden Titeln eine persönliche Liste aufzubauen mit speziellerer, der persönlichen Neigung entsprechenden Autoren und Büchern, so wie du das hier vormachst.
Genauso war es gemeint.
ZitatDie Geschichte vom Prinzen Genji, Murasaki Shikibu
Marie de France: Lais
ZitatHorst-Dieter schrieb: Sieh hier
Da tritt dann auch das Problem der Verfügbarkeit auf. Es gibt kaum deutschsprachige Übersetzungen, eigentlich derzeit nur bei einem Book on Demand Verlag
Das ist der Nachteil persönlicher Angaben. Ich habe eine zweisprachige sTudienausgabe, die man in Unibibs und auf ebay ganz gut kaufen kann, aber bei Marie de France ist das Netz voll von Übersetzungen. Ein bisschen Suchen und man findet sie.
ZitatHorst-Dieter schrieb:
Love and Mr. Lewisham, H.G. Wells
Damit kommt dann auch das Thema Genre in die Liste (auch wenn das bei H.G.Wells nicht ganz zutrifft, da sein Schaffen breiter ist).
Ebend, das hier gehört zu den gesellschaftspolitischen Texten, nicht zur SF, eine Art Schelmenroman über ein Landei, dass nach London zieht und dort den viktorianischen Trends nachjagt, eine Art Axolotl Roadkill des Wende zum 20. Jh.
Zitat
Büchner und Lenz wiederum sind Außenseiter, die kein Werk vorgelegt haben, das sich einfach und vorbehaltlos konsumieren lässt. Es spricht eigentlich heute nur den Liebhaber an (wenn man die Pflichtlektüre in Schule und Studium mal außer Acht lässt) und kann auch nur durch Zusatzaufwand (Beschäftigung mit Autor und Sekundärliteratur) verstanden werden.
Hier rmöchte ich widersprechen. Büchner wird immer noch regelmäßig gespielt und für mich wr er wichtig, weil er sprachliche Strukturen auflöst und der erste war, bei dem ich das gelesen habe. Ich glaube nicht, das man ihn nicht einfach sehen oder lesen kann.
Auf Lenz trifft dein Vorbehalt sicher zu, aber er ist eigentlich nötig, um die anderen Stürmer und Dränger, die sich besser unter Kontrolle hatten, zu verstehen. Deshalb finde ich das Projekt Gutenberg (neben anderen dieser Art) so wichtig, man kann in die Texte reinschnöbern und sich dann entscheiden.
Wichtiger ist mir aber, dass Rezeption auch ohne jedes Vorwissen möglich ist. Bei aller Raffinesse der Intertextualität, entsteht jeder Text in jedem Leser neu und anders und auch das ist eine der Grundlagen der Intertextualität auf der Autorenseiten. Unvoreingenommen einen Text nur auf sich selbst wirken zu lassen, lässt neue Vernetzungen entstehen, die ganz weit weg vom eigentlich Gemeinten liegen kann und von da aus wieder zu neuen "allgemeinen" Wahrnehmungen.
Das lässt sich am leichtesten mit dem Schicksal berühmter Redewendungen zeigen.
Gern und immer wieder zitiert:
mens sana in copre sano
"In einem gesunden Körper wohne ein gesunder Geist"
noch lieber erweitert zu:
ein gesunder Geist wohnt nur in einem geusnden Körper.
Das Original lautet aber:
Orandum est, ut sit mens sana in corpore sano.
Plötzlich kriegt In einem gesunden Körper wohne ein gesunder Geist, eine etwas andere Bedeutung:
Man sollte beten, dass in einem gesunden Körper ein gesunder Geist wohne.
Es klingt nach Ironisierung (was es auf einer tieferen Ebene sicher auch war), aber eigentlich geht es Juvenal darum, dass das bitten um persönlichen Vorteil Unsinn ist, da nur die Götter wissen, was gut ist für Menschen und dass das einzige, worum Menschen wirklich beten sollen, Gesundheit, Verstand und Mut sind.
http://www.uni-mainz.de/FB/Spo…beit4STEINHILBER-IV07.pdf enthält auf Seite 4 eine Übersetzung der entsprechenden Passage.
Trotzdem haben alle Abwandlungen ihr Eigenleben entwickelt, ihre eigenen Traditionen und das geschieht eben mit jedem Lesen ein jeden Textes durch ein jedes Individuum. Von daher, keine Scheu vor Texten, von denen man vor vorherein weiß, dass man niemals alle Bedeutungsebenen erfassen kann. Das ist für Wisscneschaftler wichtig, nicht für Leser.
Haikus und anderes japanische Gedichte z.B. stecken auf so vielen Ebenen voller Bezüge bis hin zu den verwendeten Bildzeichen, dass sie sich ohne Interpretation nicht so verstehen lassen, wie die Kultur der Schaffenden sie versteht, aber sie sagen mir trotzdem was, eben innerhalb meiner eigenen kulturellen Prägung und dem sehr fragmentarischen Wissen über japanische Kultur und (Inter)Textualität.
Liebe Grüße
Judith
PS: Bis zum 13. Jh. wusste noch jeder, dass Seneca geschrieben hat: non vitae, sed scholae dicimus (epistulae morales ad Lucilium 106), heute kriegt man das immer noch anderes herum um die Ohren gehauen: Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir.