Beiträge von Siegfried_der_Alte

    Das ist kein Blödsinn ... und das ist auch keine engstirnige Sicht ... das ist mehrfache persönliche Erfahrung ... Schreibseminar (offen, also geschlechtsneutral ausgeschrieben) mit weiblicher Leitung und - außer mir - nur weiblichen Teilnehmern. Nach dem ersten Abend habe ich die Segel gestrichen, weil ... "hier kann man als Frau nicht offen reden, weil ein Mann eine merkwürdige Sicht auf diese Dinge hat" und "das ist doch wieder mal eine typisch männliche Sicht und daher völlig unbrauchbar" ... Und wenn es in der Begrüßungsansprache schon heißt "Leider sind wir eine gemischtgeschlechtliche Gruppe, wir werden uns also zurückhalten müssen", dann klingelt da was bei mir .... :D


    Also "Blödsinn", "doppelter Blödsinn" und "engstirnig" trotz entsprechender Erfahrungen?


    Das ist so nicht korrekt! Kulturell Weltmachtführer war der Orient in der Zeit bis nach der Jahrtausendwende. Das Kulturgut der Griechen wurde von den Arabern bewahrt, die schon islamisiert waren. Philosophie und Mathematik der Griechen haben die quasi für uns erhalten. Das konnte auch Genosse M. mit seinem Engel nicht verhindern. Wenn man schon Erklärungen sucht, dann ist es immer gut, die tatsächlichen historischen Verhältnisse nicht zu verdrehen.

    Die Aussage Toms ist sehr wohl korrekt. Der Orient war mit seinen Kulturen führend lange vor der Erfindung des Islam. In Mesopotamien gab es Hochkulturen, die entscheindend waren für Schrift, Recht, Astronomie, Mathematik. Ägypten war in sehr vielen Belangen das Vorbild für die Griechen. Zur Zeit des Religionserfinders Mohammed hatte sich der Schwerpunkt von Macht und Kultur zunächst nach Westen (Rom), später wieder nach Osten (Konstantinopel) verlegt. Vieles von dem, was den Wüstenbewohnern als Kultur zugesprochen wird, ist die Übernahme von Wissen und Denken aus den eroberten Gebieten. Bösartige Zungen könnten behaupten, die arabischen Eroberer assimilierten fremdes Wissen.


    Grüße
    Siegfried

    Leider findet man die Anmoderation von Cécile Schortmann nicht im Web. Danach gilt: Wenn eine demokratische Wahl eine islamistische Bewegung als Siegerin hervorbringt, dann ist das eben so. Genau das ist Demokratie. Ob das Ergebnis jedem gefällt, ist eine ganz andere Frage.

    Die Qualität einer demokratischen Gesinnung erkennt man nicht daran, wie eine Partei an die Macht gekommen ist, sondern daran, ob eine Partei anstandslos das Regierungsmandat nach Abwahl aufgibt. Und da habe ich bei fundamentalistisch geprägten Parteien meine Zweifel.

    Ich hole ihn mal wieder nach vorne, diesen Trööt, da seit dem letzten Beitrag nun sieben, fast acht Monate ins Land gegangengen sind und sich zwischenzeitlich einiges getan hat.


    Was ist aus dem "arabischen Frühling" geworden?


    In Ägypten stockt der Reformprozess so heftig, dass einige Ägypter bereits von einem Revolutionsverrat reden. In Kürze soll zwar nach demokratischen Regeln gewählt werden - aber die Ereignisse und Ergebnisse in anderen Ländern des "arabischen Frühlings" lassen Schlimmes befürchten.


    Ägyptens Nachbar Libyen ist mit viel Mühen und Blutvergießen seinen Diktator los geworden. Derzeit läuft als Programm gerade das Racheszenario, in dem gefangene Gaddafi-Anhänger aufgehängt werden. Die Ereignisse um Gaddafi selbst und dessen Sohn braucht man nicht weiter zu kommentieren. Da wurde schlicht geholzt. Was aber wohl die wenigsten besonders kratzt. Von denen, die im Racheszenario ihr Leben verlieren, vermutlich mal abgesehen. Wirklich interessant wird es durch den libyschen Präsidenten des Übergangsrates Dschalil, der kurzerhand und in bester diktatorischer Manier die Scharia (das islamische Recht) als Grundlage des neu zu schaffenden Staates verkündet sowie die Einführung von Banken nach islamischem Recht und Abschaffung aller Gesetze, die dem Islam widersprechen. Dinge wie Meinungsfreiheit, demokratische Wahlen und Gewaltenteilung waren für Dschalil offenbar so unwichtig, dass er sie gar nicht genannt hat. Schönes neues Libyen.


    Noch ein Land weiter westlich sieht es auch nicht sonderlich rosig aus. In Tuneslen begann zwar der "arabische Frühling", aber dort dürfte er mit der ersten freien Wahl wohl auch anstandslos in den "arabischen Winter" übergegangen sein. Am Sonntag durfte das Volk wählen - und sie taten es auch, nach dem bekannten Spruch "Die dümmsten aller Kälber wählen ihre Schlächter selber". Nach dem derzeitigen Auszählungsstand liegen die Islamisten der Ennahdha weit vorne. Tunesien, trotz Diktatur bisher eines der liberalsten arabischen Länder, dürfte eine drastische Wende bevorstehen. Kopftuchzwang, Alkoholverbot, Scharia, das wird nach der Wahl in Tunesien plötzlich als denkbare Variante gehandelt.


    Natürlich beschwichtigen alle, der Libyer Dschalil rudert zurück und auch die tunesische Ennahdha spricht davon, man wolle dem tunesischen Volk keine moralischen Vorschriften machen ... eine islamistische Partei ohne Moralvorschriften? Wer soll das glauben?


    Wenn in beiden Ländern islamistische Kräfte das Sagen haben, wer glaubt dann noch an demokratische Verhältnisse? Denn werden sich solche politischen Kräfte durch freie Wahlen von der Macht verabschieden?


    Und Ägypten? Die Wahlprognosen sehen die Muslimbrüder, eine islamistisch-fundamentalistische Organisation, ganz weit vorne.


    Es wird Winter in Nordafrika.



    Grüße
    Siegfried

    Die Finanzwelt einfach erklärt:


    Durch die Hebelwirkung kann der Euro-Rettungsschirm dreimal so groß werden. Es müssen sich nur Banken finden, die die nur zu 30% durch den Schirm abgesicherten Kredite bereitstellen.

    Unsinn! :D
    Es müssen sich keine Banken finden, die jene zu 30% abgesicherten Anleihen bereitstellen (die finden sich schnell) - es müssen sich Leute finden, die die zu 30% abgesicherten Anleihen zum 100%-Preis kaufen! :henker

    Ich möchte mich der These des "Spiegel"-Redakteurs anschließen. Der Literatur-Nobelpreis ist ein Anachronismus. Die Zahl der Autoren hat sich vervielfacht, ihre Leistungen und Motivationen konvergieren, es gibt ausreichend Literaturpreise. Diese eine Million Euro einmal im Jahr (zzgl. Tantiemenzuwachs), willkürlich verschenkt, ehrt genau genommen nichts und niemanden, sondern macht nur reich und elitär, vernichtet Äquidistanz. Wo sind die Nobelpreise für bildende Kunst, Architektur, Schauspielerei, für Regisseure, Dramaturgen, Musiker, Komponisten meinetwegen auch Frisöre und besonders altruistische Prostituierte? Literatur ist unvergleichlich und unvergleichbar; diese Ehrung suggeriert etwas, das nicht existiert. Die Wissenschaftspreise mögen noch nachvollziehbar sein, der Friedenspreis ist diskutabel, aber warum ausgerechnet diese Kunstform, die sich seit Nobels Tod intensiv gewandelt hat, mit einem solchen, auch noch den "Idealismus" der Autoren ehrenden, Preis bedacht wird, ist ein Rätsel.

    Nach dieser Definition ist jeder Literatur- ... ach, jeder Kunstpreis obsolet. Selbst der Putlitzer-Preis. :evil


    Außerdem kann jeder durch einen ganz einfachen Verwaltungsakt aus der römisch-katholischen Kirche austreten und sich der Bevormundung durch die Kirche entziehen, ohne dass er dadurch Nachteile in unserer Gesellschaft hat. Das ist immerhin schon etwas.

    Das ist Staatsrecht, also weltliches Recht. Und gilt in Deutschland. In anderen Ländern sieht die Situation ganz anders aus. Insbesonder in der Katholischen Kirche (KK) selbst. Die KK kennt keinen Kirchenaustritt!


    Laut Doktrin der KK kann man eine Taufe nicht rückgängig machen. Ein Kirchenaustritt führt im Kirchenrecht zur härtesten Strafe: Exkommunikation. Noch 2006 hat die deutsche Bischofskonferenz den Kirchenaustritt als Apostasie (Glaubensabfall) und Häresie (Ketzerei) bezeichnet. Wie die Kirche mit Häretikern umzugehen pflegt, ist historisch bekannt. Hier greift nur der Schutz des weltlichen Staates, der seine Bürger vor der Willkür der Religion schützt.


    Nachtrag:
    Die entscheidende Frage bleibt noch immer unbeantwortet. Darf eine Religion eine Einschränkung von Meinungs-, Rede- oder Pressefreiheit einfordern?


    LG
    Siegfried


    Die Erfahrungen, die seinerzeit Salman Rushdie oder etwas später die dänischen Karikaturisten machten, laden nicht dazu ein, Mut zu beweisen. Statt im Namen von Meinungs- und Kunstfreiheit öffentliche Unterstützung zu erhalten, wurden sie ja eher noch kritisiert, nach dem Motto: Selber schuld, wenn ihr sowas macht.


    Dieter Nuhr hatte vor wenigen Jahren einen Sketch in seinem Programm, wo er sich über das Streben der Muslime nach den 72 Jungfrauen im Paradies lustig gemacht hat. Es soll ja angeblich ein Übersetzungsfehler vorliegen (statt Jungfrauen warten nur weiße Trauben auf die Märtyrer), außerdem beschrieb Nuhr sich selbst im Paradies, wo ihn dann tatsächlich 72 Jungfrauen erwarteten. Im Sketch fragt er verwundert, warum sich die Jungfrauen denn auf ihn stürzen würden und nicht auf die islamischen Märtyrer, die sich für ihren Glauben in die Luft gesprengt haben. Antwort der Jungfrauen: "Ja, was glaubst du, in welchem Zustand die hier ins Paradies kommen!"


    Nuhr erhielt - selbstverständlich, muss man schon sagen - wegen dieses Sketches Drohungen. Was macht der Mann? Kneift er und streicht den Sketch aus seinem Programm? Nein! Er stellt den Sketch zum kostenlosen Download auf seine Homepage.


    Nun die Frage: Hat es Dieter Nuhr am Respekt gegenüber einer Religion gemangelt? Soll er sein Programm zukünftig mit der Schere im Kopf gestalten? Oder hat er schlicht "Eier in der Hose" und verteidigt die Redefreiheit?

    Gerade ein Christ, der z.B. die Kirche ablehnt, Teile der Bibel ablehnt, und, natürlich, Terrorismus oder einen Gottestaat ablehnt (tun ja fast alle), der also viel mit mir gemeinsam hat, ist ein interessanter Diskussionspartner.


    Wenn das stimmt, das mit dem Ablehnen des Gottesstaates - wieso existiert dann der Vatikan? Der Vatikan ist ein undemokratischer Staat, der ausschließlich einen Religionsführer als Staatsoberhaupt zulässt, wo Frauen generell und Männer größtenteils kein Wahlrecht besitzen, wo es weder ein Parlament noch politische Oppositionsparteien gibt, wo das Staatsoberhaupt in seinen Entscheidungen seit 1870 für unfehlbar gehalten wird.


    Satire gegen Religion (gegen jede Religion!) ist nicht nur legitim, sie ist zwingend erforderlich! Jede Religion muss in Zweifel gezogen werden, jeder Religion muss widersprochen werden können. Genau das sind in meinen Augen die zentralen Punkte der Aufklärung: Zweifel und Widerspruch. Und genau das wollen alle Religionen unterbinden - notfalls mit Gewalt.


    Der erste Schritt zu dieser Unterdrückung ist die Aufforderung, der Religion respektvoll zu begegnen. Ich sage da: Nein! Religion muss man, wie jeder totalitären Ideologie, respektlos gegenüber treten. Nur wenn Religion dieser Respektlosigkeit friedlich begegnen kann, den Argumenten der Kritikern vernünftige und inhaltssichere Antworten entgegenstellen kann und wenn die Religion eine entsprechende Lösungskompetenz für die menschlichen Probleme der Gegenwart liefert, dann besteht die Chance auf eine Akzeptanz dieser Religion. Derzeit ist aber Religion nichts weiter als rücjkwärts gewandter Humbug, angefangen bei der Sexualmoral des Papstes und endend bei den Volltrotteln mit den Sprenggürteln.


    Übrigens: Respektlosigkeit gilt ebenso für politische Systeme wie Diktatur, Monarchie, Demokratie, Faschismus oder Kommunismus. Nur wenn das jeweilige System dieser Respektlosigkeit unter Gesichtspunkten des Humanismus standhalten kann, verdient es zu überleben. Genau das können totalitäre Systeme, wozu ich auch Religion zähle, eben nicht. Deshalb wird im Namen der Religion zensiert, unterdrückt, gemordet. Und es fängt immer damit an, Respekt einzufordern.


    LG


    Siegfried


    Ich bin ein "Religionsvertreter". Wo lasse ich dich nicht machen, was du willst? Wer verdammt dich denn? Wer sagt dir die Hölle voraus? Und - UM GOTTES WILLEN! - wer droht, dich umzubringen?

    Wenn ich Sätze lesen darf wie "Nichts geschieht, ohne dass es Gott will" (Kernsatz jeder theistischen Religion) und die entsprechenden Religionsanhänger richten sich danach, dann ist das die Stelle, wo mir der Hut hoch geht. Weil sich eine Religion erdreistet, mein Handeln unter die Regelung ihres Gottes zu stellen. Was immer ich tue, wird von den Religionsanhängern als Wirken ihres Gottes angesehen. Und wenn ich von diesem, ihrem Gott so gesteuert werde (immer aus Sicht der jeweiligen Religionsanhänger gesehen), dann sind diese Leute aufgefordert, mich zu verdammen - bis hin zur Auslöschung. Begehe ich in ihren Augen Blasphemie, dann ist das die Aufforderung ihres Gottes an sie, mich dafür zu strafen.


    Warum explodieren die Massen in Zorn, wenn eine Zeitung in Dänemark ein paar Comics veröffentlicht (und warum mussten Religionsvertreter Wochen später gefälschte Comics in Umlauf bringen, damit die Aufwallung erst so recht in Gang kommt?). Warum ist Kritik am Gottesbild, an der Religion von den Anhängern dieser Religion so schwer zu ertragen? Erschießen Kant-Anhänger Abtreibungs-Ärzte, weil die gegen den "Kategorischen Imperativ" verstoßen haben? Betreten Hegelianer Restaurants und zünden den umgebundenen Sprenggürtel, weil sie "die Welt an sich, für sich und an und für sich" durchsetzen wollen ? Schicken die Anhänger von Descartes und Rousseau ganze Völker zum Verdursten in die Wüste? Ziehen Horden von Menschen nach Rom, Jerusalem oder Mekka mit dem Ruf auf den Lippen "Heidegger will es so"?


    Nein, es sind immer Religionsvertreter, die anderen Menschen vorschreiben müssen, was gedacht, geschrieben, gelebt wird. Das zeigt sich allein schon durch den Konflikt "Was ist höher zu bewerten: Der Respekt vor einer Religion - oder Meinungs- und Redefreiheit?" Wir sind bereits massiv dabei, Meinungs- und Redefreiheit einzuschränken, eben weil es Religionsvertreter so wollen. DAS ist die Einschränkung, die mich betrifft.


    "Am Anfang war das Nichts - und dann erschuf sich der Mensch einen Gott. Und mit diesem Gott begann das Elend des Menschen." (Erste Zeile aus MEINER Bibel)


    a) Es ist mir völlig egal, ob du gläubig bist (oder doch ein Gläubiger - im doppelten Wortsinne? =) )


    b) ich muss mich nicht mir dir einigen. Du machst das, was du willst - und ich mache das, was ich will. Das Blöde ist, dass mich Religionsvertreter nicht machen lassen, was ich will. Sie verdammen mich, prophezeien mir nach meinem Ableben einen dauerhaften Aufenthalt in der Folterwerkstatt oder drohen gar, mich umzubringen, weil ich "Gott läster". Wie kann ich mich da einigen?


    Mein Problem mit Religion: SIe ist menschenverachtend. Weil jeder Religionsanhänger meint, die einzig wahre, wirkliche Religion zu besitzen - womit er sich über die anderen stellt, die einer anderen Religion folgen (die dann ja zwingend nicht die einzig wahre, wirkliche Religion ist, sondern ... Schrott) oder gar völlig auf Religion verzichten. "Jeder Jeck is' anders" - jeder soll an den Unsinn glauben, den er für richtig hält. Aber niemand soll mir vorschreiben, wie ich mit Jesus, Mohammed, Buddha oder einem "Gott" umzugehen habe. Tod der Blasphemie! =)


    LG
    Siegfried