Beiträge von Berit

    Hallo Georg,


    schön, dass du hier bist. :blume


    Zitat

    Habe nun mit "Schneller als der Tod erlaubt" mein aufregendstes Buch geschrieben, es hat mich viel – sehr viel – Mut gekostet, ich habe große Ängste überwinden müssen: vor den Reaktionen meiner Kollegen im Rettungsdienst, aber auch davor mich noch einmal mit Dingen zu konfrontieren, die mir weh getan haben, die noch heute schmerzen. Warum ich es trotzdem getan habe? Ich habe für mich in den 30 Jahren Rettungsdienst viel gelernt, habe mich verändert, wollte die für mich wichtigen Denkanstöße, die sich daraus ergeben haben, mit anderen Menschen teilen.


    Ich finds super, dass du das Buch fertiggestellt hast. :dhoch

    Liebe Manuela,


    das, was hinter dem Nationalsozialismus steht, ist kollektiver Irrsinn, der uns wie alle anderen "Völker" auch erneut ereilen kann. Ausgrenzung des Anderen, die zu Massenmord führt: das Thema ist nicht Geschichte. Was bei der ganzen Sache zählt, ist mE demnach auch keine


    Zitat

    Ideologie des Verbrechens mit der heute nur noch Geschichtsforscher, Greise, und ein paar ewig gestrige Glatzköpfe etwas anfangen können


    - leider -, jedenfalls nicht, wenn man sich das Ganze etwas übergeordnet ansieht. (Von "ein paar" ewig Gestrigen zu sprechen, ist vielleicht auch etwas untertrieben, fürchte ich.)
    Was politische Entwicklungen betrifft, läuft das Leben leider nicht immer vorwärts.


    Und ich denke, dass es möglich sein sollte, einen Völkermord, der von den eigenen Vorfahren verbrochen wurde, in Erinnerung zu halten, ohne sich zu Verrenkungen genötigt zu sehen, die damit gar nichts zu tun haben.


    Außerdem, wie wir das auch immer sehen - es kommt auch mir manchmal unglaublich weit weg vor, aber das ist es nicht. Das ist zT noch die Elterngeneration von Freunden von mir, die während der Nazi erwachsen und mitverantwortlich war. Wie soll man das abschließen? Das geht noch gar nicht. Diese Zeit steckt uns kollektiv noch in den Knochen und ist faktisch immer noch dabei verarbeitet zu werden. Wie auch immer das dann aussieht.

    Und genau daran glaube ich nicht.
    Ich glaube, dass es das immer schon gegeben hat, zumindest aber schon sehr lange gibt, und es nur den Anschein hat, als würde diese Schraube existieren.


    Hmpf? Du glaubst, dass es schon immer so war wie jetzt? Dass es in Sachen Gewaltdarstellung in Büchern und in Filmen keine Verschärfung gibt? Ich muss dich missverstehen. ?!?


    Übrigens ist die strikte Trennung zwischen Konsumenten und Kunstschaffenden müßig. Die gibt es so nicht, ebensowenig wie die zwischen Politikern und Wählern. Politiker und Kunstschaffende haben zumindest in aller Regel dieselben Denk- und Konsumgewohnheiten wie die Wähler und Konsumenten. Sog. Kunstschaffende reagieren auf Nachfrage nicht automatisch wie Marktmarionetten, ebensowenig wie Politiker automatisch auf Wählerumfragen reagieren. Und andersrum sind das auch keine Finsterlinge, die die Massen manipulieren und es eigentlich besser wissen müssten. Sie wissen es nicht wirklich besser, können sie auch gar nicht, weil sie zur Masse gehören und genau so ticken wie der Rest. Jedenfalls ist das ein Aspekt von der ganzen Sache.


    Wenige Perverse schaffen keinen Markt. Da muss schon einiges zusammen kommen.


    So ist es.

    Liebe Mulle, ich habe den Eindruck, dass du mich missverstanden hast. Ich bin nicht der Ansicht, dass "man" ein Buch oder einen Film auf brutal trimmen "muss", um erfolgreich zu sein. Ich sage nur, dass es viele, viele KonsumentInnen gibt, die auf Gewaltdarstellung "stehen", oft sicher auch ohne sich das wirklich bewusst zu machen; dass es deshalb auch immer ein Angebot dafür geben wird und dass es da eine Schraube nach oben gibt, die quasi in der Sache selbst liegt.


    Natürlich gibt es verantwortungsvolle Kunstschaffende. Wenn man das so ausdrücken will. Die Medienwelt beinhaltet wie die Welt insgesamt alle Schattierungen. Insofern macht es auch ja auch keinen großen Sinn ausgiebig über die schlimmen Medien zu lamentieren. Oder über die schlimme Welt. Lieber sich mit dem verbinden, was man mag und wertschätzt. Und durchs eigene Tun fügt man den Schattierungen seinen eigenen Farbton hinzu und das ist doch wunderschön. Kann es jedenfalls sein.


    @H-D: :uebel Solche Beispiele sind psychologisch mE sehr aussagekräftig. Das zeigt nämlich, wie viel man drauf geben kann, wenn jemand mit etwas nach eigener Aussage kein Problem hat. Nämlich erstmal gar nichts. Man kann sich selbst soviel vormachen, dass man sich wohl auch noch in der Hölle total wohlfühlen kann.

    was wäre dann "nötige Brutalität"?


    Wie gesagt, die Frage stellt sich. ;) Unnötige Brutalität abzulehnen ist bequem, um diese Aussage gibt es wohl keinen Streit. Unnötigkeit zu definieren ist dagegen sehr unbequem, da ist Einigkeit kaum zu haben. Wenn ich einen Splatterfilm oder auch einen Anti-Verwaltigungs-Film machen möchte, kann ich jeweils argumentieren, dass ein hohes Maß an Brutalität "nötig" sei, um mein Ziel zu erreichen.


    Und Tom -

    Zitat

    nicht das Medium kontrolliert seinen Konsum; die Konsumenten tun es. Oder sollten das.


    das tun sie ja auch. Und "die Konsumenten" sind nun mal scharf auf Extreme. Sie wollen Blut in der Arena. Sie stehen drauf, wenn Dieter Bohlen im Fernsehen verbale Gewalt gegen Menschen anwendet, die ihm zumindest seiner Meinung nach und auch im inszenatorischen Rahmen des TV-Formats in mehrfacher Hinsicht unterlegen sind. Sie lieben ausführliche Gewaltdarstellungen in Krimis und Thrillern, weil sie einen möglichst genauen Blick auf die Details der bösen verdorbenen Welt werfen möchten. Der subtile bzw. "gepflegte Grusel" reicht leider schon lange nicht mehr( was ich sehr schade finde). Tanz der Vampire war gestern, From Dusk till Dawn ist heute. Und nie ist das Ende der Spirale in Sicht, weil diese Art von Unterhaltung immer einer Steigerung bedarf. Man gewöhnt sich an alles und langweilt sich doch so schnell.


    Man kann sich also "mehr Verantwortung" auf der Ebene der Kunstschaffenden wünschen. Tu ich auch. Aber so ein Prozess wird ohne einen grundlegenden Wandel der Erwartungen und der Rezeption auf der Seite der KonsumentInnen nicht vonstatten gehen. Wenn Gewaltdarstellung ganz konkret auf einzelne Bücher und FIlme bezogen regelmäßig in allen möglichen Medien scharf kritisiert werden würde, würde das den Kunstschaffenden an dieser Stelle den Spaß verderben und sie würden ihre Werke an den geänderten Geschmack der Massen anpassen. Aber ich glaube nicht, dass das in nächster Zeit passieren wird.

    Zum Inhalt:
    Ich bin jetzt aber doch ein bisschen streitlustig. Das ist mir zu einfach. "Ich lehne jede unnötige Darstellung von Gewalt ab, beharre aber auf dem Recht der kreativen Freiheit und das Denken ist sowieso frei. Davon abgesehen, wenn es gut gemacht ist, ist auch (fast) alles erlaubt." Das kann ich auch unterschreiben, das unterschreibt doch jeder, weil jeder sich selbst definieren kann (und natürlich wird), was nötig bzw. gut gemacht ist und was nicht. Aus meiner Sicht ist man damit keinen Schritt weiter. Anders gesagt, ich habe den Eindruck, dass mit genau dieser Grundlage alles munter weiterlaufen kann.


    Ich habe mal ein längeres Interview eines bekannten Horror-Regisseurs gesehen, der sagte, seine Kinder würden seine Filme sehen und das sei überhaupt kein Problem. Der ist nicht dumm, hat sich darüber Gedanken gemacht und sich diese Einstellung dazu zurecht gezimmert. Tja. Er dreht grausige Filme, findet das total klasse, macht das auch recht gut und ist der Meinung, dass nicht solche Filme, sondern die Gesellschaft oder die Erziehung was weiß ich das Problem seien. Ich habs vergessen. Mir ist da jedenfalls sehr deutlich geworden, dass es überhaupt kein Problem ist für sich selbst zu rechtfertigen, warum man etwas tut. Man schustert es sich irgendwie zurecht und merkt es nichtmal. Kein Wunder, man ist ja auch von Kindheit an großgeworden mit Gewaltdarstellungen, das ist eben alles ganz normal.


    Ansonsten:
    Davon abgesehen, dass sich hier meines Wissens niemand für den letzten Dreck einsetzt, sondern es mE hauptsächlich um den Streitpunkt "kreative Freiheit" vs "Zensur" bzw. geht: Klärt doch bitte Streiterein per PN und vermurkst nicht auch noch diesen Thread damit. Danke. :blume

    "Nicht alles, was Menschen imstande sind, Menschen anzutun, gehört in die Glotze."


    Damit wären wir ganz allgemein beim Thema "Gewalt" und bei der Grundfrage, ob man sie darstellen sollte.


    Bei dieser Fragestellung bin ich mit einem Bein schon wieder draußen, weil ich mit diesem "sollte" immer so wenig anfangen kann. SOLL man dies oder jenes nicht, das bedeutet ja eine Diskussion über ethische/moralische Fragen zu führen. Und da wird es so schnell schwierig ;)


    Wenn ich mich auf der Ebene der subjektiven Befindlichkeit & Wertmaßstäbe bewege, kann ich sagen, dass ich den Satz von Herrn Preußler unterschreibe. Die massiv gestiegene Bereitschaft bis hin zur Selbstverständlichkeit, Gewalt darzustellen in Wort und Bild, empfinde ich als erschreckend. Ich kann es persönlich auch selten so richtig verstehen, wenn Leute sagen, dass "das zur Geschichte dazu gehört". Ich habe sehr selten den Eindruck gewonnen, dass eine Geschichte ohne eine bestimmte explizite Darstellung von Gewalt wirklich verlieren würde. Aber auch da gibt es natürlich Ausnahmen, insbesondere, wenn das Thema der Geschichte explizit Gewaltanwendung ist. Aber auch da bleibt die Frage, was man wie darstellen "muss", um eine bestimmte Aussage oder Atmosphäre oder was weiß ich zu erreichen.


    Neulich habe ich einen Tipp von einigen Forenfrauen befolgt und mir einen Clip aus "The Walking Dead" bei youtube angeguckt. Ich habe früher ziemlich oft Horrorfilme etc. geschaut und war neugierig. Aber offenbar hat sich bei mir grundlegend etwas geändert. Und zwar dergestalt, dass mir ohne Scheiß die Haare zu Berge standen, ich in der nächsten Nacht nicht schlafen konnte und mich sowohl Bilder als auch die Geschichte tagelang verfolgt haben. Das war ganz furchtbar. Und die Kommentare bei youtube zu diesem Clip waren: "Toll gemacht." "Oh, wie traurig." - Tja, ich fand es vor allem absolut grau-en-haft. Aber ich war auch bei der Verfilmung von dem Stig Larsson-Kram bei den Vergewaltigungsszenen regelrecht außer mir, weil man sowas so leicht zugänglich zu sehen kriegt. Ich habe zu viele Kinder kennengelernt, die Tag und Nacht unbeaufsichtigt vorm Fernseher sitzen. Das ist ein Alptraum und da wundert einen auch nicht mehr viel.


    Und dennoch. In diesem oder ähnlichem Zusammenhang eine "Selbstüberprüfung der Kunstschaffenden" zu fordern/in Erwägung zu ziehen, ist zwar verständlich, übersieht aber mE absolut die Eigenlogik der Medien als eigenständiges gesellschaftliches System. Die Leute wollen es machen, und die Leute wollen es lesen und sehen. Aus allen möglichen Gründen. Und die Gewaltschraube geht seit Jahrzehnten nach oben. Das ist extrem unerfreulich und hat üble gesellschaftliche Auswirkungen auf verschiedenen Ebenen, ist aber leider fast ein "Selbstgänger". Wo man da ansetzen sollte/könnte, um diesen Prozess nachhaltig zu beeinflussen - gute Frage.


    PS: Mit dem eingeforderten Recht auf kreative Freiheit kann ich in dem Zusammenhang ehrlich gesagt gar nicht so viel anfangen. Mir geht es überhaupt nicht darum, das zu beschneiden, aber diese wunderbare kreative Freiheit ist ein wichtiger Teil dieser aus meiner Sicht durchaus wahnhaften Medienwelt, weswegen ich sie durchaus auch mal kritisch beäugen würde.

    Erstmal zum Thema. Liebe Bettina, ich habe das in besagtem Buch auch bemerkt, es ist mir aber nicht aufgestoßen, einfach deshalb, weil der Protagonist in politischen Dingen extrem sorglos, wenn nicht schlicht gestrickt ist. Da passt es dann irgendwie auch in einem "modernen" Buch, finde ich.


    Ansonsten:


    Manuela: :dafuer


    ... und danke an alle, die höflich bleiben. ;)

    Der Thread ist ja schnell an der Frage angelangt, ob solche Geschichten verboten werden sollen oder nicht. Das hatte ich befürchtet. :evil


    Interessanter ist mE die Frage, die anfangs gestellt wurde und auf die Manuela Bezug genommen hat: "Warum schreibt man so etwas?" Und dazu gibt es sicherlich noch mehr Antworten als die, dass es dafür einen Markt gibt. Man kommt aber der Antwort wohl kaum näher, wenn man die Frage nur formal stellt, um dann die moralische Keule zu schwingen. Wollen wir mit dieser Frage verstehen oder verurteilen? Im zweiten Fall interessiert uns die Antwort gar nicht. Im ersten Fall könnte es mE Sinn, sich sachlich und vielleicht sogar intensiv mit dem jeweiligen Thema, zB mit BDSM, zu beschäftigen, bevor man in einem Forum besagte Keule schwingt.

    Hab ich nicht hier irgendwas über Netiquette gelesen? Könnte witzig sein. Ich lach aber irgendwie nicht. Thread schließen wäre toll, der Austausch an dieser Stelle ist offenbar an einem finalen Punkt angekommen.

    Ja, das ist unerfreulich. Kann deinen Ärger gut verstehen. Und auch wenn ich selbst so gut wie nie "erotische Literatur" lese, kann ich mir doch vorstellen, wie schwierig die Position als Autorin in diesem Bereich teilweise (geworden) ist. (Die beiden Fragen von Mulle hab ich übrigens auch.)