Beiträge von Grenzlandfrau

    Ich gucke mir das hier ja schon eine Weile an... Aus einer - vielleicht nicht ganz leicht verständlichen - Frage wird eine Theoriediskussion. Ok, das muss dann wohl so.


    Ich finde HD's Geständnis, dass er heute nicht aus dem Empfinden / der Sicht .... der Fünfzigerjahre schreiben könnte, gut. Dass du aber, lieber HD daraus folgerst, dass das, was du nicht kannst, andere auch nicht können könnten, ist bemerkenswert. Ich verstehe deine Aussage so, dass niemand in der Lage ist, das Wissen aus der bis heute aufgelaufenen Zeit beiseite zu legen, um einen Roman, der im Jahr XXXX handelt, zu schreiben.


    Ich habe da ganz andere Erfahrungen gemacht, und ganz bescheiden: mit meinen eigenen Romanen.


    Die Petra wird das auch können und ich wünsche ihr hilfreiche Antworten auf ihre Fragen.


    Maryanne

    Hallo Petra,


    ich habe kürzlich das Sachbuch "Nach dem Sturm. Die Hypothek der Friedenskinder" veröffentlicht, es enthält Geschichten auf der Grundlage von Interviews mit zwischen 1945 und 1957 Geborenen. Meine Romane spielen auch in die 50er Jahre hinein.
    Obwohl mich deine Überschrift "Zeitgeist" ein wenig irritiert, verstehe ich dich so, dass deine Fragestellung sich auf die Sprache bzw. den "Stand der Zeit" bezieht.
    Wenn du aus der Perspektive von 1956 schreibst, wäre m.E. ein Vorgreifen auf später zugänglich gewordenes Wissen bzw. auf spätere gesellschaftliche Veränderungen schwierig. Daneben tummeln sich noch etliche Fakten, die angeblich oder wirklich nicht bekannt bzw. anders als später eingeschätzt wurden.
    Mich interessiert einfach: wo soll denn deine Reise hingehen?


    Schönen Gruß
    Maryanne

    Liebe Petra,
    ich finde das Thema spannend und habe selbst auch - in verschiedenen Romanen und einem (neuen) Sachbuch darüber geschrieben. Ich verstehe allerdings nicht genau, was du möchtest, bzw. worin dein Problem liegt.
    Vielleicht wird es leichter verständlich, wenn du hier mehr von deiner Geschichte (des bisher Geschriebenen) offenbar oder sie denen, die dir mit Rat und Tat zur Seite stehen möchten, mailst.
    Aus meiner Sicht ist es so: wenn du aus der Sicht des Jahres 1956 schreibst, hat da nichts zu suchen, was an späteren Erkenntnissen auftritt. Um es kurz zu sagen: auch 1956 war noch die Zeit des Vergessenwollens, des Wiederaufbaus, des Neuanfangs. Und in den beiden deutschen Staaten wurde einiges unterschiedlich gesehen und gedacht. Die Normen und Werte waren traditionell, teils geprägt von der Naziideologie.


    Gruß
    Maryanne

    Ich probiere das jetzt zum x-ten Mal - einkopieren geht nicht, also tippe ich den Klappentext ab:


    Der Sturm ist vorbei, das große Aufräumen ist im Gange, als die erste Generation der nach dem Zweiten Weltkrieg Geborenen, die Friedenskinder, das noch trübe Licht der Welt erblickt.
    Die Autorin hat Frauen und Männer zwischen 60 und 70 Jahren nach ihrer Kindheit und Jugend in der Nachkriegszeit befragt und deren Lebensgeschichten in einzelnen Porträts zusammengefasst.
    Gemeinsam ist den Befragten die von Nationalsozialismus, Krieg und Not gezeichnete Elterngeneration. Diejenigen, deren Eltern durch Flucht und Vertreibung ihre Heimat verloren hatten, erinnern das schmerzliche Gefühl des Fremdseins. Die Erwachsenen verdrängen die Vergangenheit, sie schweigen und konzentrieren sich auf den Wiederaufbau. Ihnen fehlen vielfach das Bewusstsein und die Energie, den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden.
    Geprägt von althergebrachten und überkommenen Erziehungsmethoden, erwarten die Eltern bedingungslosen Gehorsam und Fleiß. Widerworte werden sanktioniert.
    Allen Widrigkeiten zum Trotz gelingt es jedem der hier vorgestellten Menschen früher oder später, seinem Leben eine positive Richtung zu geben.


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    Auf meiner Facebook-Seite (Maryanne Becker) habe ich öffentlich einige Infos gepostet, z. B. zur Methode.
    Offenbar kann ich hier nichts einkopieren.


    Danke für euer Interesse

    Ich habe die Zigarettenpause mit großem Vergnügen gelesen und eine wunderbare literarisch ausgefeilte Sprache vorgefunden - eine Seltenheit heutzutage. Glückwunsch liebe Bettina, ich bin schon gespannt auf die nächsten Snacks.

    Monika, es ist ein wunderbarer Text, und ich wünsche dir viele Leser - es muss sie doch noch geben, die Leute, die drei Seiten Literatur gegenüber 150 Seiten Klamauk bevorzugen. (Mit Klamauk meine ich konkret einen Text - von ganz wem anders - der mich mit seinem anregenden Titel lockte).


    Maryanne

    La patronne? Also die Kneipenwirtin! Ich würde aber trotzdem "de la patronne" schreiben, weil man das so schreibt, obwohl man d'la spricht. Im Übrigen hat mich die deutsche Formulierung "das geht auf's Haus" extrem irritiert! Auf's Haus? Geht da einer mit der Grappa hin, steigt auf's Dach und kippt das Glas dort aus?
    C'est la mienne ist übrigens nicht falsch :)


    Maryanne