Beiträge von Tom

    Tolle Idee, mäßige (und klischeetriefende) Umsetzung, beschissenes Ende. Und bis heute hat mir noch niemand erklärt, warum der Titel ohne Bindestrich geschrieben wird.

    Hallo, Christian.


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    1.) nur noch Personen Rezensionen einstellen dürfen, die bei Amazon gekauft haben. Dann ist sichergestellt, das es zumindest eine Liefer- und Rechnungsadresse gibt.


    Und inwiefern sollen solche Maßnahmen irgendeinen Sachbuchautor oder dessen Verlag davon abhalten, über Strohleute Bücher zu kaufen und dann schlecht zu besprechen? Wenn man solche Schwellen setzt und die Glaubwürdigkeit damit vermeintlich steigert, riskiert man nur, daß die vermeintlichen Mißbrauchsfälle noch größeren Schaden anrichten.


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    2.) Amazon bei berechtigtem Interesse eines geschädigten Autors diese Adressen auch herausrückt.


    :rofl


    Einen "Schaden" im Sinne des Gesetzgebers gäbe es nur durch verleumderische und wissentlich falsche Äußerungen. Eine Aburteilung ("Schlecht geschrieben", "echte Profitips fehlen") erzeugt einen subjektiven Schaden aus Sicht des Autors, aber das würde jede beliebige Negativbesprechung in einer Zeitung ja auch tun. Dagegen gibt es keine Handhabe. Und es gibt vor allem niemanden außerhalb der Gerichtsbarkeit, der derlei prüfen kann oder will. Dieser Weg allerdings steht jedem offen: Gegen Amazon zu klagen und darauf zu drängen, solche Rezensionen zu löschen bzw. den Urheber zu nennen.


    Der Autor, aus dessen Blog da zitiert wird, müht sich zwar redlich, seinen sehr persönlichen Ärger im Zaum zu halten, aber genaugenommen geht es da doch um Auseinandersetzungen, die überhaupt nichts mit Amazon zu tun haben, sondern nur zufällig dort ausgetragen werden. Übrigens gibt es Bewertungssysteme und Produktbesprechungen allüberall. Viele Bücher werden auch bei ciao.com besprochen, zuweilen sehr viel härter und schonungsloser als bei amazon. Und in hunderttausenden von Bücherforen.

    Und was soll man Eurer Meinung nach tun? Einen Gewissenstest für amazon-Rezensenten? Das Verbot der Teilnahme, wenn man Autor, Verlagsmitarbeiter, Bekannter oder Verwandter einer dieser Herrschaften ist? Veröffentlichung nur mit Bild, Adresse, Sozialversicherungsnummer und Bankverbindung? Schaffung einer Kommission zur Bewertung von Rezensionen? Abschaffung des gesamten Systems, auf daß man nur noch die Lügenbotschaften der Verlage zur Kenntnis bekommt?


    Ich finde es gut, daß ich u.a. bei amazon die Meinung anderer Leute zu Produkten (längst nicht nur Büchern) lesen kann. Aber nur wenige dieser Meinungsäußerungen beeinflussen mich bei meinem Kaufverhalten - und das sind diejenigen, die sprachlich wie inhaltlich überzeugen, die den Eindruck vermitteln, sich wirklich mit dem Produkt auseinandergesetzt zu haben, die von Leuten zu stammen scheinen, die verhältnismäßig unvorbelastet an die Lektüre/Prüfung gegangen sind. Begeisterte Drei-Worte-Rezensionen oder haßtriefende Verrisse ignoriere ich.

    Hallo, Kathy-Lee.


    Amazon prüft die Rezensionen auch, das dauert sogar noch etwas länger. Und es sind ja nicht wirklich "Rezensionen", sondern häufig einfache Meinungsäußerungen, zu denen dann auch solche wie die von Dir zitierte Vorabäußerung zu einem noch nicht erschienenen Spiel gehören.

    Huhu, Iris.


    "Faktisch geübter Mißbrauch"? Aber hallo. Da Du offenbar über ein Meßinstrument zur Bestimmung der Objektivität von Rezensionen zu verfügen scheinst, kannst Du derlei leicht behaupten. Ebenso wie im Fall der verleumderischen, geschäftsschädigenden Äußerung, die in einem x-beliebigen Forum getätigt wird. Aber wir reden hier nicht davon, daß in amazon-Rezensionen behauptet wird, Autor X hätte plagiiert oder dergleichen. Wir reden über subjektive Bewertungen.


    Eine Rezension ist Ausdruck des persönlichen Geschmacks. Es ist kein Mißbrauch, ein Buch schlecht zu finden, selbst dann, wenn es zufällig von einem Konkurrenten stammt.


    Natürlich ist es scheiße, daß Leute solche Systeme nutzen, um sich selbst zu pushen oder vermeintliche "Konkurrenten" schlechter aussehen zu lassen. Andersherum (und das betrifft sicher nicht weniger Fälle!) schreiben sicherlich viele Menschen freundliche Rezensionen zu Autoren, mit denen sie zufällig bekannt oder befreundet sind. Das Bild ist so oder so verfälscht, und zwar immer, und dagegen ist einfach nichts zu machen, jedenfalls nicht mehr, als amazon ohnehin leistet. Letztlich sind sich, denke ich, die meisten amazon-Kunden der Tatsache bewußt, daß hier alle möglichen Leute einfach irgendwas schreiben, und daß das qualitativ und bezogen auf die "Wahrheitstreue" nicht mit dem Feuilleton zu vergleichen ist. Schau Dir mal an, was zu den Bohlen-Büchern oder dem Geschrei von "Tokio Hotel" alles geschrieben wird.

    Hallo, Horst Dieter.


    Und genau das ist gemutmaßt. Ja, ich weiß, es gab da diesen Fall in Amerika, wo aufgrund eines Softwarefehlers plötzlich alle Rezensentennamen zu sehen waren - und ein großes Hallo durch die Schriftstellerszene ging. 8) Aber das bedeutet nicht, daß es bei uns auch Praxis ist oder daß die meisten sehr schlechten oder sehr guten Rezensionen von Konkurrenten oder dem Autor selbst kommen.

    Neider und Arschlöcher gibt es immer und überall, und ein schlauer Kopf hat mal gemutmaßt, sie würden sogar 80% der Gesamtbevölkerung ausmachen. Jedes System, das sich mißbrauchen läßt, wird auch mißbraucht werden.


    Sehr ärgerlich, wenn das eigene Buch mit einer bösen Rezi abgestraft wird. Aber eine solche Rezension besteht ja nicht nur aus dem einen Stern, sondern aus einem Text dazu. Und diesen Text kann jedermann lesen - und sich seine Meinung über den Autor bilden, ob anonym oder nicht. Im Übrigen gibt es bei Amazon keine Verifikation der Anmeldedaten. Wer also unter einem Fantasienamen Rezensionen schreibt, der ist ebenfalls anonym - und bleibt es auch. Die meisten Amazon-Rezensenten nutzen Nicks. Das "Real Name"-Label ist gerade erst eingeführt worden.


    Was wirklich ärgert, das ist, wenn der Durchschnitt der Bewertungen abfällt, denn bei der Suche nach Produkten sehen interessierte Kunden zunächst nur diesen Durchschnitt. Aber sagen wir's mal so: Wer nicht damit leben kann, daß Leute ein Buch nicht mögen, es sogar so richtig, richtig scheiße finden, der sollte sich dringendst nach einem anderen Job umsehen.


    @Silke: Auf den Amazon-Verkaufsrang hat der Bewertungsschnitt keinen Einfluß. Der Verkaufsrang ist ein Verkaufsrang. Wie der sich allerdings genau berechnet, das ist ein Geheimnis, das irgendein Programmierer mit ins Grab nehmen wird.

    Hallo, Berger Horst.


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    Die Qualität muss allerdings stimmen. Siehe Judith Hermann.


    Da hat es mal ein Anthologie-Debüt in die Bestsellerlisten geschafft, und zwar mit Hilfe von MRR & Co. (eine der letzten Empfehlungen des LQ), und man muß sich noch Jahre später anhören, daß es doch geht. Klar geht es. Irgendwie geht irgendwas immer. Aber sich auf Ausnahmen zu berufen, heißt, sich zur Ausnahme zu berufen, und das sind die wenigsten.


    Es gibt keinen Markt für Anthologien. Sie machen einen verschwindend geringen Prozentsatz der Neuerscheinungen aus. Wer nicht den Witz (und den Vermarktungssachverstand) eines Kaminer hat, nicht das Protektorat einer Herrmann, nicht die Fangemeinde eines Pratchett, nicht das Esprit eines Kapielski, der wird mit einer Anthologie allerhöchstwahrscheinlich nicht landen, und zwar viel wahrscheinlicher nicht, als mit einem Roman. Ist einfach so. Menschen kaufen Romane.


    Kurzgeschichten sind sehr, sehr gute Übungen, gerade für die hohe Verdichtung und für das Spiel mir wenig Platz. Erstaunlich, wieviel man in fünfhundert Wörtern erzählen kann - ich nehme seit über anderthalb Jahren regelmäßig am monatlichen Schreibwettbewerb der Büchereulen teil, bin ich mir nicht zu schade für. Aber mehr als einen Blumentopf kann man auf diese Art nicht gewinnen. Die honorierten Veröffentlichungschancen für Kurzgeschichten sind dünn gesät, und zwar umso dünner, je unbekannter man ist. Auf diese Art verschießt man viel Pulver, was ja auch was Gutes hat, schließlich übt man, und Übung macht ja bekanntlich irgendwas mit Meister oder so. Aber man sollte keinesfalls glauben, daß die Chancen hoch sind, auf diese Art zu Ruhm, Geld und einer vorzeigbaren Groupie-Menagerie zu kommen.

    Wenn man einen Roman draußen hat oder zwei oder drei, wird man regelmäßig nach Short Storys für diverse Anthologien angefragt. Im Rahmen dessen erscheint übrigens dieser Tage eine erotitsche Kurzgeschichte von mir.


    ASIN/ISBN: 3746621739


    Außerdem überarbeite ich gerade eine SF-Short-Story für die c't - immerhin die größte Computerzeitschrift Deutschlands mit einer Auflage von 500.000 Stück. Ist meine zweite Story bei denen. Die erste, "Downlink" (10/2004), ist gerade im "Sperling" wiederveröffentlicht worden. :D


    Würde ich mich um derlei bemühen, würde ich es schaffen, ein, zwei Short Storys pro Monat abzusetzen, denke ich, und zwar mitnichten Siebekommtihn-Schmachtgrütze für den Mittelteil des Goldenen Blattes, sondern Geschichten, zu denen ich auch stehen kann. Aber Short Storys sind anstrengend, extrem anstrengend. Man muß auf kleinem Raum sehr viel unterbringen, die Idee muß zünden, die Pointe muß stimmen, Atmo und Figuren müssen dicht und zwingend sein. Das ist weitaus schwieriger als mal eben so einen Protagonisten durch zwanzig Fremdbetten zu jagen oder ihn dreißig Biere trinken zu lassen, episodisch quasi, als Figurenunterfütterung. Bei Romanen kann man schwätzen und sich auch mal Zeit lassen, sich Nebenfiguren hingeben. Geht alles bei Kurzgeschichten nicht.


    Trotzdem gibt es natürlich keinen Markt für Short Storys. Die Zahl der Zeitschriften, die derlei gegen Kohle veröffentlichen, ist verschwindend gering, die Ferienreader haben kleine Auflagen und sind nach zwei Monaten auf dem Grabbeltisch. Die Leute wollen Romane lesen. Anthos interessieren höchstens von Leuten wie T. C. Boyle oder mal eben so für den Pool, vielleicht noch zu Weihnachten. Ansonsten ist das für die Katz.

    Lukastik, der Rohrkrepierer


    Schade, daß "Kriminalroman" auf der Titelseite steht, denn "Nervöse Fische" ist keiner. Okay, da gibt es diesen merkwürdigen Mordfall: Ein Mann wird im Pool auf dem Dach eines Wiener Hochhauses gefunden, und er ist offenbar von einem Hai getötet worden. Vom Raubfisch fehlt jede Spur, stattdessen findet sich ein Hörgerät, dessen Spur zu einem Friseur führt, der in einer seltsamen Bar-Tankstelle irgendwo im österreichischen Waldviertel praktiziert. Chefinspektor Lukastik, der noch bei seinen Eltern wohnt und mal ein sexuelles Verhältnis zu seiner Schwester hatte, nimmt die Ermittlungen auf, aber das ist ein Euphemismus. Die sehr angestrengt wirkende, anstrengend gezeichnete und mit Eigenarten nachgerade übersäte Figur verhält sich so ganz und gar ermittleruntypisch. Nicht nur, daß er ständig in Wittgensteins "Tractatus" blättert, er trifft auch pausenlos unterirdisch dumme und so gut wie nie nachvollziehbare Entscheidungen, hat eigentlich keine Ahnung davon, warum er gerade tut, was er tut, aber dafür lamentiert er - oder der Erzähler - über alles mögliche, beschreibt seitenlang Nebensächlichkeiten, nähert sich aber nichts an. Gelegentlich gibt es obskure Perspektivwechsel, wenn Steinfest etwa davon erzählt, warum ein Ort von ihm (dem Autor) "Nullpunkt" genannt wurde. Sinn macht das alles nicht, und im - faden - Abgang hat es auch keinen.
    "Nervöse Fische" liest sich zäh, als würde man im fünften Gang einen steilen Berg hochzufahren versuchen. Aufgesetzte und zuweilen hanebüchene Betrachtungen durchziehen dieses überdehnte und häufig schmerzhaft langweilige Buch, das ziellos wirkt und unspannend ist. An der Konstruktion seiner Hauptfigur hat sich der Autor schlicht verhoben, es mag aber auch sein, daß das Buch als Satire gedacht war, aber nicht als solche vollendet wurde. Steinfests schlechtester Roman.


    ASIN/ISBN: 3492242804

    Das schrub ich seinerzeit:


    Der Traum jedes Nachwuchsautors: Mit einer Anthologie debütieren, populär werden, sogar die Bestsellerlisten anführen.
    Nach eindringlicher Empfehlung durch das "Literarische Quartett" gelang der jungen Berlinerin dieses Kunststück - für mich gleichzeitig der Grund, dieses Buch vorläufig nicht anzufassen. Zwei Jahre später, der Hype hat sich längst gelegt, kam mir "Sommerhaus, später" wieder in die Finger, und da ich in der Stimmung war, die der Titel zu vermitteln versucht - nunwohl.


    Judith Hermann ist für Ihre Sprache gelobt worden. Ich möchte sie dafür loben, diese Sprache benutzen zu können, um den Alltag gleichsam zu verdichten, um distanzierte Nähe zu vermitteln, um spröde, fast beiläufig zu erzählen, aber gleichzeitig einen recht nachhaltigen Eindruck zu erzeugen, zu hinterlassen.


    Die wechselnden Protagonisten der Geschichten befinden sich nicht in sonderlich originellen Situationen; einige befinden sich genaugenommen überhaupt nicht in Situationen. Hermanns Geschichten fehlt die aufdringliche Linearität und Zweckbestimmtheit, die viele Kurzgeschichten prägt: Das unablässig Zielbezogene, die Prägung des Protagonisten durch den Kern der Geschichte. Ihre Figuren sind leicht, gleichzeitig zwingend, sind der Vielschichtigkeit des Seins ausgesetzt, leben in Schwebezuständen, beobachten, treffen Fehlentscheidungen, oder keine.


    Allerdings hätte mir die Hälfte auch gereicht. Die variationsarme, aber sehr, sehr angemessene Diktion ermüdet; die Handlungsarmut und der Beobachtungsreichtum der Stories tun ihr übriges, und zwei, drei Geschichten fand ich schlicht blöd. Das schmälert den Gesamteindruck allerdings nicht: Solide Arbeit, einfallsreich, originell formuliert, mutig verlegt, reichlich entlohnt. Im August erscheint "The Summer House, later" in gebundener Fassung beim britischen Flamingo-Verlag.

    Hallo, Michael.


    Zitat

    weißt du welche auflage der hat?


    Nicht wirklich. Es geistern exorbitante Zahlen herum, sogar von 40.000 Stück ist die Rede, aber das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Ich weiß aber, daß einer der Herausgeber hier mitliest - vielleicht kann er etwas dazu sagen. :D


    Zitat

    war das das magazin, welches du für das 42er 42er-projekt vorgeschlagen hattest?


    Jup.

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    Wie soll eine KG geschrieben sein:


    Es gibt keine trennscharfen Charakteristika, die Kurzgeschichten ausmachen, und die Begriffswahl fällt zudem meist nach dem Verfassen, nicht vorher - und durch andere, also nicht durch die Autoren selbst. All diese Aspekte sind weitgehend belanglos und können vernachlässigt werden. Die Gerüstebauer, die sich derart literaturdefinierend betätigen, transportieren veraltete und überwiegend ungültige Regeln, denen sich die meisten guten Autoren erfolgreich verweigern.

    Huhu, Sarah.


    Wie Tasso schon schrub - BoD ist ein Verfahren, und als solches ist sein Ruf nicht schlecht, weil es niedrigauflagige Bücher in vergleichsweise hoher Qualität ohne immense Vorlaufkosten ermöglicht. Ich kenne z.B. viele Firmen, die ihre Produkthandbücher per BoD herstellen und vertreiben, weil BoD auch neuere Fassungen (redaktionelle Änderungen) ohne großen Aufwand erlaubt - und keine Kisten mit überflüssigen Handbüchern die Lager verstopfen. Es gibt auch Bücher (wie erwähnt im Bereich Lürik, aber auch Fachbücher), deren Autoren sehr realistisch einschätzen, daß sich kein Verlag finden wird, weil es Nischenprodukte sind, die zu erwartende verkaufte Auflage also sehr niedrig sein wird. Für all das (und einiges andere) bietet sich BoD nachgerade an. Wenn man aber einen Roman geschrieben hat, den man nun selbst zu vermarkten versucht, nachdem alle Verlage abgesagt haben, sorgt man quasi aktiv dafür, daß der Ruf von BoD schlechter wird, denn es sind diese selbstverlegten, oft beklagenswert schlechten Romane, die alle per Book-, Print- oder Publishing-on-Demand erzeugten Produkte als Bestandteil dieser miefigen Ursuppe von Möchtegernautoren abqualifizieren.


    Wie gesagt: Das Verfahren ist nicht schlecht (es gibt für niedrige Auflagen inzwischen allerdings günstigere), der Weg (bei Selbstverlag) ist es.