Beiträge von Horst-Dieter

    Und natürlich wird es weiterhin richtig gute Literatur geben. Nur nimmt die Anzahl dieser Titel offenbar stark ab.

    Wer weiß. Woran wird die Abnahme guter Literatur gemessen? Hat jemand gute Literatur (was ist das genau?) vorher gezählt und jetzt auch? Oder ist das nur der subjektive Eindruck?


    Ich behaupte mal ebenso subjektiv: Vorher gab es auch nicht mehr gute Literatur als seit dem Auftauchen der KI.

    ASIN/ISBN: 3257244797


    Die junge Studentin Jan fährt 1968 hunderte Meilen durch Amerika, um Jack Kerouac aufzuspüren, der Gerüchten zufolge gerade dabei sein soll, sich zu Tode zu trinken. Als sie vor ihm steht und sagt, dass sie seine Biografin und Bibliografin sein will, rechnet sie damit, abgewiesen zu werden. Doch Jack bittet sie herein. Biografie komme nicht in Frage, sagt er, aber die Bibliografie ginge in Ordnung. Und so baut Jan zwischen ihm und sich ein Tonbandgerät auf und beginnt mit der Befragung. Gleich die erste Frage nach den Briefen, die er angeblich akribisch aufbewahrt haben soll, gerät zum Schock, als er berichtet, sie alle verbrannt zu haben. Immerhin gibt es einige Details zu seinem Leben und seinen Freunden in den Gesprächen und es baut sich langsam ein Vertrauensverhältnis auf, dass aber zu Bruch geht, als er sie barfuß und im Bademantel in eine Bar begleitet und anschließend während einer Schlägerei zu Boden geht. Jacks Frau verbietet ihr, dem Haus noch einmal nahezukommen. Während eines Kirchgangs der ganzen Familie - Jack gibt sich streng katholisch - bricht sie in sein Haus ein und findet die Briefe doch. Die Leser entdecken dann, dass sich bei Jan, mit deren Stimme die Geschichte erzählt wird, um eine unzuverlässige Erzählerin handelt. Ein bisschen ahnen konnte man das schon an ein paar kleinen Details, aber richtig klar wird es erst am Ende des ersten Teils, oder wer schwer von Begriff ist, gleich zu Beginn des zweiten Teils.


    Weitererzählen kann man nun nicht mehr, ohne zu Spoilern. Im zweiten Teil geht die Geschichte mit anderen Vorzeichen, aber im gleich Duktus weiter. Wer sich ein bisschen mit Jack Kerouacs Biografie auskennt, ist im Nachteil, denn er wird es logisch finden – und dann am Ende doppelt überrascht sein. Der letzte Teil erscheint beim Lesen vielleicht etwas flach und - trotz der Kürze - zu langatmig, aber beim Überdenken der ganzen Geschichte fügt er sich logisch in den Roman ein. Er endet auch dort, wo der Roman beginnt: bei Jack Kerouacs Beerdigung.


    Dieser Roman ist einer der wenigen, die ich aufgrund des Klappentextes gekauft habe. Der erwies sich, wie so oft, als falsch, aber in diesem Fall ging das nicht anders, denn sonst wäre schon dabei gespoilert worden. Skeptisch war ich allerdings vor dem Lesen, ob ein ›biografischer Roman‹ über einen der bekanntesten Beatniks funktionieren könne. Tatsächlich tut er das, weil der Autor sich bei aller Treue zu realen Person eigene Perspektiven erlaubt, und zwar durch die Protagonistin, die auch die Erzählerstimme ist. Unzuverlässig ist sie, diese Erzählerstimme, das aber verdammt gut und originell und wer wissen will, wie man so etwas auf die Reihe bekommt, ohne die Leser zu verärgern, sollte den Roman lesen.


    Im Original heißt der Roman »American Letters«, was auch logisch und passend ist, denn die Briefe stehen im Mittelpunkt des Romans (am Ende gibt es dazu auch noch einen knappen Hinweis des Autors). Die Angewohnheit deutschsprachiger Verlage hier plakativ umzudeuten (vermutlich mit vermeintlichen Verkaufsargumenten) wird wieder einmal deutlich. Man hat wohl mehr auf den auch hierzulande bekannten Autor der Beat Generation vertraut. Allerdings - wer eine verlässliche Biografie erwartet, wird enttäuscht, auch wenn manche interessante Details über Kerouac und seine Weggefährten zu erfahren sind. Ein biografisches Gesamtbild ergeben diese Fragmente nicht. Das schadet dem wirklich lesenswerten Roman aber kein bisschen.

    Mich hat vor Jahren unglaublich beeindruckt, wie eine Amsel mich "holte" um eine Katze zu verscheuchen, die zu nahe ans Nest gekommen ist. Zu erkennen, wo Hilfe geholt werden kann in einer schwierigen Situation ist schon eine "intelligente" Fähigkeit. Ob Vergangenheit und Zukunft dafür nötig sind, weiß ich nicht.

    Die Frage ist folgende. Die ganzen Tiere in, unter, über den Städten, sowie im Zoo und auch bei uns im Haushalt, Wenn sie uns schweigend beobachten. Was denken sie in diesem Moment über uns?…

    Nicht so, wie wir uns das vorstellen möchten. Tiere interessiert es herzlich wenig, ob Menschen hinter einem Ball herlaufen. Hunde machen das auch, aber aus einem anderen Grund. Es hieße, meine ich, Tiere vermenschlichen, wenn man so an ihre Wahrnehmung herangehen würde. Ich will nicht sagen, dass Tiere "nicht denken", aber ich meine, dass sie dies anders tun, als wir. Insofern ist die Frage eigentlich überflüssig. Animations- und Trickfilme haben keine Realitätsrelevanz. Der polnische SF-Autor Stanislaw Lem ist dies Problem anders angegangen, indem er die Schwierigkeiten der Kommunikation fremder Lebensformen (Aliens) mit Menschen (und umgekehrt) zum Thema von Romanen (z.B. "Eden") und Kurzgeschichten gemacht hat.

    Mir war die Geschichte nicht unbekannt. Sie kommt bereits im »Silmarillon« zur Sprache (XXI Von Túrin Turambar) auf etwa 30 Seiten, und in »Nachrichten aus Mittelerde« (II. Narn I Hîn Húrin …«) auf immerhin schon etwa 120 Seiten, mit zusätzlichen Anmerkungen von Christopher Tolkien. Nun also ein Buch von 300 Seiten, zwar in nicht so kleiner Schrift wie in den anderen beiden Büchern, aber letztendlich doch umfangreicher. Es gibt eine ganze Reihe andere von Christopher Tolkien herausgegebener Geschichten, die im Silmarillon als Fragment oder Kurzfassung enthalten sind, meist mit mehr als weniger Anmerkungen und Erklärungen. So interessant diese durchaus sind, so bemüht kommen sie daher und stören den Lesefluss, wenn man einfach nur eine Geschichte lesen will. In »Die Kinder Húrins« sind die Anmerkungen von einer kurzen Einführung abgesehen auf das Ende des Buches gesetzt, zusätzlich gibt es dort Ahnentafeln und ein Glossar der Namen, die beim Lesen hilfreich sind, weil es nicht immer leicht ist, Tolkiens Genealogien seiner Gestalten richtig einzuordnen. Man braucht diese Informationen aber nur gelegentlich, der Lesefluss wird dadurch kaum gestört. Und damit erstrahlt diese Geschichte in ihrer ganzen Pracht. Sie entwickelt nicht diese Dynamik wie de »Hobbit« oder »Der Herr der Ringe«, ist aber als Ganzes und gut durchkomponiertes Werk zu sehen. Tolkien hat es aber nicht in dieser Form vorgelegt. Sein Sohn musste es erst aus vorhandenem Material rekonstruieren. Das ist ihm gut gelungen.

    Die Geschichte selbst ist eine traurige, beinahe schon depressive Geschichte. Es löst sich am Ende nicht alles in Wohlgefallen auf, auch wenn Túrin über Glaurung Sieger bleibt, ist er dennoch der Verlierer. Das ist anders als bei den Hauptwerken Tolkiens aus dem Dritten Zeitalter von Mittelerde. Trotzdem hat es mir den Lesegenuss nicht verdorben und wenn ich mir demnächst mal wieder den Herrn der Ringe aus dem Regal hole, wird mir dieses Hintergrundwissen die wiederholte Lektüre noch interessanter machen.

    ASIN/ISBN: 3608937625

    Zum 25jährigen Vereinsjubiläum haben wir ein Buch gemacht. Darin Texte von neunundzwanzig 42ern und noch ein paar andere, durchmischt von ein paar Cartoons zum Schreiben und Veröffentlichen. Das Buch kam nicht ganz passgenau zur Preisverleihung in Putlitz kann nun aber bestellt werden. Wer es haben möchte überweist 5 Euro incl. Versandkosten (Ausland 7,50 Euro) auf das Konto des Vereins (steht im Impressum) und gibt bei der Überweisung die Anschrift an, an die das Buch geschickt werden soll.

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    Jetzt ist das Belegexemplar da, und eine schöne Hinleitung zu meiner Kurzgeschichte hat der Herausgeber auch geschrieben.

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    Horst-Dieter Ach ja, die Walz! Darauf bin ich gar nicht gekommen, dabei trage ich seit einem halben Jahrhundert diverse FHB-Zunfthosen. Nix geht über Pilotzwirn. Ich hatte allerdings nicht auf dem Schirm, dass da gesungen würde (habe die Gesellen aber nie auf Landwegen, sondern immer nur in Städten gesehen, mag daran liegen. Auch schon in Helsinki, übrigens).

    Ist schon Jahrzehnte her, aber bei uns hat mal ein walzender Zimmermann übernachtet. Der hatte sogar eine Querflöte im Rucksack und wir konnten den Abend über zusammen quer durch die Romantik spielen.

    Danke, Dietmar, bei dem bin ich noch nicht vorbeigekommen, weil es eben auch zeitgenössische Volksmusik ist, und damit nicht Rechtefrei (und nebenbei bemerkt auch ein Stück weit entfernt von der traditionellen V/F/olksmusik). Rennsteig ist aber etwas, wo man suchen könnte. Immerhin gab es um diesen Wanderweg sogar eine literarische Bewegung (um August Trinius), ob es aber zu eigenem Liedgut gereicht hat, weiß ich nicht. Trotzdem danke für den Tipp. Es ist immer gut, wenn man über die selbst gesetzten Zäune gucken kann.

    Das mit dem Wandern als Handlung für sich war seit der Romantik in Deutschland durchaus ein Thema neben der berufsmäßigen Wanderei (Walz). Es gab Leute, die spazierten von zu Hause zu Fuß bis nach Syracus oder durch das Taubertal. Durch die Wandervogelbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts bekam das Wandern noch einmal einen deutlichen Schub. Da wurden neue Lieder erfunden und die alten richtig populär.


    Nachtrag: Auch das Kunstlied hat in der Romantik vom Wandern profitiert (Schubert).

    Da die Hobbits große Wanderliedersänger sind und dem Vernehmen nach zuweilen sogar die Elben ein paar Töne von sich geben, wenn sie in Richtung Anfurten schweben, wäre davon auszugehen, dass es im Umfeld ihres Erfinders auch solches Liedgut und entsprechende Praktiken gab.

    Du wirst lachen, aber ein anderes Mitglied unseres Vereins hat mir schon solch ein schönes Lied aus dem Auenland zur Verfügung gestellt. --u:-) Aber so schön es auch ist, kann ich es doch nicht brauchen. Es ist nämlich nicht frei von Rechten. Und was das Umfeld des Erfinders anbelangt, ich bin noch dabei, das englische Liedgut zu durchforsten, bin aber bis lang noch nicht zufrieden gestellt (von jenem Mitglied, das dass Auenlandlied gefunden hat, habe ich auch den Hinweis auf "It's a long way to tipperary" bekommen, aber auch das ist kein reines Wanderlied).

    Danke für die Anmerkungen und Hinweise. Sie helfen vielleicht bei der weiteren Suche.


    Die Tradition der detuschen Wanderlieder kommt weniger aus dem Christentum, als aus der Tradition der Gesellenwanderungen. Deswegen tauchen auch öfters Handwerksberufe in den Liedern auf (z.B. der Müller).

    Bei dem Versuch, internationale Wanderlieder zu finden, guck ich nur in die Weite. Nirgendwo ist etwas in Sicht. Oder guck ich nur in die falsche Richtung? Wer kann helfen? Ich suche internationale Wanderlieder (Volkslieder/Folksongs - nix aus den Charts). Oder gibt es das nur auf Deutsch?