Beiträge von bettina

    Für mich entsprach der Darsteller nicht meiner Sicht von Kafka. Der Film interpretiert sehr viel in den Menschen Kafka hinein, das sich mir nicht erschließt. Ich möchte Kafka so behalten, wie er in meiner Vorstellung und durch seine Bücher lebt. Es heißt nicht umsonst "Du sollst dir kein Bildnis machen".

    Es ist zeitlos, immer und überall auf der Welt gültig, und beschreibt ein Wesensmerkmal der Menschheit.


    Gryphius: Es ist alles eitel


    Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden,

    Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein;

    Wo itzund Städte stehn, wird eine Wiesen sein,

    Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden.


    II Was itzund prächtig blüht, soll bald zutreten werden.

    Was itzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch und Bein;

    Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein.

    Itzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden.


    III Der hohen Taten Ruhm muss wie ein Traum vergehn.

    Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch, bestehn?

    Ach, was ist alles dies, was wir vor köstlich achten,


    IV Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind,

    Als eine Wiesenblum, die man nicht wiederfind't!

    Noch will, was ewig ist, kein einig Mensch betrachten!


    Den Anfang fand ich schwierig. Ich wusste nicht, worauf die Geschichte hinausläuft. War das Fantasy, würde es ein Krimi, eine verrückte Kindergeschichte? Ich habe tapfer weitergelesen, bis er mich gepackt hat, dieser Ich-Erzähler, der Junge mit all seinen Ängsten. Tapfer betont er immer wieder, er habe keine Angst, doch die Angst hat ihn fest im Griff. Er ist der Unbeliebte und Ungeliebte, dem niemand zum Geburtstag gratuliert, der Junge mit der Vorliebe für Bücher, während andere Kinder Fußball spielen. Neil Gaiman lässt die Dämonen entstehen, die den Jungen beherrschen. Sie lassen den Leser gruseln und dennoch staunend bewundern. Die Fiktion des Buches wird zur Wirklichkeit und bleibt, auch wenn man das Buch zur Seite legt. Ist das Wasser, was über das zu voll gegossene Glas auf den Boden tropft, real? Ist es der Ozean? Ich probiere es aus. Es ist wirklich da, vor mir auf dem Parkett. Und es sind nur ein paar Tropfen.

    Ich mische mich mal kurz ein, weil mich die Thematik auch betrifft. Ich schreibe über eine Kommunistin (1900-1990), über die ich persönlich sehr viel weiß. Sie war eine Freundin meiner Eltern, wir haben sie oft in Zürich besucht. Ich habe außerdem ein Vierteljahr in ihrer Nähe in Zürich gelebt. Also mein Wissen resultiert aus der persönlichen Begegnung. Was ich nicht oder nur bruchstückhaft von ihr - oder ihrem Mann - selbst erfahren habe, muss ich recherchieren. Dazu benutze ich Archive, Fachliteratur, Google, selten Wikipedia als Quelle. Über ihren Mann, der 1936 in den spanischen Bürgerkrieg ging, habe ich das kürzlich erschienene Buch über die Schweizer Spanienkämpfer gefunden, in dem ich den Lebenslauf ihres Mannes fand. Das war natürlich ein besonderer Glücksfall. Ich bemühe mich jedenfalls, alle Fakten historisch korrekt darzustellen.

    Ich kann mir denken, dass man mit „Holocaust“ und „Anne Frank“ die Jugendlichen unter einem anderen Aspekt erreicht. Bei beiden wird die technokratische Vernichtung durch die Nationalsozialisten thematisiert und die jüdische Bevölkerung ist ein Teil des gesamten deutschen Volkes. Bei Anatevka handelt es sich um Ostjuden , die einer ganz anderen Kultur angehören und übrigens auch von den oft sozial höhestehenden westlich geprägten Juden nicht geachtet wurden. Natürlich spricht Anatevka Gefühle an, soll es auch. Aber bei der wachsenden Zahl der Neonazis bei uns halte ich es für wichtig, die Jugendlichen - und leider auch die älteren Leute - über die Massenvernichtung der „echten“ Nazis zu informieren. Viele scheinen dieses Kapitel der Geschichte der Deutschen nicht mehr zu kennen.

    "Als die Störche das Dorf verlassen hatten und die Kiebitze sich auf den Feldern sammelten, beschloss mein Großvater, dass es auch für ihn Zeit sei zu gehen."

    Beginn der Kurzgeschichte "Das Vermächtnis des Glücksvogels"



    "Eleonore Dünnebier fiel am heiligen Pfingstfest, zu dem sie seither eine besondere Beziehung pflegte, zwar aus allen Wolken, aber nicht vom Himmel."

    Beginn der Kurzgeschichte "Die Messen sind noch nicht gesungen"

    An das Buch musste ich bei der N-Wort-Diskussion auch denken. Es ist eine Parodie und geht auf falsches Hörverständnis zurück. Der Verfasser liefert Beispiele dafür, wie man - meist als Kind - Dinge falsch versteht und wie sich das ein Leben lang festsetzt. So hier die Verballhornung von "und aus den Wiesen steiget der weiße Nebel wunderbar" (M.Claudius). Ich denke, soviel Humor darf man auch von Kritikern erwarten.