Ich bin geschätzte 30 Jahre als Autor und Literaturagent unterwegs. Was ich sagen kann: Mir ist bei rund 2000 abgeschlossenen Verträgen noch kein einziges Mal bewusst aufgefallen, dass Frauen anders honoriert werden als Männer. Was auch stimmt: Frauen sind im Buchbereich durchaus überrepräsentiert. Aaaaber: Ganz oben hocken dann doch wieder die Kerle. Geschäftsführer oder Verlagsleiter. Ab Programmleitung wirds dann weiblicher. Und in den Lektoraten sind Frauen schon in der Mehrheit. Ich glaube auch, dass im Vertrieb Männer das Sagen haben. Im Marketing würde ich es nicht beschwören. Soeben persönlich erfundene Faustregel: Je kreativer der Job, desto Frau. Je wirtschaftsorientierter, desto Mann. Aber reines Bauchgefühl.
Das ist mal eine Erfahrung, die meine unterstützt. Und interessant, was die Honorare für Männlein und Weiblein angeht, die ich selbst eben gar nicht beurteilen kann.
Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass es Frauen insgesamt schwerer gemacht wird, in die oberen Sphären aller möglichen Berufe aufzusteigen. Also, ich sollte das einschränken, es ist ihnen bis vor fünf bis zehn Jahren schwerer gemacht worden. Seit der Quotenregelung (und sorry, ich komm vom Land, bei Quote denke ich immer noch an Milchquote ) wird es ungerecht. Denke ich. Denn auf leitende Stellen berwerben sich nicht 50 zu 50 Männer und Frauen, sondern ca. 35 zu 65 oder sogar deutlich weniger Frauen. Weil Frauen eben doch lieber bei ihren Kindern zuhause bleiben. Das kann man als Emanze oder als Frau, die meint, Mann müsse unbedingt selbst für die Kinder zuhause bleiben, beklagen. Darauf kommt es aber nicht an. Wenn Frauen Kinder haben wollen und dafür lieber erstmal zuhause bleiben (über eine Elternzeit hinaus, die die wenigsten Frauen übrigens zum größten Teil an ihre Männer abgeben wollen) und danach lieber halbtags arbeiten - verdammt nochmal, warum sollen diese Frauen das nicht dürfen???? Wenn man aber Karriere machen, also in die höheren Gehälter einsteigen will, dann geht das schlicht nicht. Ein Leiter einer wie auch immer gearteten Filiale kann nunmal nicht halbtags arbeiten. Ist so. Punkt. Da muss eine Frau nunmal die Vollzeit im Beruf haben wollen. Meine Kollegin will das und tut das, aber sie hat auch einen Mann, der das mitmacht. Und meines Erachtens ist genau da der Knackpunkt. Frau muss es wollen und ihr Mann auch. Das ist ein modern umgedrehtes Familienbild. Klar, dass die Nachbarn und Co da meckern. Und leider auch die meisten Frauen, die mit diesem Paar zu tun haben und die dann Frauen wie meine Kollegin verteufeln!!! Hat sie so erlebt. Denn die meisten Frauen wollen das doch sowieso nicht. Eine Karriere funktioniert aber nun mal leider nicht auf Halbtagsbasis minus nach Hause flitzen, weil das Kind sich im Kindergarten übergeben hat. Frau muss sich entscheiden - geht derJob vor oder die Familie. Und bei den meisten Frauen geht verständlicherweise die Familie vor. Das ist bei den meisten Männern dann eben anders.
Solange aber bei dem größten Teil der weiblichen Bevölkerung das so ist (und es wird auch nicht wesentlich anders werden und das ist vielleicht ja auch gut so), ist die Quote fifty-fifty für leitende Positionen idiotisch. Aus meiner persönlichen Berufserfahrung habe ich leider genau das erlebt - die Frauen, die tatsächlich an die Spitze kamen, gerne auch quotenbedingt, waren die unfähigsten Leiter, die die Welt je erlebt hat, sie haben soviel kaputt gemacht... Natürlich gibt es auch andere Frauen, die richtig gut sind, die wirklich richtig emanzipiert sind und Männerdomänen erobert haben. Meine eigene Chefin ist so ein Exemplar und ich bin stolz, für sie zu arbeiten. Aber ich selbst, als Frau übrigens, möchte ihren Job nicht geschenkt haben. Und ratet mal - nein, sie hat keine Kinder. Weil sie mit Kindern den Job einfach nicht hätte machen können.
Und das ist keine moralische Frage, sondern eine persönliche. Die aber die meisten Frauen anders beantworten würden - was ich nicht negativ finde, aber was unbedingt in die Quotenbertechnung eingehen müsste.
Erstaunlich in diesem Sinne ist vielleicht für die Quotenbefürworter auch, dass viele Frauen, die ich kenne und die erfolgreiche Autorinnen - wenn auch meist "nur" (aber das "nur" ist nicht von mir, sondern von den Nölerinnen, ich finde den Erfolg nämlich schlicht beneidenswert) mit reinen Unterhaltungswerken, sind, nicht nur ein oder zwei Kinder haben, sondern sogar drei oder mehr .
Wie Literatur von Männern und Frauen wahrgenommen wird, wird sich sicher auch durch alle erdenklichen gesetzlichen Maßnahmen nicht ändern. Wer will denn zum Beispiel die Leser verpflichten, mehr Elizabeth George als Stuart McBride zu lesen. Das ist doch nur abhängig davon, wie gut die Bücher sind. Will man da auch Quoten einrichten? George gegen McBride, Walters gegen Rankin?