Beiträge von Sören Prescher

    Ich finde es erstaunlich, wenn Autoren erstaunt sind, wenn andere Autoren und -innen schlicht und ergreifend ihr Handwerk verstehen.


    Was ich sagen will: Diese Deine Anmerkung hätte ich in einer Laienrezension überlesen, aber hier finde ich sie irritierend und in mehrerlei Hinsicht falsch.


    Natürlich verstehen viele Autoren ihr Handwerk. Dennoch verfügen die meisten jüngere Autoren über anderen Wortschatz als ältere Autoren, ebenso wie weibliche Autoren den Fokus meist auf andere Dinge als männliche Autoren legen. Das ist keinesfalls abschätzig gemeint, sondern betrifft nur die Einflüsse, die uns als Autoren begleiten. Selbstverständlich schreibt Mann anders, wenn er eine weibliche Perspektive einnimmt. Umgedreht genauso. Auch das ist nicht der Punkt. Mir geht es nur darum, dass Barbara Kingsolver bei Schreiben aus Demons Perspektive nicht hundert, sondern hundertzehn Prozent gegeben hat. DAS ist das Bemerkenswerte, auf das ich hinaus wollte.

    Wenn ein Roman mit vielen Preisen ausgezeichnet wird und sich die Kritiker mit Lob überschlagen, bin ich von Natur aus sehr skeptisch. Hier allerdings war es vollkommen unbegründet, weil Barbara Kingsolver einen am Anfang mitreißt und später komplett umhaut. Zumindest erging es mir so. Hauptperson des Romans ist die Titelfigur Demon Copperhead. Zu Beginn der Geschichte ist es ein kleiner Junge, der in einem Trailerpark in Virginia aufwächst und von einem Übel ins nächste gerät. Sein Vater ist bereits tot, seine drogensüchtige Mutter stirbt ausgerechnet an seinem elften Geburtstag. Demon wird in die Obhut eines mittellosen Bauern gegeben und muss auf den Feldern von dessen Tabakfarm schuften. Später kommt er zu geizigen Pflegeeltern, wo er im Hundezimmer schläft und nebenbei auf der Müllhalde arbeitet. Als die geizigen Pflegeeltern ihn bestehlen, haut er ab, wird an einer Raststätte überfallen, macht sich auf die Suche nach seiner Großmutter. Schließlich kommt er bei einem Highschool-Football-Trainer und dessen Tochter unter, doch auch dort ist nicht alles rosig. Am Anfang des Buches ist Demon noch voller Kleiner-Jungs-Träume, wie Carol Danvers zu heiraten oder ein Avenger zu werden. Mit jedem Schicksalsschlag verdüstert sich sein Weltbild und er driftet immer weiter auf die schiefe Bahn ab. Die ganze Zeit über hofft man, dass es für Demon und all die Leute in seinem Umfeld, die einem alles ebenfalls rasch ans Herz wachsen, gut ausgeht. Neben der einfühlsamen Story sind es die vielen Verflechtungen in Demons Leben, die immer wieder Bezug auf zurückliegende Ereignisse nehmen, und so die Handlung angenehm komplex machen. Stellenweise gibt es im Roman recht derbe männliche Jugendsprache. Umso erstaunlicher ist es, dass das Buch von einer älteren weißen Frau stammt. Sie taucht mit ihrer Erzählung dermaßen tief in die Geschichte ab, dass man ihr bereitwillig überallhin folgt. Da vergibt man gleich kleine Längen im zweiten Drittel gerne.

    Ich bin zwar kein großer Anhänger von True-Crime-Geschichten, finde aber, dass man derlei Themen nicht verbieten oder verhindern sollte. Als Vater möchte ich zwar keine Bücher über ermordete Kinder lesen, aber wer das tun möchte, sollte eine aufrichtige Abhandlung des Themas (und darum dürfte es sich bei
    Luisgé Martíns Werk handeln) durchaus lesen dürfen.


    Vor Jahren habe ich mal ein Buch gelesen, in dem es um Mark David Chapman, den Mörder von John Lennon ging. Ich fand die Schilderung von Chapmans Geisteszustand höchst aufschlussreich und bin froh, dass es dieses Sachbuch gibt (bzw. gab - inzwischen ist es out of print). So viel anders dürfte das Buch über José Bretón nicht sein ...

    Die Verfilmung ist bereits von 2005 und lief früher ab und zu mal im TV. Das ist lange her und nachdem es nicht mal eine DVD-Veröffentlichung gibt, dürfte eine erneute TV-Ausstrahlung eher unwahrscheinlich sein.

    Von "Nobody's Fool" kenne ich ebenfalls nur die Verfilmung, aber die ist großartig. Nicht zuletzt wegen Paul Newman. Die zweite Buch über diese Figur steht auch schon seit längerem auf meiner Wunschliste.

    Das vermag ich als Nichtkenner der Vorlage nicht zu beurteilen, aber falls du Sky oder Wow abonniert hast, kannst du dich selbst davon überzeugen. Die Mini-Serie ist zwar ruhig erzählt, aber nie langweilig. Ed Harris als verzweifelter Café-Leiter und Paul Newman als dessen verrückter Vater spielen wunderbar.

    Einerseits. Andererseits ist das nicht irgendeine Rockmusiker-Autofiktion. Wenn man von innen heraus urteilt, und darum geht es ja bei diesem Text, dann ruft man zugleich sehr laut: Seht, ich bin besser als diese Leute, sogar sehr viel besser. Ich kann es mir leisten, sie zu verurteilen, obwohl wir am selben Tisch sitzen. Die Details, die, wie es Michael nennt, Kundigkeit und die Authentizität sind sicher Argumente für diesen Text, aber weil es zugleich eine Stellungnahme ist, bleibt es für mich schwierig.


    Ich verstehe den Standpunkt, aber wenn nicht Musiker, die das Tourleben und alles drumherum, über dieses Thema schreiben sollten, wer dann? Wenn es ausschließlich betroffene Fans tun, dürfte es eine sehr einseitige Sicht auf die Dinge werden.

    Tom: Sicherlich hat jeder Musiker die eine oder andere Leiche im Tourbuskofferraum. Aber ist das deswegen ein Grund, nicht über das Thema zu schreiben. Ich finde, aufgrund des ... äh ... Fachwissens ... bietet es sich umso mehr an.


    Dass Bela für das Buch gerade durch die Talksshows tingelt, würde ich nicht überbewerten. Das ist die normale Promo, die jeder von uns auch tun würde, wenn er die Chance dazu hätte.

    Ich habe das Buch vor kurzem auch gelesen (hätte aber nicht gedacht, dass das was für die 42er Autoren wäre):


    Die Geschichte in Bela B.‘s „Fun“ wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt: Aus der Sicht einiger Einwohner, darunter einem Teenagermädchen, das unbedingt zu einem der Auftritte gehen möchte, und ihrer Mutter, die vor über zwanzig Jahren mal Fan von nbl/nbl war und ganz eigene Erfahrungen mit der Band gemacht hatte. Parallel dazu erfahren wir die Ereignisse aus der Sicht der Musiker und einiger ihrer Mitarbeiter. Dadurch ergibt sich ein angenehm breites Bild der Situation und es kommt zu keiner bloßen Schwarz-Weiß-Malerei. Der Roman drehte sich auch nicht ausschließlich um das Me-Too-Thema, sondern ebenso um den Alltag einer Musikband und welche Dinge abseits der Bühne passieren können. Hier kann Bela B. eindeutig mit seinem Fachwissen auftrumpfen. Dennoch dürfte es vermutlich kein Zufall sein, dass etliche Details fiktiven Gruppe nbl/nbl an die reale Band Rammstein erinnern.

    Mit „Fun“ ist Bela ein bemerkenswert einfühlsames Werk gelungen, das auch ein, zwei Querweise auf seinen Hauptberuf und seinen Debüroman „Scharnow“ enthält.

    Herzlichen Glückwunsch und viel Erfolg!


    Mein (heimliches) Laster sind deutsche Krimiserien der Öffentlichen, das klingt wie ein typisches Set-up dort, aber die Buchform ist natürlich noch besser ... Gibt es eine Leseprobe irgendwo? (Bei Thalia und Big Bad A leider nix gesehen).


    Vielen Dank. Ja, die Krimi-Reihe ist ähnlich wie die Krimiserien der Öffentlich-Rechtlichen. Eine Leseprobe gibt es aktuell meines Wissens nach nicht. Das kann ich aber gerne mal beim Verlag anregen ...