Beiträge von Petra

    Was für ein Buch! Erstaunlich genug bei dem Inhalt, ist es wirklich saukomisch geschrieben (in dem Zimmer hat ein mit Ebola infizierter Kranker gelegen: inzwischen mal durchgewischt?), aber auch voller Selbstironie, Erkenntnis, Relexion ... Es ist in vielerlei Aspekten ein ... wie soll ich's ausdrücken ... ein lebenskluges Buch, das viele Aspekte streift, die mich auch regelmäßig umtreiben (allerdings nicht bez. des Myeloms, denn hier wie überall kommt es nicht nur darauf an, in welchem Jahr man erkrankt, sondern auch, wie alt der Patient ist und welchen Strapazen man ihn noch aussetzen kann).


    Bleibt für mich die Frage: Ist das ein autobiografischer Roman (wie z. B. Gorkows "Die Kinder hören Pink Floyd")? Oder ein Erfahrungsbericht (eher nicht)? Oder ...?

    Man muss das nicht in eine Schublade stecken, dennoch.

    Ich tendiere zu ersterem, denn für einen simplen Bericht hat es viel zu sehr von einem Roman. Um so ein Buch zu schreiben, braucht es auch Abstand, denn bei so einer Erfahrung kann einiges nur (wenn überhaupt) im Rückblick komisch sein bzw. lässt sich so aufbereiten.


    Danke für die Empfehlung, Tom! Es war für mich definitiv ein Highlight!

    Ich habe einiges über Sekten, Glaubensgemeinschaften, alternative Lebensformen gelesen, gut möglich aus einem gewissen Voyeurismus heraus, aber auch, weil es logisch wie emotional für mich nicht greifbar ist, wie es zu diesen extremen Ausprägungen kommen kann. Menschen, die auf der Suche sind, glauben etwas in einer Organisation zu finden, die sie finanziell, physisch und psychisch ausbeutet, ihnen vorschreibt, wen sie zu heiraten haben, die durch Umrühren in einer Badewanne „energetisiertes“ und auf Flaschen gezogenes Wasser kaufen, an Krankheiten sterben, an denen sie nicht zwangsläufig sterben müssten, weil sie aufs Handauflegen vertrauen … und, und, und.


    Natürlich wollen die meisten Menschen mehr sein als ein Rädchen im Getriebe und vor allen Dingen, als „Krone der Schöpfung“, ihrem Leben Sinn geben und nicht einfach vergehen, wenn ihre Zeit um ist. Diese Melodie aus dem Roman (dem ein wahrer Fall zugrunde liegt) ist keine peitscheschwingende Despotin, und dennoch jemand, der gelernt hat, sehr manipulativ und durchsetzungsstark zu sein, wenn sie auf die Menschen trifft, die dafür empfänglich sind. Sie übt Gewalt aus, die sie sehr gut zu tarnen versteht. Die Vier im Roman sind mündige Menschen, die, und das ist nur einer der verstörenden Aspekte daran: die füreinander da sein wollten.

    Eine Frau stirbt in einer Wohnung, nicht mehr jung, aber auch noch nicht alt, organisch gesund. Friedlich und sanft, sagen ihre Mitbewohner. Verhungert, sagt der herbeigerufene Arzt, der den Totenschein ausstellen soll.

    Was hat sich zugetragen in dieser Wohngemeinschaft, die sich selbst den Namen „Klang und Liebe“ gegeben hat? Wie konnte es soweit kommen?

    Davon berichten kein personaler und auch kein allwissender Erzähler, sondern davon erzählen zig Einzelstimmen: der Vater der Verstorbenen, ihre Schwester, deren übrige Geschwister, im Kollektiv, die Nachbarn, der Rechtsmediziner, und sogar unbelebte Gegen- und Zustände: Socken, ein Entsafter, zwei Zigaretten, ein Orangenduft, Demenz, Licht – den Anfang macht die Nacht: „Wir sind die Nacht“, so beginnt der Roman und schafft so eine Klammer bis zum Schlusskapitel.


    Die Wohngemeinschaft Klang und Liebe besteht aus Melodie van Hellingen, ihrer Schwester Elisabeth, Muriel und Petrus. Diese Vier haben sich zusammengetan, um miteinander zu leben, einander eine Stütze zu sein. Sie wollen mehr vom Leben als sinnlos zu konsumieren, sie wollen sich dem als feindlich empfundenen „System“ entziehen. Sie meditieren viel, arbeiten an sich. Petrus will lernen, seine Aggressionen in den Griff zu bekommen. Melodie lenkt, Melodie ist der Dreh- und Angelpunkt dieser Wohngemeinschaft, eine Anführerin der leisen Töne. Wenn Melodie befindet, dass Nahrungsaufnahme Zeitverschwendung ist und vom wirklichen Sinn des Lebens ablenkt, dann sind die anderen bereit, diesen Weg mit zu beschreiten. So folgen sie gemeinsam dem Konzept der Lichtnahrung: die Vier wollen ihre Körper von der als Zwang und überflüssig empfundenen Notwendigkeit der Nahrungsaufnahme befreien, so, wie man sich von einer Sucht befreit.


    Was zunächst künstlich klingen mag (oder wie die Aufgabe in einer Schreibwerkstatt: schreib aus der Sicht eines Stuhls, eines Tisches …), ergibt in diesem Roman zweifellos Sinn, denn wer könnte in einer geschlossenen Gemeinschaft, noch dazu der Gemeinschaft von drei Personen, die verdächtigt werden, den Tod der vierten Person zumindest billigend in Kauf genommen, wenn nicht sogar aktiv (mit) verschuldet haben, „objektiv“ davon künden, was eigentlich passiert ist? Der Vater des Opfers, die Familie, die Nachbarn haben ihre mehr oder minder entfernten Blicke auf die Geschehnisse, von außen, die, die dabei gewesen sind, sind gefangen in ihren Glaubenssätzen, ihren Zweifeln, ihren Abhängigkeiten, aber die Gegenstände waren nicht nur hautnah dabei, sondern sind quasi neutrale Zeugen, wo die Polizei zwangsläufig im Dunkeln tappt, erhellen sie die Geschehnisse.


    Der mehrfach ausgezeichnete Debütroman „Wir sind das Licht“ der Niederländerin Gerda Blees (Jahrgang 1985) ist kein Krimi, wenn auch die Struktur des Romans sich an den Ermittlungen der Polizei entlangbewegt. Wie schon in den beiden von mir Anfang des Jahres vorgestellten Romanen „Es wird wieder Tag“ von Minka Pradelski und „Hundert Augen“ von Samanta Schweblin, wartet „Wir sind das Licht“ mit einer ungewöhnlichen Erzählperspektive auf. So drückend und schwer ihr Thema ist, so karg und vernunftfern sich das Sein und letztendlich zwangsläufig sinnlose Streben der Figuren darstellt, so gestaltet Blees ihre Erzählstimmen doch sehr farbig und lebendig – grandios das Kapitel, in dem die Demenz (der Mutter) spricht.

    „Wir sind das Licht“ ist einer der Romane, die man getrost zweimal lesen (oder hören) kann und bei denen man immer noch Dinge erfährt, die man beim ersten Mal verpasst hat.


    ASIN/ISBN: 3552072748

    Gorkow lautet der Nachname des Autors, und Gorkow heißt auch der Ich-Erzähler dieses Romans, der in den 1970-er Jahren am Niederrhein spielt. – Zack, da gehen bei manchen ja schon die Alarmglocken an! Nicht wegen „Niederrhein“ (oder auch?), aber wegen einer möglicherweise vermuteten und eher verpönten Selbstbespiegelung. Dabei speist sich doch einiges, worüber Schriftsteller in Romanen schreiben, aus eigener Erfahrung und Erinnerung …? „Parfüm am Kaufen“, „Lolly am Lutschen“, Roman am Schreiben. So halt.


    Wir befinden uns also in einer Kleinstadt im Rheinland in den Siebzigern. Im Fernsehen läuft die Hitparade, gerne mit Heino, Gerhard Klarner ist Nachrichtensprecher. Im Kino wird „Die Nacht der reitenden Leichen“ im Vormittagsprogramm gezeigt – bis der Jugendschutz einschreitet. Dann nimmt der Betreiber zum Beispiel die alten Schwarzweißfilme mit Godzilla und King Kong wieder ins Programm, vorübergehend, bis Gras darüber gewachsen ist. Die „reitenden Leichen“ müssen sich schließlich amortisieren.

    Der Krieg ist so lange noch nicht her, und so trifft man allenthalben noch auf Altnazis, auf jeden Fall aber auf sehr rigorose Einstellungen. Die Lehrerinnen werden Fräulein gerufen, dem Pfarrer rutscht schon einmal die Hand aus. Auf dem Schulhof gilt das Recht des Stärkeren, der Ich-Erzähler behauptet sich ganz passabel, was nicht unbedingt gesagt ist, da er an einer Sprachstörung leidet, er stottert. Nur sein Freund Huby darf im Unterricht nicht bestraft werden, denn Huby ist, so hieß das damals, mongoloid. Einem anderen Freund wirft die gelangweilte Mutter kleine Goldbarren in den familieneigenen Pool, nach denen die Jungen tauchen dürfen.

    Die Gorkow-Familie besteht neben den Eltern noch aus der älteren Schwester, die an einem angeborenen Herzfehler erkrankt ist und die dem Bruder gerne boshafte Märchen auftischt, in denen Musiker die Bösewichte sind, die es auf kleine Kinder abgesehen haben. Der Vater ist, wenn er nicht im Büro ist, sehr stolz auf seine Rosen, was vor allem einem inflationären Einsatz der Giftspritze zu verdanken ist. Ob seine Kinder ihm bei der Gartenarbeit helfen möchten? Wenn diese besseres zu tun haben, kann die Antwort der Mutter auf eine diesbezügliche Anfrage schon einmal stellvertretend abschlägig lauten: „Die Kinder hören Pink Floyd“. So wie: „Die Kinder machen Hausaufgaben“. Diese englische Band hat es den Geschwistern besonders angetan, die Schwester schreibt Briefe nach London, und selbst der Vater ist bereit, sich diese Musik mit seinen Kindern anzuhören, sogar auf dem guten Plattenspieler, dem Thorens, dessen Handhabung an nichts weniger als eine kultisch-religiöse Zeremonie erinnert. Leichtsinnigerweise, muss man sagen, fürchtet der Vater doch irgendwann, die Platte von Pink Floyd könne das Gerät geradeweg pulverisieren.


    Insgesamt: Es gab für mich ein paar Längen, der Tonfall, das Absurde, ist, so konstant durchbehalten, irgendwann auch keine Überraschung mehr, am Ende ist der Junge erwachsen und ich bin mir noch uneins, ob es das gebraucht hätte oder das im Gegenteil die Geschichte erst rund macht, aber im Ganzen: Daumen hoch.

    Man merkt: Hier am Niederrhein, Mitte der Siebzigerjahre, ist der ganz normale Wahnsinn zu Hause. Und das Ulkige daran ist: Obwohl Alexander Gorkow (der Autor) Figuren, Situationen, Dialoge völlig überzeichnet, ins Wahnwitzige steigert … kam mir das eine oder andere irgendwie seltsam vertraut vor.


    ASIN/ISBN: 3462052985

    Zitat Jürgen:

    So wie mir geht es zweifellos vielen anderen Menschen und weil das so ist, halte ich es für gerechtfertigt, eine Art von Verhältnismäßigkeit anzumahnen, was die Aufmerksamkeit sowie die mediale Präsenz und die Gelegenheit zur (Selbst)Darstellung einer jeden Gruppe betrifft, die unverhältnismäßig oft Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt ist, und dass diese Verhältnismäßigkeit auch die Anzahl der Individuen spiegelt, die sich einer solchen Gruppe zugehörig fühlen.

    Zitatende


    (Ich gehöre zur Gruppe derer, die am Smartphone ab und an zwei linke Hände haben, daher so zitiert.)


    Wie soll eine solche Verhältnismäßigkeit aussehen, frage ich mich da. Zudem noch, wo auch die Zahl der Betroffenen berücksichtigt werden soll? Wie viele Schubladen sollen da aufgemacht werden? Und berücksichtigen wir auch die Zeiten, in denen man nicht über die und die Gruppe gesprochen hat? Wird ihnen diese Null-Zeit dann etwa gutgeschrieben?


    Es geht, wenn Menschen, die aus einem bestimmten Grund ausgegrenzt werden, sichtbarer in Erscheinung treten, auch darum, die zu stärken, die sich nicht trauen, zu sich zu stehen. Da ist jemand wie Kim de l’Horizon ein Vorbild.

    Zudem kenne ich jetzt auch nicht so viele Romane, in denen dieses Thema nun besonders „breitgetreten“ wird. Anstatt daher zu sagen, fein, da hat jemand auf einem offenbar doch hohen künstlerischen, literarischen Niveau (setze ich jetzt einfach mal als gegeben voraus, obwohl sich daran natürlich auch wieder die Geister scheiden werden) etwas zu einem Thema vorgelegt, das es noch nicht allzu oft gibt, argumentierst Du, Jürgen: „Gibt es nicht Gruppen, über die man endlich auch mal reden sollte?“

    Ja, sollte man, zweifellos, bloß ist der Anlass im vorliegenden Fall ein anderer. Kann man das so wenig tolerieren, selbst nicht im Wissen darum, dass immerhin die vage Möglichkeit besteht, dass sich nächstes Jahr keiner mehr an Kim de l’Horizon erinnern wird werden können?

    Da hat eine Person einen Roman geschrieben. Über Dinge, die ihr offenbar wichtig sind. Das scheint ihr irgendwie ganz gut gelungen zu sein, jedenfalls hat das Werk schon zwei Preise eingefahren. Oder passiert das grundsätzlich, wenn etwas den Zeitgeist erfüllt? Sonst könnten wir uns ja an diesen Zug anhängen. Nein?


    Nun hätte „man“ den Preis auch in Jeans und T-Shirt abholen können statt im Glitzerrock. Und hätte so keinen Shitstorm eingefahren - Bilder machen‘s, nicht Text! Das Buch liest eh keiner von denen, die in Social Media am lautesten schreien.

    Hätte, hätte, muss aber nicht.

    Wow, da ist aber mal eine bitter drauf.


    Ich finde das etwas entlarvend, wie das Publikum da bei der Preisverleihung im Saal saß. Gesang. Wie jetzt? Stille. Ok … Soll man das jetzt beklatschen …? Ja, machen wir mal … mit. Dann steht auch noch eine auf! Sollen wir das jetzt einer Standing Ovation wert befinden …?! Doch, wird schon. - Wenn das mal keine kollektive Überforderung war!

    Ich habe die Idee der Syrer-Flüchtlingsbuches dieser "Kultur-Prüfungs-Kommission", besser bekannt als "sensitive reader", vorgelegt. Von da kam postwendend die Aussage: "Auf gar keinen Fall! Wenn, dann muss der Syrer das Buch selbst schreiben! Kein weißer deutscher Mann hat in diesem Buch etwas zu suchen."

    Das ist ein Punkt, der mir in der Diskussion Unbehagen bereitet (Passenderweise 🙂): Dieser Anspruch, dass niemand über etwas zu schreiben habe, das er nicht aus eigener Erfahrung kenne, bedeutet doch auch, dass manche Themen bzw. Einstellungen überhaupt nicht oder nur am Rande vorkommen. Das kann es nicht sein, wenn nicht jedem die gleichen Fähigkeiten gegeben sind, sich zu äußern.

    Geht hier nicht einiges durcheinander? Die neuen in Rede stehenden Romane, der Film, Karl May … und manchmal auch die Argumente. Auf der einen Seite kann man ja durchaus das Recht eines Autors hochhalten, das zu schreiben, was er möchte, auch über Lebenswirklichkeiten, die ihm persönlich ferner nicht sein könnten, und auch die Befähigung dazu darf man ihm durchaus zutrauen - auf der anderen Seite geht es hier aber ausgerechnet um ein Buch (oder mehrere), die nun gerade nicht von besonderer Lebensnähe geprägt sind. Das Recht eines Autors, Märchen zu erzählen, wird demnach höher geschätzt als die Interessen Angehöriger einer Minderheit, die - verallgemeinernd gesprochen - sich womöglich ja aus gutem Grund nicht immerzu als Klischeefigur dargestellt sehen möchte. Wobei hier erschwerend hinzukommt, dass ihre Familien womöglich schon schlimmer behandelt worden sind als die Schriftsteller, deren Werk nun verpönt ist, was aber sooo bekannt nicht ist, vielleicht ja auch deshalb, weil es dieses Bild vom „edlen Wilden“ gibt, das sich vielen von uns eingeprägt hat.


    Ja, die Autoren dieser vom Verlag nun zurückgezogener Bücher haben die A-Karte gezogen. Der Verlag hätte zu seinem offenbar im Buch vorhandenen Disclaimer, wonach es sich um eine romantisierende Darstellung handelt, fester stehen können - oder es von vornherein lassen können.


    Ja, es ist ein Unterhaltungsstoff. Weil diese Art Fiktion natürlich weit angenehmer zu lesen ist als die Wirklichkeit. Diskreditiert diese Erzählung? Wahrscheinlich nicht. Außer vielleicht, man zementiert so ein geschöntes Bild, das die Realität konstant unterdrückt. Wie (einst) ganze Volksgruppen an sich. Dann wird nämlich auch Romantisierung und Heroisierung problematisch. Solange es keine Unterdrückten gibt, gibt’s auch keine Unterdrücker.


    Ich bin mir uneins: Da sind auf der anderen Seite die unsäglichen Shitstorms, denen sich ein Verlag besser erwehren können sollte (wünschen darf man sich das ja), und auf der anderen Seite: siehe oben. Wenn man das eine Recht hochhält, spricht man dem anderen - sich in Film, Literatur etc. nicht als ausgedachte Fantasiefigur, die jeder Realität entbehrt wiederzufinden - die Berechtigung ab.

    PS: C. H. Beck hat gerade auch ein ähnlich gelagertes (?) Problem - deren „Glück“ ist vielleicht, dass Winnetou deutlich populärer ist als irgendein trockener Rechtskommentar.

    Mag sein, aber mein Gedanke war: Was wird erwartet? Konzipiere ich zu umfassend? Oder zu knapp?


    Aber ich scheine das eh nicht zu durchschauen … Egal, wie gruselig man die vorgegebenen Texte finden mag: Diese Pitches erläutern doch nur das Setting, dachte ich, umreißen die Idee. Nein?


    Ansonsten: Alles richtig - allerdings sollte man davon ausgehen, dass die im Wettbewerb eingereichten Texte auch wahrgenommen werden. Das ist nicht unbedingt gesagt, wenn die eigene Einsendung nur eine unter vielen, vielen anderen unverlangten ist.

    Zitat: (…) Den Teilnehmenden ist es nicht gestattet, das Werk/Exposé unter Einschluss der in den Kriminalfällen 1 bis 3 näher beschriebenen Handlungselemente in einem anderen Verlag (einschließlich eines Selbstverlags) zu veröffentlichen und/oder zu verwerten.

    Wer deshalb von einer Teilnahme Abstand genommen hat, sollte sich die Teilnahmebedingungen nochmals ansehen. Sie enthalten jetzt einen einschränkenden Zusatz: bis zur Bekanntgabe der Gewinner.

    Nr. 1 hat was, finde ich; ich mag Hotels 🙂

    Was mich irritiert:

    Da steht nichts darüber, welchen Umfang der Roman haben soll? Je nach dem, wie viele Seiten es werden sollen, hängt davon doch ab, wie breit man die ersten 50 anlegt?

    Das ist ein für mich erstaunlicher Sinneswandel, der sich, als ich über das Buch schrieb, allerdings schon abgezeichnet, eher schon vollzogen hatte. Interessant fände ich zu erfahren, WIE sich dieser Wandel vollzogen hat. Diese Frage wird in diesem Artikel https://www.tagesschau.de/ausl…likaner-jd-vance-101.html

    gestellt, aber nicht tatsächlich beantwortet. Nicht von anderen und von ihm selbst erst recht nicht. Er habe sich geirrt, damals. Eine Wandlung der politischen Einstellung, sogar um 180 Grad von einem Extrem ins andere, kennt man. Das Buch muss sich mit diesem Wissen heute anders lesen - womöglich kommt ja irgendwann ein neues …

    Warum hat der Mann einen Hut an? Sieht aus, als wäre er schon halb aus der Tür. Hoffentlich kriegt sie wenigstens noch was zu trinken (von wem auch immer) 🙂

    Im Ernst: Schönes Cover, doch! Und die Story macht definitiv neugierig.

    Wieder (nach Jahren) war ich versucht, den Titel anders betont zu lesen, nämlich: Wo warst DU? Dabei heißt es: Wo WARST du?, denn die beiden Personen, um die es geht, sind nicht beliebig, es geht um ihr Erleben der Anschläge auf das World Trade Center am 11. September 2001, getrennt, auf sehr unterschiedliche Weise jeder für sich, aber nicht getrennt zu sehen, denn sie sind ein Paar.


    Vor Jahren habe ich bereits das Buch gelesen - „Wo warst du? Ein Septembertag in New York“ - jetzt habe ich mir den Podcast angehört, den Anja Reich und Alexander Osang 20 Jahre darauf eingelesen haben.


    Zwei sehr unterschiedliche Erfahrungen sind das, denn während der Mann, (damals) als Reporter für den Spiegel in New York, von Brooklyn nach Manhattan fährt, bleibt die Frau, ihrerseits Journalistin, aber aus Sicht des Arbeitgebers ihres Mannes vor allem die „mitreisende Ehefrau“, in Brooklyn und kümmert sich um die gemeinsamen Kinder. Dabei war der Impuls auch bei ihr vorhanden gewesen, mit nach Manhattan zu fahren, als die Medien davon berichteten, dass ein Flugzeug in das World Trade Center geflogen war - ein großes Flugzeug offenbar. Ferdinand, der ältere Sohn, war in der Schule, eine Nachbarin würde gewiss auf die kleine Mascha aufpassen. Es ist nur ein kurzer Moment, aber ein entscheidender: Sie will ihn dann doch nicht aufhalten, also zieht er alleine los, gegen den Strom der panisch flüchtenden Menschen, überwindet eine Sperre auf der Brooklyn Bridge, während sie zu Hause im Brownstone-Haus bleibt, mit der kleinen Tochter bastelt, um den Anschein von Normalität aufrecht zu erhalten, den Sohn aber schließlich doch früher von der Schule abholt, mit Nachbarn spricht, die Bilder im Fernsehen verfolgt, auf ein Lebenszeichen ihres Mannes wartet. Der, so nah am zweiten, verbliebenen, Turm, dass er vor der Staubwolke des in sich zusammenstürzenden Gebäudes in einen Keller flüchten muss, entscheidet sich danach, da er nur noch eine einzige Münze für ein öffentliches Telefon hat, nicht bei seiner Frau, sondern im Büro des Spiegels anzurufen. So ist es die Stimme einer Kollegin ihres Mannes, die Reich schließlich die erlösende Nachricht auf einen Anrufbeantworter spricht: Er ist noch am Leben.


    Der Mann macht sich auf ins Zentrum der Gefahr, die Frau hütet Kind und Heim. Sie hält zusammen, er rennt einer heißen Story hinterher. Das ist zweifellos Teil, wenn nicht Kern dieser Geschichte. Man kann das so lesen, und ihn dabei einen rücksichtslosen … (nach Gusto ergänzen) finden. Fängt ja schließlich gut an, mit der Schilderung des Vorabends: Sie kocht, er geht joggen. Irgendwo scheint das so seine Art zu sein, sein Ding durchzuziehen … Das Überraschende dabei ist aber doch, dass zum einen genug Selbstreflexion auch bei ihm vorhanden ist, das zuzugeben, und zum anderen, dass ihre Geschichte in dem Buch genauso fesselnd erzählt ist wie seine. Es ist gerade nicht so, dass sein Part zwangsläufig der interessantere wäre, weil er die Dramatik auf seiner Seite hatte. Osang hatte diese Dramatik zweifellos auf seiner Seite, aber im Zusammenklang mit der Geschichte von Reich wird aus zwei ganz unterschiedlichen Geschichten eine ganz besondere.


    „Es ist, wie es immer ist: Wir sind zusammen, und wir sind allein.“ Das resümiert Reich an einer Stelle des Buches, und es ist ein trauriges Statement. Das Buch habe ich damals gerne gelesen, den Podcast (gratis bei Spotify u. a.) heute gerne gehört.