Beiträge von Katla

    Sehr interessant, Petra , das Buch werde ich mir mal besorgen (auch ein schönes, düsteres Noir-Cover).


    Ich kenne den Fall durch Harlan Ellisons Kurzgeschichte "The Whimper of Whipped Dogs" *) aus seiner absolut grandiosen Sammlung Deathbird Stories. Wie der Rest des Buches ist die Geschichte stark spekulativ, aber im Grunde geht es um Schaulust, um das Gefrieren und die Passivität, wenn jemand (eine Augenzeugin auf ihrem Balkon) etwas extrem Gewalttätiges beobachtet, diese Mischung aus Angst, Widerwillen und ungewollter/unerwünschter Erregung - sowie eben die Konsequenzen für die Beobachter wie auch das Opfer. Ellison schert an dieser Stelle ins Paranormale aus und die Geschichte nimmt eine stark unerwartete, geniale Wendung. Trotzdem ist der Text auf symbolischer und psychologischer Ebene absolut relevant und aussagekräftig.


    Das Buch ist eines meiner absoluten Favoriten (wie auch der Autor generell), imA eines der innovativsten Bücher, das je geschrieben wurde. Hier sind die farbenfroh-marktschreierischen Beschreibungen auf dem Cover tatsächlich voll zutreffend. Trotz des Horroraspektes ist es nicht so, dass die explizite Gewalt 'genüßlich' aus Tätersicht gesehen wird, es ist eine gekonnte Balance zwischen Empathie und Schockwirkung, auch Bodyhorror und psychologischer Analyse.


    (Oha, wenn ich die Buch/Porto-Gesamtpreise auf ebay ansehe, bin ich froh, es vor einigen Jahren in dieser TB-Ausgabe für € 35,- in einem Helsinkier Antiquariat bekommen zu haben!)


    *) Der Titel mit den geprügelten Hunden ist im übertragenen Sinne gemeint, es kommen keine Tiere zu Schaden (ich mag fiktionalen Splatter, aber keine Tierquälerei).


    Ellison Deathbird.jpg

    Die Schrecken des Eises und der Finsternis

    (Ransmayr hatte damit seinen Durchbruch - leider absolut grausame Schnarchnummer, imA aber einer der tollesten Titel je. Hab ich mir grad selbst abgewandelt für eine VÖ geschnappt: "Unter dem Eis die Finsternis".)


    Eine Milliarde Jahre vor dem Weltuntergang (Strugatzkis, auch ein unglaublich tolles Buch; ebenso von ihnen: Montag beginnt am Samstag).


    The Thief of Always (Clive Barker, schönes Buch, bissl unhandlich zu übersetzen - genommen wurde: Das Haus der verlorenen Jahre, was auch hübsch ist, aber massiv spoilert.)


    I Have No Mouth and I Must Scream (auf dt. Ich muss schreien und habe keinen Mund, was imA keinen Flow hat, dabei hätte man es sehr gut wörtlich übernehmen können; und Deathbird Stories - nicht auf Deutsch, aber die titelgebende KG wurde zu "Todesvogel", naja ... Harlan Ellison, einer meiner Lieblingsautoren.)


    Das Haus, das tickte (Sogar pfiffiger als John Bellairs' Original: The House With a Clock in Its Walls)


    Weltliteratur vllt. zumindest zum Teil auch etwas gedehnt, Strugatzkis gehören sicher rein.

    Äpfel und Birnen: Eine zweite Auflage ist ein Nachdruck, wenn die erste einer Printversion vergriffen ist (oder - bei großen Publikumsverlagen - Gefahr eines 'Vergriffenseins' besteht). Ein eBook ist eine VÖ in einem anderen Format und daher keine zweite Auflage. Genau wie ein Hörbuch eben die Audiofassung eines Romans ist (gekürzt oder ungekürzt), kein Nachdruck in Audioversion.

    Wie viel Zeit zwischen einer Printfassung und der eBook-Version verging, spielt keine Rolle.


    Die Korrektur von Fehlern hat nix mit 'Auflage' zu tun. Das ist ein Problem, das sich Verlage für gewöhnlich nicht stellen müssen, weil dort die Fehler gen Null gehen. Aber wie gesagt: Auflage ist nicht inhaltlich / orthografisch zu verstehen, sondern im Hinblick auf verkaufte Exemplare. (Was, wie Katze sagte, im eBook-Bereich eh keine Rolle spielt - egal, ob es die einzige oder zusätzliche VÖ-Form eines Buches ist.)


    Ich denke, man macht sich zum Affen, wenn man ein anderes Format als "Zweite Auflage" bezeichnet, weil es einen unvorhergesehen hohen Umsatz nahelegt, also Etikettenschwindel wäre. Du könntest schreiben: eBook der korrigierten Druckfassung (wie bei Fach- oder Sachbüchern: "erweiterte zweite Auflage"). Frage ist aber, ob bei dir diese Fehler in Rezis erwähnt wurden und du Grund hast, die öffentlich zu machen, oder besser einfach unkommentiert ein bereinigtes Manuskript in e-Form herausbringst.

    Schöne Rezi, sie gibt einen guten Eindruck, was man vom Buch erwarten kann und ich hab es mir mal in den Stadtbibliothken vorbestellt. Deine Einschätzung zu Stewart als Person teile ich: extrem sympathisch, sehr intelligent, 'gediegen', aber nie arrogant.


    Ich komme da eher aus der RSC und X-Men-Ecke, seinen Auftritt in Gregory Dorans Hamlet hab ich leider live verpassen müssen *), aber die abgefilmte Bühnenfassung ist auf DVD/BluRay immer noch atemberaubend. (Stewart in der Doppelrolle King Hamlet und Claudius; David Tennant zu seinen besseren / besten Zeiten als Prinz Hamlet). Ich bin auch immer wieder beeindruckt, wie fies Stewart Antagonisten spielt (Macbeth, puh), er beherrscht wirklich alle Register.


    *) Bin dann ein paar Jahre später für Richard II (RSC, mit Tennant, ohne Stewart) nach London geflogen, aber das Stück war furchtbar. Immerhin aufgeführt im wunderbaren Barbican, das war schon die Reise wert.

    Spätestens ab dem Moment, als diese einzusetzen beginnt, wird das Private stark in den Hintergrund gedrängt, in wenigen Nebensätzen abgehandelt, zur Kulisse der Starwerdung. Liebesbeziehungen und Scheidungen, die Zeit, in der Alkohol eine stärkere Rolle spielte, all das ist eher Hintergrundgeräusch,

    Das passt mir sehr gut.

    Aber unterm Strich geht es ganz viel um die Royal Shakespeare Company

    Oha, dito!

    Auch X-Men-Fans, zu denen ich nie gehört habe, dürfen nicht auf allzu viele Neuigkeiten oder Insiderinfos hoffen.

    Sehr cool. Ich mag davon nur wenige (ganz v.a. X2, steckt auch viel Aussage hinter und bietet ungewöhnliche Figurenkonzepte), einige sogar gar nicht, aber es ist ein schönes Konzept.

    Mir wird manchmal gesagt, dass mein Schreibstil etwas zu formell oder künstlich wirkt.

    Auch wenn ich damit nicht auf Abstand gehen oder unnahbar erscheinen möchte, hat dies seine persönliche Geschichte.

    Ich sehe demnach keinen Anlass, mich erklären oder rechtfertigen zu müssen.

    Falls diese Art und Weise jemanden gestört oder verärgert haben sollte, tut es mir aufrichtig leid.


    Nee, so funktionieren weder Linguistik noch detection tools. Sorry.


    Und der reineditierte Nachsatz "So etwas könnte auch eine KI geschrieben haben" ist jetzt mit dem komplett gelöschten Komm nicht mehr da. Den werte ich aber einfach mal als Zustimmung.

    Hallo Luffytarosama ,


    ich erlaube mir mal eine Frage: wegen deines sehr seltsamen Stils, der mir stark nach ChatGPT klingt, hab ich mal einen KI-Test mit mehreren detection tools gemacht. Bei dir gibt es eine Wahrscheinlichkeit von 100%. Im Vergleich: Friecko 14%, ich und Silke 42%.


    Wäre sehr interessant, was es da für eine Erklärung gibt. Linguistisch imA nämlich keine (und ich hab mal Linguistik studiert), außer, dass du zum Schreiben deiner Komms eine KI verwendest. Ist deine Anmeldung ein Testprojekt? Das fände ich nicht so cool, weil wir ja auch eigene Texte besprechen, nicht nur Themen wie dieses.

    Das ist eben anfällig für: character soup und headhopping.


    Grad hab ich einen Roman zuende gelesen, der mir abgesehen davon unglaublich gut gefiel (Gretchen Felker-Martin: Manhunt), aber es gibt zu viele Figuren und viel zu viele PoVs. Hat mir fast das Buch versaut. Es hilft nicht, wenn das dann in - immer kürzere - Kapitel unterteilt wird, weil mich das jedes Mal rauskickt, wenn ich mich grad an eine Figur / PoV gewöhnt hab. Bei mehr als drei oder vier pro Buch verliere ich meist das Interesse. Vermutlich, weil mich an Büchern mehr interessiert als Figuren: Settings, Themen, Motive, die Sprache selbst vor allem.


    Das Problem sehe ich meist allerdings im Können oder Nichtkönnen der Schreibenden, nur selten klingen verschiedene Figuren auch tatsächlich verschieden.


    Wie empfindet ihr die Wirkung, wenn verschiedene Charaktere ihre Sichtweise auf dasselbe Ereignis darstellen?

    Kommt drauf an, aber tendenziell eher nervig. Ich mag es, wenn jeder Satz die Geschichte voranbringt (das kann auch langsam sein, aber eben kein Gelaber und keine Wiederholungen) und verschiedene Blickwinkel auf dieselbe Sache tritt ggfs. auf der Stelle - auch, wenn die Perspektiven der einzelen verschieden sein mögen (denkst du an sowas wie Rashomon? Den Film hab ich ausgestellt, weil mich irgendwann ab Person 3 nicht mehr interessiert hat, wie wer was sieht.)


    That said: Wenn es so schräg gegengespiegelt wird, dass man den Boden unter den Füßen verliert, das Ganze mehr ist wie ein Kaleidoskop und nicht wie eine einzige Tatsache und verschiedene Blickwinkel darauf, kann es spannend sein. Z.B. Lutz Bassmann (a.k.a. Antoine Volodine): Black Village.

    Das ist lediglich die Begründung wie in einer Diktatur Meinungsfreiheit bekämpft wird.

    Nein. Meinungsfreiheit endet, wo zu Straftaten aufgerufen wird oder bereits begangene glorifiziert werden.


    "Alle Schwulen *) gehören aufgehängt!", ist auch z.B. keine Meinung mehr, sondern Hassrede, Diskriminierung und ggfs. - je nach Sprecher und Situation - Aufruf zum Mord.


    *) Stellvetreterbegriff


    Wer mit Trump (oder Putin) nur ein marginales oder gar kein Problem hat, sollte mal etwas genauer hinschauen.

    Ich sehe es wie Tom.


    Wir leben in einer Demokratie, d.h. Menschen dürfen nicht wegen irgendwas diskriminiert oder unterdrückt werden, etc. Demokratie heisst aber nicht, dass jeder jeden Scheiß abnicken und darüber hinaus promoten muss.

    Ein Verlag kann sagen: Keine Lust, einem Feind der Demokratie zu unterstützen, jemanden, der helfen will, eine Theokratie zu errichten (Trumps Ansage an die Evangelisten ist ein absolut erschreckendes und sogar für ihn schockierendes Alarmzeichen, nicht nur für die USA). Ein Verlag kann auch sagen: Wir wollen keinen Anteil daran haben, dass dieser spezielle Autor auch nur einen Cent über uns verdient. Der gleiche Grund, aus dem ein christlicher oder islamischer Verlag nicht Gretchen Felkner-Martin verlegen würde, obwohl ihr Manhunt ein auf allen Ebenen überraschend grandioses Buch ist.


    Es hat was mit Selbstbestimmung zu tun und nicht mit "Meinungsfreiheit". Vances Buch wurde ja nicht in Deutschland auf den Index gesetzt. Wer will, kann es kaufen und wenn ausverkauft und nicht nachgedruckt - wie Millionen von anderen antiquarischen Titeln auch - kann es als englisches eBook durch DeepL jagen.

    Hihi, solche Listen sind ja immer ein leichtes Ziel. Und dank social media (bes. seit dem Lockdown) kann niemand mehr etwas genau genug sub-definiert beschreiben. (Klar, 21. Jhd. bis jetzt und klar, dass da kein Buch in einem nord-estnischen Dialekt gelesen / vorgestellt wird, sondern Bücher von bereits bekannten, großen Namen / Verlagen v.a aus dem englischsprachigen Raum, was ja auch die Leserschaft der Zeitung sein wird. So what?)


    Ich sehe solche Rankings in eher positivem Licht, selbst wenn sie keine Bücher präsentieren, die ich bevorzugen bzw. lesen würde. Leute, die eh viel lesen, brauchen sowas nicht. Leute, die Impulse brauchen, um überhaupt zu Büchern zu greifen, kommen dadurch vielleicht zum Lesen. Das an sich ist doch ganz gut. Wer ein mittelgutes Buch liest, stolpert vielleicht danach über ein gutes. Kids lesen und schreiben dann Fan Fiction. Warum nicht? Besser als Drogen verticken.


    Von der Top 10 hab ich auch nur Mantels Wolf Hall / Bringing up the Bodies (das wird wohl Wölfe sein) gelesen bzw. teilgelesen, war aber nach der absolut brillanten BBC-Serie stark enttäuscht: Simple Sätze, Übererklärungen, stating the obvious, "er dachte XY", Interpretationen des Erzählers, wenn er an anderer Stelle plötzlich raten muss, was in der Figur vorgeht. Flache Dialoge, keine Sinnlichkeit, Haptik. Ja, Manuela , interessante Frage im Artikel: Die Miniserie macht die Romane überflüssig. Das ist aber imA Schuld der Bücher, nicht der Serie.


    Man findet sicher immer Werke, bei denen man fragt: 'Warum X, nicht Y? Y ist viel besser!'

    Warum Wolf Hall, wenn es Luther Blissets Q gibt? (Okay 1999, aber das ist ja haarscharf die Kante. Auch ins Englische und Deutsche übesetzt, einer der Autoren des italienischen, anarchistischen Autorenkollektives war wohl Umberto Eco).


    Das noch erwähnte Station Eleven von Emily St. John Mandel hab ich ganz gelesen, und fand es ziemlich schauderhaft.


    Die Quotierung und wieweit sie gehen soll, bzw. ob das immer die gleichen Parameter ergibt (wo bleiben pazifische Autoren, die tolle Sachen schreiben, wo bleibt die Lateinamerikanische Philosophie, die sich bewusst von der westlichen absetzt und extrem spannend ist, soweit sich Übersetzungen finden lassen, wo sind die Magischen Realisten von Haiti? Der Balkan hat tolle junge Autoren, Rumänien, Ukraine ... Polen. Warum kräht danach kein Hahn im Mainstream?

    Ich meine, diese Listen wie im Artikel vorgestellt, dienen nicht eigentlich dazu, Qualitätsliteratur aus aller Welt zu listen. Sie sind ein - teils nachweislich bezahltes - Marketing-Tool, Verkaufszahlen ohnehin starker Verlage / Titel noch mal neu anzukurbeln. Wie gesagt: Besser das lesen als Drogen verticken, was - wenn ich so aus dem Fenster gucke - von einer gar nicht so unerheblichen Anzahl an Leuten betrieben wird. :D


    Apropos "Unterrepräsentierte" und Quoten:

    Mein Graphic Novel-Favorit nicht nur diesen, sondern gleich der letzten Jahre, war mit großem Abstand Jimmie Robinsons Junk Rabbit. Es ist ungeheuer detailliert-präzise, fantasievoll gezeichnet, hat eine frische, freche, sympathische Story und ist trotz des Inhalts / Themas kein Sozialpamphlet. Der Autor-Zeichner ist ein Schwarzer / Black American, aber seine Figuren - incl. der Titelheldin - sind alle Kaukasier. Höchstens mit einem leisen Hauch hispanic. Einzig der 'Bösewicht' / eindeutiger Antagonist ist ein Schwarzer (allerdings ein durchaus komplexer Charakter). Als was gilt das jetzt im Sinne der social media warriors? Ist das Comic 'schwarz' oder 'weiß'? Wen repräsentiert Robinson? Ich meine, Quotierungen und solche Fragen sind nicht zielführend, sondern provozieren Segregation. Es ist ein tolles, wunderbares Comic, dem keine Quoten-/Repräsentationsbetrachtung irgendwie nützen würde. Meine 5 Cent.

    Horst-Dieter Ach ja, die Walz! Darauf bin ich gar nicht gekommen, dabei trage ich seit einem halben Jahrhundert diverse FHB-Zunfthosen. Nix geht über Pilotzwirn. Ich hatte allerdings nicht auf dem Schirm, dass da gesungen würde (habe die Gesellen aber nie auf Landwegen, sondern immer nur in Städten gesehen, mag daran liegen. Auch schon in Helsinki, übrigens).


    Irgendwie komme ich immer auf Pferde, aber zur Zeit der ersten Freizeitwanderungen ist man ja noch per Reiten / Kutsche unterwegs gewesen. Ein nicht geschütztes Traditional - quasi Wanderreitlied - kommt aus den USA: "Rawhide". Hier in der Fassung der The Men They Couldn't Hang (UK).

    Dazu lässt sich bestimmt auch super trekken. Mehrstimmig!


    Nicht direkt zum Wanderlied, aber klassischen und modernisierten ländlichen Gesangsformen, die ihren Ursprung in Arbeiten haben: Kennst du diese wunderbare Doku Heimatklänge? Fetteste Empfehlung, ein wirklich verrückter, inspirierender Film - übers Jodeln.


    Silke Krass, aus einem unerfindlichen Grund hab ich Walzing Mathilda immer als Kriegsthema verstanden - als der Soldat, der tot (in der Übertragung auch versehrt) ist und daher nicht mehr tanzen bzw. zurückkehren wird. Kenne das seit Ewigkeiten in der Pogues-Version, hatte mich aber nie um den Text gekümmert - was man hier alles lernt!

    Uff, das ist ja mal eine spannende Frage!


    Spontan ist für mich das Bild, dass in britischen Regionen jemand laut singend durch die Landschaft geht, vollkommen absurd. Und ich denke, du benötigst für die Suche Länder mit einem ähnlichen bürgerlichen Verständnis von 'Freizeit' und 'Natur'. wie sagen wir in der Zeit des Biedermeier / der beginnenden industriellen Revolution. Da wurde das Naturbild aus Folklore wie auch (Dunkler) Romantik gespeist. Vermutlich eine Sonderform von Liedern, die bei der Arbeit gesungen wurden, um im passenden Rhythmus zu atmen / Kraft zu schöpfen: z.B. Shanties bis in die 1950er, auch Lieder bei der Ernte / auf dem Feld.


    Allerdings nehme ich an, dass diese Tradition im Laufen zu singen keinen praktischen oder folkloristischen, sondern rein christlichen Ursprung hat - sowas wie Psalmen und 'verlängerte' Bitt-/Schutzsprüche, Pilger- oder Kreuzfahrten. Durch die Massenexekutionen an sog. "Ketzern" bes. 1650-1750 ist gerade eben in Deutschland (wo die Verfolgungen am exzessivsten waren) vermutlich wenig bis nichts erhalten, was nicht streng religiös war.


    Die Pfadfinder haben glaube ich heute noch solche frommen Wanderlieder, und ich nehme an, die US-amerikanischen Boy Scouts wären da eine Quelle. (Geht das vielleicht sogar auf deutsche Auswanderer zurück?)


    Lieder, die speziell mit Ortsveränderung / Bewegung zu tun haben - und eben nicht mit Arbeit -, auch währenddessen gesungen wurden, kenne ich sonst nur von den Roma, hier speziell den finnischen. Diese haben v.a. im 19. Jhd. schwedisch-finnische und eigene Lieder gesammelt, als diese beim Bürgertum in Vergessenheit gerieten. Hilja Grönfors hat tolle Sammlungen herausgebracht, worin man deutlich den Rhythmus der Hufschläge heraushören kann; z. B. auf Phurane Mirits.

    Klingt vielleicht etwas nach 'stretching the definition', aber es ist der gleiche Impuls und der gleiche Kontext (Zielgerichtete Bewegung einer Gruppe durch die Landschaft).


    Je nachdem, wie 'traditionell' die Lieder sein sollen: Politische Sommerlager zw. den 1930ern und den 1980ern hatten das sicher auch, rote wie weiße. Aber inwieweit da konkret bei gewandert wurde, kann ich nicht sagen.


    (Oh oh, vielleicht nicht so direkt die Antwort, an die du dachtest ... Als eine, die Folk und echte Traditionals liebt, konnte ich einfach nicht den Mund halten, sorry.)

    Hallo Edith,


    auch von mir ein herzliches Willkommen!

    Mein Protagonist lebt in der ersten Hälfte des 11. Jahhunderts. Als slawisches Sippenoberhaupt hat er es nicht leicht, denn er weiß nie, ...

    Du, sag mal ruhig, wie's weitergeht. :- )


    Sehr spannende Zeit, das klingt nach einem schönen Projekt. Da war die Recherche sicher nicht einfach, denn das dürfte ja die Zeit vor Konvertierung gewesen sein, und da blieb ja wenig von übrig. Bzw. nur die Ansichten der Gegner - der Sieger schreibt die Geschichte und so ...


    Ich hab auch über die Jahre einiges zu der Zeit gelesen und in einer Kurzgeschichte ein - allerdings extrem akribisch recherchiertes - spekulatives Mash-up von 1066 (Haithabu brennt ab) und 1168 (Arkona fällt) geschrieben: Woliner Freibeuter und dänische Berserker gehen zusammen gegen Eindringlinge vor. Dein Perleberg liegt geografisch genau auf der Mitte zwischen meinen Settings. Allerdings gelangen meine Figuren unter Segeln von A nach B. 8)


    Hast du auch einen Link zu deinem Blog? Leider hab ich in deinem Profil nichts gefunden, das würde mich sehr interessieren.


    Herzlichst,

    Katla

    Hallo, AffectusUmbra ,


    herzlich willkommen auch von mir relativ Neuer hier.


    Das klingt doch alles schon super, ich würde auch sagen: Mach dir erst mal keinen Kopf, sondern schreibe etwas. Vielleicht (wenn du Bedenken hast, dass dir die Geschichte entgleiten könnte und du dann frustriert wärst) erst einmal eine isolierte, aber längere Szene.


    Dann schließe ich mich dem Tipp mit den Kurzgeschichten an, weil du da besser eine Planung (Intro, Worldbuilding, Abschluss, Ausblick) üben kannst. KGs lassen sich wesentlich besser nacharbeiten, umschreiben, editieren. Und selbst, wenn man bei kurzen Texten ins Schwimmen kommen kann, sind sie einfacher handhabbarer. Es finden sich auch leichter Testleser als für einen Roman.


    Und hier kommt mein Recherche-Problem zum Tragen, mir fehlt zum einen militärisches Wissen besonders im Bereich Ausbildung (wichtiger Teil meiner Idee) als auch im Bereich Taktik und Vorgehen in Kampfsituationen, ich habe keine Lust irgendwelchen Quatsch zu schreiben wie Typ rennt mit 2 Maschinengewehren im Arm durch die Gegend und ballert alle Gegner nieder (Analogien zu Rambo-Filmen sind bei diesem Vergleich leider unvermeidlich, profane Wortwahl inklusive).

    Ich finde, deine Herangehensweise klingt total solide. Recherchieren würde ich auch immer old school in Sach-/Fachbüchern. Klar, das Internet ist ein Startpunkt, aber nicht mehr. Es gibt sicher Autobiografien von Soldaten, die viel konkret von Kampfhandlungen schreiben. Öfter hab ich auch schon gelesen, dass Schreibende The Art of War / Die Kunst des Krieges (China, 500 BCE) für Taktik-Planung und als ich sag mal 'mentalen Hintergrund' hilfreich fanden. Der englische Wiki-Text ist wesentlich aussagekräftiger als der deutsche, das Buch gibt es auch in sehr schönen TB-Ausgaben.

    Dann auch sicher aktuelle Theorieabhandlungen (wenn Englisch für dich okay ist: was über US-Marines oder den britischen SAS), aber auch Militär-Foren. Ggfs. SF-Militaristik Foren, und schon vom Mitlesen lernst du sicher einiges.


    An Starship Troopers etc. ist ja an sich erst mal nix verkehrt, das kann auch Spaß machen. Aber wie du schreibst: Ernsthaft ist es natürlich auch nicht.


    Ich bin auch Recherchefreak (einige Monate für einen Kurztext ist nix), meine aber, das hätte den Vorteil, dass man durchs Lesen wieder auf Details und Gedanken kommt, die man allein nicht gehabt hätte, und das imA auch ganz extrem den Spaß am Schreiben erhöht. Du bewegst dich dabei im Thema, ohne aber den Stress zu haben, das alles aus deinem eigenen Kopf holen zu müssen. Das würde ich nicht als 'Problem' bezeichnen, ist doch super, dass du Lust drauf hast.

    Der zweite Punkt, an dem ich aktuell so meine Probleme habe, ist wissen über Pilze. Ich weiß, dass es eine eigene Art darstellt und der größte Organismus des Planeten Erde wohl ein Pilz ist, dass viel daran geforscht wird, aber damit erschöpft sich mein Wissen bedauerlicherweise schon.

    Das ist auch total spannend - ich hab mal gelesen, dass sich Biologen immer noch unsicher sind, ob Pilze zu den Pflanzen oder den Tieren gehören.


    Brian Aldiss hat in seinem tollen Hothouse einen Pilz als Protagonisten (er sitzt im Körper eines menschlichen Protagonisten und steuert dessen Hirn). Auch, wenn ich Erstrecherche in Fiktion nicht ideal finde, lohnt sich hier ein Blick.

    Last but not least fehlt es mir an Wissen zu Asteroiden und deren Verhalten/Auswirkungen auf unseren Planeten im Vorbeiflug. Ich bin weder Militär noch Wissenschaftler, dennoch ist es mir wichtig eine fundierte Grundlage zu haben.

    Hehe, ich fühle total mit dir. Würde selbst gern Hard SF schreiben, das ist mit einer 5 in Physik und einer 6 in Mathe damals aber nahezu unmöglich. Dabei lese ich aber wahnsinnig gern darüber, kommt eben drauf an, wie das erklärt ist. Ich halte Lee Smolin für einen guten Einstieg, aber konkret als Recherche fiele mir hier Phil Plait ein, besonders sein Bad Astronomy. Eine extrem unterhaltsame Website und auch etwas anders aufgezogen als Buch. Dort sehr gut die 'Misconceptions' (z.B. dies), er nimmt aber auch z.B. als Fanboy SF-Filme auseinander und erklärt, was daran gar nicht geht.

    Aber aus irgendeinem Grund finde ich aktuell nicht den Mut alles, was ich habe, zu nehmen und zumindest mal anzufangen zu schreiben. Wie gesagt ich habe eine Ideensammlung, die mehrere Seiten umfasst und in Stichpunkten einzelne Situationen erfasst, ich habe mir wie bei einem Pen&Paper Spiel drei Charaktere entworfen und charakterisiert. Ich weiß, wer/was der Antagonist sein soll, ich habe ein Zeitframe in dem das Ganze spielt, aber ich bekomme es nicht hin mich endlich hinzusetzen und zu schreiben.

    Das klingt doch alles super! Und damit hast du doch schon längst angefangen zu schreiben.


    Wie wäre es, wenn du mit deinen drei Figuren eine Art spin off Kurzgeschichte schreibst, die in sich abgeschlossen einen Kernpunkt des Romans erzählt? Im Kleinen, sozusagen? Und hier zur Besprechung stellst.

    Auf der einen Seite will ich beim Schreiben bei Seite 1 anfangen und chronologisch schreiben, auf der Anderen hab ich immer wieder Ideen, meist zu den unpassendsten Momenten, die in das Buch passen würden und ich in den Momenten wahrscheinlich auch direkt schreiben könnte, aber ich wage es nicht einfach eine Situation zu schreiben, die vielleicht erst auf Seite 120 passiert oder wann auch immer.

    Du musst ja gar nix - ja, es gibt wohl Leute, die Romane chronologisch schreiben, aber andere fangen mit der Endszene an (ist durchaus überlegenswert, weil man ja auf etwas hinschreibt, wo alle Fäden zusammenlaufen sollen) und dann eben so Mosaik-/Collage-Schreiber, bzw. kann man auch von allem etwas machen, hehe.


    Warum nicht eine lange Szene schreiben, zu der du am meisten Lust hast? Dann bist du doch auch mit dem Kopf ganz drin und hast den meisten Spaß. Außerdem finde es schwierig, alle Recherche ausschließlich vorher zu machen und dann erst alles zu schreiben, weil man die Infos und auch die Assoziationen / Ideen, die man beim Recherchieren hatte, ggfs. nicht mehr erinnert oder nur mühsam wieder aufgewärmt bekommt. Auch ergeben sich beim Schreiben Fragen, die man dann eh neu recherchieren muss - aber das ist imA eher ein Vor- als ein Nachteil. Vielleicht recherchierst du, dann kommt dir eine Szene in den Kopf und dann verarbeite das doch sofort.


    Es sieht ja aus, als hättest du bereits einen Grundplan, somit wüsstest du, an welche Stelle diese Szene dann passte.


    Vielleicht hast du Lust, in Jeff VanderMeers Wonderbook zu schauen. Das ist ein ungeheuer gut durchdachtes, sinnlich-kreativ aufgezogenes Buch zu Schreibpraxis und -organisation. Allerdings nicht im Sinne eines herkömmlichen Ratgebers - es wird eher analysiert / exploriert. Es gibt Interviews und Zeichnungen, verschiedene Blickwinkel /Ansätze, aber enorm strukturiert aufgebaut. Es ist kein 'Man muss das und das machen', sondern ein: 'Was passiert, wenn ich XY mache'?


    Sorry, ich hab jetzt wesentlich mehr geschrieben als geplant - ist einfach so, dass ich mich in deinen Fragen total gut wiedererkenne. Und selbst wenn ich versuche Tipps zu geben, heißt es lange nicht, dass ich die selbst so gut umgesetzt bekäme. :kaeptn


    :kaffeepc Liebe Grüße, ich bin sehr gespannt, was von dir noch kommt!

    Katla

    Anja Ich hab mir 1793 - The Wolf and the Watchman aus der Bibilothek geholt, aber muss ehrlich sagen, dass ich mit dem Stil nicht warm werde.


    Es fängt (wirklich von allen Dingen das, na ja) damit an, dass der Prota aufwacht, und dies wird über sage und schreibe vier Seiten gezogen. Natt och Dag bringt zwar sehr schön - allerdings auffällig unauffällig - Details des Settings / der Epoche rein, aber drumrum ist so unglaublich viel Nebensächliches, dass diese Details (z.B. dass sich, als er im Bett hochkommt, seine Perücke an einem Nagel verfängt und vom Kopf gezogen wird) ertrinken.


    Die Sprache - zumindest die englische Fassung, aber so viel kann man als Übersetzer nun auch nicht dazufabulieren - ist unpräzise und voll von ... ich weiß es gar nicht genau: Füllsel, umständlichen Beschreibungen, Mehrfachbeschreibungen ein und derselben Sache. Zumindest für meinen Lese-Empfinden ist das so extrem, dass es mir schwerfällt, simple Begebenheiten nachzuvollziehen und dann vor allem, sie mir bis 5 Zeilen später zu merken. Die Probleme hab ich eigentlich sonst nicht.


    Hab auch mal bissl querbeet gelesen, und das ändert sich nicht. Nix gegen Romane mit langsamen, unaufgeregten Tempo, nix gegen Atmosphäre vor Action, aber hier muss ich leider passen. Möglicherweise ist der Stil der Idee geschuldet, dass Leute in der Epoche umständlich und verquast redeten, aber dafür sehe ich keinen ganz unbedingten Grund, wenn man sich Originalliteratur aus eben der Zeit anschaut: Matthew Lewis' The Monk / Der Mönch (1796) oder de Sades Romane (1785-1800).


    Beispiele:

    " Winge alternates the warming of the fingers of one hand in the palm of the other. " - Spricht was dagegen zu sagen Er reibt sich die Hände?


    (Puffmutter zur Begrüßung der Neukunden): "Certainly an overabundance of enthusiasm in that regard can affect the value of our wares in the eyes of others, but as long as you are willing to compensate our loss, all is as it should be." - Okay, ich bin auch kein Freund davon, dass Huren, Gastwirte oder Henker gleich super prollig sprechen, aber dieser Tonfall, der ja vom Erzähler wie jeder einzelnen weiteren Figur im Buch geteilt wird (soweit ich das sehe), könnte ja mal variieren, um z.B. eine knallharte Geschäftsfrau zu kennzeichnen. Denn darum geht es ja unter der Freundlichkeit. Außerdem ist das ein furchtbar verquast-bürokratischer Stil, der ihr sicher die Kundschaft vertreiben würde.


    "In order to succeed in her intention, she will need both to act quickly and to have luck on her side, for at the same moment that Amen is said, the watchmen will start herding the spinners into the courtyard and from there onward to their rooms."


    Ich wäre gespannt, ob es jemandem hier besser gefällt, andere Leseweisen / Eindrücke sind immer super interessant. Mag auch sein, dass das auf Schwedisch ganz anders klingt.