Die wesentliche Leistung einer Autorin oder eines Autors besteht darin, eine erzählenswerte Geschichte in eine für andere lesenswerte Form zu bringen. Dafür braucht es vielerlei Fähigkeiten, von denen einige erlernbar sind und andere wiederum nicht.
Umso mehr erstaunen mich die wiederkehrenden Diskussionen darüber, was wichtiger sei, das Handwerk oder Talent. Nötig sind selbstverständlich beide, aber: Bei nur unzureichend vorhandenen handwerklichen Fähigkeiten besteht in der Mehrzahl der Fälle immerhin die berechtigte Aussicht, sich diese aneignen zu können, während die gemeinhin unter dem Begriff „Talent“ zusammengefassten Qualitäten allenfalls in begrenztem Maße weiterentwickelt werden können, aber auch in diesen Fällen immer auf bereits Vorhandenem aufbauen.
Nicht zuletzt aus diesem Grund ist der Gedanke an eine regelrechte Ausbildung zum Schriftsteller für mich absurd, reicht meine Fantasie auch nicht aus, um mir vorstellen zu können, wie eine solch umfassende und alles richtende Ausbildung im Einzelnen aussehen könnte.
Noch ein paar Anmerkungen zum eigentlichen Thema des Threads.
Die Art und Weise wie Verlage und Agenturen auf unverlangt zugesandte Manuskripte reagieren - oder vielfach eben auch gar nicht - ist aus deren Sicht natürlich absolut nachvollziehbar so wie auch der Frust auf der anderen Seite.
Das Manuskript meines zweiten abgeschlossenen Romans habe ich 15 Agenturen und Verlagen angeboten. In sechs Fällen erfolgte keine Reaktion, sechs weitere Absagen waren typische Formabsagen. Zumindest ein klein wenig Hoffnung machten die drei restlichen Reaktionen, wenngleich auch sie letztendlich natürlich Absagen waren:
- Eine Agentur meldete sich per Mail zwei Stunden, nachdem ich ihnen das Exposé und die Textprobe geschickt hatte. Der Agent schrieb, dass er die Geschichte interessant fände und er schonmal beruhigt feststelle, dass ich schreiben könne. Er bat mich, ihm vor einem weiteren Kontakt doch bitte mitzuteilen, ob die Geschichte ein Happyend hätte und auch kurz den USP zu beschreiben. Und dann wollte er noch wissen, ob ich noch andere Manuskripte in der Schublade liegen hätte oder an weiteren Projekten arbeiten würde. Einzig bei der Frage nach dem USP bin ich mir nicht sicher, ob ihn meine Antwort zufriedengestellt hat.
Aber warum teilt er mir das dann nicht mit und bricht stattdessen sang- und klanglos den Kontakt ab?
- Von einer weiteren Agentur erhielt ich eine Standardabsage, allerdings am Ende ergänzt um die Aufforderung, mich mit meinem nächsten Projekt doch bitte noch einmal vorzustellen.
Aber warum nennen sie dann nicht den Grund für die Absage des bereits vorgestellten Projekts?
- Ein mittelgroßer Verlag, der bis dahin auf ausgesprochene Genreliteratur spezialisiert war, hatte gerade sein Portfolio um den Bereich Allgemeine Belletristik erweitert. Die Absage wurde damit begründet, dass die beiden dafür vorgesehenen Programmplätze für die kommenden zwei Jahre bereits besetzt seien, sie meine Geschichte aber sehr interessieren würde, nur dass sie zum jetzigen Zeitpunkt halt keine Möglichkeit für eine Veröffentlichung sähen. Ganze dreimal(!) stand diese Aussage in ihrem Antwortschreiben, das zudem auch durch seine Länge deutlich aus dem Rahmen fiel.
Aber warum fordern sie dann zwecks Wiedervorlage zu einem späteren Zeitpunkt nicht das ganze Manuskript an oder schlagen mir nicht vor, mit diesem Manuskript in zwei Jahren noch einmal anzuklopfen?
Formabsagen oder gar keine Reaktion, okay, das ist eindeutig. Aber wenn schon ein grundsätzliches Interesse vorhanden ist, weshalb bekommt man dann nicht wenigstens einen Hinweis dazu, warum es trotzdem nicht passt oder wie bei einem nach wie vor bestehenden Interesse die weitere Vorgehensweise aussehen könnte?
Ich fühlte mich da ziemlich alleingelassen und irgendwann bin ich müde geworden, mir ständig das Hirn zu zermartern mit der Frage, woran es denn nun gelegen hat.
Klar ist das frustrierend, aber man muss sich auch eine besondere Art von Selbstbewusstsein aufbauen bzw. zulegen, wenn man in dieser Branche unterwegs ist.
Ja, mittlerweile sehe ich darin die einzige Möglichkeit, um mit der ganzen Situation einigermaßen zurechtzukommen, wobei in meinem Fall die entwickelte Lockerheit ein Stück weit auch aus Resignation besteht. Der Markt hat sich während der vergangenen Jahre ja für Autorinnen und Autoren nicht unbedingt zum Besseren entwickelt
und sogar bei Agenturen braucht es mehr und mehr eine substanzielle Dosis Vitamin B, um wenigstens einen Fuß in die Tür zu bekommen.
Und das finde ich aller Coolness zum Trotz sch ... schade.
Herzliche Grüße
Jürgen