Beiträge von SusanneK

    Ich finde nicht, dass die Parteinahme für Minderheiten automatisch Propaganda ist. Es ist eine Frage der Perspektive, was und wie erzählt wird. Von wessen Warte aus spreche ich? Wem gebe ich das erlebende Ich? Es bleibt wichtig, den Benachteiligten das Wort zu geben.


    Vertreter von Minderheitengruppen dramaturgisch als Schießbudenfiguren einzusetzen, finde ich in der Tat nicht richtig, solange es noch zu viele Menschen gibt, die von den Ressourcen abgeschnitten sind und somit zu den Minderheiten gehören.

    Liebe Kiana, lieber Tom,

    ich habe es so verstanden, dass die Manuskripte angenommen wurden, aber noch nicht fertig sind, und dass die Agentur auf bestimmte Abgabetermine dringen könnte, die mit der aufwändigen Weiterbildung kollidieren könnten.

    Viele Grüße

    Susanne

    Ist es eine Weiterbildung für den Brotberuf oder eine Weiterbildung für AutorInnen? Weiterentwicklung und Weiterbildung sind immer wichtig. Aber eine plötzliche Agenturzusage kann alles verändern und den Zeitplan über den Haufen werfen. Die Agentur agiert ja fast wie ein weiterer Arbeitgeber. Die hätte für mich in dem Fall Priorität vor der Weiterbildung, wenn du diese ggfs. ein halbes Jahr oder ein Jahr später auch noch wahrnehmen kannst.

    Der Spaß ist also durchaus gegeben, mal ganz abgesehen von freier Zeiteinteilung und Arbeitsplatzwahl. Und abhängig ist man im Leben in vielerlei Hinsicht. Denn genau, wie man in einem Angestelltenjob die Anweisungen des Chefs nicht ignorieren kann, wenn man keine fristlose Kündigung riskieren will, kann man das auch in einem freien Beruf nicht mit merkantilen Aspekten tun.


    Ich denke, so einfach ist das nicht, Spaß oder merkantiler Ernst. Ich betrachte mich als Autorin immer als autonomes Subjekt, das keinen Chef über sich duldet. Verhandlungspartner wie Verlage sollten auf Augenhöhe sein.

    Trotzdem lasse ich den Vergleich mit dem Angestellten hier mal gelten: Nicht jeder, der bei einer Bank arbeitet, ist gleich ihr Direktor. Er kann auch als Assistent oder Fahrer eingestellt worden sein. Im Literaturbetrieb ist es nicht anders: Es gibt Starautoren und solche, die gar nicht veröffentlichen (können) und alle Schattierungen dazwischen. Nur wird einem hier suggeriert, dass es nicht okay ist, wenn man kein Bankdirektor ist. Die Medien (so auch die Zeitschrift "Federwelt") machen einen immer hungrig danach, man müsse ein Erfolgsautor sein, um ein guter Autor zu sein.

    Ich selbst habe in verschiedenen unabhängigen Verlagen erfolgreich Bücher veröffentlicht, jedoch von Agenturen und größeren Publikumsverlagen Absagen bzw. gar keine Antworten bekommen. Das gibt mir dann auch das Gefühl, als Schriftstellerin nicht zu genügen. In diesem Segment fehlen mir auch die Kontakte / Verbindungen, sodass ich nicht in Erfahrung bringen kann, woran es hapert.

    Ich versuche es durchzusetzen, dass ich weiterhin kein Pseudonym verwenden muss. Ich bin da sehr stur, ich möchte alle meine Projekte, sind sie auch noch so verschiedenartig, unter meinem Namen versammeln. Die meisten Bücher sind unter meinem Geburtsnamen erschienen, einige Leute kennen mich aber auch unter meinem Doppelnamen, der sperriger, aber auch unverwechselbarer ist.

    Es gibt freie, kostenpflichtige Lektoratsservices, die durchaus dabei helfen können, Schwächen eines fast guten Manuskripts so auszugleichen, dass es zu einem sehr guten wird und anschließend etwas wahrscheinlicher Abnehmer findet. Aber wenn man ein ganzes Manuskript auf eigene Kosten lektorieren lässt, dann kostet das eine ganze Stange Geld, und es ist durchaus möglich, dass man selbst im Erfolgsfall als Debütant anschließend - wenn überhaupt - eine Garantie bzw. einen Vorschuss bekommt, die/der diesen Betrag bei weitem unterschreitet.


    Literarische Agenturen - nicht "Textagenturen" - arbeiten zuweilen zwar auch mit ihren Autoren an den Projekten, aber die Hauptaufgabe von Literaturagenten besteht darin, die Projekte zu für die Autoren möglichst guten Konditionen an Verlage und sonstige Verwerter zu verticken, also Abnehmer zu finden. Dafür bekommen seriöse Agenturen kein Geld im Vorfeld, sondern nehmen Erfolgshonorare, nämlich zehn bis zwanzig Prozent von allem, was fließt. Agenturen werden deshalb in der Hauptsache versuchen, möglichst potente Abnehmer zu finden, also größere und große Publikumsverlage, weil sich dieses Geschäft sonst nicht lohnt. Wenn man von vorneherein weiß, dass es sich um ein Nischenprojekt handelt, sollte man deshalb möglicherweise eher versuchen, selbst einen Verlag aus der zweiten Reihe zu finden.

    Die Situation ist hier von Tom sehr klar beschrieben worden. Danke.

    Hallo Tom, hallo Horst-Dieter,

    danke, dass ihr auf meinen Beitrag Bezug genommen habt. Ja, an Josef Wintjes kann ich mich auch noch erinnern! Heute gibt es die Kurt Wolff Stiftung, die ist auch eine Hilfe für die Kleinen. Das Allgemeinpublikum liest die Veröffentlichungen mit kleineren Auflagen trotzdem kaum.

    Das mit dem Überangebot an Publikationen stimmt, und hinzu kommt, dass das Buch als relevantes Medium einfach schwächer geworden ist. Ich hatte durch Corona auf so eine Art Graswurzelrevolution gehofft, aber das war ein Irrtum. Die alte Klassengesellschaft im Literaturbetrieb besteht weiter. Es sind nur wenige, die sich Gehör verschaffen können. Und die Stimmen von Schriftstellern im Allgemeinen sind es jetzt auch nicht unbedingt, nach denen die Öffentlichkeit gerade verlangt (eher die der Journalisten, denen der Aufwind ja auch mal ganz gut tut). Ich sehe auch nicht, dass es nach Corona besser wird für die Schriftsteller (eher vielleicht für die IT-Spezialisten oder Mediziner & Pfleger, denen das ja auch zu gönnen ist), weil einfach der ganze Berufsstand sehr an "Systemrelevanz" verloren hat, und die unbekannteren sind dann ganz weg vom Fenster.

    Ich bin da pessimistisch, ich glaube nicht, dass das mit dem Umbau des Systems funktioniert. Insbesondere in dem Bereich der kleinen Verlage und der ehrenamtlichen Literatur-AktivistInnen existiert kein Markt für die Publikationen. Es gibt kaum Abnehmerinnen für die Bücher. Schreibende, die nicht bekannt sind, schreiben auf ihre eigene Verantwortung. Es hat sie niemand darum gebeten. Also können sie auch keine Bezahlung verlangen. Ich sehe es sogar so, dass Corona das letzte Bisschen Markt für die Kleinen ganz kaputt macht. Das Buch aus einem Kleinverlag wird vom allgemein gebildeten Verbraucher nicht als "systemrelevantes" Produkt angesehen. Das Angebot an Literarischem ist beliebig und unübersichtlich geworden, einen Wiedererkennungswert fürs Publikum haben nur Bestseller und Autoren, die zur Marke geworden sind. Als unbekannter Autor kann man nicht damit rechnen, dass die Bücher gekauft und die Texte gelesen werden, die man publiziert hat. Der Markt, der sich an einigen wenigen Größen orientiert, wird nach Corona noch unerbittlicher werden, denn der Virus wird dann noch einige kleine Buchhandlungen und Verlage mit sich in den Tod gerissen haben.

    Sehr spannendes Thema, das wurde auch bei Montsegur diskutiert. Allerdings weiß ich nicht, wie es ausgegangen ist, denn da ist gerade "Baustelle".


    Ich bin der Meinung: Jeder sollte frei sein, über das zu schreiben, was er mit seiner Empathie verantworten kann. Er soll nur darauf achten, nicht jemandem, der selbst betroffen ist, sein Bild überzustülpen. Umgekehrt sollten SchriftstellerInnen, die selbst einer Betroffenen-Gruppe angehören, auch die Freiräume und den Respekt bekommen, über "ihre" Themen zu schreiben, ohne dafür in eine Minderheiten-Schublade gesteckt zu werden.

    Liebe Cordula,

    ich gratuliere dir sehr herzlich zu deiner Veröffentlichung. Der Trailer weckt die Neugier auf ein vielschichtiges Buch, das sich mit einem Familiengeheimnis beschäftigt. Viel Erfolg damit!

    LG Susanne

    Vielen Dank für die Glückwünsche!

    Ich bin mit meinen Erzählungen aber nicht so pessimistisch, dass sie nicht gekauft werden. Angesprochen werden Menschen mit Benachteiligung und diese sind nicht unbedingt Leser sehr langer Texte. Eine der drei Geschichten, "Martin in der Kammer" erzählt von der Liebe zwischen einer jungen Frau und einem jungen Mann mit geistiger Einschränkung. Dieser Text wurde in die einfache Sprache übersetzt. Die Übersetzung ist im Buch enthalten und eignet sich auch gut zum Vorlesen.

    Allgemein bin ich der Überzeugung, dass kürzere Formen wieder mehr im Kommen sind. Einen anspruchsvollen Text in einer Stunde zu genießen, kann in einer Epoche, in der viel Zeit durch die digitalen Medien verschlungen wird, wie ein Geschenk sein. Dass man nicht verpflichtet ist, vier Tage an einem Roman zu lesen, bis man ihn erfasst hat. Die Erzählung ermöglicht, in wenig Zeit viel Gehaltvolles zu aufzunehmen, ähnlich wie Lyrik, aber für den Liebhaber von Prosa.

    Heute ist mein neues Buch erschienen!

    Walzer mit Mr. Spock. Frankfurt: edition federleicht, 4. Februar 2020. ISBN 978-3-946112-53-2


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    Drei verletzte Frauen. Und die Liebe, die sie nicht gesucht haben.

    Er ist sicher keine Romanze, der neue Erzählband von

    Susanne Konrad Walzer mit Mr. Spock.

    In klarem, trockenem Stil schreibt die Autorin über das Zueinanderfinden

    von Menschen unter Widrigkeiten wie Psychiatrieaufenthalten,

    Suchterkrankungen oder geistiger Behinderung –

    Erzählungen, die gesellschaftlich indoktrinierte Grenzen

    literarisch überschreiten, vielleicht gar überwinden.

    Kleine Verlage müssen viel mehr auf Direktvertrieb setzen, auf regionalen Buchmessen, Festivals etc. Denn der konventionelle Weg in den Buchhandel und zu größeren Multiplikatoren ist oftmals versperrt.

    Die Zusammenarbeit mit kleinen Verlagen hat aber sehr schöne Seiten. Man arbeitet mehr Hand in Hand mit dem Verleger bei der Planung des Buches, bei seiner äußeren Gestaltung und bei der PR. Bei großen Verlagen hat man geringere Mitsprachemöglichkeiten.

    Viele Buchprojekte fallen durch die Raster der Agenturen und Großverlage und sind doch manchmal innovativer und anspruchsvoller als die dort vertretenen und verlegten. Der Kleinverlag kann sie auffangen.

    Es ist wichtig, dass Literaturkritiker und Medienvertreter die Perlen, die so entstehen, auch wahrnehmen und ans Licht der Öffentlichkeit heben. Ein Buch herzustellen, reicht nicht. Es muss auch zur Kenntnis genommen und verbreitet werden.

    Ich glaube, es liegt auch an den Verlagen. Immer mehr Namen werden in immer kürzerer Zeit hochgepusht, der neue Bestsellerautor und sein Titel werden intensiv beworben und verbreitet, aber genauso schnell erlischt das Verlagsinteresse wieder, wenn der Autor danach nichts Ebenbürtiges liefert und er versinkt wieder in der Vergessenheit, währenddessen neue Namen stürmisch aufsteigen und für einen kurzen Augenblick ganz oben gehypet sind.

    Oh, welch eine Diskussion, die mich auch betrifft. Ich habe so Autorenkolleginnen, die können sich präsentieren wie Diven, und die bekommen objektiv mehr Lesungen und mehr Likes als ich, die ich eine unauffällige Erscheinung bin und das Rampenlicht eher meide als suche. Dazu schreibe ich über sehr ernste Themen und mache die Erfahrung, dass das Publikum von einer nicht so berühmten Autorin eher die leichte Kost annimmt. Meine Anthologien mit Lokalkolorit verkaufen sich weitaus besser als meine Erzählungen über Liebesleid, Krankheit oder gar Tod. Aber worum geht es mir? Was will ich schreiben und für wen?

    Das mit dem "im Literaturbetrieb Angekommensein" ist ein Spruch, den Schriftsteller gern den Medien gegenüber äußern, um zu zeigen, dass sie einen gewissen Erfolgslevel erklommen haben. Oder Journalisten fragen gern: "Fühlen Sie sich im Literaturbetrieb angekommen?"


    Ich würde da noch trotzig "nein" sagen, obwohl ich viele Bücher veröffentlicht, Leseungen gehalten und mich in der Literaturszene vernetzt habe.


    Angekommen sein bedeutet für mich: Es zum Publikumsverlag geschafft zu haben, viele Anfragen zu bekommen, diese vergütet, (wie Tom schreibt): vom Feuilleton gekannt zu werden, Preise zu bekommen und auch ein bisschen hofiert zu werden sowie mit angesehenen Leuten vernetzt zu sein und ein Publikum zu haben, das meine Bücher kennt und schätzt..


    Meine Bekannte hat eine zunächst eine interessante Auszeichnung erhalten, daraufhin viele Lesungen in besseren Häusern gemacht und ist vom Kleinverlag zum Publikumsverlag aufgestiegen. Ihr Thema ist gesellschaftspolitisch aktuell und heutzutage von Mehrheitsinteresse. Ich gönne ihr den Erfolg, sie ist eine sehr liebenswürdige Autorin.


    UlrikeRenk: Mit "Rolle spielen" war gemeint, als Autorin auch die Erscheinung verkörpern zu müssen, als die man wahrgenommen wird, auch wenn man sich mal gar nicht danach fühlt. Öffentliche Rolle versus private Existenz. Dass frau als Schriftstellerin schön, stark und erfolgreich ist, muss sie immer signalisieren. / Ich habe übrigens nie Auftragsbücher geschrieben, sondern immer das, was mir wichtig war. Für meine Romane, Novellen, Erzählungen habe ich Verlage gesucht und fast immer auch gefunden.