Hallo Dorit,
von mir noch eine Ergänzung, die mir gerade einfällt:
"Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen" von Hallgrimur Helgason aus Island. Das Buch ist streckenweise unglaublich witzig, und zwar vor allem durch den Stil des Autors. Es ist aber schon länger her, dass ich es gelesen habe, insofern kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Was mir aber besonders daran gefällt, ist, dass es eigentlich eine Tragikomödie ist, der tragische Aspekt wird allerdings erst recht spät enthüllt.
Und das ist ohnehin ein ganz entscheidender Aspekt guter Komik: Meiner Ansicht nach sollte sie sich nie in reiner Komik erschöpfen, dann wird es schnell zum Selbstzweck. Eine gute Komödie hat meinem Ansicht nach oft einen tragischen Kern. Das heißt, man amüsiert sich, denkt aber am Ende oft, dass man eigentlich nicht hätte lachen dürfen. Gute Beispiele dafür finde ich oft in Theaterstücken. Etwa "Cyrano de Bergerac", da gibts hinreißend witzige Momente, aber der Grundton ist traurig.
Auch "Dinner für Spinner" ist sehr, sehr lustig. Und gleichzeitig weiß man, dass man nicht lachen sollte, denn es geht um einen zutiefst einsamen Mann.
Oder, auch schon älter, das AIDS-Drama "Angels in America", ein Theaterstück, das immer wieder zwischen Komik und Tragik wechselt. Der Autor versucht, sich einem tragischen Thema mit den Mitteln des Humors zu nähern.
Auch das "Rosie-Projekt", das Silke genannt hat, oder die Brenner-Romane, von denen Tom schreibt, sind Beispiele für guten Humor. Bei Brenner ist es diese böse Satire, und das Rosie-Projekt schildert, wenn ich mich richtig erinnere, die Liebesbemühungen eines Mannes, der das Asperger-Syndrom hat. Was mir an dieser Romanreihe besonders gut gefällt, ist, dass der Autor seine Hauptfigur niemals in Lächerliche zieht.
Und streckenweise sehr komisch finde ich (fast) alle Romane von Fredrik Backman, allen voran natürlich "Ein Mann namens Ove": Ein Misanthrop, wie man kaum einen schlimmeren findet, der ins Leben und vor allem in die Gesellschaft anderer Menschen zurückfindet. Auch hier greifen Tragik und Komik dauernd ineinander.
Dann gibts noch die zeitlose Komik, etwa von Karl Valentin, die funktioniert hauptsächlich über Sprachparodie. Valentin imitiert Stile, er seziert verschiedene Sprachunsitten oder treibt Wortgenauigkeit ins Absurde.
Ebenso zeitlos ist auch Loriot. Aber ich finde es tatsächlich schwierig, ihn zu analysieren.
Generell würde ich sagen, gute Komik erschöpft sich nicht im platten Witz, den man sofort wieder vergisst. Letztere Witze trifft man häufig in der Comedy. Das sind reine Eintagsfliegen. Sie sind für den Augenblick ganz lustig, aber man erinnert sich am nächsten Tag schon gar nicht mehr daran.