Wer bei einen Verlag/Agentur anklopft, muss eine abgeschlossene Ausbildung im literarischen Schreiben vorweisen. Wer die nicht hat, kann gerne auf eigene Kosten sein Werk verlegen.
Was für eine Ausbildung?
Wer bei einen Verlag/Agentur anklopft, muss eine abgeschlossene Ausbildung im literarischen Schreiben vorweisen. Wer die nicht hat, kann gerne auf eigene Kosten sein Werk verlegen.
Was für eine Ausbildung?
Was für eine Ausbildung?
Das würde mich ebenfalls interessieren. Wenn ich Literaturwissenschaften studiert habe, heißt das noch lange nicht, dass ich auch interessante, wertvolle, unterhaltsame, exotische, etc, Geschichten schreiben kann. Studiere ich Germanistik: dito. Bin ich Deutschlehrer: dito. Bin ich nachweislich erfolgreich als Lektor: dito. Und so weiter. Ich bin jetzt wirklich interessiert, welche Ausbildung optimal wäre, um einen Roman zu schreiben, der einem Verlag aufgrund der Ausbildung des Autors einen Gewinn beschert.
Der Stein war mir zu groß, um nicht drüber zu stolpern, sorry. (Ich habe zudem Emojis vergessen, die meine Betonung von „Ausbildung“ verdeutlicht hätten.)
Inzwischen habe ich weitergelesen. Meine Frage erübrigt sich demnach.
Nun, es gibt das vergleichsweise berühmte Deutsche Literaturinstitut an der Uni Leipzig, an dem relativ viele, sehr namhafte Autoren und -innen Kurse für "Creative Writing" und ganze Ausbildungen absolviert haben, bevor sie namhaft wurden. Das ist der hochwertigste Ausbildungsgang dieser Art in Deutschland, aber es ist auch nicht ganz leicht, sich dafür einzuschreiben. CW lehren viele Unis, Volkshochschulen und andere Institute, und ich bin sicher, dass man dabei etwas lernen kann. Ich bezweifle aber, dass auf diesem Weg (vor allem in Leipzig) aus schlechten Schriftstellenden gute werden. Eher aus ziemlich guten sehr gute. Das ist ja auch an den Schauspielschulen, Kunstakademien usw. so. Leute, die etwas können, werden dort zu Leuten, die etwas sehr gut können.
Ich bin jetzt wirklich interessiert, welche Ausbildung optimal wäre, um einen Roman zu schreiben, der einem Verlag aufgrund der Ausbildung des Autors einen Gewinn beschert.
Ein Literaturwissenschaftler schreibt keine Literatur, sondern analysiert sie nach unterschiedlichsten Gesichtspunkten und fasst diese Erkenntnisse zusammen, sehr einfach ausgedrückt. Er ist mehr der Theoretiker.
Der Autor, sorry, wenn ich jemanden auf die Füße trete, ist mehr der Handwerker. Er kennt die Werkzeuge und wendet sie an, um ein möglichst gutes Buch zu schreiben. Um es anschaulich zu beschreiben, der Elektriker muss das Handwerkszeug und die Normen beim Verlegen vom Stromnetzen beherrschen, er muss nicht die Theorie der Ausbreitung elektromagnetischer Felder im Kupferleiter kennen - beim Wissenschaftler ist das genau umgekehrt.
Ja, Ausbildung "Creative Writing" ist in etwa das, was ich mir darunter für den Autor vorstelle und ja, die Ausbildungszeit korreliert nicht zwingend mit der Qualität des Manuskriptes. Eine Art Faible für das Schreiben gehört dazu. Und ja, es gibt auch Naturgenies, die aus der Kalten heraus, einen Bestseller schreiben, warum auch immer das klappt.
Das ist der hochwertigste Ausbildungsgang dieser Art in Deutschland, aber es ist auch nicht ganz leicht, sich dafür einzuschreiben. CW lehren viele Unis, Volkshochschulen und andere Institute, und ich bin sicher, dass man dabei etwas lernen kann. Ich bezweifle aber, dass auf diesem Weg (vor allem in Leipzig) aus schlechten Schriftstellenden
gute werden.
Zweifellos.
Unter „Ausbildung“ fielen mir aber nicht die eher raren Plätze an solchen Instituten ein, sondern, ähnlich wie die vielen Vanity-Verlage, Schreibkurse, wo man zweifellos etwas lernen KANN, oft genug aber auch nicht. Ohne Neigung (um „Talent“ nicht zu gebrauchen) kein Erfolg.
Lesen kann zudem auch eine Ausbildung sein. Trainiert das Sprachgefühl ungemein. Wer ohne regelrechte Ausbildung gut schreibt, hat in den meisten Fällen viel gelesen.
ZitatIch bezweifle aber, dass auf diesem Weg (vor allem in Leipzig) aus schlechten Schriftstellenden
gute werden.
Sieh an, auch Tom geschlechtelt mittlerweile, wie mir in letzter Zeit auffällt. Und in der praktischen Kurzform greift er auch gerne auf substantivierte Partizipien zurück, wie obige Figura beweist.
Irgendwo ist hier mal die Frage aufgetaucht, ich glaube, Birgit hatte es angesprochen, wer die (Vor)Auswahl in den Verlagen trifft. Ich war eine ganze Zeit lang selber in einem Ausschuss, bei dem es um die Bundesförderung Freier Theaterensembles ging. Wer dort ein Ansuchen eingereicht hat, musste das Theaterstück beilegen, sofern es selbst geschrieben war.
Doch, man bekommt tatsächlich auf den ersten zwei bis drei Seiten einen Eindruck von dem Stück. Dann legt man es weg oder liest weiter.
Denn es ist nun mal so, dass der Autor mit jeder Zeile um seinen Text "werben" muss, wer sagt, gut, der Anfang ist ziemlich lahm, aber ab Seite 10 wird es dann klasse, dessen Text hat kaum eine Chance, zumindest dann nicht, wenn der Autor noch völlig unbekannt ist.
aber ab Seite 10 wird es dann klasse, dessen Text hat kaum eine Chance, zumindest dann nicht, wenn der Autor noch völlig unbekannt ist.
Was zwar verständlich, aber schade ist. Es gibt viele Romane, die mir gefallen und recht sachte anfangen. Andererseits muss man ja auch irgendwie die Berge an Neuerscheinungen bewältigen. Trotzdem bleiben dadurch möglicherweise einige Perlen auf der Strecke.
der Anfang ist ziemlich lahm, aber ab Seite 10 wird es dann klasse
Mmh. Warum nicht sofort klasse und die Durchhänger später? Lahme Anfänge töten alles.
Warum nicht sofort klasse
Weil ich es erfrischend finde, wenn sich etwas langsam aufbaut. Man muss meiner Ansicht nach nicht immer sofort mit einem Knaller starten. In der Literatur vor 1980 war es überhaupt nicht üblich, direkt mit der Tür ins Haus zu fallen, soweit ich mich erinnere.
Ich rede ja nicht von Durchhängern und Langeweile. Aber wieso muss schon der gleich der erste Satz immer reinhauen? Dabei kann man durchaus enttäuscht werden, wenn es der Autor nicht schafft, das Tempo durchgängig zu halten. Da ist mir ein langsamer Aufstieg auf einen Berg, der immer spannender wird, willkommener.
Ein "lahmer Anfang" und "nicht sofort mit der Tür ins Haus fallen" ist nicht dasselbe. Lahm ist lahm. Auf so ein Pferd steigt keiner. Ich fange auch gerne gemächlich an, führe in die Gedankenwelt meiner Figuren ein, aber ich hoffe, dass ich dabei nicht lahm bin. Weil das ein Killer ist. Dabei geht es ja nicht nur um die primäre Vermarktung (Autorende -> Verlag). Auch Leser und -innen legen Bücher schnell wieder weg, wenn der Anfang nicht wenigstens andeutet, wie es werden kann.
Wenn du das so meinst, sind wir d'accord bis auf die Leser-innen. Aber egal. Ich verabschiede mich für heute.
Ja Tom, genau das meine ich ja. Hinter diesem "durch den Anfang muss man einfach durch, dann wird es gut" steckt die falsche Haltung. Schließlich will der Autor etwas vom Leser, nämlich, dass der seinen Text liest. Und klar ist ein lahmer Anfang nicht identisch mit einem langsamen Anfang. Aber der Anfang muss meiner Ansicht nach einen Eindruck von dem vermitteln, was dann folgt: vom Stil, von der Erzählweise. Natürlich gibt es Komödien, die sich im Laufe des Romans zur Tragödie entwickeln, das ist dann aber gewollt und setzt meistens ein richtig gutes Handwerk voraus. Ich habe mal ein Theaterstück gesehen, das genau diese Entwicklung genommen hat. Übrigens mit Hans Clarin, der meiner Ansicht nach zu Unrecht als seichter Unterhaltungsschauspieler abgetan wird. Er konnte RICHTIG gute Charakterrollen spielen.
Will sagen: Der Anfang legt nicht zwangsläufig den Kurs für den gesamten Roman fest. Aber wer ihn verpfuscht (was ja oft auch aus genau dieser falschen Grundeinstellung heraus passiert), bekommt meist keine zweite Chance mehr. Weil die Arbeit eben nicht beim Leser, sondern beim Autor liegen sollte. Das ist ja nicht wie im Schlaraffenland, wo die sich erst mal durch irgendeine Schicht essen müssen, bis sie zu den tollen Sachen kommen.
Vielleicht wird so ein Roman ja sogar ab S. 20 großartig. In dem Fall musste sich der Autor zuerst mal warmschreiben, das tun viele. Nur muss man in dem Fall dann eben nachher noch den Anfang nachjustierten und nicht sagen, dass der Leser eben ein bisschen Geduld mitbringen muss.
Die wesentliche Leistung einer Autorin oder eines Autors besteht darin, eine erzählenswerte Geschichte in eine für andere lesenswerte Form zu bringen. Dafür braucht es vielerlei Fähigkeiten, von denen einige erlernbar sind und andere wiederum nicht.
Umso mehr erstaunen mich die wiederkehrenden Diskussionen darüber, was wichtiger sei, das Handwerk oder Talent. Nötig sind selbstverständlich beide, aber: Bei nur unzureichend vorhandenen handwerklichen Fähigkeiten besteht in der Mehrzahl der Fälle immerhin die berechtigte Aussicht, sich diese aneignen zu können, während die gemeinhin unter dem Begriff „Talent“ zusammengefassten Qualitäten allenfalls in begrenztem Maße weiterentwickelt werden können, aber auch in diesen Fällen immer auf bereits Vorhandenem aufbauen.
Nicht zuletzt aus diesem Grund ist der Gedanke an eine regelrechte Ausbildung zum Schriftsteller für mich absurd, reicht meine Fantasie auch nicht aus, um mir vorstellen zu können, wie eine solch umfassende und alles richtende Ausbildung im Einzelnen aussehen könnte.
Noch ein paar Anmerkungen zum eigentlichen Thema des Threads.
Die Art und Weise wie Verlage und Agenturen auf unverlangt zugesandte Manuskripte reagieren - oder vielfach eben auch gar nicht - ist aus deren Sicht natürlich absolut nachvollziehbar so wie auch der Frust auf der anderen Seite.
Das Manuskript meines zweiten abgeschlossenen Romans habe ich 15 Agenturen und Verlagen angeboten. In sechs Fällen erfolgte keine Reaktion, sechs weitere Absagen waren typische Formabsagen. Zumindest ein klein wenig Hoffnung machten die drei restlichen Reaktionen, wenngleich auch sie letztendlich natürlich Absagen waren:
- Eine Agentur meldete sich per Mail zwei Stunden, nachdem ich ihnen das Exposé und die Textprobe geschickt hatte. Der Agent schrieb, dass er die Geschichte interessant fände und er schonmal beruhigt feststelle, dass ich schreiben könne. Er bat mich, ihm vor einem weiteren Kontakt doch bitte mitzuteilen, ob die Geschichte ein Happyend hätte und auch kurz den USP zu beschreiben. Und dann wollte er noch wissen, ob ich noch andere Manuskripte in der Schublade liegen hätte oder an weiteren Projekten arbeiten würde. Einzig bei der Frage nach dem USP bin ich mir nicht sicher, ob ihn meine Antwort zufriedengestellt hat.
Aber warum teilt er mir das dann nicht mit und bricht stattdessen sang- und klanglos den Kontakt ab?
- Von einer weiteren Agentur erhielt ich eine Standardabsage, allerdings am Ende ergänzt um die Aufforderung, mich mit meinem nächsten Projekt doch bitte noch einmal vorzustellen.
Aber warum nennen sie dann nicht den Grund für die Absage des bereits vorgestellten Projekts?
- Ein mittelgroßer Verlag, der bis dahin auf ausgesprochene Genreliteratur spezialisiert war, hatte gerade sein Portfolio um den Bereich Allgemeine Belletristik erweitert. Die Absage wurde damit begründet, dass die beiden dafür vorgesehenen Programmplätze für die kommenden zwei Jahre bereits besetzt seien, sie meine Geschichte aber sehr interessieren würde, nur dass sie zum jetzigen Zeitpunkt halt keine Möglichkeit für eine Veröffentlichung sähen. Ganze dreimal(!) stand diese Aussage in ihrem Antwortschreiben, das zudem auch durch seine Länge deutlich aus dem Rahmen fiel.
Aber warum fordern sie dann zwecks Wiedervorlage zu einem späteren Zeitpunkt nicht das ganze Manuskript an oder schlagen mir nicht vor, mit diesem Manuskript in zwei Jahren noch einmal anzuklopfen?
Formabsagen oder gar keine Reaktion, okay, das ist eindeutig. Aber wenn schon ein grundsätzliches Interesse vorhanden ist, weshalb bekommt man dann nicht wenigstens einen Hinweis dazu, warum es trotzdem nicht passt oder wie bei einem nach wie vor bestehenden Interesse die weitere Vorgehensweise aussehen könnte?
Ich fühlte mich da ziemlich alleingelassen und irgendwann bin ich müde geworden, mir ständig das Hirn zu zermartern mit der Frage, woran es denn nun gelegen hat.
Klar ist das frustrierend, aber man muss sich auch eine besondere Art von Selbstbewusstsein aufbauen bzw. zulegen, wenn man in dieser Branche unterwegs ist.
Ja, mittlerweile sehe ich darin die einzige Möglichkeit, um mit der ganzen Situation einigermaßen zurechtzukommen, wobei in meinem Fall die entwickelte Lockerheit ein Stück weit auch aus Resignation besteht. Der Markt hat sich während der vergangenen Jahre ja für Autorinnen und Autoren nicht unbedingt zum Besseren entwickelt und sogar bei Agenturen braucht es mehr und mehr eine substanzielle Dosis Vitamin B, um wenigstens einen Fuß in die Tür zu bekommen.
Und das finde ich aller Coolness zum Trotz sch ... schade.
Herzliche Grüße
Jürgen
Noch ein paar Anmerkungen zum eigentlichen Thema des Threads.
Die Art und Weise wie Verlage und Agenturen auf unverlangt zugesandte Manuskripte reagieren - oder vielfach eben auch gar nicht - ist aus deren Sicht natürlich absolut nachvollziehbar so wie auch der Frust auf der anderen Seite.
Naja, irgendwie finde ich schon, dass es auch eine andere Möglichkeit geben muss, mit den eingesandten Manuskripten umzugehen.
Ich habe ja mal einige Jahre mit einer australischen Autorin zusammengewohnt. Es gab einige Wochen im Jahr, in denen sie sich mit dem Versand von Exposees und Leseproben beschäftigte. Denn die Verlage, die für ihre Projekte in Frage kamen, hatten immer bestimmte Wochen auf ihrer Homepage bekannt gegeben, in denen sie Manuskripte (bzw. Projektvorschläge) entgegennahmen. In diesen Wochen waren im Verlag dann immer genug Leute abgestellt, die alles eingehende sichteten und innerhalb dieser Zeit (oder bis zu zwei Wochen später oder so) Rückmeldungen gaben. Dieses Verfahren hat einige Vorteile: Die Verlage ersparen sich, das ganze Jahr über mit Manuskripten "zugeschüttet" zu werden und die Autoren wussten, dass sie innerhalb einer überschaubaren Zeit eine Antwort bekamen.
Mir schien das immer für alle Seiten ein befriedigenderer Ablauf als der hier bei uns.
Aber nun ja, Andre Länder, andre Sitten. Das war nicht das einzige, worum ich Lucie darum beneidet habe, sich als Autorin im englischsprachigen Raum bewegt zu haben, Stichwort Kurse in Creative Writing.
Lange dauert das trotzdem alles - das Buch, das Lucie etwa 2017 noch hier in Berlin begonnen hat und in der ersten Fassung noch vor ihrer Rückkehr nach Australien 2020 fertiggestellt hatte, erscheint diesen Sommer bei Harper Kids Australien. Es hat auch bei ihr einen langen Atem (und eine gute Agentin) gebraucht, um das Manuskript unterzubringen.
Nicht zuletzt aus diesem Grund ist der Gedanke an eine regelrechte Ausbildung zum Schriftsteller für mich absurd, reicht meine Fantasie auch nicht aus, um mir vorstellen zu können, wie eine solch umfassende und alles richtende Ausbildung im Einzelnen aussehen könnte.
Nunwohl, man lost solche Ausbildungen ja auch nicht irgendwelchen Leuten zu, die dann eben Schriftsteller werden müssen, weil die Quote das vorschreibt und das Verfahren halt so ist. In aller Regel entscheiden sich Leute, die anerkannter- oder angenommenerweise über dieses ominöse "Talent" verfügen und außerdem einen gewissen Drang verspüren, sich unbedingt schriftsprachlich mitzuteilen, für derlei. Und die werden dann von recht guten/talentierten Schriftstellenden möglicherweise zu sehr guten. Siehe Absolventenliste des Leiziger Instituts. Darunter Juli Zeh.
Dietmar hat diese Idee ja als Argument in der Lektorenschreibtischverstopfungsdiskussion gebracht, und bei allem Widerspruch dürfte es durchaus geeignet sein, etwas leichter an dieser Verstopfung vorbeizurutschen, wenn man beispielsweise Leipzig absolviert hat. Die "erfolgreiche" Teilnahme an Kursen der "Cornelia Goethe Akademie" dürfte demgegenüber eher kontraproduktiv wirken.
Ich möchte einmal kurz etwas anekdotisch berichten zum Thema Bewerbungen und Feedback-Loop.
In meinem früheren Leben war ich Managerin für ein Team von ÜbersetzerInnen für eine Webseite. Ich arbeitete in einem Unternehmen, das ein ukrainischer Einwanderer, der, als er in Sydney eintraf, kein Wort Englisch konnte, hochgezogen hat. Wir waren super international mit Arbeitnehmern aus bestimmt 50 Nationen in allen Bereichen des Unternehmens.
Als ich mal wieder eine Ausschreibung hatte für einen Job, diesmal für die Sprache Deutsch, bekam ich den üblichen Schwall an Übersetzungen (um die 40). Ich habe nie geschaut, was für eine Ausbildung die Person hatte, nur, ob die Bewerbung grundsätzlich vernünftig und fehlerfrei war (immerhin ein Übersetzerjob, da kann ich Rechtschreibfehler schon in der Bewerbung nicht tolerieren).
Wer diese erste Hürde passiert hatte, der bekam eine Testübersetzung zugeschickt, das waren in diesem Fall ungefähr 15 KandidatInnen, wenn ich mich recht entsinne. So, und da trennte sich dann die Spreu vom Weizen. Mich hat nicht interessiert, ob die Person eine relevante Ausbildung genossen hatte. Wichtig waren für mich das Visum und das Können. Die Person konnte ein Backpacker sein, ein Student oder ein tatsächlicher Übersetzer, das war egal, solange er für die Firma arbeiten konnte und seinen Job erledigte. Und nein, wir haben keinen Fortbildungskurs angeboten, um mittelmäßige Kandidaten hochzuziehen. Wir brauchten Leute, die mit der Philosophie klarkamen: "hit the ground running".
Nach Bewerbungsgesprächen mit zwei BewerberInnen fiel die Wahl dann auf eine Kandidatin, die zwar keine Germanistik studiert hatte, aber einfach ein super Sprachgefühl hatte und von allen KandidatInnen den besten Job gemacht hatte. Alle anderen bekamen, wie üblich, eine Standardabsage. Sorry, aber ich fühlte mich nicht in der Position, jedem Kandidaten einzeln persönliches Feedback zu geben zu seiner Übersetzung (übrigens ein Text von ca. 250 Wörtern Originalsprache). In einigen Fallen wurde sowas mal nachgefragt, und dann habe ich ganz super vorsichtig erklärt, warum es nicht gereicht hat, usw., aber normalerweise endete mit der Standardabsage die Konversation.
Nicht im Fall besagter Stelle. Ich schickte die Standardabsage und erhielt in einem Fall eine wütende E-Mail zurück, dass die Absage ja nur daher rühren kann, weil ich gelesen habe, dass der Name der kandidieren Person türkisch sei, und dass da ja wohl ein klarer Fall von Rassismus wäre und dass ich mir ja noch nicht einmal die Mühe gemacht habe, persönlich auf die (wirklich schlechte) Probeübersetzung zu antworten. Das fand ich insofern witzig, weil ich hinter mir meine neue Mitarbeiterin mit Bangladeshi Wurzeln sitzen hatte, die einen fantastischen Job erledigte und schon allein optisch überhaupt nicht so aussah, wie man sich eine "Deutsche" wohl vorstellen mag.
Aber egal. Mein Punkt ist: Es ist schwierig, in so einem Verhältnis mit den Bewerbern einen allzu engen Kontakt aufzubauen, weil leider viel zu oft Negatives zurückkommt, denn keiner mag Ablehnung und nur die Wenigsten können mit Feedback umgehen. Deshalb, so denke ich, oftmals das Schweigen der Verlage. Es ist einfach nicht deren Aufgabe, den Schriftstellern Feedback zu geben, und es ist viel zu zeitaufwändig. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie viele getroffene Egos zurück antworten würden mit dem Bestreben, mit dem Lektorat in Verhandlung zu gehen, um vielleicht doch noch einen Fuß in die Tür zu kriegen.
So. Isses.
Dazu mal eine Anekdote:
Meine Schwester hat während ihres Studiums beim Gründerservice der Stadt Hannover gearbeitet, sozusagen als Mädchen für alles, es war ja ein Studentenjob. Und da hatte sie eines Tages mit einem Mann zu tun, der wollte diesen Zuschuss zur Gründung eines Unternehmens beantragen (ich weiß gerade nicht, wie das heißt), er wollte nämlich -- Schriftsteller werden. "Vorkenntnisse" hatte er keine, aber vermutlich schon mal einen PC. Ob er auch schon ein Manuskript hatte, weiß ich nicht, ich nehme aber an, für die Arbeit daran wären die Zuschüsse des Gründerservice gedacht.
Ich weiß nicht mehr, was meine Schwester ihm geantwortet hat, ich vermute aber, sie hat ihm artig die Antragsformulare ausgehändigt.