Durchhaltevermögen

  • Man muss dazu nicht mal an die Uni gehen, um dieses Phänomen zu beobachten. Ich habe mich soeben darüber aufgeregt, dass Amazon die Rezensionen von einer KI zusammenfassen lässt. Dann muss man sich nicht einmal mehr die Mühe machen, Rezensionen zu lesen und für sich zu bewerten. Irgendwie wird einem heutzutage alles nur noch vorgekaut. Zumindest entsteht der Eindruck. Schrecklich.

    Das Buch, zu dem ich mir die Rezensionen angesehen habe, ist ebenfalls grauenvoll. Es ist von vorne bis hinten mit Fehlern durchtränkt und hat fast ausschließlich gute Rezensionen. Ich verstehe die Welt nicht mehr.

  • Auch wenn man bei Google eine Frage eingibt, erhält man inzwischen als Erstes die Antwort der KI. Ich würde mich allerdings darauf nie verlassen, sondern recherchiere trotzdem bei den Quellen im Netz, von denen ich weiß, dass sie als zuverlässig gelten. Für eine erste Orientierung ist die KI gar nicht mal so schlecht, aber ich traue dem Wahrheitsgehalt dort noch nicht so ganz.


    Auch Schüler lassen ja inzwischen ihre Hausaufgaben von der KI erledigen. Da gilt dann aber spätestens bei den Prüfungen dasselbe wie an der Uni. Mal ganz davon abgesehen, dass Lehrer so etwas meistens merken und darauf - vorsichtig ausgedrückt - nicht gerade gut zu sprechen sind.


    Aber wir können diesen Weg wohl nicht mehr aufhalten.

  • Joachim

    Hat den Titel des Themas von „Durchhalte Vermögen“ zu „Durchhaltevermögen“ geändert.
  • Die Frage, wie man aus einer tollen Idee innerhalb einer erträglichen Zeit einen Roman macht, der seinen Namen auch verdient, ist eine der hier wahrscheinlich am häufigsten diskutierten Fragen überhaupt. Ich frage mich das, seit ich hier bin und etwas davor schon. Bisher ohne verlässliche Antwort.


    Ich kann berichten, dass ich - bevor ich hier anfing - die Methode "Disziplin" für ein Jahr angewendet habe. Erfolgreich. Ich hatte 350 zusammenhängende Seiten fertig. Die waren nur leider Mist. Ich hätte mir die ganze Arbeit sparen können, anbieten konnte man das nicht. Und ich hätte es wissen können, wenn ich mutig genug gewesen wäre, das mal jemandem zu lesen zu geben. Meine Zielvorstellung, oder zumindest mein Traum war damals schon noch, bei einem Verlag unterzukommen und das war mit diesem Text leider völlig hoffnungslos.


    Auf der anderen Seite war das für mich die Initialzündung, mich selbst als jemanden zu betrachten, der ab und zu aus Spaß fiktionale Texte schreibt. Es war der Grund, dass ich mich in diesem Forum angemeldet habe und Texte hier besprochen habe. Und das macht Spaß.


    Daher möchte ich zumindest einen Ratschlag loswerden, den ich in einem Interview mit Neil Gaiman gelesen habe. Der hat behauptet, Stephen King hätte das zu ihm gesagt und er hätte es viel zu wenig beherzigt.


    "Enjoy the ride"

    “Life presents us with enough fucked up opportunities to be evaluated, graded, and all the rest. Don’t do that in your hobby. Don’t attach your self worth to that shit. Michael Seguin

  • Ich möchte mal in den Raum werfen, dass diese 350 Seiten Mist dennoch wichtig waren, um irgendwann einmal vielleicht keine 350 Seiten Mist zu produzieren. Fehler gehören doch zum Lernen dazu! Ich weiß nicht, woher die Vorstellung kommt, dass gleich beim ersten Mal alles super funktionieren wird?


    Ich finde, überhaupt einen Roman von Anfang bis Ende zu schreiben, ist ein toller Erfolg. Im nächsten Schritt muss dann nur noch lernen, einen Roman zu schreiben, der auch für andere interessant ist, und dazu ist Feedback unerlässlich.

  • Ich möchte mal in den Raum werfen, dass diese 350 Seiten Mist dennoch wichtig waren, um irgendwann einmal vielleicht keine 350 Seiten Mist zu produzieren. Fehler gehören doch zum Lernen dazu! Ich weiß nicht, woher die Vorstellung kommt, dass gleich beim ersten Mal alles super funktionieren wird?

    Absolut! Das ist Perfektionismus. Entweder es wird sofort super, oder es war alles sinnlos. Die Steigerung wäre noch, sich bei Nichtgelingen selbst zum völligen Versager zu erklären und sich innerlich so richig runterzumachen. So schnell ist alles wieder erstickt.

    Klüger (und auch deutlich netter zu sich selbst) wäre, sich (wie Silke schreibt) Rückmeldungen zu holen und sich diese genau anzuschauen. Und das, was wir "Fehler" nennen als Gelegenheiten zur Weiterentwicklung zu erkennen. Denn genau das sind sie.

  • Klar, das stimmt.

    Aber ohne diese etwas naive Vorstellung, ich hätte da die Chance mit so etwas den ersten Schritt auf dem Weg zum Weltruhm zu beschreiten, hat mir zumindest immer die Motivation gefehlt, ein Jahr lang jeden Tag ein paar Seiten zu schreiben. Nach fünfzig Seiten sieht alles wie Mist aus. Und dann bleiben es halt fünfzig Seiten Mist. Und nicht vierhundert.


    Aber das macht nichts. Falls der Threadstarter das hier noch liest - es gibt sehr viele andere Methoden für vollständige Langtexte. Eine, die etwas später für mich funktioniert hat ist die - aus einem Kurztext von etwa zwanzig Seiten werden zwei Kurztexte von etwa zwanzig Seiten. Und irgendwann zwanzig zusammenhängende Kurztexte von etwa zwanzig Seiten. Jeder dieser Texte braucht einen Monat. Zwei Wochen Ideen sammeln und zwei Wochen schreiben.


    Und es macht viel mehr Spaß, wenn diese Sachen auch mal Leute lesen und etwas dazu sagen.

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  • Vielen Dank für eure Tipps.

    Mein Buch ist gerade bei einer Korrektur.

    Sobald es korrigiert ist, geht es zu E-Publi.

    Da bräuchte ich bitte etwas Hilfe von euch.

    Da mir da einiges nicht ganz klar ist.

    Vielen Dank im voraus.

  • dann wimmelte es vermutlich von Garagenbands, die sämtliche Musikverlage mit ihren Elaboraten zumüllten

    Das ist schon lange so. Spätestens seit das Home-Recording Ende der 90er Einzug hielt und entsprechende Software immer einfacher zu bedienen war. Allerdings benötigt man nicht unbedingt mehr Musikverlage/Plattenlabel, denn, ähnlich wie in der Buchbranche, funktioniert das alles auch im Selbstverlag. Ist eben die Frage, wofür und weswegen sich diejenigen entscheiden. Undurchsichtig (auch was die Qualität betrifft) sind die Märkte mittlerweile branchenübergreifend ...

  • Man schaue sich nur an, welche Menschenmassen immer noch zu den "Castings" der Superstarsuchshows auflaufen. Zehntausende, die allesamt von sich meinen, sie wären die nächsten Oberhirschis, dabei machen nicht einmal die, die es ganz in die "Finales" schaffen, irgendeine bemerkenswerte Karriere, weil zum Starsein eben nicht nur gehört, zu Schema-F-Mucke ein bisschen trällern zu können, was neuntausendneunhundertneunundneunzig pro zehntausend Bewerber und -innen tatsächlich überhaupt nicht beherrschen. Bei den meisten ist nicht einmal erkennbar, dass sie gerade zu singen versuchen, wenn sie das tun, aber sie glauben trotzdem, sie hätten eine Chance, sonst wären sie nicht dabei. Und, ja, es gibt tausende von Bands, und nicht wenige von denen tingeln jahre- und jahrzehntelang durch Kneipen und Clubs und sehr, sehr üble Läden, ergreifen jede noch so peinliche Auftrittschance, in der Hoffnung, von irgendwem entdeckt zu werden, und verpulvern dabei ihr Erspartes und ruinieren ihre Familien (und Gesundheiten). Isso. Der Reiz des Ruhms, des Künstlerseins, des Reüssierens mit etwas, das bleibt und nachhaltig ist und eine ganz besondere Form von Bestätigung verkörpert, der fängt viele Leute ein, und nicht wenige von denen sind tatsächlich talentiert, die meisten aber nicht. Viele haben auch unbedingten Durchhaltewillen. Den sie dieserart verschwenden. Denn selbst wenn man irre viel Glück hat und ein, zwei Stufen dieser vielstufigen Art von Karriereleiter erfolgreich nimmt, bleibt man einer unter vielen, als Teil des Bodensatzes, der Leute mit kleinen Auflagen oder die in kleinen Läden spielen oder kleine Rollen kriegen oder nur für Sammelausstellungen angefragt werden oder so, lebenslang.


    Eigentlich ist Kunst kacke. Oder?

  • Eigentlich ist Kunst kacke. Oder?

    Je nachdem, welche Erwartungshaltung man als Künstler hat. Und Träumen darf man doch. Jedoch nicht das Geld verpulvern, das eigentlich nötig wäre, um die Familie zu ernähren. Aber sonst ... Nun ja. Wie gesagt: Es kommt eben auf die Erwartungshaltung an.

  • Hallo Nils,


    genau dieselbe Erfahrung habe ich mit meinem ersten Roman gemacht. Mann, war ich stolz, als er fertig war. Ich habe mir das gesamte Manuskript mit in den Urlaub genommen und wollte es noch ein Mal gegenlesen.

    Nach drei Seiten ist mir bewusst geworden, dass es Mist war.


    Aber mir ist gleichzeitig auch bewusst geworden, WARUM es Mist war. Denn, ich gebe es zu, ich habe eine Weile ganz gerne diese Schreibratgeber gelesen. Sie bieten meiner Ansicht nach keine Anleitung zum fiktionalen Schreiben für jemanden, der denkt, man könne das nur aus Büchern lernen. Aber sie geben hilfreiche Tipps, wenn man bereits ein bisschen Schreiberfahrung hat. Und mir ist auf einmal klargeworden, warum das Ding so grauenvoll zu lesen war.


    Dann habe ich es ein weiteres Jahr umgearbeitet, nahezu Zeile für Zeile.


    Und das könntest Du auch, Nils! Vielleicht kannst Du Deinen Roman revitalisieren. Auch wenn Du damit dann, so wie ich, erst mal bei einem sehr motivierten Kleinstverlag landest.


    Sondengeher: Vielleicht solltest auch Du Deinen Text noch ein, zwei Mal überarbeiten. Um mal Hemingway zu zitieren: Der erste Entwurf ist immer Scheiße.:)

  • Meine literarische Odyssee begann im Jahr 2007, kurz nach der Geburt meiner Tochter. Im nachhinein betrachtet war die Idee zu meinem ersten Roman gut, doch meine literarische Umsetzung war katastrophal. Es folgte ein 2jähriges "Fernstudium" an einer Hamburger Schreibschule. Neben der Vermittlung von rudimentären Schreibkenntnissen stieß ich im dortigen Forum auf viele Leidensgenossen. Gerade die Mitarbeit in mehreren Schreib-Foren brachten weitere nützliche Erkenntnisse aber sorgten auch für einen Motivationsschub. Im Jahr 2012 ermöglichte das große A jedem Autor seine Werke u veröffentlichen. Ich nutzte diese Chance und veröffentlichte im selben Jahr meinen Debütroman "Mayabrut"..


    Es folgten fünf weitere Romane des Genres Thriller. Trotzdem fühlte ich mich mit meinen Veröffentlichungen unwohl. Irgendwie wirkte meine Schreibe laienhaft. Im März 2024 stieß ich auf die 42ger. Irgendwie stimmte die Chemie, ja die literarischen Synergien belebten meine Schreibe. Vor allem erwiesen sich für mich die BT-Runden als mächtiges literarisches Tool – vorausgesetzt es finden sich willige Autoren, die sich die Zeit nehmen, um die Textproben durchzuarbeiten und anschließend konstruktive Verbesserungsvorschläge anbieten.


    Erst nachdem man mir jetzt im Jahr 2025 in der zweiten BT-Runde zu meinem "Antoniusfeuer" ordentlich die literarischen Leviten gelesen hat, ist mir die Ursache meiner laienhaft wirkenden Schreibe klargeworden. Nach über einem Jahrzehnt des schreibtechnischen Herumirrens wurde mir zum ersten Mal eine Richtung gewiesen, um meine Schreibe ernsthaft zu verbessern.


    Vielen herzlichen Dank an meine literarischen Leviten-Leser.


    Frank

  • Aber als Business ist Kunst kacke. 8)

    Das ist schon alles sehr ernüchternd. Irgendwo hier wurde letzte Woche eine Doku verlinkt, diese kurze Reportage darüber, wer was an einem Buch verdient. Also wenn man sich die dort genannten Zahlen vor Augen führt, muss man eigentlich weinen.

    Was mich überrascht hat, waren die geringen Margen gar nicht mal so kleiner Verlage (und auch die des stationären Buchhandels). Das habe ich dann doch nicht erwartet. Und dass die Großen immer größer werden, nunja, das ist ja im Prinzip überall so, aber schön ist es trotzdem nicht.

    Warum versucht man es trotzdem? Ich würde sagen, ein Teil der Faszination rührt genau aus dieser Richtung. Das Schreiben von guten Romanen ist komplex, es ist schwierig, sehr schwierig sogar. Man will es irgendwie lernen, und das geht auch, zumindest kann man sich vieles von dem was man dazu braucht, einfach aneignen. Aber wohl doch nicht alles. Und auf jeden Fall ist dieser Lernprozess individuell, er verläuft bei jedem anders.

    Und ich sag mal so, ok, andere gehen segeln oder golfen und sehen dabei aus als ob sie Spaß hätten, vielleicht sind sie sogar ab und zu zufrieden. Aber guck dir mal die Preise für Segelscheine und Golfhosen an. Das kannst du abhaken. Papier ist billig und willig. Schreib ich halt beizeiten mal was drauf, meld mich in nem Autorenforum an und reg mich nebenbei über den Buchmarkt auf. Passt für mich so weit.

  • Erst nachdem man mir jetzt im Jahr 2025 in der zweiten BT-Runde zu meinem "Antoniusfeuer" ordentlich die literarischen Leviten gelesen hat, ist mir die Ursache meiner laienhaft wirkenden Schreibe klargeworden. Nach über einem Jahrzehnt des schreibtechnischen Herumirrens wurde mir zum ersten Mal eine Richtung gewiesen, um meine Schreibe ernsthaft zu verbessern.

    Da kann ich dir nur zustimmen. Als ich 2010 die BT-Runde für mich entdeckt habe, war ich auch völlig aus dem Häuschen. Es war allerdings auch deutlich mehr los, es gab viele viele Kommentare, ebensoviele Texte (jede Woche einen neuen Text, man musste sich anstellen, um einen Text vorzulegen). Ich fand es super cool und das finde ich auch immer noch.

    Ich habe aber relativ lange gebraucht, um zu kapieren, dass der Startpunkt der Entwicklung immer der Text ist, den man gerade zustandebringt. Dass es nichts im "außen" gibt, dass man nehmen und hinzufügen kann. Grundlage ist immer der eigene Text, egal wie gut oder schlecht der eben ist. Es macht nur Sinn am eigenen Vermögen zu arbeiten, man kann nichts von anderen nehmen und das gleiche tun. Das ist schlicht nicht möglich, und wenn doch, dann nur für eine begrenzte Zeit.

  • Man lernt halt nie aus.

    Es kommt ja auch auf die Ziele darauf an, was man genau erreichen möchte.

    Mein Buch wird ja nicht ein Roman, sondern eher ein Ratgeber und Erfahrungen in einem gewissen Genre.

    Vielen Dank für eure hilfreichen Kommentare.