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ASIN/ISBN: ISBN: 978-3-453-27513-3 |
Bela B. hatte laut Aussage bei Willkommen in Österreich eine bestimmte Idee, um die herum er seinen zweiten Roman Fun geschrieben hat. Beim Lesen (in meinem Fall Hören) wird recht schnell klar, was diese Idee gewesen sein muss: die persönliche Tragödie, in der die systematische Degradierung von Frauen im Bandwesen gipfeln kann, wenn man die Sache zuende denkt. Zwar ist die Rape culture seit dem Fall Rammstein leidlich bekannt, doch wurde noch längst nicht auserzählt, womit machtmissbrauchende Männer heute noch juristisch durchkommen. "Fun" schildert den Tourneeauftakt der Band nbl/nbl, fünf Musikern von knapp fünfzig, ihrer Managerin, den Roadies und jungen weiblichen Fans von heute und früher. Es dauert anfangs, bis die Figuren Konturen bekommen, und die Grundzüge der Handlung sind lange vorher absehbar. Das Buch lebt von dem seltsamen Sog, den die vielen exzellent beobachteten Details ausüben, von der Absurdität und Perfidie darin, wie die Dinge geschehen, die geschehen müssen. All das Abscheuliche, Absurde im sabbernden Trachten alterspubertärer Männer erfüllt die hohe Erwartung an Bela B.s Kundigkeit; kaum erwähnenswert, dass der Rockmusiker die Fiktion braucht, um sein Wissen öffentlich zu machen. Die vielen Dialoge und Innenansichten klingen dabei so lebensnah, dass es manchmal wehtut. Man mag die mangelnde Entwicklung der Figuren bekritteln, aber die braucht diese Geschichte nicht unbedingt. Bela B. vermeidet vieles, woran "Fun" hätte scheitern können: Voyeurismus, fehlplazierten Humor, die Glorifizierung der handelnden Frauen (ohne die Mysogonie in irgendeiner Weise zu relativieren) und ein Übermaß an literarischer Gerechtigkeit. Die genaue und sensible Schilderung ist bestimmt das Beste ist, was man aus dem Stoff machen kann.