Literatur ist das natürlich nicht, und eine Autobiografie nur teilweise
Autobiografien fallen normalerweise nicht in mein Beuteschema, aber weil Sir Patrick auf seinem Facebook-Account so liebenswürdig für dieses Buch geworben hat, in seiner vermeintlich typischen Art, dieser Mischung aus Understatement, Noblesse und gesundem Selbstbewusstsein, griff ich zu. Ich hatte vor kurzem außerdem jene legendäre „Extras“-Folge aus dem Jahr 2006 gesehen, in der sich Stewart ganz wunderbar persifliert, und ein paar Folgen Star Trek – TNG, darunter auch die Doppelfolge „Geheime Mission auf Celtris Drei“ (Staffel 6), in der David Warner einen Gastauftritt als Kardassianer Gul Madred hat. Das sind beides Auftritte, die im Buch vergleichsweise viel Raum einnehmen, also jeweils fast eine Seite.
Stewart, der in den Vierzigern des vergangenen Jahrhunderts in einem Nest in Yorkshire in einen Unterschichthaushalt hineingeboren wurde, erzählt in diesem Buch, wie der Subtitel erläutert, von seinem Leben, aber das ist nicht die ganze Wahrheit. Eigentlich nämlich erzählt er beinahe ausschließlich von seiner Schauspielerkarriere. Spätestens ab dem Moment, als diese einzusetzen beginnt, wird das Private stark in den Hintergrund gedrängt, in wenigen Nebensätzen abgehandelt, zur Kulisse der Starwerdung. Liebesbeziehungen und Scheidungen, die Zeit, in der Alkohol eine stärkere Rolle spielte, all das ist eher Hintergrundgeräusch, während sich die Erfolge am Theater und in Film und Fernsehen in atemberaubender Weise aneinanderreihen, genau wie die berühmten Namen, mit denen er es zu tun hatte, während er selbst zu einem wurde. Stewart erzählt fast strikt chronologisch, und er erzählt nicht schlecht, manchmal sogar packend. Aber unterm Strich geht es ganz viel um die Royal Shakespeare Company und um Stücke und Auftritte hier und da und dort, darunter das Projekt „A Christmas Carol“ als Solostück, das in New York zu sehen ich in den frühen Neunzigern das große Glück hatte und das wirklich Spaß gemacht hat (obwohl dasselbe Stück in einer aufwendigen Inszenierung im Paramount Theatre sehr viel weihnachtlicher war). Ich war ein Fan von Star Trek – TNG und habe mich als solcher einerseits über die paar Geschichten aus dieser Zeit gefreut (etwa darüber, dass Stewart, als er jenen ausschlaggebenden Anruf bekam, einfach nicht wusste, wer „Jean Roddenburry“ war), fand aber ein wenig enttäuschend, wie wenige es am Ende sind; das gleiche gilt für die Zeit von Star Trek: Picard. Auch X-Men-Fans, zu denen ich nie gehört habe, dürfen nicht auf allzu viele Neuigkeiten oder Insiderinfos hoffen.
Was bleibt, ist die Erfolgsgeschichte einer sehr bemerkenswerten, freundlichen, empathischen, klugen und talentierten Persönlichkeit, die viel Glück und sehr wenig Pech in ihrem Leben hatte, die hart gearbeitet hat, um sich diese Karriere zu ermöglichen, die diesen Erfolg genießt und die sehr, sehr vielen Menschen – darunter mir – große Freude bereitet hat. Dieser Aspekt von „Making it so“ bereitet Vergnügen, aber Literatur ist das nicht, und eine Autobiografie eben nur teilweise.
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ASIN/ISBN: 374232666X |