Ullstein schmeißt J.D. Vance - Hillbilly Elegy aus dem Programm

  • Die richtige Haltung ist eben alles. Das war schon immer so in deutschen Landen. Ullstein, das ist jener Verlag mit der klugen Eule am Cover, hat den Bestseller J.D. Vancens, Hillbilly Elegy aus dem Programm genommen. Aus politischen Überlegungen heraus, wie der Verlag betont. Es gehe nicht um den Buchinhalt, sondern um die Person J.D. Vance, denn er sei ein böser Trumpist, deshalb habe man die Verlagsrechte nicht verlängert.

    Der zur Münchner Verlagsgruppe gehörende Kleinverlag Yes hat sich auf die Rechte gestürzt und in den ersten Tagen rund 20.000 Exemplare aufgelegt, angeblich auch bereits verkauft.

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    Alles Entstandene auflösend weht dahin der Verwesung Hauch.

    Wie ein irdischer Prachtgarten welken Paradiesblumen auch.

    (Buddha)

    Einmal editiert, zuletzt von Manuela ()

  • Heutzutage wird immer seltener differenziert. Das habe ich jedenfalls in meinem persönlichen Umfeld festgestellt. Es wäre doch sinnvoll gewesen, das Buch weiterhin im Programm zu behalten - von mir aus mit einem kleinen Vermerk, dass sich der Verlag von der aktuellen Meinung des Autors distanziert und daher zum jetzigen Zeitpunkt von ihm keine weiteren Werke mehr verlegt werden / verlegt werden können.

  • Als man das Buch inverlagnahm, lautete das Urteil Vances über Trump noch schlicht (und zutreffend) „Idiot“, aber jetzt ist Vance der Sozius dieses rechtsextremistischen Idioten, der die Demokratie aushöhlt, der einen Dritten Weltkrieg heraufbeschwört, der eine Diktatur etablieren will, der aus Machtgeilheit Leute in den Tod getrieben und eine der höchsten Instanzen des (zweifelsohne problematischen) amerikanischen Systems direkt angegriffen hat. Die Situation ist jetzt also eine andere. Das ist nicht mehr derselbe Autor; die Vorzeichen sind verdreht.


    Ich finde das immer schlecht, wenn Verlage so handeln, weil die Beziehung zwischen Autoren und -innen und ihren Verlagen eine besondere ist oder mal war oder sein sollte. Ich finde auch alle Versuche von Autorengruppen, ihre Verlage dazu zu bewegen, so zu handeln (Rowohlt/Allen etc.), regelmäßig ungeheuer schwierig und meistens verurteilungswürdig, und ich möchte bitteschön niemals selbst Ziel solcher Bemühungen sein.


    Aber in diesem speziellen Fall finde ich das eigentlich ganz gut, selbstgefällig und bigott, wie ich bin. 8) Truck Fump!

  • Es geht nicht um das Werk an sich, Friecko. Immerhin hat es der aktuelle deutsche Kanzler Scholz in höchsten Tönen gelobt und zugegeben, bei einer Passage sogar Tränen in den Augen gehabt zu haben. Aber damals war Vance noch gegen Donald positioniert. Wäre Vance ein Trumpgegner geblieben, wäre sein Buch vermutlich mit irgendeinem deutschen Literaturpreis ausgezeichnet, vielleicht sogar als Schullektüre beworben worden. Aber so wird sein Werk und damit auch der Autor pc-gerecht denunziert. Das ist mAn Gesinnungsdiktatur wie sie im Buche steht. Willkommen in der DDR 2.0.

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    (Buddha)

  • Liebe Manuela, Begriffe wie "Gesinnungsdiktatur" und - vor allem - "DDR 2.0" sind Blödsinn, verwende sie hier bitte nicht. Es geht um einen Verlag, nicht um Staaten, schon gar nicht um Diktaturen. Einmal und im Guten bitte ich dich ganz persönlich: Lass es bleiben. :thumbdown:

  • Alles klar. Aber Begriffe wie: rechtsextremistischer Idiot oder: Trump will eine Diktatur einrichten oder Truck Fump sind schon okay für dich. Vor allem wenn sie von Tom kommen. 😎

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    (Buddha)

  • Das sind alles Zitate, Manuela. Vance hat Trump als Idioten bezeichnet, und Trump hat gestern auf einer Wahlveranstaltung davon gesprochen, dass in vier Jahren niemand in den U.S. of A. mehr wählen gehen muss.


    Edit: Wenn es nach mir geht, kannst Du hier weiter im AfD-Sprech vor Dich hinsalbadern; das diskreditiert Dich nur selbst, was allerdings bedauerlich ist. Noch bedauerlicher ist, dass Du offenbar rein gar nichts über die DDR weißt. Weniger als nichts.

  • Es gibt einen Unterschied zwischen Zuspitzung und Codes aus der rechten Bubble. Aber das weißt du ganz genau, Manuela, versuchst es halt trotzdem immer wieder mit solchen scheiß Aussagen. Ich habe zugestimmt, dass du wieder ins Forum kannst, und ich kann dir sagen, es war echt echt nicht unstrittig. Aber habe ich deshalb Bock, dein persönliches Kindermädchen zu spielen? Nein.

  • Es geht ja nicht um Mr. Vance, der sich gewandelt hat, sondern um seine Autobiographie als Werk, die sich nicht gewandelt hat. Eine Parallele: "Hunger" von Knut Hamsun (1890) ist ein großes Werk, auch wenn der Autor sich später zum Nationalsozialismus bekannt hat.


    Ich neige dazu, Ulsteins Entscheidung als wohlweil zu beurteilen.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Ich bin da anderer Meinung. Ich meine, es war Michael Krüger, der mal gesagt hat: Wir verlegen Autoren, keine Bücher. Die Titel sind austauschbarer als ihre Urheber und -innen. Leute kaufen Namen.


    Wohlfeil? Nun, Ullstein meint, ein Zeichen setzen zu müssen. Ein Vertrag wird nicht fortgesetzt, weil der Autor eine Positionierung vorgenommen hat, die mit der Politik des Hauses nicht vereinbar ist, und Ullstein will signalisieren, diese Entwicklung nicht als Normalität zu akzeptieren. Dieser Teil gefällt mir. Es gefällt mir weniger, dass eine so wichtige Beziehung (wobei es ja nur der deutsche Lizenzverlag ist, den Vance möglicherweise nicht einmal namentlich kennt) so fragil sein bzw. werden kann. Und natürlich erinnert das an Pirincci (da fand ich es sehr nachvollziehbar) und Maron (da weniger) und Allen (was ja zum Glück noch gestoppt wurde).

  • Der "Dissens" um das Kinderbuch "Der junge Häuptling Winnetou" und letztendlich das Einstampfen dieses Werkes erinnert mich sehr an beste "DDR-Tradition, denn in der DDR waren die Werke von Karl May bis kurz vor dem Ende der DDR verboten. Ähnliche Verbote gibt es ja mittlerweile auch für bestimmte Zeitungen - für mich als ehemaliger DDR-Bürger sind dies sehr bedenkliche literarische Entwicklungen bzw. der Meinungsfreiheit.


    Mit besten Grüßen

    Frank

  • Der Ullstein-Verlag ist ein Wirtschaftsunternehmen, das Bücher verlegt. Es ist eine unternehmerische Entscheidung, von welchem Autor/Autorin wird welches Buch verlegt - soweit, sogut. Worauf die Entscheidungen fußen, ist auch dem Unternehmen überlassen. Es kann festlegen, Bücher von Autoren, die Trump nahe stehen, verlegen wir nicht - unabhängig davon, um was es im Buch geht. Nur, und das ist der entscheidende Unterschied zu einem Unternehmen, das Schrauben herstellt, ein Verlag ist neben dem Autor der Garant für Kunstfreiheit, die Schraubenfabrik hat beim Produkt nur die Freiheit, die Norm für Schrauben einzuhalten. Ein Verlag, der ein Buch nicht weiter verlegen will, weil der Autor eine dem Verlag nicht genehme politische Position einnimmt, muss sich schon die Gretchenfrage "Sag mir, wie hälst du es mit der Kunstfreiheit?" gefallen lassen. Oder ist es eher Angst vor einem Shitstorm, weil irgendwelche Aktivisten natürlich herausbekommen werden, dass der Autor Trump nahestehr? Glaubt der Ullstein-Verlag wirklich, mit solchem Handeln wandelt man die Welt zu Besseren?

    Es ist ja auch nicht der erste deutsche Verlag, der Autoren nicht verlegt, weil sie als "politisch unzuverlässig" eingeordnet werden können. Ein weiteres Beispiel dazu ist Monika Maron. Ihr Debüt Flugasche war der DDR politisch nicht genehm (sehr zurückhaltend ausgedrückt) und fand "Asyl" beim S.Fischer Verlag, der mehrere Jahrzehnte ihr Hausverlag sein sollte - bis 2020. S.Fischer war Maron wohl politisch nicht mehr genehm. Zumindest löste die Kündigung der Zusammenarbeit eine Diskussion aus.

    Nicht ganz so weit ging der Suhrkamp-Verlag mit Uwe Tellkamp. Tellkamp äußerte bei einer Diskussion mit Durs Grünbeim im Dresdner Kulturpalast eine Meinung, die als AfD-nahe klassifiziert wird. Suhrkamp veröffentlichte eilfertig, die Meinung Tellkamps spiegle nicht die Meinung des Verlages wider.


    AfD-Sprech, Nazi-Sprech - für mich politische Schlagworte, die immer dann auftauchen, wenn Sachargumente knapp werden. Ich möchte das anekdotisch begründen. Ich bin in der 10.Klasse auf der EOS, es muss also 1975 oder 1976 gewesen sein. Staatsbürgerkundeunterricht, röter als rot, und ich verwende die Worte Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das hätte ich nicht tun sollen, das hätte so was von schief gehen können. Der Shitstorm, den Beriff gab es damals noch nicht, des Lehrers ist verheerend- "Das sind Wort vom reaktionären Imperialisten!", fliegt mir um die Ohren - seitdem wähle ich meine Worte vorsichtiger. 1989 war ich der Meinung - endlich, ich kann wieder reden wir mir der Schnabel gewachsen ist, ohne in eine von zwei Schachteln gesteckt zu werden. Pustekuchen - zum Glück habe ich das Reden in Metaphern noch nicht verlernt. Muss ich noch mehr erklären oder versteht man das auch im Westen?


    Wir haben in D weder "Gesinnungsdiktatur" noch "DDR2.0", das ist zu viel Ehre für das vergessene Land. Aber wir haben in D etwas, worauf die hochempfindliche Sensorik derer, die in einer Gesinnungsdiktatur und in der DDR1.0 gelebt haben, anspricht und dann - leider - den Ausweg oft nach rechts sucht.

  • Ich möchte es mal zusammenfassen (komme aus der ursprünglichen BRD, Ruhrpottrand, Niederrhein, linksrheinisch): Die Meinungsfreiheit, die es mal zu geben gescheint hat, ist längst erstickt worden.

    Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass differenzierter ge-/ bzw. beurteilt werden sollte, insbesondere im literarisch / künstlerischen Bereich.

  • Ach, das viel bemühte Argument der Meinungsfreiheit ... Der Begriff umfasst u.a., dass jeder und jede die eigene Meinung sagen darf, ohne befürchten zu müssen, dafür im Knast zu landen, solange diese Meinung nicht verfassungswidrig ist. Das ist in Deutschland bisher jederzeit möglich, etwa auch in diesem Forum. Man nennt das Demokratie. Die AfD und ja, auch Donald Trump mit seinem (meiner Meinung nach) inzwischen faschistoid anmutenden Gebahren, will - und wird, wenn ungebremst - mit demokratischen Mitteln diese Demokratie aushebeln. Und dann könnte es sehr schnell nur noch eine erlaubte Meinung geben. Kommt mir irgendwie aus dem Geschichtsunterricht und von anderen Orten dieser Welt bekannt vor.


    Ich behaupte nicht, dass es im Verlagswesen keine Probleme im Hinblick auf literarisch-künstlerische Freiheit gibt. Aber dass hierzulande die Meinungsfreiheit "erstickt" wird, ist (wieder mal, seufz) barer Unsinn. Denn was zum Teufel tun wir hier gerade?


    Ich kenne das Werk des Herrn Vance nicht, bin aber sicher, dass er seine Meinung jederzeit in die Welt hinausblasen darf - nur jetzt offenbar nicht mehr im Ullstein Verlag, weil der sich dafür nicht weiter als Forum hergeben mag. Der Autor muss die für ihn passendere Plattform finden. Läuft für mich unter Hausrecht - und ganz normaler Meinungsfreiheit.

    "Aim high, expect nothing."

    (Uschi Obermaier?)

  • Okay, ich nehme das "erstickt" zurück. Aber die Luft wird knapper und das ist keineswegs Blödsinn sondern meine persönliche Erfahrung.

    Hausrecht kann - wie fast alles - auch missbraucht werden.

    Wie dem auch sei, finde ich, man könnte sich von dem Autor distanzieren und zukünftige Werke verbannen, anstatt ein Werk, das zu einer Zeit geschrieben worden ist, als die Gesinnung des Autors noch eine andere war.

    Ist hier eigentlich jemand, der das Buch gelesen hat? Dessen Sicht würde mich auch mal interessieren.

  • Ich denke, das die Meinungsfreiheit in der Literatur bzw. in den Verlagen einer Selbstkasteiung unterliegt. Bestimmte aktuelle Themen werden nicht mehr bedient bzw. sind politisch unerwünscht. Mir schwebt z, B. das Thema Gruppenvergewaltigung vor - bei meinem Plot würde ein ehemaliges Opfer einer russischen Gruppenvergewaltigung im 2. Weltkrieg sich an den Vergewaltigern ihrer Enkelin brutal rächen. Ein anderes Thema wäre Menschen- Frauen- Sklavenhandel in Mauretanien (ja, dass gibt es wirklich) mit dem Zielort arabische Emirate bzw. einem fiktionalem Harem. Dies sind nur einige aktuelle Tabuthemen, die ich zwar gedanklich durchspiele, die aber bei einer Selbstveröffentlichung - von Verlagsveröffentlichung "rede" ich erst garnicht - mit Sicherheit ernste Konsequenzen haben würden.


    Mit nachdenklichen Grüßen

    Frank

  • Ergänzung: Eine Einschränkung der Meinungsfreiheit liegt ja auch dann vor, wenn ich beispielsweise aufgrund meiner Meinung aus einem Forum ausgeschlossen werde. Mir ist das bisher zum Glück noch nicht passiert, doch einem Bekannten sehr wohl. Je unschwammiger man sich äußert, desto größer ist die "Gefahr", die natürlich nicht lebensbedrohlich oder existenzgefährdend ist. Eine Einschränkung ist es dennoch. Wenn man mal länger darüber nachdenkt, fallen einem bestimmt noch weitere Beispiele ein, was uns jedoch vom eigentlichen Thema ein wenig wegführt.

  • Klar ist die Einschränkung der Meinungsfreiheit ein äußerst heikles Thema und mir und vielen demokratisch Denkenden andauernd bewusst. Ich meine, ein Ausschluss aus irgendwas ist nur dann legitim, wenn alle anderen Mittel wie Debatte oder "Aushalten" ausgereizt sind. Oder, wie gesagt, wenn Äußerungen an oder über die Grenzen der Verfassung hinaus geraten. Dann ist er nicht nur legitim, sondern geboten.


    Aber jetzt wird es doch zu allgemein, deswegen setze ich hier meinen Schlusspunkt.

    "Aim high, expect nothing."

    (Uschi Obermaier?)

  • Meinungsfreiheit ist wie jedes Grundrecht ein Schutz des Bürgers vor dem Staat. Innerhalb der Gesellschaft geht es um Debatten- oder Meinungskultur.


    Im Börsenblatt des Buchhandels lese ich, laut Ullstein vertrete Vance eine aggressiv-demagogische, ausgrenzende Politik. Grenzt Ullstein mit seiner Entscheidung nicht selbst aus?


    Vance dürfte es egal sein, wer sein Buch in Deutschland verlegt, ja sogar, ob es überhaupt in Deutschland verlegt wird. Doch wie mag Ullstein zu seiner Entscheidung gelangt sein? Eine Möglichkeit: Im Verlag ist man beseelt von den inhaltlichen Gründen. Kann sein, aber ich bin skeptisch.


    Die wirtschaftliche Lage ist derzeit mau bei den Publikumsverlagen. Ullstein hat sich von einem Titel getrennt, der seit Vances Kandidatur noch lukrativer als vorher sein dürfte. Ich vermute, dass der Verlag abgewogen hat und den Schaden für größer hält, wenn er die Memoiren weiterhin verlegt. Und das bei einem Buch, das nichts mit Vorhalten gegenüber J. D. Vance von heute zu tun hat.


    Was befürchtet Ullstein? Shitstorms? Die gehen vorbei. Boykott-Aufrufe? Das wäre bedauerlich, meine ich. Es geht nämlich nicht um Meinungsfreiheit, sondern um Debattenkultur.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)