Ullstein schmeißt J.D. Vance - Hillbilly Elegy aus dem Programm

  • Ich finde Fremdgedanken als Ergänzung hochinteressant. Wie dem auch sei. Das Thema scheint ausdiskutiert zu sein.

    Mich nervt es in solchen Diskussionen, wenn man beginnt, sich im Kreis zu drehen.

    Mich würde immer noch die Sichtweise eines Lesers dieses Buches interessieren. Vielleicht findet sich hier im Forum ja noch jemand, der es gelesen hat und etwas zum Inhalt beitragen kann.

    Hier möchte ich kurz einwenden: Auch wenn man beginnt "sich im Kreis zu drehen", halte ich Diskussionen wie diese für ziemlich gut und aufschlussreich, meistens eher als stiller Mitleser (das ganz am Anfang dieses Freds war eine Ausnahme). Oft kommt es mir im Netz allerdings so vor, dass man am Ende irgendwie eine Lösung oder Einigung erwartet, was aber für meine Begriffe so nicht funktioniert und auch nicht funktionieren muss. Es geht viel mehr um Rede und Gegenrede, den Austausch von Positionen, und so weiter, finde ich.


    Ein paar Gedanken habe ich natürlich auch dazu. Finde ich es prinzipiell gut, dass Ullstein den Autor aus politischen Gründen aus dem Programm nimmt? Eher nicht, weil Duckmäusertum. Finde ich es nachvollziehbar? Ja, weil das Image eines Verlags derzeit offenbar mehr bedeutet als der wirtschaftliche Erfolg eines einzigen Buches. Finde ich, dass dadurch die Redefreiheit gefährdet sei? Nein, das Buch kann ja woanders erworben und frei diskutiert werden. Glaube ich, dass das auch nur irgendwas mit irgendeiner staatlichen Institution zu tun hat, die auch nur das kleinste Bisschen was mit der üblen Zensur in einer Diktatur wie China oder Russland oder Nordkorea oder Iran zu tun hat? Njet!

  • Oft kommt es mir im Netz allerdings so vor, dass man am Ende irgendwie eine Lösung oder Einigung erwartet


    Joachim - (sorry die Zitierfunktion klappt mit meinem Handy nicht): Ich persönlich erwarte gar keine Lösung oder Einigung. Ich erwarte die Vermeidung ständiger Wiederholungen, was bei einem sehr langen Thread natürlich schwierig wird. Ich freue mich auf neue Aspekte und Ansichten anstelle von aufsteigender Aggression.

    Es war nicht bedonders nett, meine Meinung als "barer Unsinn" zu bezeichnen wie Kristin es gemacht hat. Das jedoch nur am Rande.

  • Zitat von Tom


    aber es geht darum, dass dieser Anspruch der Trennung von Werk und Autor einfach Grenzen hat


    --> Das sehe ich anders. Was ist mit Roman Polanski? Seine Filme sind in meinen Augen grandios.

    Würde ein verurteilter Schwerverbrecher einen sagenhaft guten Roman schreiben, würde ich ihn lesen. Wieso denn nicht? Das Eine hat mit dem Anderen doch nichts zu tun. Einzig verwerflich daran wäre, dass dieser Schwerverbrecher durch mich Geld verdienen würde. Das ist aber wiederum noch ein anderes Thema.

    Nehmen wir mal, es hätte jemand das Buch gekauft und ich würde es mir aus einem öffentlichen Bücherschrank nehmen, weil der Käufer es dort hineingestellt hat. Ich würde es lesen, wahnsinnig gut finden und im Nachhinein, eben weil ich das Buch so gut finde, nach dem Autor recherchieren. Und dabei stellte ich fest: "Oops! Was ist das denn für einer? Oh, mein Gott!" Dann würde ich doch im Nachhinein auch nicht das Buch schlecht finden.

    Würde der Autor ein weiteres Buch schreiben, kann ich mir nicht vorstellen, dass ich mit meinem neuen Wissen über den Autor von einem Kauf absehen würde. Es sei denn, mich plagte ein schlechtes Gewissen. Aber auch da bin ich mir nicht sicher. Es käme ganz darauf an. Handelte das Buch von seinen Verbrechen und schilderte er diese als Heldentaten, würde ich es weder kaufen noch lesen.

  • Friecko Doch, hat es. Wir hängen uns kein „Bild mit Sonnenblumen“ (bzw. einen Kunstdruck davon), sondern einen van Gogh an die Wand. Wir lesen nicht irgendwas Blutiges, sondern einen Fitzek. Wir schauen uns nicht irgendeinen eigentümlichen Film mit überraschenden Twists und tiefgründigen Dialogen an, sondern einen Allen. Das Werk und sein Urheber oder seine Urheberin sind symbiotisch; das eine gäbe es ohne das andere nicht, und das ist auch, woran wir alle arbeiten, wenn wir versuchen, Bücher zu veröffentlichen: Uns einen Namen zu erschreiben. Einen Namen, der sehr viel stärker für die Bücher steht als ihre Titel. Ein Irving, eine Zeh, eine Menasse, ein Glavinic. Es ist tatsächlich ein wenig unsinnig, zu behaupten, das eine hätte mit dem anderen so wenig zu tun, dass egal ist, wer was geschrieben hätte. Das Gegenteil ist wahr. Ich bin mein Werk und umgekehrt. Das, was ich geschrieben habe, konnte nur ich so schreiben. Und deshalb kauft man meine Persönlichkeit mindestens teilweise mit. Meine Weltsicht. Meine Haltung. Und deshalb ist das, was Olaf Scholz da erzählt hat, zu einem Gutteil auch erschütternd naiv für einen Kanzler eines Erste-Welt-Landes.

  • Der neue Lizenznehmer "Yes" teilt mit, die Neuauflage von "Hillbilly-Elegie" sei schon vor dem Erscheinen ein Verkaufshit. Man habe 20.000 Exemplare gedruckt und gehe davon aus, dass man sie alle sofort verkaufen wird. Die ersten Bücher würden bereits am 30. Juli, also heute, an- und umgehend ausgeliefert. Man wolle die gewaltige Nachfrage so schnell wie möglich decken. Es scheint, dass die Aufregung um Ullsteins Entscheidung enorm verkaufsfördernd gewirkt hat. Das Phänomen ist ja auch aus anderen Feldern bekannt.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Es scheint, dass die Aufregung um Ullsteins Entscheidung enorm verkaufsfördernd gewirkt hat.

    Das war zu erwarten, vermutlich sogar ohne diese letztliche Entscheidung von Ullstein. Umso konsequenter, ja sogar integrer finde ich es vom Verlag, auf so ein Ding bewusst zu verzichten.


    Friecko: Bitte entschuldige den "baren Unsinn", er war nicht feindselig und auch nicht persönlich gemeint. Ich habe nur diesen Satz von der mangelnden Meinungsfreiheit schon so furchtbar oft gehört und finde ihn jedes Mal - ich ändere in: völlig unzutreffend. Auf meine eigentlich sehr einfache Begründung, warum er unzutreffend sei, habe ich noch nie ein plausible Gegenargument gehört oder gelesen, und darum finde ich es etwas ermüdend, dass er sich so hartnäckig hält. Nichts für ungut!

    "Aim high, expect nothing."

    (Uschi Obermaier?)

  • Tom

    Du würdest also tatsächlich, ein- und dasselbe Buch anders bewerten, abhängig davon, was du von dem Autor weißt oder nicht weißt?

    Du liest ein Buch, findest es sprachlich herausragend und der Inhalt packt dich.

    Anschließend - nachdem du schreckliche Dinge (ich halte es absichtlich so allgemein und schwammig) über den Autor erfahren hast - sprechen dich Inhalt und Sprache nicht mehr an, weil du nicht nur Buchstaben sondern auch ein Stück Persönlichkeit des Autors mitgekauft hast.

    Das finde ich nun wiederum außerordentlich verwunderlich.

    In meinen Augen gilt das allenfalls für Autoren, von denen ich vor dem Lesen eines Buches Negatives erfahren habe. Denn das Buch ist und bleibt wie es geschrieben wurde. Samt der Persönlichkeit seines Verfassers. Daher finde ich, dass man Werk und Persönlichkeit sehr wohl getrennt voneinander betrachten kann und meines Erachtens nach sogar muss (mit besagter Einschränkung).

  • Das war zu erwarten, vermutlich sogar ohne diese letztliche Entscheidung von Ullstein. Umso konsequenter, ja sogar integrer finde ich es vom Verlag, auf so ein Ding bewusst zu verzichten.

    Ich nehme an, dass auch die Nominierung zum Kandidat für die Vizepräsidentschaft zum wachsenden Interesse am Buch beigetragen hat. Aber diese Dimension ist erstaunlich. Oliver Kuhn vom "Yes"-Verlag meint, so etwas zuletzt bei "Harry Potter" gesehen zu haben: Seine Ausgabe von "Hillbilly-Elegie" ist auf Platz 1 bei Amazon, die englischsprachige Version ist auf Platz 4.


    Mir scheint, wenn ein Fall Berührung zu Trump hat, gelten andere Maßstäbe als sonst. Nehmen wir an, ich beurteile Ullsteins Entscheidung wohlwollend. Dann würde ich mich fragen: Welche Autoren wären denn sonst noch betroffen? Die Antisemiten der Romantik? Oder abseits von Literatur: Wie steht es um die Bayreuther Festspiele?


    Kleine Anekdote aus meiner Schulzeit: Eine Mitschülerin kehrte aus München zurück und hatte in einem Café in der Nähe von Konstantin Wecker gesessen. Uns berichtete sie: "Der ist ein blöder Macho." Und ab da wurde er von einigen meiner Mitschüler durch diese Brille gesehen. Mich hat es noch nie interessiert, "was für ein Mensch so ein Künstler eigentlich ist". Ich mag Weckers Lieder.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Die Hillbilly-Elegie ist die Autobiografie von J. D. Vance und schon per definitionem nicht von der Person des Autors zu trennen. Und sie hatte vermutlich genau deshalb eine Chance, weil der politische Aufsteiger J. D. Vance sie geschrieben hat. Hinterfragen wir das auch?

  • Das stimmt. Wir haben in unserer Diskussion die allgemeine Sicht auf Autor/Buch mit einer speziellen Sicht, wie es bei Autobiografien sinnvoll ist, miteinander vermischt.

    Die Autobiografie des Herrn geht jedoch zwangsläufig nur bis zu jenem Punkt des Gesinnungswandels. Darum würde ich sie auch nur bis zu jenem Punkt bewerten wollen. Allerdings habe ich keine Lust, sie zu lesen.

  • Hallo, Friecko.


    Ich habe von „Hillbilly Elegie“ nur ein paar Seiten gelesen; das Buch wurde ja schon vor der Veröffentlichung stark diskutiert, und einige Themen darin hätten mich interessiert, aber ich bin kein großer Freund von Romanbiografien. Aber ich wusste von J. D. Vance und hatte mich über ihn informiert und seine Karriere verfolgt, ich habe mir dann die Verfilmung angeschaut, in der mir Glen Close exzellent gefallen hat, ansonsten sind die Erinnerungen daran nicht sehr stark. Ich habe allerdings kürzlich Barbara Kingsolvers „Demon Copperhead“ gelesen (und hier besprochen), einen wuchtigen, fast rundum gelungenen Roman über das gleiche Klientel und ähnliche gesellschaftliche Vorgänge. Kingsolvers Roman lässt keinen Zweifel daran, wie sie als Autorin und Mensch und Persönlichkeit das sieht, worauf sie blickt, und es ist kaum vorstellbar, dass sie fünf oder zehn Jahren plötzlich völlig anders sieht. Der Roman transportiert nicht nur die Geschichte, sondern auf die Art, wie er sie erzählt und wie er aufgebaut ist und wie er kommentiert, vermittelt er auch eine Botschaft. Eigentlich sind es mehrere. Sollte sich in fünf oder zehn Jahren herausstellen, dass Barbara Kingsolver in ihrer Freizeit beim Ku-Klux-Klan hospitiert, abends mit dem Gewehr im Anschlag an der mexikanischen Grenze liegt und außerdem jeden Behindertenparkplatz mit ihrem V16-SUV blockiert, der ihr in die Quere kommt, wäre ich enttäuscht, und, ja, das würde auch mein Urteil über dieses Buch bzw. dessen Lektüre in gewisser Weise revidieren. Ich käme mir verarscht vor. Es bliebe natürlich trotzdem ein gutes Buch. Und dieser Gedanke ist auch völlig abwegig, denn es geht nicht um die Qualität des Buchs oder der Lektüre, sondern um das, was es ausmacht und darstellt - zusammen mit der Autorenpersönlichkeit. Die uns oft überhaupt nicht interessiert oder bekannt ist und sich dann „nur“ über die Texte erahnen lässt. Aber ich war jahrelang sehr begeisterter Leser von Leon de Winter, der sich irgendwann ziemlich eigenartig entwickelt hat, und deshalb würde ich keine neuen Romane mehr von ihm lesen, gäbe es welche. Ich überlege hin und wieder, meine de-Winter-Sammlung sogar aufzulösen, weil ich die Romane sicher nicht noch einmal lesen werde, obwohl die meisten von ihnen ganz exzellent sind, und einige - etwa „Hoffmanns Hunger“ - sogar brillant, immer noch, auch jetzt. Aber der Typ geht mir halt auf den Sack, und deshalb lese ich sein Zeug nicht mehr. Und das liegt nicht daran, dass ich nur Sachen lese, die meine Meinung bestätigen oder in mein Weltbild passen.


    Aber die Geschehnisse um Vance zwingen mir eigentlich keine Grundsatzentscheidungen auf. Ich nehme mir die Freiheit, mein Verhalten und möglicherweise sogar meine Meinung zum Geschehen jeweils von der konkreten Situation abhängig zu machen. Kunst und Menschen und Politik sind viel zu kompliziert für allgemeine Verhaltensweisen und -regeln. Aber es geht hier auch nicht um jemanden, der ein Posting gelikt hat, das nachträglich unter maximaler Dehnung des Interpretationsraums als rassistisch bewertet wurde, weshalb diese Person jetzt für alle Zeiten aus der Öffentlichkeit getilgt werden soll. Es geht um jemanden, der sich anschickt, Stellvertreter des mächtigsten Mannes der Erde zu werden. Zu dem Menschen mit dem Like muss man kein Verhältnis aufbauen oder eine Meinung entwickeln. Zu Vance schon.

  • Den finde ich nun wieder absolut grauenvoll, jedoch nicht wegen seiner Person, von der ich rein gar nichts weiß, sondern wegen The Informers. Ich lege so gut wie nie ein Buch aus den Händen, selbst wenn es mir nicht gefällt. Er hat es geschafft. Ich hatte ein - in meinen Augen - nur noch ein noch schlechteres Buch in Händen. Einfach schrecklich.

  • Jeder Autor hat das Recht, auch schlechte Bücher zu schreiben. Leute wie Updike, Roth, Irving, Strout und viele andere der amerikanischen Erzähler haben das schon getan, aber sie haben auch bahnbrechende, ganz beeindruckende Texte geliefert, und beides gehört zusammen. So, wie bei Irving das Schrullig-Diverse dazugehört, bei Roth der immer schon ein bisschen alte, jüdische Mann, bei Updike der verklärte Demokrat und bei Strout der Hang zur ausufernden, aber brillant formulierten, sanft feministischen Belehrung. Aber ich mag die „Mein Leben als“-Romane von Roth nicht, und von Irving die Schwarten, in denen zwischen all den diversen kleinwüchsigen uneindeutig-geschlechtlichen überskurrilen Figuren keine Geschichten mehr zu finden waren, von Strout die eigenartigen Lucy-Barton-Romane, in denen sie all ihr Schreibtalent in eine Kunstfigur steckt, die nie funktioniert. Ich mag von Bret Easton Ellis „Die Informanten“ (genau wie Du) überhaupt nicht, und auch den vor ein paar Jahren erschienenen „Unter Null“-Aufguss fand ich total blöd, aber das meiste von seinem anderen Zeug ist über jeden Zweifel erhaben, und außerdem ist Ellis ein ruppiger, unangepasster, genialer Typ, der zwischen seiner Homosexualität und seiner Zuneigung für die Republikaner immer ausreichend Platz für atemberaubende Selbstinszenierungen findet. Ich mag die Autoren. Ich mag einige ihrer Bücher. Es gibt noch viele andere Beispiele dieser Art. Gäbe.

  • :) Irving kann ich auch nicht leiden (dennoch zu Ende gelesen) und Fitzek ebenso wenig. Bei allen dreien war es jeweils das erste Buch, das ich von ihnen gelesen hatte. Das schreckt dann eben ab, Weiteres dieser Autoren zu lesen. Fängt man bei einem unbekannten Autor mit einem Buch an, das einen anspricht, werden schlechtere Werke leichter verziehen als umgekehrt. Jedenfalls ist das bei mir so. Und ja: Jeder hat das "Recht", auch ein schlechtes Werk zu verfassen. Nur gut gibt es vermutlich gar nicht, nicht einmal bei Eschbach, obwohl ich diesen sehr gern lese.

    Ach so: Bei Irving war es Die Geschichte vom wilden Wassertrinker und bei Fitzek AchtNacht


    Ich bitte um Entschuldigung, dass ich vollkommen vom eigentlichen Thema abgewichen bin ...

  • Die Entscheidung des Ullstein-Verlages ist eine Entscheidung, die dem Zeitgeist entspricht. Wir leben im Zeitalter der Haltungen und nicht mehr der Meinungen. Meinungen sind individualisierbar, Haltungen nicht. Eine Haltung ist der Konsens, der in einer Gruppe zu einem Thema, im konkreten Fall ein politsches, herrscht und in der Regel nicht mehr diskutabel ist. Wer Mitglied dieser Gruppe werden will, muss seine Meinung (Individualität) zu diesem Thema aufgeben und die Haltung (Gruppe) annehmen. Soweit okay, auf dieser Basis funktionieren Parteien, Vereine, Interessengemeinschaften usw. Übergriffig wird das erst, wenn aus einer Gruppe heraus deren Haltung zum Allgemeingut erklärt wird, die alle anderen auch haben sollen/müssen, mit dem Argumentationsmuster "Das ist keine Meinung, sondern eine Haltung!" transportiert wird, was nichts anderes ist, als die Aufforderung "Sag mir, wo du stehst" und in meinem Kopf sofort den gleichnamigen Song streamt. Und hier ist auch ein weiterer Grund für das gefühlte "Man darf seine Meinung nicht mehr sagen!". Immer mehr haben Angst davor, dass immer mehr Themen zur Haltung erklärt werden.


    Trennung Autor - Buch. Trenne ich immer und vollständig, außer Sonderfall Autobiografie. Aber da ist es ja Ziel des Autors sich ganz persönlich im Buch zu beschreiben.. Persönlich kann man das halten wie man will. Ich möchte es nicht verallgemeinern, weil, ganz persönliche Erfahrung, damit nicht die schriftstellerische Leistung, sondern die politische Einstellung des Autors bewertet wird. Soetwas kann zur Negativauslese führen.

    Kann man, wenn man die politische Gesinnung des Autors bewertet, noch mit ruhigem Gewissen einen Günter Grass lesen (SS-Vergangenheit) oder einen Erich Kästner, der zwar aus dem Hintergrund die Verbrennung seiner Bücher sah und trotzdem unter Pseudonym Drehbücher für Unterhaltungsfilme in der NS-Zeit geschrieben hat?

  • Wir reden von der Autobiografie eines Politikers, die dieser geschickt für seine politische Karriere genutzt hat. J. D. Vance hat sein eigenes Heldenepos geschrieben, und letzten Endes hat ihn genau dieses Image in die Position als Running Mate katapultiert. Dass er seine Meinung zum Chef so grundlegend geändert hat, war recht hilfreich. Reaktionär konservativ kommt in der Partei gerade gut. Manche seiner Thesen machen auch einige Republikaner nervös, las ich gestern. Aber wird schon nicht so schlimm kommen, nicht?


    Wenn Ullstein daran nicht mehr mitstricken will, kann ich das gut verstehen. Und dann sollten wir auch mal aufhören, daraus irgendwelche Szenarien um Zensur oder Meinungsbeschneidung abzuleiten.