• Guten Tag,


    Ich stehe kurz vor der Vollendung meines ersten Buches. Im Zuge dessen habe ich mich nach Verlagen umgesehen, die vor allem im Genre Fantasy verlegen und hier kommt natürlich das erste Problem: Alle möchten ein Expose. Ich habe leider im Netz nicht grade viel dazu gefunden, weder verwertbare Ideen/Vorschläge, noch Beispiele. Ist es egal in welcher Zeitform/Perspektive ich es schreibe? Sollte sich der gesamte Inhalt eines 300 Seiten Buches auf den 5-10 Seiten wiederfinden?


    Liebe Grüße und Danke

    J. Esters

  • Ein Exposé mit 10 Seiten ist kein geschicktes Exposé. Ich weiß nicht, woher die Info mit den 5-10 Seiten kommt, aber seriös ist sie nicht. Je knapper das Exposé ausformuliert ist, um so besser. Hans Peter Roentgens Schreibratgeber ist eine gute Empfehlung.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Kuhlen, Kohlen und Geklimper

    ASIN/ISBN: 3947848994


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Ein Exposé sollte komprimiert darüber Auskunft geben, worum es im Buch geht, wie sich die Zielgruppe gestaltet und was ansonsten zu erwarten ist. Drei bis fünf Seiten reichen. Man steigt mit dem Pitch ein, wenn das hinzukriegen ist, fasst also die gesamte Geschichte in einem Satz zusammen, bzw. das, worum es geht und was erzählt wird:


    "Romantische Nächte im kleinen Wollgeschäft in den Alpen" erzählt von der Wollhändlerin Rita und der Hobbystrickerin Maria, die sich in Ritas Wollgeschäft kennenlernen und verlieben, sich aber aus den Augen verlieren, bis sie im Finale eines Strickwettbewerbs wieder aufeinandertreffen, ihre bisherigen Partnerinnen verlassen und glücklich bis an das Lebensende der zuerst Versterbenden leben, in der Dachwohnung über dem Wollgeschäft.


    Dann folgt die Synopsis in längerer Form, also die Zusammenfassung der gesamten Handlung des Romans (einschließlich des Endes, das fällt vielen schwer) in geraffter Form, aber nicht in allen Einzelheiten, sondern nur mit den entscheidenden Punkten und Twists. Das Personal wird angerissen und, wo nötig, vorgestellt. Das sollte auf zwei Seiten zu schaffen sein.


    Zum Schluss ordnet man das noch ein (das kann man auch ganz am Anfang schon erwähnen - "Ein tränentreibender Schmachtfetzen für die Fans von Ärzt*innenromanen und ähnlichem Zeug"), gibt ein paar Fakten zur Kenntnis (vor allem die Länge in Normseiten, man kann aber auch geplante Fortsetzungen erwähnen) - und das isses dann.


    Im Teil, der das Buch beschreibt, sollte man sich stilistisch nicht überschlagen, sondern durchaus sachlich bleiben, aber man kann sich hier und da auch ein wenig des Klappentextsprechs bedienen.


    Und grundsätzlich gilt: Es gibt keinen Grundsatz. Ein Exposé stellt einen Roman vor, um ihn zu verkaufen. Wie es das macht und wie es das erfolgreich macht, ist Dir überlassen. Wenn man allerdings Genre bedient und/oder nicht gerade Kim de l'Horizon ist, sollte man sich nicht allzu originell geben.

  • Toms Ausführungen ist kaum etwas hinzuzufügen. Vielleicht noch: Es gibt schon gewisse "Regeln" für ein Exposé, die auf den Erwartungen und den Bedürfnissen des Empfängers (LektorIn) basieren. Hier gilt das, was in der gesamten Literatur gilt: Regeln sollte man erst (bewusst) brechen, wenn man sie beherrscht. Deshalb würde ich an Deiner Stelle erst mal mit dem "Üblichen" beginnen. Und da hilft Drei Seiten für ein Exposé von Hans Peter Roentgen, wie schon von John und Horst-Dieter empfohlen, sehr gut weiter.


    Viel Erfolg!!!

  • Sind Exposés nicht auch etwas, was man wunderbar in der BT-Runde auseinandernehmen kann?

    Gab's für sowas nicht irgendwo einen Werkstattbereich?


    Es würde mich nicht stören, Exposés in der Besprechungsecke zu besprechen, aber nicht als Besprechungstexte. 8)

  • Ein Exposé mit 10 Seiten ist kein geschicktes Exposé. Ich weiß nicht, woher die Info mit den 5-10 Seiten kommt, aber seriös ist sie nicht. Je knapper das Exposé ausformuliert ist, um so besser. Hans Peter Roentgens Schreibratgeber ist eine gute Empfehlung.

    Ja, tatsächlich verlangen die meisten Literaturagenturen sehr kurze Exposés, in der Regel sollten sie nicht länger als 1 bis 2 Seiten sein. Sie schreiben da meist DinA-4-Seiten, weshalb ich da nicht von Normseite ausging - da es das Ganze nur noch schwerer machen würde.


    Ich habe es mit Hängen und Würgen auf etwas mehr als zwei Seiten geschafft - tatsächlich ist das Schreiben eines Exposés eine Wissenschaft für sich.

    An sich ist es wie beim Schreiben der eigentlichen Geschichte; immer wieder ruhen lassen und mit "frischen" Augen lesen, so kriegt man die Synopse irgendwann auf das Wesentliche reduziert.


    Den hilfreichen Anmerkungen hier habe ich nichts hinzuzufügen. Vielleicht noch: es wird sich bei der Angabe der Zielgruppe oft auch ein Vergleich mit schon bestehenden Werken anderer Autor*innen gewünscht, im Sinne von: z.B. "für Leser*innen von 'Es" von Stephen King".

  • Ein Exposee ist einen Elefanten durch ein Nadelöhr zu bekommen. Die Story muss einen Anfang haben, der den Leser gierig nach mehr macht. Die Story muss Plotpoints haben, die den Leser an den Text fesselt. Die Story muss ein Ende haben, die den Leser Lust auf die Fortsetzung macht oder die Geschichte logisch enden lässt. Mehr muss nicht ins Exposee.

  • Erzählen Sie mir mit 50 Worten, worum es in ihrer Geschichte geht, sagte der Verlagslektor und drückte die Aufzugstaste in den 7.Stock. Wenn Sie das nicht können, schaffen Sie es auch nicht mit 50 Seiten. :)

    „Die reine, einfache Behauptung ohne Begründung und jeden Beweis ist ein sicheres Mittel, um der Massenseele eine Idee einzuflößen. Je bestimmter die Behauptung, je freier sie von Beweisen und Belegen ist, desto mehr Ehrfurcht erweckt sie.“ (Gustav Le Bon, „Psychologie der Massen“)

    Einmal editiert, zuletzt von Manuela ()

  • Ich habe kürzlich einen hinreißenden Absatz aus einem offenbar sehr klugen Buch gelesen, und ich muss unbedingt rausbekommen, welches und von wem das war, jedenfalls schrieb der Autor sinngemäß, dass Bücher, in denen es um „etwas“ geht, deren Inhalt man problemlos in wenigen Sätzen zusammenfassen kann, nach seinem Dafürhalten nichts wert, keine Kunst sind, weil, wenn es um „etwas“ geht, es um zu vieles nicht geht. Natürlich ist das extrem überspitzt und hat mit der Thematik hier nur am Rande zu tun, aber ich selbst habe auch regelmäßig Schwierigkeiten damit, wenn ich eine kurze Zusammenfassung liefern soll, weil die Geschichte, der Plot bei mir meistens eigentlich nur der Rahmen um viel mehr ist. Womit ich nicht sagen will, dass ich hohe Kunst mache und andere nicht, sondern dass es auch (möglicherweise sogar gute) Erzählungen gibt, deren Inhalt sich nicht auf einer Fahrstuhlreise wiedergeben lässt, weil das ihrem Inhalt nicht auch nur annähernd gerecht würde. Und an dieser Stelle habe ich großes Verständnis für Autoren und -innen, die vor dieser Aufgabe fast kapitulieren.

  • Dieses Zitat ist nicht von mir. So oder ähnlich findet es sich in verschiedenen Schreibratgebern. Gemeint ist, es zu schaffen, mit möglichst wenigen Worten klarzustellen, was Sache ist. Ich hätte besser einen Ironie-Smiley anhängen sollen. ;)

    „Die reine, einfache Behauptung ohne Begründung und jeden Beweis ist ein sicheres Mittel, um der Massenseele eine Idee einzuflößen. Je bestimmter die Behauptung, je freier sie von Beweisen und Belegen ist, desto mehr Ehrfurcht erweckt sie.“ (Gustav Le Bon, „Psychologie der Massen“)

  • Ich habe kürzlich einen hinreißenden Absatz aus einem offenbar sehr klugen Buch gelesen, und ich muss unbedingt rausbekommen, welches und von wem das war, jedenfalls schrieb der Autor sinngemäß, dass Bücher, in denen es um „etwas“ geht, deren Inhalt man problemlos in wenigen Sätzen zusammenfassen kann, nach seinem Dafürhalten nichts wert, keine Kunst sind, weil, wenn es um „etwas“ geht, es um zu vieles nicht geht. Natürlich ist das extrem überspitzt und hat mit der Thematik hier nur am Rande zu tun, aber ich selbst habe auch regelmäßig Schwierigkeiten damit, wenn ich eine kurze Zusammenfassung liefern soll, weil die Geschichte, der Plot bei mir meistens eigentlich nur der Rahmen um viel mehr ist. Womit ich nicht sagen will, dass ich hohe Kunst mache und andere nicht, sondern dass es auch (möglicherweise sogar gute) Erzählungen gibt, deren Inhalt sich nicht auf einer Fahrstuhlreise wiedergeben lässt, weil das ihrem Inhalt nicht auch nur annähernd gerecht würde. Und an dieser Stelle habe ich großes Verständnis für Autoren und -innen, die vor dieser Aufgabe fast kapitulieren.

    Ich würde vielleicht ergänzen, dass wirklich große literarische Kunst beides leistet: sie lässt sich einerseits leicht als Plot zusammenfassen und ist andererseits so viel mehr als die eigentliche Handlung.

    Natürlich gibt es da Gegenbeispiele ("Mann ohne Eigenschaften" fällt mir spontan ein, obwohl man da vielleicht schon wieder diskutieren könnte :P), vielleicht ist es also keine notwendige, sondern nur eine hinreichende Bedingung.

    Aber "Der Herr der Ringe", "Der Proceß", "Ilias", "Moby Dick", "Herz der Finsternis" etc.: Die könnte man alle ohne Mühe mit einer simplen Log Line zusammenfassen und trotzdem wird keiner ihren künstlerischen Wert in Abrede stellen (ich behaupte: auch gerade deswegen).