Hallo, Jochen.
Wir diskutieren das hier sozusagen nebenbei ständig - alles, was wir schreiben, ist irgendwie autobiografisch. Gerade bei zeitgenössischer Belletristik glauben Personen aus dem Dunstkreis der Schöpfer hin und wieder, gemeint zu sein. Aber die Kunstfreiheit, die hier gilt, geht sehr weit.
Aber Du willst ein Sachbuch schreiben, für das die Kunstfreiheit nicht oder nur eingeschränkt gilt, denn ein Sachbuch ist kein Kunstwerk. Das darfst Du natürlich trotzdem tun, und Du darfst auch Personen nennen und von ihnen erzählen, die Dir begegnet sind. Du solltest allerdings sicherstellen, dass Du nur die so genannte Wahrheit erzählst, und dass Du sie auch, und hier wird's heikel, im Zweifelsfall beweisen, wenigstens halbwegs glaubhaft belegen kannst. Sonst könnte Dir nämlich jemand unterstellen, Du würdest mit falschen Tatsachenbehauptungen hausieren, Verleumdung betreiben und vieles andere mehr. Dann käme es im Zweifelsfall vor Gericht zu einer Abwägung zwischen Persönlichkeitsrechten, möglichem Schaden (der aus Sicht der Betroffenen natürlich groß ist, aus Sicht der Gerichte aber regelmäßig sehr gering) und einem öffentlichen Interesse. Es ist ein Vabanquespiel, und Autoren fiktionaler Texte haben es da sehr viel einfacher. Was ich aber sagen will: Bei heiklen Passagen wäre es für Dich am besten, Du würdest sie den Betroffenen vorlegen und sie würden diese freigeben. Das ist allerdings oft illusorisch. Noch einfacher wäre es, wenn Du ein Prominenter wärst und alle Genannten ebenso. Da gelten die Persönlichkeitsrechte zwar gleichermaßen, aber das öffentliche Interesse ist größer, während der Schaden etwa beim Erzählen einer Peinlichkeit gering ausfiele. Das ist er bei normalen Menschen aber auch, obwohl sie das, wie erwähnt, regelmäßig anders sehen und sofort nach Unterlassung schreien. Und dann spielt auch noch eine Rolle, welche Reichweite das Werk hat. Eine Autobiografie im Kleinverlag, die regional ein bisschen zieht, hat andere Konsequenzen als #1spiegelbest.
Aber ich habe keine Erfahrungen als Autor biografischer Sachtexte, nur als Autor vermeintlich autobiografischer Belletristik.