Burgschreiber werden

  • Wer gerne einmal Burgschreiber werden möchte, der kann sich einmal die Ausschreibung von Burg Beeskow ansehen. Der Vorstand erhielt eine Mail, die ich gern veröffentliche:


    "Sehr geehrte Damen und Herren,


    seit 1993 wird das Amt des Burgschreibers zu Beeskow ausgeschrieben. Das Literaturstipendium wird alljährlich wird vom Landkreis Oder-Spree und der Stadt Beeskow für die Dauer von fünf Monaten verliehen. Es ist verbunden mit einem monatlichen Stipendium in Höhe von 1.000,00 € und freiem Wohnraum auf der Burg Beeskow.


    In diesem Jahr wird das Literaturstipendium bereits zum achtundzwanzigsten Mal vergeben.


    Wir würden uns freuen, wenn Sie unsere Ausschreibung - siehe Anlagen - auf Ihrer

    Website veröffentlichen bzw. diese an Interessierte weiterleiten.


    Auch auf der Homepage der Burg Beeskow sind alle relevanten Informationen zum Stipendium

    zu finden:

    https://www.burg-beeskow.de/Informationen/AusschreibungenBurgschreiberrichtlinien neu.pdfAusschreibung_Burgschreiber_2021.pdf



    Mit freundlichen Grüßen


    Susann Müller

    Burg Beeskow



    Kultur- und Sportamt des Landkreis Oder-Spree

    Burg Beeskow

    Frankfurter Str. 23

    15848 Beeskow

    Tel: +49 3366-352714

    Fa: +49 3366-21117

    http://www.burg-beeskow.de

    http://www.operoderspree.de"


    Burgschreiberrichtlinien neu.pdf Ausschreibung_Burgschreiber_2021.pdf

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

    Einmal editiert, zuletzt von Alexander R. ()

  • Es wäre interessant zu erfahren, wo der Wohnraum auf der Burg liegt. Vielleicht in einem Turm hoch über allem? Ein Ecktisch im Rittersaal mit Feldbett daneben? Oder tief unten im dunklen Verließ?

    BLOG: Welt der Fabeln


    Horst-Dieter Radke: Sagen und Legenden aus Baden

    ASIN/ISBN: 3955403823


    Die Armut, die sich gerade ausbreitet, wird die Demokratien teuer zu stehen kommen.
    Jagoda Marinic

    SZ Nr. 92, 21.4.2023, S. 5


  • Es gibt zahlreiche Ausschreibungen für Burg-, Stadt-, Dorf-, Turm- und Residenz-Schreiber und Schreiberinnen. Das reicht von vier Wochen bis zu einem halben Jahr. Dies ist für Autorinnen und Autoren nicht uninteressant, die sonst keinen Nebenjob haben. Allein dass es schon einen monatlichen Salär gibt, kann dann hilfreich sein, denn für diese Zeit muss man sich nicht um die Einnahmen kümmern. Wer im Beruf steht oder/und Familie hat, kann sich in der Regel für längere Zeiten als 4 Wochen selten frei nehmen. Die Zahl der Bewerber schränkt sich so schon ein.


    Beeskow mag, wie Tom schrieb, in einer öden Gegend liegen, so uninteressant ist das aber nicht. Einmal hat man nicht viel Ablenkung und kann sich auf sein Schreiben konzentrieren. Außerdem kann man sich mit einer Region vertraut machen und "entedecken", die man vielleicht vorher nicht wahrgenommen hatte und möglicherweise sonst auch nie für einen Aufenthalt oder Urlaub auswählen würde.


    Ich habe tatsächlich ein paar Minuten überlegt, ob ich mich für Beeskow bewerben soll. Berlin ist nicht weit weg - 90 Kilometer schafft man zur Not auch mit dem Fahrrad - und da hätte ich dann, wenn mir die Provinz auf den Geist ginge, die Enkelkinder bei der Hand. Aber ich habe nicht nur Enkelkinder, die ich auch ohne Beeskow zu sehen bekomme (wenn nicht gerade wieder Corona ist), sondern vor der Haustür das Taubertal, Spessart, Odenwald, Steigerwald und Hohenlohe und muss mich um "Gegend" nicht kümmern. Auf das alles für fast ein halbes Jahr zu verzichten muss nun doch nicht sein.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Horst-Dieter Radke: Sagen und Legenden aus Baden

    ASIN/ISBN: 3955403823


    Die Armut, die sich gerade ausbreitet, wird die Demokratien teuer zu stehen kommen.
    Jagoda Marinic

    SZ Nr. 92, 21.4.2023, S. 5


    2 Mal editiert, zuletzt von Horst-Dieter ()

  • Beskow Diaries


    01.01.2021


    Ankunft in Beskow. Mit dem Bus. Regionalbahn fährt nur bis Fürstenwalde.

    Bin schon gespannt auf meine Unterkunft in der Burg.


    02.01.2021

    Puh, das war ja was. Habe die Honoratioren der Stadt kennengelernt. Musste viele Hände schütteln, ekel mich aber seit Corona vor anderen Menschen, wollte das aber in dem Werk, Arbeitstitel: Der Brodem der anderen thematisieren, dass ich in meinem freiwilligen Exil anfangen will.



    03.01.2021 bis 25.03.2021

    Habe Schreibblockade. Habe mir aber die Playstation mitgenommen. Musste in Erfahrung bringen, dass ich mein Turmzimmer, mein Schlafzimmer und die Küche selbst putzen muss. Werde dass bei der Abschlusslesung auch monieren, genau so, dass ich selber kochen muss. Wozu habe ich eigentlich in Hildesheim studiert und bin Literally Master in contemporary proficient creative writing, wenn ich mich den ganzen Tag mit so profanem Kram beschäftigen muss?


    Mein Betreuer, ein Faktotum namens Hansen, hat mich heute aufgefordert, in die Stadt zu gehen und dabei auf den Ausschreibungstext verwiesen. Wünschenswert sei die Bereitschaft zum aktiven Austausch zwischen Burgschreiber/in, Stadt und Region.

    Ich habe ihn ausgelacht und –, da er bereits über fünfzig ist – nonchalant darauf hingewiesen, dass er, als Kulturbauer alten Schlages, der noch mit echter Arbeiterliteratur aufgewachsen sei, doch trotzdem den Unterschied kennen müsse zwischen wünschenswert und einem Befehl. Hab mich eingekringelt über meinen Witz, aber er war irgendwie sauer. Ich wette, er war nur neidisch auf meine westdeutsche Sozialisation mit der Playstation. Verständlich, wenn man bedenkt, dass die da früher nur Rechenschieber hatten, um Computerspiele zu simulieren. Irgendwie auch tragisch finde ich. Werde gelegentlich mal den Deutschen Roman zu diesem Thema schreiben, aber jetzt muss ich erst mal zusehen, wie ich zu Mandy komme, die wollte mir zeigen, womit die sich die Zeit vertrieben haben, damals, als alle nüscht hatten. Bin beim Thema in die Stadt gehen jedenfalls weiter gekommen.



    Irgendwann im Mai

    Der Bürgermeister war heute da und hat sich nach dem Stand der Dinge erkundigt. Ich war etwas verwirrt und fragte, was genau er denn meine. Als Antwort bekam ich ein etwas säuerliches Lächeln und den Hinweis, ich solle noch einmal den Ausschreibungstext studieren, was ich dann auch tat, als er endlich verschwunden war, aber nicht ohne ihn vorher darauf hinzuweisen, dass ich sehr ungehalten wäre, dass ich ständig so viel unangemeldeten Besuch bekäme, nur weil die Damen und Herren der von und zu Beskow Gemeinde der irrigen Ansicht seien, einen empfindsamen Poeten wie mich würde das ständige Unterbrechen meiner feingeistigen Tätigkeit nicht negativ beeinflussen.

    Ab da hatte ich erst mal Ruhe, aber diese war teuer erkauft, denn ich tat ihm den Gefallen, las die Unterlagen durch und musste zu meinem Erschrecken feststellen, dass ich verpflichtet war, irgendwelche Burgminiaturen zu schreiben.


    Habe Brief an Mutti geschrieben: Jetzt ist Holland in Not. Hab nur noch eine Woche Zeit.

    Sie soll auf dem Dachboden oder im Keller nachsehen, ob da noch irgendwo die alte Ritterburg steht und sie mir mitsamt allen Playmobil-Figuren, derer sie habhaft werden kann, per Express zuschicken. Piraten gingen auch.

    Ich werde denen das als Allegorie verkaufen und textlich einfach einen weiten Bogen schlagen. Der Text ist die Burg, die Burg wird zum Text und weiteres esoterisches Geschwurbel. Führe immer einen Kunstkatalog bei mir, wo ich mir Anregungen hole. Die merken das nicht.


    2023 (glaube ich zumindest)

    Bin immer noch im Verlies. Das einzige Highlight des Tages ist, wenn der alte Hansen kommt und den Haferbrei austeilt, aber der spricht nicht mit mir.

    Ich strafe ihn mit eisernem Schweigen.