Wie haltet Ihr das? Klar, dass gerade beim Ich-Erzähler, der Protagonist auch mal etwas für ihn Allgemeingültiges rausposaunt. Wenn er das innerhalb eines Dialoges macht - kein Problem. Da redet die Figur. Aber wenn er es nur denkt? Redet er dann nicht automatisch mit dem Leser und erhöhe ich als Autor damit nicht automatisch die Distanz zur Figur.
Konkretes Beispiel:
ZitatDurch das Telefonat mit Hannes war Herr Ziegler bestens informiert, was ich auch ohne Kenntnis dieser Tatsache sofort gemerkt hätte. Menschen haben einen Gesichtsausdruck für bestimmte Situationen, der sich je nach Lebensdrama des Gegenübers unterscheidet. Verlust durch Tod ist der starrste. Es bleibt nicht viel zu sagen. Tot ist tot. Fassungslos, wenn sich der Tod einen jungen Menschen geholt hat. Gleich dahinter kommt die Mimik, wenn man weiß, dass einem jemand gegenübersitzt, der bald oder möglicherweise sterben wird. Erschrecken. Mitleid, aber ein Stück weit nimmt man bereits Abschied.
Kinder und besonders Baby sind dagegen ein besonderer Fall und wenn sie , wie in unserem Fall, bisher nur verschwunden sind, dann ist die Gefühlsbandbreite am größten. Man hofft mit. Man leidet mit, versucht aufzumuntern und nimmt Anteil am Leben eines fremden Menschen, als gehöre er zur Familie. Der rundliche kleine Mann um die Vierzig stand unerwartet schnell von seinem Stuhl auf, kam mir entgegen, ergriff meine Hand, schloss mit der anderen die Tür hinter mir, und führte mich zu einem Stuhl. Erst dann ließ er meine Hand los und ich konnte meinen Fragenzettel aus der Handtasche nehmen.