Gibt es einen moralischen Mord?

  • damit klagt meine Protagonistin ihr Hassobjakt an.
    Ich meine schon, dass es ihn gibt. Ich überlege, ob es auch zur Anklage kommen kann.



    Zusammenfassung des Vorwurfs: A. hat lange etwas mit Person C. C. geht in Konkurs, ihr Haus wird versteigert. A. ersteigert, sagt, dass C. mit Kind darin weiter wohnen kann, leiht ihr Geld. Sehr schnell meldet A. Eigenbedarf an, will von einen auf den anderen Tag das Geld zurück, Räumkommando kommt. C. ist in dieser Situation so verzweifelt, dass sie sich erhängt.
    Das nenne ich "moralischen Mord".

  • Mir scheint das nicht zu passen. Mord ist immer "unmorallsch". Ein moralischer Mord wäre, würde man die Bedeutung ernst nehmen, ein Mord der gerechtfertig ist. Das, was du aber beschreibst, ist kein gerechtfertigter Mord. Im Prinzip bringt A C dazu, sich zu erhänen. Das ist Anstiftung zum Selbstmord, also auch unmoralisch.


    Du meinst vermutlich etwas anderes. Die Bezeichnung moralischer Mord gibt das jedoch nicht wieder.

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    Kuhlen, Kohlen und Geklimper

    ASIN/ISBN: 3947848994


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • grübel ... A. kennt C. aber sehr gut und weiß, dass er mit seinem Handeln Schlimmes auslösen kann. Er hat ausgelöst und nur durch sein Handeln hat C. sich umgebracht. Oder gehört das zu: "Erweiterter unfreiwilliger Selbstmord"? Insofern könnte, kann die private Anschuldigung schon 'moralischer Mord' lauten ...


    P.S. Es ist eine persönliche Schuld, wohl mit Straffreiheit, ...

  • Wenn man einen völkermordenden Tyrann um die Ecke bringt, könnte man von einem moralisch(begründbar)en Mord sprechen. Aber das ist hier natürlich nicht der Fall. Ich habe erst gedacht, Du meintest "in moralischer Hinsicht gemordet", also die moralische Existenz von jemandem vernichtet. Das ist aber offenbar nicht gemeint, sondern der Umstand, dass jemand moralisch für den Tod eines anderen verantwortlich ist, juristisch jedoch nicht. Dafür scheint die Wendung angebracht zu sein, aber sie klingt völlig falsch. Der Mord ist ja nicht moralisch, es ist auch nicht etwas Moralisches gemordet worden.

  • Ich sehe es wie die anderen, aber noch ein Gedanke: Die Situation ist nicht so einfach, dass A. schlicht schuld ist am Selbstmord von C. Sicher, er handelt unmoralisch, lädt Schuld auf sich, trägt zur tragischen Entwicklung maßgeblich bei. Aber was ist mit ein bisschen Eigenverantwortung von C? Sie hat sich in große Abhängigkeit begeben, dem Falschen vertraut, kommt in den besten Familien vor, aber dass sie damit nicht anders umgehen kann als sich umzubringen (ein letzter aggressiver Akt gegen den Mann und gegen sich selbst), das ist auch ihre Verantwortung. Und hallo, sie hat auch noch ein Kind. A hat sie nicht "quasi" ermordet. Das denke ich zumindest.

  • Klar gibt es den.


    z.b. in einer Notwehr zu handeln, ohne selbst in Gefahr zu sein, um z.b. einen anderen zu schützen oder retten, der in unmittelbarer Gefahr schwebte.


    oder auch Sterbehilfe. Ist ebenfalls ein moralischer Mord.

    Warum auf alte Katastrophen zurückblicken? Es liegen noch unzählige vor einem!

  • Ich sehe das wie die anderen und dann noch gesondert wie Heike. Nur weil A wie in diesem Fall fies zu C. ist, ist er nicht schuld an ihrem Selbstmord. Ich finde diese Reaktion auf As Handlungen ziemlich krass und eher unglaubwürdig, zumal ein Kind im Spiel ist. Es gibt sicher Fälle, in denen ein Selbstmord sehr stark von anderen provoziert wird, aber da muss schon ein bisschen mehr Geschütz aufgefahren werden.

    Fiction has to be realistic, unlike real life.
    Ian Rankin

  • @Heike
    Karen
    Wenn A es darauf anlegt, dass C sich umbringt, dann kann A nicht gänzlich vom Mordvorwurf freigesprochen werden. Außerdem muss C zugute gehalten werden, dass sie möglicherweise in einer Situation kommt, in der rationales Nachdenken über die Situation (z.B. auch über die Verantwortung für das Kind) nicht mehr so ohne weiteres funktioniert. Sicher hat man immer eine Wahl und die Alternative zum Selbstmord besteht immer. Aber es gibt Situationen, da ist diese Alternative verdammt schwer zu erkennen.

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  • Wenn A es darauf anlegt, dass C sich umbringt, dann kann A nicht gänzlich vom Mordvorwurf freigesprochen werden.


    Wer klagt wen an? Wer befindet über Schuld oder Unschuld, über Freispruch oder Strafe?
    Jemand findet, dass ein anderer aus moralischer Sicht am Freitod eines anderen Menschen schuldig geworden ist. Damit sagt der Autor natürlich etwas über die Figur dieses "Jemand" aus. Aus rechtlicher Sicht kann von Mord natürlich nicht die Rede sein, noch nicht mal von so was wie Anstiftung zum Selbstmord, denn rechtlich leditimierter Druck, den jemand auf einen anderen ausübt, kann ja nicht Gegenstand einer Strafverfolgung sein - selbst wenn der "moralisch" verwerflich war.

  • Horst-Dieter: Klar, was Du zur Motivation für einen Selbstmord schreibst, das unterschreibe ich völlig. Das mit dem Kind wollte ich auch nicht als "Hinderungsgrund" für den Selbstmord an sich anbringen, sondern dafür, dass die ganze Situation mit A und C mir ein wenig unglaubwürdig erscheint. Für mich wäre es erst glaubhaft, wenn C. grundsätzlich zu Depressionen neigt. Nur allein nach dem beschriebenen Szenario erscheint es mir unwahrscheinlich, dass jemand, der ein kleines Kind hat, sich aus diesen Gründen allein umbringt.
    Aber dennoch ist es schwierig bis unmöglich, jemanden für einen "Mord" zu verurteilen, wenn seine Aktionen aus welchen Gründen auch immer dazu führen, dass jemand sich das Leben nimmt. Dann müssten nämlich in sehr vielen Fällen von Selbstmord Leute vor Gericht. Was wäre z.B., wenn jemand sich umbringt, weil er von der Justiz verfolgt wird? Oder weil der Partner ihn verlassen hat? Oder weil jemand sein Kind mit dem Auto totgefahren hat, selbst wenn der dafür nichts konnte, weil es ein tragischer Unfall war? Und wer will denn entscheiden, wo tatsächlich Absicht dahinter steckt. Und um jemanden absichtlich in den Selbstmord zu treiben, gehört nun mal auch das Opfer dazu. Es klappt bei den meisten Leuten nicht.

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  • Aber dennoch ist es schwierig bis unmöglich, jemanden für einen "Mord" zu verurteilen, wenn seine Aktionen aus welchen Gründen auch immer dazu führen, dass jemand sich das Leben nimmt. Dann müssten nämlich in sehr vielen Fällen von Selbstmord Leute vor Gericht. …


    Da gebe ich Dir Recht. Die Grenze, wo bei einem Selbstmord die Mitverantwortung anderer direkt benannt werden kann, liegt ganz weit hinten. Und noch viel weiter hinten liegen die Fälle, wo tatsächlich eine juristisch bewertbare Mitschuld zutrifft.


    Nach wie vor meine ich aber, dass das Urteilsvermögen eines Selbstmörders meistens so eingeschränkt ist, dass rationale Argumente nicht greifen. Wenn dann noch eine Depression dazu kommt, gibt es kaum noch wahrnehmbare Entscheidungsfreiheit für die Betroffenen.

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  • also, ich habe diese Szene der Anschuldigung noch offen gelassen. Hier nochmal der Weg zu diesem Suizid: Liebesbeziehung A + C x Auseinandergehen x Umzug mit Kind in eine andere Stadt für Neuanfang x erneute Beziehung mit dem Mann, obwohl deutlich ist, dass er ein manupulatives Arschloch mit großer Überzeugungskraft ist x finanzielles Desaster bei C x scheinbare Unterstützung x absolutes emotionales + finanzielles Desaster = Suizid im einstmals eigenem Haus, dass A ersteigert hat. Das Kind ist zu dem Zeitpunkt 18 Jahre, also bedarf nicht mehr der Fürsorge wie ein wesentlich jüngeres Kind.


    Insofern die Frage, ob das Kind, inzwischen 38 J., A. diese Vorwürfe aus seinem Erleben heraus an den Kopf knallen kann. Das dieser Vorwurf so überzeugend ist, dass ihn auch Leser verstehen.


  • Insofern die Frage, ob das Kind, inzwischen 38 J., A. diese Vorwürfe aus seinem Erleben heraus an den Kopf knallen kann. Das dieser Vorwurf so überzeugend ist, dass ihn auch Leser verstehen.


    Wenn A ein Arschloch ist, warum hat C ihn nicht verlassen? Das wäre das erste, was dem Leser irgendwie glaubhaft klargemacht werden muss.


    Wenn Kind nun Rache nehmen will für den vermeindlichen Mord an der Mutter (oder Verantwortung für den Selbstmord der Mutter), dann muss weiterhin dem Leser glaubhaft gemacht werden, wie solch ein Hass bei dem Kind entstehen kann, dass es sich fast zwei Jahrzehnte danach bei A rächen will. Es muss einen Grund geben, warum sich der Hass nicht nur so lange hält, sondern sogar so steigert, dass er in der Mordabsicht (oder vielleicht sogar dem Mord) mündet. Warum nicht gleich und erst so viele Jahre später?

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  • @HD: Tochter leidet unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Lange Zeit hat sie den Tod der Mutter verdrängt, bis die Erinnerungen mit dem typischen Verhalten solcher Krankheiten zuschlagen usw.


    Du meinst mit typische Verhalten jetzt aber nicht den Mord (oder Mordversuch)? Wenn dass häufige Folge bei posttraumatischen Belastungsstörungen wäre, hätten wir mehr Mordfälle.


    Außerdem solltest du glaubhaft angeben können, was das Trauma bei dem Kind oder der Jungendlichen ausgemacht hat. Allein der Tod der Mutter? So schwer solch ein Schicksalsschlag gerade bei jungen Menschen wirkt, so scheint er mir doch für eine PTBS nicht auszureichen.

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  • ür eine PTBS nicht auszureichen.


    nein, natürlich meine ich nicht den Mord. Aber die Tochter hat die Mutter am Strick hängend gefunden und wenn Mutter + Tochter sehr eng miteinander gelebt haben, kann das schon ein Auslöser sein, der sich erst sehr viel später in Hassfantasien, einem Zusmamenbruch und Klinikaufenthalt zeigt.
    Tochter tötet ja nicht, sie erhebt 'nur' den Vorwurf und kommt in ein Dilemma, weil nach den Anschuldigungen der so Angesprochene wenige Minuten später stirbt. Und Tochter glaubt, sie sei es gewesen, sie ist nicht sicher, ob sie ihre Wunschvorstellungen in die Realität umgesetzt hat.
    Hat sie aber nicht.


    Den Mord hat eine andere Person vorbereitet.