Einer der bedeutendsten deutschen Journalisten ist überraschend früh gestorben: Frank Schirrmacher.
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Bin traurig drüber und fassungslos...so jung und so plötzlich.
Unter diesem Thema steht in der Rubrik "Ähnliche Themen": "Was gesagt werden muss."
Das passt! Wer macht das jetzt? Wer greift Themen noch so früh auf wie er?? -
Mich erstaunt, wie wenig Resonanz Schirrmachers Tod hier bisher erfahren hat. Immerhin war der Mann einer der wichtigsten Kulturjournalisten der Republik und Leiter des Literaturressorts der FAZ, ihres Feuilletons und (Mit-)Herausgeber der deutschen Tageszeitung, die international das höchste Renommé genießt. Für Autoren war er um einiges wichtiger als so mancher Musiker, der hier sonst (zu Recht) betrauert wird.
Georg Diez und Jan Fleischhauer schreiben aus persönlicher Perspektive über seinen Tod. Hier noch der Nachruf in der FAZ .
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Hallo, Alexander.
Ich nehme solche Todesnachrichten zur Kenntnis und empfinde, je nachdem, wie viel ich über die fragliche Person wusste, ein gewisses Bedauern. Leute sterben, das ist - leider - unvermeidlich. Manch einen Guten reißt es früh, manch ein Schle/ächter wird sehr alt - und umgekehrt. Im aktuellen Fall muss man wohl außerdem davon ausgehen, dass mit Frank Schirrmachers Tod der Abgesang auf einen Journalistentypus eingeläutet oder fortgesetzt wird, den es bald so nicht mehr geben wird. Qualitätsjournalismus ist auf dem Rückzug; Deutung und Meinung bedürfen heutzutage keines Fundaments mehr, sondern müssen vor allem schnell und laut und von möglichst vielen geäußert werden. Und sehr wahrscheinlich wird es in zehn, zwanzig Jahren kaum noch Tageszeitungen geben. Sondern elitäre Produkte, die von einer Minderheit konsumiert werden, und ansonsten nur noch "das Netz". So sieht es inzwischen übrigens selbst der "Der Standard"-Gründer Oscar Bronner, den ich im vergangenen Jahr kennenlernen durfte, und der lange Zeit noch daran glaubte, das Medium hätte eine Zukunft.
Schade, wenn jemand, der klug und umtriebig war, so früh gehen musste. Aber dieses Schicksal trifft letztlich jeden.
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Hier der ebenfalls lesenswerte Nachruf von Iris Radisch in der Zeit:
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Schirrmacher hat die "Ökonomisierung sämtlicher Lebensbereiche" erkannt. Und er hat seine Mitarbeiter belehrt, dass man ein Programm deinstalliere, indem man den Desktop-Icon lösche. War sicher eine ambivalente Person, der Schirrmacher - was ihn aber m.M.n. besser machte als die allermeisten Konservativen.
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Schirrmacher hat die "Ökonomisierung sämtlicher Lebensbereiche" erkannt. Und er hat seine Mitarbeiter belehrt, dass man ein Programm deinstalliere, indem man den Desktop-Icon lösche. War sicher eine ambivalente Person, der Schirrmacher - was ihn aber m.M.n. besser machte als die allermeisten Konservativen.
Also war er nach deiner persönlichen Verortung ein "ambivalenter Konservativer"?
Iris Radisch sagt:Mit dem Tod Frank Schirrmachers hat die Welt ein geniales Kind und einen wunderbaren Anarchisten verloren. Er bestimmte die intellektuelle Agenda der Berliner Republik.
Und das wird dem Verblichenen deutlich gerechter, finde ich. -
Ja, er war für mich ein ambivalenter Konservativer. Die meisten sehe ich eher einheitlich negativ.
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Ja, er war für mich ein ambivalenter Konservativer. Die meisten sehe ich eher einheitlich negativ.
Die meisten "ambivalenten Konservativen" oder wen?
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"Meisten" und "ambivalenter Konservativer" stehen in unterschiedlichen Sätzen. Die meisten Konservativen sind nicht ambivalent, die sind einfach merkbefreit u.ä.
Das ist übrigens der wohl Hauptartikel, in dem Schirrmacher Einsicht gezeigt hat.
Edit: huch, Schirrmacher war PARTEI-Mitglied.
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Die meisten Konservativen sind nicht ambivalent, die sind einfach merkbefreit u.ä.
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Das ist übrigens der wohl Hauptartikel, in dem Schirrmacher Einsicht gezeigt hat.Die Linke mag ja [teilweise] Recht haben [oder auch nicht], es gibt aber auch, wie schon Thomas Mann formulierte, den "tiefen Entschluss des Meister gewordenen Mannes,
das Wissen zu leugnen, es abzulehnen, erhobenen Hauptes darüber hinwegzusehen" ... ("Merkbefreit" ist das dann eher nicht ...) -
Konservatismus steht prinzipiell dafür, jenes zu bewahren, das man als gut erkannt hat, und nur das zu ändern, für das diese Erkenntnis nicht gilt. Im Prinzip sind Menschen grundsätzlich konservativ, was sich nicht zuletzt darin äußert, dass sie vielen Tätigkeiten langfristig nachgehen, selten ihren Bekleidungsstil oder Freundeskreis wechseln und auch ewig beim selben Partner bleiben, obwohl er ihnen teilweise aufs Gehänge geht. Nicht wenige Menschen sind völlig veränderungsresistent - und damit nicht mehr konservativ, sondern reaktionär oder sogar ego-absolutistisch.
Es gibt Schlaue und Dumme hier wie dort. Mir sind schon äußerst bornierte Revoluzzer begegnet und nahezu weise Konservative - und umgekehrt. Wem es jedoch ausschließlich darum geht, seinen Willen dem Rest der Welt aufzuzwingen, der wird jeden für einen Idioten halten, der nicht dazu bereit ist, ihm zu folgen.
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Konservatismus steht prinzipiell dafür, jenes zu bewahren, das man als gut erkannt hat, und nur das zu ändern, für das diese Erkenntnis nicht gilt. Im Prinzip sind Menschen grundsätzlich konservativ, was sich nicht zuletzt darin äußert, dass sie vielen Tätigkeiten langfristig nachgehen, selten ihren Bekleidungsstil oder Freundeskreis wechseln und auch ewig beim selben Partner bleiben, obwohl er ihnen teilweise aufs Gehänge geht. Nicht wenige Menschen sind völlig veränderungsresistent - und damit nicht mehr konservativ, sondern reaktionär oder sogar ego-absolutistisch.
Ich hab schon lang drüber nachgedacht, wie man das nennt, was auf mich passen könnte. Endlich hab ichs! Danke, Tom!
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Edit: huch, Schirrmacher war PARTEI-Mitglied.
Daran kann man sehen, dass selbst sehr kluge Menschen gegen schwachsinnige Anwandlungen nicht gänzlich gefeit sind.
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Tom: das würde stimmen, würden heute nicht gerade die "Bewahrer" so konsequent die Axt an unsere Zivilisation legen. Wenn diese Überzeugung mein absolutistischer Wille ist, den ich anderen aufdrängen will: ja gerne. Aber vielleicht sollte man Unionspolitiker nicht mehr grundsätzlich auf "konservativ" reduzieren - oder man sagt dazu, dass mit dem zu Bewahrenden der Glaube an immer währendes Wachstum und grenzenlosen Konsum gemeint ist. - Was sich ja (bis vor ein paar Jahrzehnten) durchaus bewährt hat. Aber da hat bei den Konservativen auch schon das Denken aufzuhören.