Gitarrenvirtuosen

  • Anders als im Jazz war in der Rockmusik die Gitarre (vor allem die E-Gitarre) von Anfang an dominierend. Es bildeten sich schnell Gitarrenvirtuosen heraus, deren Zahl ständig zunahm und deren Bandbreite bereits gegen Ende der 1960er Jahre so gewachsen war, dass sich Rock und Jazz miteinander berührten und dann auch überlagerten. Es ist vielleicht einmal ganz interessant, einige von ihnen vorzuholen und zu zeigen, das es jenseits der drei Yardbirds-Gitarristen (Clapton, Beck, Page) eine große Zahl anderer gab und gibt.


    Anfang der 70er kam ein Freund, mit dem ich zusammen in einer Band spielte, aus London zurück und brachte das frisch herausgekommene Live-Album von Colosseum mit. Wie üblich hörten wir uns das gemeinsam abends im abgedunkelten Raum an, um nicht von der Musik abgelenkt zu sein. Nach dem Hören war ich fix und fertig und hätte um ein Haar das Gitarrespielen aufgegeben. Was Clem Clempson dort live auf seinem Instrument zauberte, teilweise durch gegenseitiges Anstacheln mit Jon Hisemann, das schien mir jenseits des erreichbaren.


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    Später habe ich dann gemerkt, dass die besseren Stellen eben nicht die (teilweise überlangen) Soli waren sondern die, wo die Gruppe wirklich gut miteinander abgestimmt spielte. Solch eine Brillianz konnten nur wenige andere Rockbands damals aufweisen. Clempson hat nach der Auflösung von Colosseum wenig später keine große Karriere gemacht. Zunächst ersetzte er Peter Frampton bei Humble Pie, nach derem Ende 1975 war er immer nur kurzzeitig irgendwo verbunden und arbeitete meistens als Studio- oder Tourmusiker, von einer zweiten Zeit mit Colosseum Ende der 1990er Jahre einmal abgesehen.


    Hier eine Aufnahme mit Colosseum.

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    Kuhlen, Kohlen und Geklimper

    ASIN/ISBN: 3947848994


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Toller Link, H.D. war mir ein ausgesprochener Hörgenuss!


    Natürlich bin ich im Besitz der beiden großen Alben von Colosseum, dem live Album und der Valentyne Suite.
    Anfangs bevorzugte ich das live Album, später war mir die Valentyne Suite lieber. Ich höre sie heute noch ganz gern ... dann und wann. In Wien gab es in den frühen Siebzigern neben dem Voom-Voom nur eine Disco, den Camera-Club, gemeinsam die verrufensten Lokale der Stadt, in der man sie hören konnte.
    Na ja, dort lernte ich sie kennen und lieben. ;)

  • Roy Buchanan, irgendwann zwischen Oktober 1936 und September 1939 in Arkansas geboren, war in den 1970er und 1980er Jahren ein bedeutender Bluesgitarrist und unter Kollegen sehr geschätzt. Sogar die Rolling Stones sollen ihm ein Angebot gemacht haben, nach dem Tod von Brian Jones einzusteigen. Angeblich habe er abgelehnt. Was verständlich ist. Gesichtsmäßig hätte er nicht in die Truppe gepasst. Selbst wenn das ein Gerücht ist, zeigt es doch, was man ihm zugetraut hätte. Er nahm bis Mitte der 1980er Jahre eine Reihe von Alben auf, die durchaus erfolgreich waren, aber doch nicht für den ganz großen Durchbruch reichten. Er hatte Alkoholprobleme, familiäre wohl auch. Nachdem man ihn 1988 volltrunken festgenommen hatte, erhängte er sich in seiner Zelle mit seinem Hemd.


    Buchanan spielte meistens eine Fender Telecaster und reizte diese hinsichtlich Klang und Spielmöglichkeiten vollständig aus, was auf diesem Youtube-Video wunderbar zu sehen ist. Das es mit seinen Gesangskünsten nicht weit her ist lässt sich diesem Video auch unschwer entnehmen.


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  • Robin Trower ist einer der Gitarristen, die seit den 1960er Jahren dabei sind. Er ist bis heute aktiv, durchaus erfolgreich, allerdings dem Massenpublikum kaum bekannt.


    In den 1960ern trat er solistisch noch nicht besonders hervor. Als Mitglieder Band "The Paramounts", die Songs im Stil der Beatles, Kinks u.a. spielten. Da war ein homogener Gruppensound gefragt und nicht das hervortreten des einzelnen Musikers.


    Als die Mitglieder der Gruppe sich zusammenfanden um eine neue, andere Gruppe zu gründen, änderte sich das. Zwar standen Orgel und Klavier im Vordergrund von "Procol Harum", aber bereits auf der ersten LP wurden der Gitarre ausladende Solos zugebilligt. Und die ließen aufhorchen. Einen derart fetten Gitarrensound hörte man damals noch nicht oft.


    Auf dem fünften Album "Broken Barricades" trat die Gitarre plötzlich stark in den Vordergrund. Matthew Fisher, der Organist, hatte die Band verlassen. Robin Trower trug auch mit drei Songs zum Album bei, was bisher hauptsächlich Gary Brooker besorgt hatte.


    Nach diesem Album verließ Trower die Band. Beim Livealbum mit dem Edmonton Symphony Orchestra (1972) war er schon nicht mehr dabei. Abgesehen von einer kurzen Rückkehr zu Procol Harum im Jahr 1991, die auch auf dem Album "Prodigal Stranger" dokumentiert ist, arbeitete der Gitarrist fortan meist unter seinem Namen.

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  • Als Steve Hackett 1970 zu Genesis stieß, war die Progressive Rockband bereits etabliert. Er spielte ab dem dritten Album »Nursey Crime« mit und verließ Genesis nach dem achten Album »Wind and Wuthering« im Jahr 1977, weil er sich in seiner künstlerischen Ausbreitung vor allem durch den Keyboarder Tony Banks behindert sah.


    Musical Box


    Steve Hackett veröffentlicht seither ein Soloalbum nach dem anderen und zeigt dabei eine enorme stilistische Bandbreite. Zunächst blieb er dem Progressiv Rock treu, mit dem Album »Cured« näherte er sich aber auch der kommerziellen Popmusik.


    Bereits in den 1980ern begann er Alben mit klassischer Musik zu veröffentlichen: »Bay of Kings« (1983) und »Momentum« (1988).


    Auf dem 2008 erschienen Album »Tribute« hört man sehr deutlich, wie Hackett an Segovia orientiert ist. Er versucht dessen Klangideal nachzubilden und baut auch hier und da Manierismen ein. Für Hackett-Fans, die sonst keine klassische Gitarrenmusik hören ist das sicher in Ordnung, wer aber mitbekommen hat, wie sich seit Segovia die Interpretation klassischer (und moderner) Gitarrenmusik veränderte, hat nur eingeschränkte Freude an diesen Stücken. Am besten kommen da noch die drei eigenen Kompositionen von Hackett weg. Immerhin hat er eine ganz passable Technik entwickelt.


    Interessanter ist da schon Hacketts Komposition für Gitarre und Orchester, in dem er den Mythos von Orpheus und Eurydike musikalisch ausdeutet: Metamorpheus.


    One Real Flower


    Elegy


    Dem Progressiv-Rock blieb Hackett jedoch treu. Strutton Ground (2003).


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  • Wenn wir gerade bei Genesis sind: Was hältst du von Anthony Phillips, der ja schon viel früher ausgestiegen ist? Ich bin ja im Gegensatz zu dir "nur" Hörer. Aber sein Frühwerk The Geese and the Ghostlege ich immer mal wieder gern auf. Erstaunlicherweise komplett bei Youtube erhältlich. Und auch seine ungezählten Private Parts and Peaces enthalten einige hübsche Stückchen. Hiernoch etwas, was ich bei Youtube fand. Es gibt ne Menge von ihm dort zu hören.

  • Wenn wir gerade bei Genesis sind: Was hältst du von Anthony Phillips, der ja schon viel früher ausgestiegen ist? Ich bin ja im Gegensatz zu dir "nur" Hörer. Aber sein Frühwerk The Geese and the Ghostlege ich immer mal wieder gern auf. Erstaunlicherweise komplett bei Youtube erhältlich. Und auch seine ungezählten Private Parts and Peaces enthalten einige hübsche Stückchen. Hiernoch etwas, was ich bei Youtube fand. Es gibt ne Menge von ihm dort zu hören.


    Ja, der ist auch gut. Ich habe überlegt, ob ich ihn aufführen soll, mich dann aber dagegen entschieden. Ich will ja hier kein umfassendes Lexikon aufbauen sondern nur auf einige hinweise, die nicht der breiten Masse bekannt sind und doch eine gewisse Popularität erreicht haben dank ihrer Fähigkeiten. Selbstverständlich hoffe ich auch, dass meine Ausführungen ergänzt werden, was dankenswerter weise Achim und du schon gemacht habt.

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  • Jan Akkermann ist ein niederländischer Gitarrist, der vor allem durch die Gruppe Focus bekannt wurde. Bereits mit der Vorgängerband Brainbox erzielte er Achtungserfolge in den Niederlanden. 1969 erschien eine erste LP.


    MIt Focus wurde Akkermann international bekannt. Sie hatten trotz der Jazz- und Progressiverockorientierung mit Hocus Pokus einen Hit.


    1973 wählte die Zeitschrift Melody Maker Akkermann zum weltbesten Gitarristen.


    1976 verließt Akkermann Focus, spielte in verschiedenen Projekten und ist bis heute in Soloprojekten aktiv.

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
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  • Ich könnte noch Glenn Frey, den Gitarristen der Eagles in die Runde schmeißen. Anstatt den Wikipedia-Eintrag abzuschreiben: hier der Link



    Wenn du schon bei den Eagles gelandet bist, dann darf Joe Walsh nicht unerwähnt bleiben. Er macht zwar oft ein Gesicht, als hätte er nicht mehr alle beisammen, aber er spielt ganz ordentlich Gitarre.


    Doch wenn wir bei Walsh gelandet sind, der ein außerordentlich gutes Slide-Guitar-Spiel pflegt, dann fällt mir auch sofort der bereits 1971 verstorbene Duane Allman ein. Beide hatten zwar nichts miteinander zu tun, aber das Slideguitarspiel ist bei Allman noch besser. Er spielte nicht nur zusammen mit seinem Bruder bei den Allman Brothers, sondern wirkte auch auf Claptons Layla-Album mit. Die Slidegitarre beim Titelstück spielt nicht Clapton, sondern Duane Allman.

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  • Doch wenn wir bei Walsh gelandet sind, der ein außerordentlich gutes Slide-Guitar-Spiel pflegt, dann fällt mir auch sofort der bereits 1971 verstorbene Duane Allman ein. Beide hatten zwar nichts miteinander zu tun, aber das Slideguitarspiel ist bei Allman noch besser. Er spielte nicht nur zusammen mit seinem Bruder bei den Allman Brothers, sondern wirkte auch auf Claptons Layla-Album mit.


    Okay, lass uns über Slide-Gitarristen reden. Da fällt mir sofort Ry Cooder ein, dessen Gitarrenspiel mich in meiner Jugend inspiriert hat (obwohl ich bei der Slide-Technik nie über Anfangsgeklampfe hinausgekommen bin). Der Mann hat nicht nur als Session-Musiker für die Stones, Clapton und Van Morrison gespielt, sondern auch etliche preisgekrönte Musikstücke geschrieben (Buena Vista Social Club) nebst ebenfalls preisgekrönten Soundtracks für Hollywood.
    ... nur als Rockmusiker würde ich ihn eher nicht beschreiben... ich hoffe, er passt trotzdem in die illustre Runde, ein Guitar-Hero ist er allemal.


    Ry Cooder - Get Rythm


    Pookerman
    :rofl :rofl :rofl
    Wie wäre es dann noch mit den Flippers? =)

  • Achim
    Ja, Ry Cooder verdient auf jeden Fall die Erwähnung. Und wenn wir schon bei der Slide-Guitar sind und dabei George Harrison mal ausblenden (obwohl er einen beachtlichen Slidestil entwickelt hatte) dann muss jedenfalls Sonny Landretherwähnt werden.


    Pookerman
    Ricky King hier zu posten, kann ich mich nicht überwinden. Aber vielleicht tröstet dich ein Link zu The Shadows. :)

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  • Ich könnte noch Glenn Frey, den Gitarristen der Eagles in die Runde schmeißen. Anstatt den Wikipedia-Eintrag abzuschreiben: hier der Link


    Hier das berühmte Solo von Hotel California


    Und hier noch eine andere Kostprobe: Already Gone


    Ich liebe die Schnulzen von Glenn Frey! Wie zum Beispiel diese. Aber Hotel California stammt von Don Felder. Der flog 2001 aus der Band und es gab richtig juristischen Stress. Seine Autobiographie, auch wenn sie ein bisschen selbstmitleidig daherkommt, [buch]3854452950[/buch] gibt Einblicke in das reichlich bizarre Innenleben der Eagles und der gesamten West Coast Szene. Wer sich für das Thema interessiert: Auch dieses [buch]3854452853[/buch] Buch ist sehr lesenswert. Gibts wohl aber nur noch antiquarisch.


  • Ich liebe die Schnulzen von Glenn Frey! Wie zum Beispiel diese. Aber Hotel California stammt von Don Felder. Der flog 2001 aus der Band …


    Und mit Don Felder sind wir auch wieder bei Duane Allman, denn das Slide-Guitarspiel brachte letzterer ersterem bei. Und wenn wir bei den Allman Brothers sind, dann muss auch Dicky Betts erwähnt werden, von dem u.a. das Instrumentalstück Jessica stammt.

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  • Und mit Don Felder sind wir auch wieder bei Duane Allman, denn das Slide-Guitarspiel brachte letzterer ersterem bei. Und wenn wir bei den Allman Brothers sind, dann muss auch Dicky Betts erwähnt werden, von dem u.a. das Instrumentalstück Jessica stammt.


    Dazu und zu Ramblin' Manhaben wir bei unserer Abiturfete 1976 die ganze Nacht durchgesoffen durchgetanzt. Etwa zu der Zeit entstand auch mein bewundernswertes Jugendfoto.